Allgemeinmedizinische Themen am Puls der Zeit
Gastrednerin Dr. Sandra Blumenthal von der Berliner Charité, umrahmt von den Leiterinnen des Instituts für Allgemeinmedizin des UKW, Prof. Dr. Ildikó Gágyor (li.) und Prof. Dr. Anne Simmenroth.
Am 12. Oktober 2022 organisierte das Institut für Allgemeinmedizin am UKW seinen fünften Tag der Allgemeinmedizin. Die Fortbildungsveranstaltung richtete sich wie gewohnt an Hausärztinnen und Hausärzte, Medizinische Fachangestellte, Ärztinnen und Ärzte in Weiterbildung sowie Studierende. Sie hatten die Möglichkeit, aus insgesamt 17 Workshops auszuwählen. Auf großen Zuspruch der rund 130 Teilnehmerinnen und Teilnehmer stießen zum Beispiel die Themen „Über- und Fehldiagnostik und -therapie aus endokrinologischer Sicht“ sowie „Long-Covid aus internistischer und neuropsychologischer Sicht“. Über den ärztlich assistierten Suizid Der Hauptvortrag mit dem Titel „Der ärztlich assistierte Suizid: (K)ein Thema für Hausärzt:innen“ übernahm Dr. Sandra Blumenthal vom Institut für Allgemeinmedizin der Berliner Charité. Unter einem ärztlich assistierten Suizid versteht man das Ermöglichen, Fördern oder Nichtverhindern einer Selbsttötung. Dies grenzte die Referentin von indirekter Sterbehilfe, einem Behandlungsabbruch oder einer Tötung auf Verlangen ab. Nach ihren Worten dürfen Ärztinnen und Ärzte in Deutschland nach der Aufhebung des Paragrafen 217 des Strafgesetzbuches durch das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2020 Menschen beim Suizid beraten und assistieren. Auch die Berufsordnungen lassen dies derzeit in fast allen Bundesländern – auch in Bayern – zu. Um die dennoch unübersichtliche und rechtlich unbefriedigende Situation weiter zu klären, ist eine neue gesetzliche Regulierung der Beihilfe zur Selbsttötung in der Entwicklung. Entwürfe dazu werden seit diesem Sommer im Bundesrat diskutiert. „Gemeinsam ist ihnen die Überschrift ‚Suizidbeihilfe ermöglichen – aber nicht fördern‘“, verdeutlichte Blumenthal. Sie bedauerte, dass Hausärztinnen und Hausärzte zwar laut dieser Entwürfe bei der Suizidprävention und der Beratung weiterhin beteiligt sein werden, aber bislang nicht in die Gesetzesentwicklung einbezogen wurden. Graduierung von Suizidalität als eine der Herausforderungen Eine der Herausforderungen bei den zu führenden Beratungsgesprächen ist laut der Ärztin die Abgrenzung eines krankheitsbedingten Tötungswunsches – zum Beispiel im Rahmen einer depressiven Episode – vom autonomen Wunsch, das Leben zu beenden. „Wir werden immer wieder vor der Entscheidung stehen, ob der Sterbewunsch Ausdruck der Patientenautonomie ist oder von einer psychiatrischen Erkrankung herrührt“, so Dr. Blumenthal.