Ko-Infektion: Die Summe ist mehr als ihre Teile

Gleichzeitige Infektionen mit zwei Erregern können in der Behandlung ein großes Problem sein. Forscher aus Würzburg und Jena haben eine Technik entwickelt, die neue Einblicke in diese Prozesse liefert. Sie eignet sich auch als Frühwarnsystem.

Von Monozyten abgeleitete dendritische Zellen nach einer Infektion mit dem Zytomegalievirus (grün) und dem Schimmelpilz Aspergillus fumigatus (rot), aufgenommen per Fluoreszenzmikroskopie.

Nach Organ- und Stammzelltransplantationen können Infektionen mit Pilzen und Viren den Erfolg der Therapie gefährden. Gefürchtet ist beispielsweise das gemeinsame Auf­reten des Zytomegalievirus und des Pilzes Aspergillus fumigatus. Ein Forschungs­team hat eine neue Methode entwickelt, mit der es diese beiden Erreger und deren Interaktion sowohl untereinander als auch mit den von ihnen infizierten menschlichen Zellen unter die Lupe genommen hat. Ergebnis: Die Ko-Infektion mit den beiden Erregern ist mehr „als die Summe ihrer Teile“. Viren und Pilze wirken im menschlichen Organismus synergistisch zusammen und aktivieren dort einige Gene, die nur bei der gleichzeitigen Infektion mit den beiden Erregern aktiv werden. Beteiligt waren Forscher*­innen der Uni und des Uniklinikums Würzburg (UKW), des ebenfalls in Würzburg beheimateten Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) sowie des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektions­biologie in Jena. Die Ergebnisse wurden im November in der Fachzeitschrift Cell Reports veröffentlicht. Neue Einblicke dank neuer Technik „Wir haben für unsere Studie ein Verfahren namens Triple-RNA-seq entwickelt“, erklärt Alexander Westermann, Juniorprofessor am Lehrstuhl für Molekulare Infektionsbiologie I der Uni Würzburg sowie Gruppenleiter am HIRI. Gemeinsam mit dem Molekularbiologen Prof. Dr. Jürgen Löffler von der Medizinischen Klinik II des UKW ist er einer der Hauptautoren der Studie. Die RNA-Sequenzierung ermöglicht es, gleichzeitig die Aktivitäten tausender Gene auf RNA-Ebene präzise zu bestimmen und damit die bei Erkrankungen auftretenden Veränderungen zu erkennen. Ihre Weiterentwicklung – die duale RNA-Sequenzierung – erlaubt es im Unterschied dazu, nicht nur die Genaktivität eines Krankheitserregers zu dokumentieren, sondern auch die Reaktion der von ihm befallen Wirtszelle. Damit ist es möglich, komplexe Kausalketten im zeitlichen Verlauf einer Infektion nachzuvollziehen. Die neue Triple-RNA-Sequenzierung ist eine Erweiterung auf die Genexpression von drei Akteuren in ihrem Wechselspiel. „Bislang weiß die Wissenschaft in vielen Fällen nicht, warum eine Infektion mit einem bestimmten Erreger den Betroffenen für eine Sekundärinfektion mit einem zweiten Erreger anfälliger machen kann“, erklärt Prof. Löffler. In solchen Fällen habe auch die duale RNA-seq nicht die gewünschten Antworten liefern können. Die Forscher*­innen untersuchten, was passiert, wenn bestimmte Zellen des Immunsystems – sogenannte von Monozyten abgeleitete dendritische Zellen – sowohl mit Aspergillus fumigatus als auch mit dem Zytomegalievirus infiziert sind. Dabei konnten sie nachweisen, dass die beiden Erreger sich gegenseitig beeinflussen und damit gleichzeitig auf die Immunzelle einwirken – und das auf eine andere Weise, als es ein Erreger alleine bewirken könnte. Beispielsweise schwächte das Zytomegalievirus die durch den Pilz vermittelte Aktivierung entzündungsfördernder Signalketten ab, während Aspergillus fumigatus die virale Clearance beeinträchtigt – also die Zeit, die es dauert, bis das Virus in Tests nicht mehr nachweisbar ist. Hoffnung auf einen Biomarker Außerdem hat das Team spezielle Gene in den Immunzellen identifiziert, deren Expression sich während einer gemeinsamen Infektion beider Erreger im Vergleich zu einer Einzelinfektion signifikant unterscheidet. Diese könnten somit als Biomarker für eine zeitnahe Identifizierung einer Ko-Infektion nach einer Transplantation dienen.

Bild: AG Löffler