„Ein spannendes Geben und Nehmen“
Anfang 2023 trat das MT-Berufe-Gesetz in Kraft. Die Reform modernisiert die Ausbildung in Medizinischen Technologien (vorher MTA). Neu ist zum Beispiel die Durchführung eines Orientierungspraktikums. Die Premiere des dreiwöchigen Ausbildungselements fand am UKW im Februar 2024 statt. klinikum & wir sprach mit ausgewählten Beteiligten über Inhalte und gemachte Erfahrungen.

Wer nahm am ersten Orientierungspraktikum Teil? Christine Hildebrandt: Die Praktikantinnen und Praktikanten waren Schülerinnen und Schüler, die im vergangenen Herbst an unserer Berufsfachschule in eine Ausbildung zu Medizinischen Technologinnen und Technologen für Laboratoriumsanalytik oder Radiologie – kurz MTL oder MTR – starteten. Konkret waren es 16 MTR und 30 MTL, die diesen neuen Ausbildungsteil durchliefen. Was ist das Ziel des Orientierungspraktikums? Christine Hildebrandt: Das Orientierungspraktikum gibt den Auszubildenden die Möglichkeit, sich schon am Anfang der Ausbildung mit der Praxis auseinanderzusetzen und gegebenenfalls auch zu erkennen, ob es wirklich der geeignete Beruf ist. Ebenso ist es wichtig, dass die Lehrkräfte und Praxisanleitenden noch in der Probezeit erkennen können, ob die Schülerin oder der Schüler auch praktisch für diesen Beruf geeignet ist. Wo fanden die Praktikumseinsätze statt? Eva Riedel: Einsatzorte für die MTL-Azubis waren am UKW das Zentrallabor, die Transfusionsmedizin, das Institut für zelluläre Immunabwehr, das Labor für Therapeutisches Drug-Monitoring, das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI), die Medizinische Klinik II, das Institut für Pharmakologie und Toxikologie sowie das Institut für Virologie und Immunologie. Claudia Stahr: Die Praktikumseinsätze der MTR fanden im Zentrum für Radiologie des UKW statt, schwerpunktmäßig am Institut für Radiologie und Neuroradiologie. Die Azubis waren aber auch tageweise in der Nuklearmedizin und der Strahlentherapie, um einen Überblick über alle Einsatzbereiche zu erhalten. Welche Aufgaben und Tätigkeiten umfasste das Orientierungspraktikum? Eva Riedel: Die Azubis konnten erste Tätigkeiten selbst durchführen – im Laborbereich zum Beispiel eine Zentrifuge bedienen oder Lösungen ansetzen. Außerdem erhielten sie sogenannte Beobachtungsaufträge wie „Beschreibe den Umgang mit einem Mikroskop“ oder „Stelle den Umgang mit sensiblen Daten im Labor vor“. Diese Aufträge dienten als Grundlage für einen Kurzbericht, der im Anschluss an das Praktikum von ihnen zu erstellen war.
Unsere Ansprechpersonen ▶ Christine Hildebrandt, Leiterin des Staatlichen Berufliches Schulzentrum für Gesundheitsberufe Würzburg ▶ Eva Riedel, Zentrale Praxisanleiterin MT Berufe am UKW (Labor) ▶ Claudia Stahr, Zentrale Praxisanleiterin MT-Berufe am UKW (Radiologie) ▶ Erik Eyring, Auszubildender zum Medizinischen Technologen für Laboratoriumsanalytik ▶ Simone Mögen, Auszubildende zum Medizinischen Technologin für Radiologie ▶ Marleen Hügel, Medizinische Technologin für Radiologie am UKW ▶ Anja Streit, Lehrkraft der MTL-Schule Medizinische Technologin für Laboratoriumsanalytik am UKW
Wo warst Du im Praktikumseinsatz und welche Aufgaben gefielen Dir dort am besten? Erik Eyring: Ich war am DZHI im Forschungslabor der AG Maack unter der Praxisanleitung von Annette Berbner. In einem Forschungslabor sind die Aufgaben für Ausbildungseinsteiger im ersten Jahr recht überschaubar. Am besten gefielen mir jedoch die Arbeiten an Geräten, die man in der Ausbildung üblicherweise nicht bedient, wie den Nanodrop zur Messung von Protein-, DNA- und RNA-Konzentrationen. Simone Mögen: Ich war in der Neuroradiologie hauptsächlich am CT eingeteilt. Am besten gefiel mir, dass ich das Gelernte mal praktisch umsetzen durfte, wie zum Beispiel Patientinnen und Patienten aufzurufen und zu lagern. Einen sterilen Behandlungstisch zu decken und das Einstellen der Geräte zählten zu meinen Lieblingsaufgaben. Gab es Aufgaben, die Dich besonders gefordert haben? Erik Eyring: Die meisten Arbeiten wurden mir zunächst erklärt und parallel vorgeführt. Bei Fragen konnte ich mich immer an die Praxisanleiterin wenden oder einen Blick in das Versuchsprotokoll werfen. Dadurch hatte ich keine Aufgaben, die mich stark gefordert haben. Als vergleichsweise anspruchsvoll empfand ich die mehr Aufmerksamkeit fordernden Tätigkeiten – wie das Aufziehen von Spritzen mit Medikamenten, die in viskosen Ölen gelöst waren. Simone Mögen: Die Aufgaben selbst waren durch die sehr gute Anleitung nicht wirklich fordernd. Schwieriger war es da schon, im Nachhinein emotional belastende Situationen, wie beispielsweise den Umgang mit jungen Patientinnen und Patienten in meinem Alter, zu verarbeiten. Aber auch da haben mich die Praxisanleitenden unterstützt. Entsprachen die im Praktikum gewonnenen ersten Einblicke in den von Dir gewählten Beruf Deinen Erwartungen? Erik Eyring: Nach meinen Erfahrungen im Praktikum und den Arbeiten, die mir demonstriert wurden – auch wenn ich selbst noch nicht alle durchführen durfte – fühle ich mich mehr als bestätigt in meiner Ausbildungsentscheidung. Der Umfang der Aufgaben war sehr groß, was für mich ein definitives Plus der Forschung ist. Simone Mögen: Die ersten Einblicke entsprachen eindeutig meinen Erwartungen, mit denen ich mich für diese Ausbildung entschieden habe. Ich könnte mir vorstellen, in der Neuroradiologie zu arbeiten, da mir das Aufgabenspektrum sehr gut gefällt. Warum war es Ihnen als Praxisanleiterin vor Ort ein Anliegen, Auszubildende durch ihren ersten Praxiseinsatz zu leiten? Marleen Hügel: Als MTR arbeitet man in einem vielfältigen und spannenden Beruf. Mir ist es wichtig, den Azubis nicht nur das Soll, sondern auch den Spaß an der Arbeit zu vermitteln. In Zeiten des Arbeitskräftemangels ist es uns allen ein Anliegen, dass aus Azubis neue, fähige Kolleginnen und Kollegen werden, die sich in unserer Abteilung wohlfühlen. Wie empfanden Sie die Betreuungsarbeit der potenziellen Nachwuchskräfte? Marleen Hügel: Es ist immer wieder erfrischend. Nicht nur das Verhalten einer anderen Generation, sondern auch die junge und unvoreingenommene Sicht auf unseren Arbeitsalltag. Es werden interessante Fragen gestellt, auf die man selbst nicht kommt oder zu betriebsblind ist. Das Arbeiten mit den Auszubildenden ist ein spannendes Geben und Nehmen. Warum ist Ihnen als Lehrkraft die Betreuung der Schülerinnen und Schüler im praktischen Einsatz ein Anliegen? Anja Streit: Es ist mir wichtig, die berufliche Entwicklung der Auszubildenden zu unterstützen. Durch eine gute Betreuung können sie wichtige praktische Fähigkeiten erlernen und ihre Kompetenzen weiterentwickeln. Zudem ist es wichtig, dass sie sich während ihres Einsatzes gefördert und respektiert fühlen, um ihre Motivation und das Selbstvertrauen zu stärken.
Tipp: Tag der offenen Tür
Am Samstag, den 13. April 2024 lädt das UKW alle, die sich für eine Ausbildung in den Medizinischen Technologien Radiologie oder Laboratoriumsanalytik interessieren, zu einem Tag der offenen Tür ein. Zwischen 11:00 und 14:00 Uhr wird deutlich, wo und wie MT-Berufe arbeiten. Die kostenlose Veranstaltung, zu der auch die Eltern von potenziellen Schülerinnen und Schülern herzlich eingeladen sind, findet im Zentrum für Innere Medizin an der Oberdürrbacher Straße statt. Anmeldung unter E-Mail: praxisanleitungmt@ukw.de. Weitere Details unter www.med.uni-wuerzburg.de/mta-schule