Fördererfolg bei

Sonder­for­schungs­be­reichen

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert einen neuen Sonderforschungsbereich unter Würzburger Leitung – und verlängerte die Finanzierung von zwei bestehenden SFB TRR mit Würzburger Beteiligung.

Akute GvHD des Dünndarms: Alloreaktive zytotoxische T-Zellen (gelb und gelbgrün) attackieren das Epithel der Darmschleimhaut.

Um die Spitzenforschung an den Hochschulen weiter zu stärken, richtete die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) Ende November dieses Jahres bundesweit 14 neue Sonderforschungsbereiche (SFB) ein. Einer davon wird von der Würzburger Universitätsmedizin angeführt. Unter dem Titel „Kardio-immune Schnittstellen“ will er die komplexen Wechselwirkungen zwischen dem Immunsystem, Entzündungsprozessen und Herzerkrankungen aufklären. Im Idealfall können damit Grundlagen für neue Therapien geschaffen werden.

Hinter dem Vorhaben steht ein Konsortium aus elf Instituten und Einrichtungen des Uniklinikums und der Uni Würzburg. Außerdem sind Forschende aus dem Würzburger Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung, dem Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und der ­Harvard Medical School in Boston/USA beteiligt. Selbe Signalwege, aber gegensätzliche Effekte Sprecher des SFB 1525 ist Prof. Dr. Stefan Frantz. Der Direktor der Medizinischen Klinik I des UKW erläutert: „In den letzten Jahren konnten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unseres Konsortiums zeigen, dass inflammatorische und immunologische Mechanismen den Verlauf von Krankheits- und Heilungsprozessen bei Herzerkrankungen spürbar beeinflussen. Allerdings sind diese Mechanismen stark abhängig von Kontext und Zeitpunkt: In unterschied-lichen Krankheitsstadien können dieselben molekularen Signalwege gegensätzliche Effekte haben!“ Im neuen Sonderforschungsbereich sollen die entsprechende Schnittstellen und Vorgänge bei Herzmuskelerkrankungen genauer untersucht werden. Im Ergebnis hofft Prof. Frantz unter anderem auf neue, immunbasierte kardiovaskuläre Diagnose- und Therapiewege.

Das Vorhaben soll ferner auch in die Ausbildung ausstrahlen. Prof. Frantz: „Um bei der Translation in diesem Themenfeld weiterzukommen, brauchen wir Ärztinnen und Ärzte sowie Naturwissenschaftlerinnen und Naturwissenschaftler, die sich sowohl in der Kardiologie, wie auch in der Immunologie auskennen. Dafür müssen wir eine neue akademische Struktur für die interdisziplinäre Zusammenarbeit etablieren.“

Die DFG fördert den SFB in den kommenden vier Jahren mit insgesamt über zwölf Millionen Euro.

Prof. Dr. Stefan Frantz, der Direktor der Medizinischen Klinik I des Uniklinikums Würzburg, ist der Sprecher des neuen Sonderforschungsbereichs „Kardio-immune Schnittstellen“.

Funktionale Gewebemodelle standardisiert herstellen Darüber hinaus stimmte der Bewilligungsausschuss für ­jeweils eine weitere Förderperiode bei zwei Sonderforschungsbereichen Transregio (SFB TRR), an denen die Würzburger Universitätsmedizin beteiligt ist. Dazu zählt der 2018 gestartete, von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg geleitete SFB TRR 225 „Von den Grundlagen der Biofabrikation zu funktionalen Gewebemodellen“. Dessen Sprecher ist Prof. Dr. Jürgen Groll, Inhaber des Würzburger Lehrstuhls für Funktionswerkstoffe der Medizin und der Zahnheilkunde. Beteiligt sind ferner die Universitäten ­Bayreuth, Erlangen-Nürnberg und das Universitätsklinikum ­Erlangen.

Unter Biofabrikation versteht die Wissenschaft die Verwendung automatisierter 3D-Druck-Prozesse für die gleichzeitige Verarbeitung von lebenden Zellen und Biomaterialien. Damit lassen sich Konstrukte erzeugen, die schon direkt nach der Herstellung in gewebeanalogen Strukturen aufgebaut sind. „Dies birgt die Möglichkeit einer automatisierten und damit standardisierten Herstellung funktionaler Gewebemodelle, die von unschätzbarem Wert als Tierversuchs­ersatz, für die Pharma- und Krebsforschung und als regenerative Therapieoption wären“, erklärt Prof. Groll.

Der Fortschritt des jungen Forschungsfelds wurde beim Start des Verbundes vor allem durch einen Mangel an geeigneten, zellverträglichen und druckbaren Materialien – sogenannten Biotinten – begrenzt, die neben dem Überleben der Zellen auch deren Verhalten nach dem Druck positiv beeinflussen. „Im Idealfall sollen die Biotinten das Verhalten der Zellen sogar steuern und das Entstehen eines funktionalen Gewebes fördern“, beschreibt Prof. Groll. Die Entwicklung und Etablierung solcher Biotinten war einer der Schwerpunkte der ersten Förderperiode, aus der mehr als 120 wissenschaftliche Publikationen und fünf Patentanmeldungen hervorgingen.

Derzeit richtet sich der Fokus auf ein noch besseres Verständnis für die Zusammenhänge zwischen technischen Verfahrensparametern und Zellreaktionen sowie Methoden zur präziseren Herstellung von Biofabrikaten aus unterschiedlichen Zelltypen. „Das ist die Grundlage dafür, dass die gedruckten Konstrukte auch biologische Funktionen entwickeln können“, so Groll. Entsprechend konzentriert sich der SFB in der zweiten vierjährigen Förderphase auf die ­Optimierung der schon entwickelten Biotinten für eine ­Kontrolle der Zellfunktion nach der Fabrikation. Außerdem sollen sie noch besser für einen hochaufgelösten 3D-Druck angepasst werden.

Die DFG finanziert dazu den Verbund mit insgesamt mehr als zwölf Millionen Euro.

3D-gedrucktes Blutgefäß mit unterschiedlich gefärbten Zellstrukturen und in Durchlicht-Mikroskopie (A). Aufsicht und Schnitt durch eine vollkommen mit Zellen besiedelte Gefäßschlinge zur Herstellung von durchbluteten Krebsmodellen (B).

Immunantwort nach Stammzellspende Steuerung der Transplantat-gegen-Wirt- und Transplantat-gegen-Leukämie-Immunreaktionen nach allogener hämatopoetischer Stammzelltransplantation – so heißt der zweite verlängerte SFB TRR 221. Dem Ende 2017 bewilligten Verbundvorhaben gehören die Universitäten und Universitätsklinika in Regensburg, Erlangen-Nürnberg und Würzburg an. Sprecher der Würzburger Sektion ist Prof. Dr. Hermann Einsele, der Direktor der Medizinischen Klinik II des UKW.

Worum geht es? „Für Leukämie- und Lymphom-Patienten, die auf eine Chemotherapie nicht adäquat ansprechen, ist die allogene Blutstammzell­transplantation, also von einem Fremdspender, das derzeit einzige verbleibende Therapieverfahren“, berichtet Prof. Einsele und fährt fort: „Die Wirksamkeit der Behandlung beruht auf dem Transplantat-gegen-Leukämie-Effekt – englisch Graft-versus-Leukemia-Effekt, kurz GvL. Dieser Effekt, der durch die Lymphozyten des Stammzellspenders vermittelt wird, erzielt leider nicht bei allen Patientinnen und Patienten eine ausreichende Stärke, um einen Rückfall zu verhindern.“ Und nicht nur das: Laut dem Würzburger Krebsexperten tritt der gewollte Effekt häufig zusammen mit einer Transplantat-gegen-Wirt-Erkrankung (Graft-versus-Host Disease, GvHD) auf, bei der die Spenderlymphozyten gesundes Körpergewebe attackieren. Innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Transplantation sterben etwa 40 bis 50 Prozent der Patienten an den Folgen der GvHD oder am Leukämierezidiv.

Um hier gegenzusteuern, will der SFB TRR 221 innovative immunmodulatorische Strategien entwickeln, die einerseits den antileukämischen Effekt des Transplantats verstärken und andererseits die GvHD abschwächen. Die aus dem gemeinsamen Erkenntnisgewinn resultierenden Behandlungskonzepte sollen außerhalb des Forschungsverbunds in klinischen Studien getestet werden. Die DFG-Förderung innerhalb der kommenden vier Jahre beträgt 13 Millionen Euro.