Im Gruppenraum der Schwerpunktstation für Suchtkranke der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Uniklinikums Würzburg finden derzeit die Besuchsdienste von Selbsthilfegruppen digital statt. Der Bildschirm zeigt Arnd Rose, den Sprecher des Kreuzbundes für die Region Würzburg, Kitzingen und Lohr.

Besuchsdienst der Suchtselbst­hilfe

jetzt digital

Der frühzeitige Kontakt der Patient*innen zu Selbsthilfegruppen ist elementarer Teil der ­Sucht­medizin an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Uniklinikums Würzburg. Um diesen auch unter den Bedingungen der Corona-Pandemie zu ­ermöglichen, wurden kürzlich digitale Besuchsdienste ins Leben gerufen.

„Auf unserer Schwerpunktstation für Abhängigkeitserkrankungen verfolgen wir ein multimodales interdisziplinäres Therapiekonzept, das unter anderem darauf abzielt, dass die Patientinnen und Patienten sich einer Selbsthilfegruppe anschließen und deren Angebote nach dem stationären Aufenthalt möglichst regelmäßig nutzen“, berichtet Privat­dozent Dr. Thomas Polak, der Leiter der Klinischen Suchtmedizin an der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des UKW. Bis zum Ausbruch der Covid-19-Pandemie kamen dazu Vertreter*innen verschiedener regionaler Selbsthilfegruppen alle 14 Tage in einen Besprechungsraum der Station IV West. Im Stuhlkreis stellten sie den Patient*innen ihre jeweilige Gruppe und deren Angebote vor und berichteten aus ihrer eigenen Krankengeschichte. Die Beschränkungen der Corona-Pandemie machten diese unmittelbaren Kontakte unmöglich.

Besuchsdienst per Skype für Business „Als Alternative entwickelten die Selbsthilfegruppen mit uns zusammen einen digitalen Besuchsdienst“, schildert Dr. Polak und fährt fort: „Seit Beginn dieses Jahres finden die Zusammenkünfte über die Internetplattform Skype for Business statt. Unsere Partner aus der Selbsthilfe sind dabei auf einem großem Bildschirm interaktiv in den Gesprächsrunden zugegen.“ Bislang nutzen Vertreter*innen des Kreuzbundes, des Blauen Kreuzes sowie der Phönix-Selbsthilfegruppe den neuen Kommunikationsweg. „Nach unseren ersten Erfahrungen funktioniert dieser ähnlich gut wie die direkten Gespräche“, sagt Arnd Rose, der Sprecher des Kreuzbundes für die Region Würzburg, Kitzingen und Lohr. Bedeutende Chancen durch Selbsthilfe-Angebote Warum ist der frühzeitige Kontakt mit der Selbsthilfe für Suchtpatient*innen so wichtig? „Die Wirksamkeit dieser Angebote ist wissenschaftlich gut untersucht“, schildert Dr. Polak. Demnach bleiben nur 33 Prozent der Suchtkranken, die keine Selbsthilfegruppe (SHG) besuchen, in den ersten sechs Monaten nach der Entgiftung und dem Abschluss der stationären Therapie abstinent. Wird einmal im Monat an einem Gruppentreffen teilgenommen, steigt die Quote auf 45 Prozent. Und bei regelmäßigem, wöchentlichen Besuch einer SHG beträgt die Sechs-Monate-Abstinenz sogar 75 Prozent. „Aus medizinischer Sicht sind das sehr starke Effekte“, unterstreicht Dr. Polak.

Bei den – jetzt digitalen – Treffen in der Klinik geht es laut Arnd Rose nicht nur um die Präsentation der jeweiligen Programme und ein Kennenlernen der Akteure: „Gerade die authentischen Berichte aus unserer eigenen Sucht­geschichte erreichen die Betroffenen. Viele finden sich da selbst wieder.“

Nach seinen Angaben soll der digitale Besuchsdienst so lange beibehalten werden, wie der Corona-Lockdown anhält – die Termine für Februar und März stehen bereits. Dankbarkeit für das kreative ­Engagement der Selbsthilfegruppen Nach den Beobachtungen von Dr. Polak und seinen Kolleg*innen haben die sozialen Bedingungen der Corona-Krise die Gefahren für Sucht und Rückfall erhöht. Erste internationale wissenschaftliche Untersuchungen bestätigen diese Einschätzung. „Umso dankbarer sind wir, dass wir uns auf die anhaltende Unterstützung der Selbsthilfegruppen ver­lassen können“, betont der Psychiater. Gabriele Nelkenstock, die externe Selbsthilfebeauftragte des UKW, ergänzt: „Wir sind sehr stolz auf unsere Selbsthilfepartner, die von Beginn der Pandemie an mit uns zusammen engagiert nach neuen Wegen gesucht haben. Mit dieser Bereitschaft konnten wir schon in 2020 eine ganze Reihe von kreativen digitalen Lösungen entwickeln.“

Viola unterstützt das Würzburger Bündnis gegen Depression

Viola, Singer-Songwriterin aus Aschaffenburg, ist jetzt Schirmherrin der Würzburger Regionalgruppe des Deutschen Bündnisses gegen Depression.

Weltweit erkranken etwa 16 bis 20 Prozent aller Menschen mindestens einmal im Leben an einer Depression. „Depressionen sind demnach häufige Krankheit. Trotzdem wird noch immer zu wenig darüber gesprochen“, bedauert Prof. Dr. Sarah Kittel-Schneider. Die Stellvertretende Direktorin der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des UKW leitet auch die Würzburger Regionalgruppe des Deutschen Bündnisses gegen Depression e.V. Eines der zentralen Ziele des Vereins ist es, durch Offenheit und Aufklärung das Stigma weiter abzubauen, das mit psychischen Erkrankungen einhergeht. Seit diesem Jahr kann das Würzburger Bündnis hierbei verstärkt auf die Unterstützung der Aschaffenburger Sängerin und Diplom-Gesangspädagogin Viola zählen: Sie übernahm im Januar die Schirmherrschaft der Regionalgruppe. „Ich habe selbst dunkle Zeiten erlebt und zum Glück gut überstanden. Gerade deshalb möchte ich mithelfen, Depressionen und psychische Erkrankungen allgemein zu enttabuisieren“, sagt die Singer-Songwriterin und fährt fort: „Es ist so wichtig, die Hoffnung zu verbreiten, dass Betroffenen geholfen werden kann und immer wieder herauszuarbeiten, wie sinnvoll es ist, über diese Themen zu sprechen.“

Schon im September 2019 trat Viola, die ihren Musikstil als Alternative Soul bezeichnet, bei einem Benefizkonzert in Kooperation mit dem Bündnis gegen Depression und der Marcé-Gesellschaft im Colos-Saal in Aschaffenburg auf. „Aufgrund der Corona-Pandemie mussten die meisten Veranstaltungen des Bündnisses in 2020 leider abgesagt werden, aber in 2021 soll es wieder unter­schiedliche öffentliche Aktivitäten geben – auch zusammen mit Viola“, kündigt Prof. Kittel-Schneider an. Die Planungen laufen, die Bekanntmachung der Termine folgt. Als Willkommensgruß veröffentlichte Viola im Februar schon mal den Mutmachsong „Enter the Fray“.

Bild: Marcin Tamm

„Ich habe selbst dunkle Zeiten erlebt und zum Glück gut überstanden. Gerade deshalb möchte ich mithelfen, Depressionen und psychische Erkrankungen allgemein zu enttabuisieren.“

Viola, Sängerin und Diplom-Gesangspädagogin