Zentrum für genetische

Innenohr- störungen

eingerichtet

Als Teil des Comprehensive Hearing Centers des UKW widmet sich jetzt ein neues Zentrum noch intensiver der Erforschung, Diagnostik und Behandlung von genetisch bedingten Hörstörungen.

Diese Zwillingsmädchen sind von einer angeborenen, beidseitigen Hörminderung betroffen. Mit einem neuen Zentrum will sich das UKW in Zukunft noch stärker solchen genetischen Innenohrstörungen widmen.

Bild: D. Peter

Rund zwei Drittel aller Hörstörungen sind genetisch bedingt. „Vor diesem Hintergrund arbeitet unser Comprehensive Hearing Center schon seit mehr als einem Jahrzehnt intensiv mit dem Institut für Humangenetik der Univer­sität Würzburg zusammen“, berichtet Prof. Dr. Dr. h. c. Rudolf Hagen. Laut dem Direktor der Klinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten, plastische und ästhetische Operationen des UKW nahm in den letzten Jahren die Relevanz von genetischen Untersuchungen als Teil der personalisierten Medizin immer weiter zu. Auch die entsprechenden Nachfragen von Patienten­seite stiegen. „Deshalb haben wir nun die zu diesem Themenfeld bestehende Sprechstunde zum Zentrum für gene­tische Innenohrstörungen, kurz ZGI, weiterentwickelt“, schildert Prof. Hagen. Das neue Zentrum wurde der Öffentlichkeit Anfang Juli beim diesjährigen Internationalen Kurs der Mikrochirurgie des Mittelohres in Würzburg vorgestellt. Genetische Ursachen frühzeitig erkennen und kompetent behandeln Geleitet wird das ZGI von der Pro­fessorin Dr. Wafaa Shehata-Dieler und dem Privatdozenten Dr. Kristen Rak aus der HNO-Klinik des UKW. „Unser wesentliches Ziel ist es, bei der Beratung, Diagnostik, Therapie, Nachsorge und Begleitung von Patientinnen und Patienten mit einer angeborenen oder dauerhaft bestehenden Hörminderung den Schwerpunkt der Genetik weiter auszubauen“, beschreibt Prof. Shehata-Dieler. Konkret bedeutet das: Die Betroffenen sollen erfahren, ob ihre Schwerhörigkeit erblich bedingt ist. Anschließend werden sie über ihre Prognose beraten und erhalten die bestmögliche Versorgung mit Hörhilfen. „Außerdem können wir – beispielsweise bei möglichen schwerwiegenden Begleiterkrankungen – zu einem sehr frühen Zeitpunkt zusätzliche Therapien einleiten“, betont die Professorin. Aussichtsreiche Forschung Auch in der Forschung sowie in der Aus- und Weiterbildung soll das ZGI wichtige Beiträge leisten. „Zentrale Forschungsfragen sind zum Beispiel: Können neben den über 130 bekannten weitere Gene für Hörstörungen identifiziert werden? Mit welchen Unter­suchungsverfahren? Und wie können wir dafür die Kooperation mit den Spezialdiagnostiken anderer Fachdiszi­plinen und Kompetenzzentren weiter verbessern?“, erläutert Dr. Rak. Nach seinen Angaben könnten Fortschritte in der Gentherapie in einigen Jahren möglicherweise dazu führen, dass eine genetisch angelegte Hörstörung eventuell sogar vorbeugend vor ihrem ersten Auftreten behandelt werden kann. Um diesen Eigenansprüchen gerecht zu werden, ist das Zentrum interdisziplinär aufgestellt. So bringen neben HNO-Ärzt*innen und Humangenetiker*­innen auch Spezialist*­­innen aus der ­Pädiatrischen Neurochirurgie, der Pädi- atrie, der Augenheilkunde sowie der Diagnostischen und Interventionellen Neuroradiologie ihre jeweiligen Kompetenzen ein. „Als ersten Schritt arbeiten wir aktuell vornehmlich daran, standardisierte Abläufe sowie feste Strukturen in der Zusammenarbeit zu etablieren“, verdeutlicht Prof. Shehata-Dieler.

Strukturell ist das ZGI dem am UKW angesiedelten Zentrum für Seltene Erkrankungen, kurz ZESE, Nordbayern zuordnet. Als Fachzentrum betreut es dort seltene HNO-Erkrankungen und beteiligt sich an großen, übergeordneten Studien. Über das ZESE ist das ZGI ferner mit nationalen und internationalen Netzwerken verbunden.