Finanzierungs­probleme bei digitalen Lösungen

Prof. Dr. Andrew Ullmann, der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, informierte sich am UKW über die Vorteile der Digitalisierung in der Cochlea-Implantatversorgung – und über die dabei bestehenden Finanzierungs­probleme.

Am 29. Februar dieses Jahres besuchte Prof. Dr. Andrew Ullmann, Bundestagsabgeordneter und gesundheitspoli­tischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, das Comprehensive Hearing Center (CHC) der Würzburger Universitäts-HNO-Klinik. Die Expertinnen und Experten des interdisziplinären und integrativen Hörzentrums stellten dem Politiker bei dem Treffen die modernen Möglichkeiten der Digitalisierung bei der Vorbereitung, Implantation und Nachsorge von Cochlea-Implantaten (CI) vor. Das CI ist eine Hörprothese für Gehörlose und Ertaubte, deren Hörnerv noch funktionsfähig ist, sowie für hochgradig Schwerhörige, bei denen die Versorgung mit einem Hörgerät nicht mehr ausreicht. Dr. Heike Kühn, die Geschäftsführerin des CHC, berichtete bei der Veranstaltung, dass seit den Anfängen im Jahr 1991 mittlerweile über 3.500 CIs am UKW implantiert wurden. In den vergangenen Jahren hat die Digitalisierung in praktisch alle Bereiche dieser Versorgungsleistung massiv Einzug gehalten – von der präoperativen Evaluation über die Opera­tionen und die nachfolgenden Therapieschritte bis hin zur Nachsorge, wie die Technische Leiterin des CHC, Privatdozentin Dr. Anja Kurz, und Prof. Dr. Kristen Rak, der Stellvertretende Direktor der HNO-Klinik, erläuterten. Ferneinstellung des Implantats vorteilhaft, aber nicht abrechenbar Beispielsweise setzt das CHC erfolgreich ein System ein, mit dem eine Nachsorge der CI-Trägerin oder des CI-Trägers über eine Fernverbindung zuhause möglich ist. Die betreuende Audiologin oder der betreuende Audiologe der Klinik kann über das Smartphone der Nutzerin oder des Nutzers eine Video- und Audioverbindung aufbauen sowie sich mit dem Cochlea-Implantat selbst verbinden. So können im ­direkten Austausch Einstellungen an der Hörprothese vorgenommen werden. „Dies bringt der Patientin oder dem ­Patienten viele Vorteile“, unterstrich Dr. Kurz. Dazu zählen nach ihren Worten Zeit- und Kosteneinsparungen, eine einfachere Integration des Nachsorgetermins in den Alltag und ein schnelleres Beheben von Funktionsproblemen. Aber auch für die Abläufe in der Klinik ist die Ferneinstellung vorteilhaft. „Das System gewährleistet hohe Versorgungsqualität bei gleichzeitig hoher zeitlicher Flexibilität. So können wir diese Services hauptsächlich außerhalb der ‚Klinik-Rushhour‘ in aller Ruhe durchführen“, schilderte Dr. Kurz. Doch trotz der nachweislich vielen Pluspunkte gibt es laut Prof. Dr. ­Stephan Hackenberg, dem Direktor der HNO-Klinik des UKW, finanzielle Hürden bei der weiteren Etablierung des Systems: „Das Problem ist, dass der derzeitige Leistungs­katalog unsere diesbezüglichen Leistungen – sowohl in der vorgehaltenen Infrastruktur, als auch bei den eingesetzten personellen Ressourcen – nicht abbildet. Wir können sie derzeit schlichtweg nicht abrechnen.“ In der Gesprächsrunde im CHC, an der auch Vertreterinnen und Verteter der CI- Hersteller Advanced Bionics, Cochlear und MED-EL teilnahmen, wurden mit Prof. Ullmann mögliche Lösungswege aus diesem Dilemma diskutiert. Ullmann: Die fortschrittlichen Technologien müssen den Patienten auch zugutekommen können Am Ende des Treffens resümierte der Abgeordnete: „Die fortgeschrittenen Technologien und innovativen Ansätze, die ich hier in Würzburg erleben durfte, zeigen deutlich, dass das Comprehensive Hearing Center und das Uniklinikum Würzburg an der Spitze der Cochlea-Implantatversorgung stehen. Ihre Vorreiterrolle in der Digitalisierung der Hörprothesenversorgung ist bemerkenswert und verdient Anerkennung." Ferner unterstrich Ullmann: „Als Politiker müssen wir für gute Rahmenbedingungen für Innovation sorgen. Dazu zählt auch Lösungen für die Finanzierungsprobleme zu finden, um sicherzustellen, dass diese fortschrittlichen Technologien breit zugänglich sind und den Patienten zu­gutekommen können."

PD. Dr. Anja Kurz, die Technische Leiterin des CHC, simulierte mit dem FDP-Bundestagsabgeordneten die Ferneinstellung eines Cochlea-Implantats.

Beim Treffen an der Würzburger Universitäts-HNO-Klinik ließ sich Prof. Dr. Andrew Ullmann von PD Dr. Anja Kurz, Prof. Dr. Stephan Hackenberg, Dr. Heike Kühn und Prof. Dr. Kristen Rak über aktuelle Möglichkeiten der Digitalisierung bei der Versorgung mit Cochlea-Implantaten informieren (von links).

Illustrationen: WinWin und Pepermpron - stock.adobe.com

Spende ermög­licht wachstums­lenkende Helme

Victroiia und Abdul Salam Achlak sind seit 2022 in Deutschland. Sie mussten zu Beginn des Ukraine-Krieges ihr Zuhause in Odessa verlassen. Im Mai 2023 kamen die Drillinge der Eheleute – Amina, Amira und Abdul – als Frühchen zur Welt. Im Verlauf der ersten Lebenswochen bildete sich bei allen drei Kindern eine deutliche lagerungsbedingte Kopfasymmetrie aus. Umlagerungsversuche und physiotherapeutische Maßnahmen konnten die Schädelverformungen nur teilweise ausgleichen. Als weitere Behandlungsmöglichkeit blieb die Kopforthesentherapie. Hierbei wird durch individuell gefertigte Helme das weitere Kopfwachstum der Säuglinge so gelenkt, dass sich die Asymmetrien ausgleichen. Schnelles Handeln war gefragt Die Möglichkeit, eine Kopforthesentherapie zu starten, endet gegen Ende des ersten Lebensjahres, sodass eine schnelle Versorgung der Drillinge nötig war. Als weiteres Problem kam hinzu, dass die Kopforthesentherapie aktuell keine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherungen ist und die Kosten von etwa 2.000 Euro pro Kind nur in Einzelfällen übernommen werden. Durch die Physiotherapeutin der ­Drillinge erfuhr der Lions Club Mittelmain-Karlstadt von der Situation der jungen Familie. Dessen Präsident, Jürgen Czalla, nahm daraufhin umgehend Kontakt mit dem Craniofacialen Centrum des UKW auf. Bei der interdisziplinären Einrichtung stellen sich jährlich viele hundert Eltern mit ihren Säuglingen aufgrund ausgeprägter Kopfasymmetrien vor – einige entscheiden sich dann zur Kopforthesentherapie. Mit einer Spende von 3.800 Euro übernahm der Lions Club Mittelmain-Karlstadt einen bedeutenden Teil der Behandlungskosten für Amina, Amira und Abdul, sodass die maßgeschneiderten Spezialhelme für sie am UKW schnell und unbürokratisch angefertigt werden konnten. Diese müssen sie nun etwa sechs Monate lang täglich 23 Stunden lang tragen. „Aufgrund des noch rechtzeitigen Therapiebeginns ist davon auszugehen, dass die Kinder am Behandlungsende mit weitestgehend symmetrischen Köpfen in ihr weiteres Leben gehen können“, freut sich Privatdozent Dr. Felix Kunz von der Poliklinik für Kiefer­orthopädie des UKW, der die medizinische Versorgung der Drillinge im Craniofacialen Centrum leitet.

Die jetzt mit Kopforthese versorgten Drillinge Amira, Amina und Abdul zusammen mit Sarah Zürrlein vom Craniofazialen Centrum, Mutter Victroiia Achlak, PD Dr. Felix Kunz, Vater Abdul Salam Achlak und Jürgen Czalla, Präsident des Lions Clubs Mittelmain-Karlstadt (von links).

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