Neue Vordenkerin

in der Parodontologie

Seit April 2021 dieses Jahres ist Yvonne Jockel-Schneider Juniorprofessorin für Parodontale Medizin der Uni Würzburg.

Privatdozentin Dr. Yvonne Jockel-Schneider wurde mit Wirkung vom 21. April 2021 zur Juniorprofessorin für Parodontale Medizin an der Universität Würzburg ernannt. Zuvor war sie Oberärztin im Team von Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf. Der Leiter der Abteilung für Parodontologie am Uni­klinikum Würzburg (UKW) ging Ende September vergangenen Jahres in den Ruhestand.

Die gebürtige Duisburgerin begann ihre zahnmedizinische Karriere als Studierende an der Universität Münster. „Schon damals war ich beeindruckt von der inspirierenden Atmosphäre des Wissenschaftsbetriebs und entwickelte so den Wunsch, nach dem Abschluss des Studiums im universitären Umfeld forschend und lehrend tätig zu sein“, erklärt Prof. Jockel-Schneider und fährt fort: „Um die Studierenden auch in den klinischen Ausbildungskursen wirklich kompetent unterstützen zu können, wollte ich jedoch zunächst praktische Erfahrungen im zahnärztlichen Alltag sammeln“. Deshalb arbeitete sie nach ihrem Staatsexamen im Jahr 2005 rund eineinhalb Jahre lang als Vorbereitungs­assistentin in einer niedergelassenen Frankfurter Zahnarztpraxis. Eine Zeit, die für ihre spätere Spezialisierung auf dem Gebiet parodontaler Erkrankungen entscheidend war. „In der Praxis sieht man erst, wie viele Menschen chronische Entzündungen im Mund ­aufweisen, welche Auswirkungen dies auch auf ihre allgemeine Gesundheit haben kann und wie stark sich hierdurch oftmals ein lebensbeeinträchtigender Leidensdruck ent­wickelt“, schildert die Professorin. Gleich zu Beginn eine große Studie betreut Im November 2007 nutzte sie die Gelegenheit einer ausgeschriebenen freien Stelle und startete als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Parodontologie am UKW. Prof. Schlagenhauf betraute sie gleich zu Beginn als Prüfärztin mit der Betreuung der Würzburger Kohorte einer großen klinischen Multicenterstudie, die sie mit hohem persönlichem Einsatz erfolgreich durchführte. „Die Mitarbeit in dieser Studie weckte in mir eine Freude an wissenschaftlicher Arbeit, die mich seither nicht mehr losgelassen hat. Umso dankbarer bin ich Prof. Schlagenhauf für das damals in mich gesetzte Vertrauen“, betont Yvonne Jockel-Schneider.

Ihre heutigen Forschungsschwerpunkte spiegeln das aktuelle Verständnis von Parodontitis als Folge einer pathologisch erhöhten systemisch-internistischen Entzündungslast wider. „Parodontitis ist nicht primär ein Problem mangelhafter Mundhygiene. Wir wissen mittlerweile, dass Parodontitis mit vielen anderen chronisch-entzündlichen Allgemeinerkrankungen assoziiert werden kann. Deshalb versuche ich, Thera­pieansätze zu finden, die nicht unbedingt nur auf den Mund fokussiert sind. Es geht also nicht darum, die Zähne ‚noch sauberer‘ zu machen, sondern entzündungsförderliche systemische Ursachen zu finden und zielgenau zu behandeln“, umreißt die Wissenschaftlerin. Dazu kooperiert sie in ihrer Forschung mit Expert*innen etlicher anderer medizinischer Fachbereiche, wie zum Beispiel Kardiologie, Mikrobiologie, Nephrologie, Hepatologie und Psychologie.

„Es geht nicht darum, die Zähne ‚noch sauberer‘ zu ­machen, sondern entzündungs­förderliche systemische Ursachen zu finden und zielgenau zu ehandeln.“

Prof. Dr. Yvonne Jockel-Schneider

Mit Mut neue Sichtweisen verfolgen Neben viel Fachwissen lernte sie von Prof. Schlagenhauf, mit Mut neue, inter­disziplinäre Wege zu gehen. Deshalb sind für sie unter den vielen wissen­schaftlichen Preisen und Auszeichnungen ihrer bisherigen Karriere jene besonders wertvoll, die von Fachgesellschaften anderer Disziplinen vergeben wurden – wie beispielsweise der Young Investigator Award der Gesellschaft für arterielle Gefäßsteifigkeit (DeGAG) im Jahre 2014.

In der nationalen Forschungslandschaft genießt Prof. ­Jockel-Schneider eine besondere Sichtbarkeit bei innovativen Ansätzen zur ursachengerichteten Therapie parodontaler Entzündungen durch die gezielte Umstellung der Ernährung und den Einsatz von Prä- und Probiotika. Inter­national ist sie zudem für ihre Forschungen zu den Zusammenhängen zwischen parodontaler und vaskulärer Gesundheit bekannt.

Neben der Wissenschaft ist der Junior­professorin auch die Lehre ein großes Anliegen. So erprobte sie gemeinsam mit den Studierenden im aktuellen Sommer­semester die Nutzung neuer digitaler Online-Lehrformate. „Wir bieten unseren Studierenden eine zusätzliche Online-Plattform an, auf der renommierte Exper­tinnen und Experten aus ganz Deutschland Lehr­videos zu ihren parodontologischen Spezialgebieten bereitstellen. So haben unsere angehenden Zahnmedizinerinnen und -mediziner die Chance, schon früh die Gelegenheit, eine Vielfalt an manchmal auch deutlich divergierenden Lehr­meinungen kennenzulernen und so den Blick über den Würzburger ­Tellerrand heben zu können“, beschreibt Jockel-­Schneider. In Vorlesungen und Seminaren können dann die verschiedenen Therapieansätze diskutiert und verglichen werden. Breites therapeutisches Angebot Neben ihrem Einsatz in Forschung und Lehre wird die Zahnmedizinerin auch in Zukunft der klinischen Tätigkeit treu bleiben und weiterhin selbst parodontal Erkrankte in der Ambulanz der Parodon­tolologie behandeln. Sie verdeutlicht: „Wir sind die Anlaufstelle für komplexe parodontale Behandlungen, wie zum Beispiel für junge Menschen mit rasch fortschreitenden Formen der Erkrankung. Daneben liegt ein weiterer Schwerpunkt auf der Therapie von Patientinnen und Patienten mit systemischen Erkrankungen – wie beispiels­weise Rheumatoide Arthritis, Herz-Kreislauferkrankungen, Nieren- und Lebererkrankungen, Hauterkrankungen oder Depressionen – in Verbindung mit parodontalen Entzündungen.“

Das etablierte Würzburger Konzept mit neuartigen Therapie­ansätzen, wie Ernährungslenkung, gehören ebenso zum Behandlungsspektrum, wie die Korrektur parodontaler Hart- und Weich­gewebs­defekte mit minimalinvasiven Operations­techniken. Neu aufgebaut wird im Verbund mit den anderen Abteilungen der Zahnklinik der Sektor Seniorenzahnmedizin. Akademische Karriere auch als Mutter möglich Last but auf keinen Fall least ist Yvonne Jockel-Schneider auch Mutter von zwei Töchtern im Alter von vier und acht Jahren. Dass es möglich war und ist, eine akademische Karriere und die Ansprüche einer Familie unter einen Hut zu bekommen, hat aus ihrer Sicht mehrere Gründe. Neben ihrer eigenen hohen Einsatzbereitschaft und der guten Arbeits­teilung mit ihrem Ehemann spielte dabei die Frauenförderung der Universität Würzburg eine wichtige Rolle. Jockel-Schneider: „Insbesondere die damit verbundenen Stipendien ermöglichten mir den erforderlichen Freiraum für wissenschaft­liches Arbeiten.“