Bleiben, wo andere weglaufen

Zu den Aufgaben des ökumenischen Seelsorgeteams des Uniklinikums Würzburg gehört auch die Ausbildung von jungen Kolleginnen und Kollegen. Von den Praktikantinnen und Praktikanten der letzten Zeit schilderten Henrike Acksteiner und Aaron Schmidt ihre Erfahrungen und Motivationen in einem Interview.

Sie sind beide in den 20er Jahren. Was sind Ihre Gründe als junge Menschen, sich im Krankenhaus mit Seelsorge zu beschäftigen? Krankheit, Sterben und Tod sind ja vermutlich nicht die ersten Themen Ihrer Generation.

Es sind nicht die ersten Themen unserer Generation. Aber es werden die letzten sein. Es sind die Themen, mit denen jeder Mensch konfrontiert wird; manchmal – Gott sei Dank – erst später im Leben, oft aber eben schon früher als erwartet. Ich finde es wichtig – für mich persönlich, aber auch für unsere Gesellschaft insgesamt – dass wir gerade diese Themen nicht wegrationalisieren oder genau an diesen zwischenmenschlichen Begegnungen sparen.

Mich hat vor allem mein Glaube dazu bewegt, dieses Praktikum zu absolvieren. Ich wollte sehen, in welchen Bereichen die Kirche sich heutzutage engagiert und habe die Erfahrung gemacht, wie wichtig die Arbeit der Seelsorge ist. Es stimmt: Krankheit, Sterben und Tod sind nicht die beliebtesten Themen meiner Generation. Jedoch geht es in der Seelsorge nicht immer um diese Aspekte. Es geht auch um Themen, die jede junge Generation beschäftigen und auch hierfür muss man in der Seelsorge ein offenes Ohr haben – und dann ist auch unsere Generation für die Seelsorge offen.

Sie sind mit Ihrem Praktikum mitten in der Corona-Zeit gestartet. Welche Erfahrungen haben Sie da gemacht?

Ich habe die Menschen als viel offener und insgesamt dankbarer erlebt. Wenn man nicht besucht werden darf, schätzt man ein einfaches, unspektakuläres Gespräch auf einmal ganz anders. Jetzt, wo wir gezwungen sind, Masken zu tragen, ist der Wunsch, sich mal zu demaskieren, noch viel größer. Gerade in dieser Zeit wird mir und vielen anderen bewusst, wie relevant Seelsorge ist.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass vor allem die Einsamkeit den Patienten besonders zu schaffen gemacht hat. Sie vermissten Gespräche, Gesellschaft und auch die täglichen Besuche durch ihre Familien.

Was oder wer hat Ihnen geholfen, mit den vielfältigen Erfahrungen zurechtzukommen?

Mir haben das Seelsorgeteam und die Kapelle geholfen. Das Team hat mich sehr gut aufgenommen und trotz meines relativ kurzen „Aufenthalts“ wunderbar integriert. Von den Profis zu hören und im Austausch zu lernen, hat mir Mut gemacht. An dem Ort, von dem andere weglaufen, am Kranken- oder Sterbebett zu bleiben – das erfordert Mut. Mut zur Schwäche und zum Menschsein. Bevor ich nach den Besuchen nach Hause gefahren bin, habe ich alles in der Klinikkapelle vor Gott gebracht. Das hat mich befreit – von meinen eigenen Erwartungen und dem Druck, etwas anderes zu sein, als ich bin: Mensch.

Für mich waren drei Punkte ausschlaggebend, dass ich gut mit den Erfahrungen umgehen konnte. Erstens wurde ich im Seelsorgeteam super aufgenommen und sehr gut begleitet. Schon am ersten Tag habe ich mich gefühlt, als würde ich schon lange dazugehören. Als Zweites konnte ich jederzeit mit meinem Praktikumsbegleiter sprechen. Dadurch fanden regelmäßige Reflexionen statt. Der dritte Punkt ist für mich mein Glaube.

Das Gespräch führte Christian Hohn vom Seelsorgeteam des UKW.

Wer sich für ein Praktikum interessiert, kontaktiert diesen unter: E_Hohm_C@ukw.de.

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