STAAB-COVID-Programm liefert erste Ergebnisse

Mit dem STAAB-COVID-Programm starteten das Uniklinikum und die Uni Würzburg in diesem Jahr Untersuchungen, mit denen möglichst präzise Informationen zur tatsächlichen Verbreitung und Verteilung des Corona-Virus in der Region gewonnen werden sollen. Die ersten Auswertungen liegen bereits vor.

Die STAAB-Kohortenstudie untersucht seit dem Jahr 2013 Einflussfaktoren auf Vorstadien der Herzinsuffizienz in der Würzburger Bevölkerung. Im Juni 2020 wurde ergänzend das STAAB-COVID-Programm ins Leben gerufen, das an diesen Probanden durch wiederholte Messungen die Entwicklung der Covid-19-Pandemie in Würzburg und Umgebung über etwa zwei Jahre hinweg ­beobachten will. Hinter dem Vorhaben stehen das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) sowie das Uniklinikum und die Uni Würzburg. Die Leitung des Programms liegt in den Händen von Prof. Dr. Peter Heuschmann vom Institut für Klinische Epidemiologie und Bio­metrie der Uni Würzburg und von Prof. Dr. Stefan Störk vom DZHI. Alle Teilnehmenden der STAAB-Kohortenstudie wurden eingeladen, eine Blutprobe abzugeben und einen Fragebogen auszufüllen. Über den Fragebogen wurden unter anderem die aktuelle psychische Belastung der Probanden und die Auswirkung der Krise auf kardiovaskuläre Risikofaktoren erfasst. „Allen Probanden, die den Termin zur Blutabnahme wahrgenommen hatten, boten wir Anfang November 2020 zusätzlich die Teilnahme an einem eigenständig durchzuführenden Nasenabstrich an“, berichtet Prof. Störk. Die Blutproben wurden auf das Vorhandensein von Antikörpern ­gegen SARS-CoV-2 untersucht, die ­Nasenabstriche auf das Vorliegen von SARS-CoV-2-Erbsubstanz. „Jetzt sind wir in der Lage, Zwischenergebnisse der ersten Erhebung des STAAB-COVID-Programms zu präsentieren, wobei die Endauswertungen derzeit noch laufen“, schildert Prof. Heuschmann. Nachweis von Antikörpern gegen SARS-CoV-2 Zwischen Juni und Mitte Oktober 2020 wurden von 3.001 Probanden Blutproben abgenommen; von über 96 % der Teilnehmenden lagen zudem Frage­bogendaten vor. Personen zwischen 50 und 59 Lebensjahren nahmen am häufigsten an der Befragung teil (30 % aller Probanden). Bei 33 (1,1 %) der untersuchten Blutproben ergab der angewandte Suchtest ein positives Ergebnis für das Vorliegen von Antikörpern gegen SARS-CoV-2. Berücksichtigt man die Altersstruktur der Würzburger Bevölkerung im Vergleich zu derjenigen im STAAB-COVID-Programm, wo nur Personen zwischen 32 und 87 Jahren untersucht wurden, hätte man eine Positivrate von circa 1,3 % zum Zeitpunkt der Blutentnahme erwartet. „Unser Ergebnis liegt demnach im unteren Bereich, verglichen mit anderen in Deutschland durchgeführten Seroprävalenzstudien“, erläutert Prof. Störk. Weitergehende Analysen weisen außerdem darauf hin, dass die Dunkelziffer – also die Zahl der unbekannten Infizierten im Verhältnis zur Zahl der bekannten Infizierten – in Würzburg im Vergleich mit anderen Regionen in Deutschland ebenfalls im unteren Bereich liegt. 16 % der Befragten gaben an, dass sie vor dem Zeitpunkt der Befragung bereits auf SARS-CoV-2 getestet worden waren. Von diesen getesteten Probanden hatten rund 4 % (19 Probanden) ein ­positives Testergebnis mitgeteilt bekommen. Davon hatten circa 60 % (11 Probanden) nach eigenen Angaben ­Corona-spezifische Symptome.

Die Doktorandin Maria Barth vor Kartons, mit denen Anfang November 2020 für das STAAB-COVID-Programm knapp 3.000 Abstrich-Sets an die Proband*innen versandt wurden.

Nachweis von SARS-CoV-2 Antigen im Nasenabstrich Anfang November wurden an die Probanden 2.953 Pakete für die Entnahme eines eigenständigen Nasenabstrichs verschickt. 83 % der Adressaten führten den Abstrich erfolgreich durch, so dass diese Proben analysiert werden konnten. In den Analysen zum Stichtag, dem 18. November 2020, wurden sechs Proben (0,24 %) als positiv auf eine akute Infektion mit SARS-CoV-2 getestet. Die betroffenen Personen wurden umgehend durch das Gesundheitsamt informiert und angemessene Isolationsmaßnahmen ausgesprochen. „Die akute Infektionsrate deckt sich somit mit dem Infektionsgeschehen in Würzburg zum entsprechenden Zeitpunkt, wenn man berücksichtigt, dass STAAB-COVID nur Personen in der Altersgruppe von 32 bis 87 Jahren untersuchte“, verdeutlicht Prof. Heuschmann. Jüngere Altersgruppen mit möglicherweise höheren Kontaktraten und Fallzahlen waren in dieser Stichprobe nicht enthalten. Auswertung der Befragung Bezogen auf kardiovaskuläre Risikofaktoren gaben 28 % der Probanden an, ihr Ernährungsverhalten seit der Krise verändert zu haben; davon berichteten 44 %, sich seit der Krise gesünder zu ernähren. Des Weiteren veränderte sich bei 39 % der Probanden die sportliche Aktivität: Bei 35 % dieser Personen hatte sich die sportliche Aktivität erhöht, bei 65 % vermindert. „Bei der Interpretation dieser Zahlen ist zu beachten, dass die Daten im Zeitraum von Juni bis Oktober 2020 erhoben wurden, in dem keine flächendeckenden Beschränkungen im Sinne eines Lockdown vorlagen. Die Daten sind daher nur begrenzt auf die Infektionswelle im November 2020 übertragbar“, gibt Prof. Störk zu bedenken. Zudem handele es sich um freiwillige Studienteilnehmer, so dass eine Übertragbarkeit auf die Gesamtbevölkerung mög­licherweise eingeschränkt sei. Regelmäßige Wiederholungen der Untersuchungen sind geplant. „Alle genannten Ergebnisse sind als vorläufig zu betrachten. Weitere vertiefte Analysen der Daten werden derzeit durchgeführt und im Anschluss in wissenschaftlichen Fachzeitschriften veröffentlicht, voraussichtlich im ersten Halbjahr 2021“, kündigt Prof. Heuschmann an. Für den Ärztlichen Direktor des Universitätsklinikums Würzburg, Prof. Georg Ertl, war noch ein Ergebnis von besonderer – auch für die Maßnahmen gegen die Ausbreitung der SARS-CoV-2-Infektion – Bedeutung. Studienteilnehmer mit Scores für mehr Ängstlichkeit hatten, gemessen durch die Antikörperbildung, weniger SARS-CoV-2-Infektionen durchgemacht. „Also: Vorsicht lohnt sich in der Pandemie“, meint Ertl. Andererseits hatten diese Teilnehmer in der Pandemiezeit auch weniger Arzt­kontakte, was Ertl nochmal mit dem Aufruf verbindet „Wer krank ist, soll zumindest Rat bei seinem Arzt ­suchen!“. Bayerns Wissenschaftsminister Bernd Sibler freut sich: „Unsere Universitätsklinika sind sowohl in der Versorgung als auch in der Forschung die Speerspitze im Kampf gegen Corona. Ihre medizinischen Studien sind unverzichtbar, um der Pandemie verantwortungsvoll begegnen zu können. Dass wir bereits wenige Monate nach Start des STAAB-COVID-Programms erste Ergebnisse und damit wichtige Daten haben, bestätigt mich in der Entscheidung, diese Studie vonseiten des Freistaats zu unterstützen. Denn je mehr wir über SARS-CoV-2 wissen, desto besser können wir gezielte Maßnahmen ergreifen. Allen Beteiligten vielen Dank für ihren Beitrag dazu.“ Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst finanziert nicht nur das DZHI zu wesentlichen Teilen, sondern fördert auch das STAAB-COVID-Programm, das unter der Schirmherrschaft von Wissenschaftsminister Sibler steht. Die schon lange laufende Basisstudie STAAB wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz gefördert.

COVIDOM: Auswirkungen von Corona auf Gesundheit und Lebensqualität

Covid-19-Erkrankungen betreffen hauptsächlich Atemwege und Lunge. Das Virus SARS-CoV-2 kann aber auch andere Organe schwer schädigen und bei einem Teil der Infizierten zu chronischen Folgeschäden führen. Um derartige Auswirkungen einer Infektion zu messen und zukünftig besser zu behandeln, wurde das Forschungs­projekt COVIDOM ins Leben gerufen. Zur Erforschung von „Folgemorbidität von SARS-CoV-2-Infektionen – Auswirkungen auf Gesundheitszustand und Lebensqualität“ richtet das Projekt an den Standorten Berlin, Kiel und Würzburg derzeit Studien­zentren ein. Hier werden Personen, die vor einigen Monaten mit dem SARS-CoV-2-Virus infiziert waren, untersucht. Das Forschungsteam von Uni­klinikum und Uni Würzburg wird mögliche Langzeitschäden nach einer Covid-19-Akuterkrankung untersuchen. Anhand der Ergebnisse sollen repräsentative Abschätzungen für die Studienregion Unterfranken möglich sein. COVIDOM ist ein Projekt des „Netzwerks Universitätsmedizin“ (siehe S. 18).