

Würzburg. Rund 150 Gäste kamen am 26. April dieses Jahres im Hörsaal des Zentrums für Operative Medizin (ZOM) des Uniklinikums Würzburg (UKW) zusammen, um das 40-jährige Jubiläum der Transplantationsmedizin am unterfränkischen Krankenhaus der Maximalversorgung zu feiern. Dem Auditorium aus Patientinnen und Patienten, deren Angehörigen, Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft, Pflege und Selbsthilfe sowie sonstig Interessierten wurde dabei in Vorträgen ein breiter Überblick über diverse Aspekte der Organtransplantation geboten.
Viele medizinische Höhepunkte in 40 Jahren
Auf die erste Nierentransplantation am UKW Anfang Dezember 1984 folgten bislang rund 1400 weitere, außerdem Leber-, Herz- und Bauchspeicheldrüsen-Transplantationen. „Mittlerweile übernehmen wir die Transplantation und Nachsorge von Patientinnen und Patienten aus Nordbayern, Südhessen und Westthüringen – und teilweise darüber hinaus“, verdeutlichte Prof. Dr. Ralf-Ingo Ernestus, der Stellvertretende Ärztliche Direktor des Würzburger Uniklinikums, in seiner Begrüßung. Aktuell werden am Transplantationszentrum des UKW jährlich zwischen 40 und 80 Transplantationen durchgeführt, wie Dr. Anna Laura Herzog, die Leiterin des im Jahr 2015 gegründeten Zentrums, mitteilte. Der Weg durch die Jahrzehnte war nach ihren Worten von vielen medizinischen Höhepunkten geprägt, darunter der weltweit erste Ersatz des gesamten Harntrakts durch Prof. Dr. Hubertus Riedmiller, den damaligen Direktor der Klinik für Urologie am UKW, und sein Team im Jahr 1997.
Lebendspende: Hohe Aufmerksamkeit für den Spender
Nach der Premiere im Jahr 1992 ist die Nieren-Lebendspende heute am UKW von großer Bedeutung. „Bislang haben wir diesen Eingriff über 200 Mal durchgeführt“, schilderte Prof. Dr. Kai Lopau. Laut dem Leiter des Nierentransplantationsprogramms dürfen hierbei die Risiken für die Spenderin oder den Spender – wie eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit für späteren Dialysebedarf, Bluthochdruck oder das Auftreten eines Erschöpfungssyndroms – nicht verschwiegen werden. „Deshalb ist für uns eine lebenslange, jährliche Spendernachsorge essentiell“, so Prof. Lopau.
Überlebensrate drastisch gestiegen
Wie sehr sich die Perspektiven für Organtransplantierte im Lauf der Geschichte – nicht zuletzt wegen der deutlich optimierten medikamentösen Immunsuppression – verbessert haben, verdeutlichte Prof. Dr. Johan Lock, der Leiter der Hepatopankreatobiliären und Transplantationschirurgie am UKW. Zum Beispiel: Während die einjährige Überlebensrate nach Nierentransplantation im Jahr 1960 nur etwa zehn Prozent betrug, liegt sie heute bei über 90 Prozent.
Schweigeminute für Verstorbene
Neben diesen positiven Botschaften thematisierte die Jubiläumsfeier auch den eklatanten Organspendermangel und seine Folgen. So starben im Jahr 2022 deutschlandweit 743 Personen, die auf der Warteliste für eine Organtransplantation standen. Bei der Veranstaltung wurden ihnen und den trotz einer Transplantation Verstorbenen mit einer Schweigeminute gedacht.
Organmangel: Medizinisch und strukturell gegensteuern
Welche medizinischen und technologischen Entwicklungen könnten in Zukunft helfen, dem Spenderorganmangel entgegenzuarbeiten? Hierzu lieferte Dr. Johanna Wagner, Oberärztin der Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, einen Überblick:
Mit der in diesem Jahr am UKW erstmals eingesetzten Maschinenperfusion lässt sich die Konservierungszeit eines Organs bis zur Transplantation verlängern und dessen Qualität verbessern.
Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist es beispielsweise möglich, die Dosierung von Immunsuppressiva zu optimieren.
Die Transplantation von tierischen Organen, zum Beispiel von gentechnisch veränderten Schweinen, ist noch im experimentellen Status, kann aber schon bedeutende Erfolge vorweisen.
Weiter entfernte Hoffnungsträger mit zum Teil noch beträchtlichen Hürden sind Manipulationen am Immunsystem zur Erhöhung der Immuntoleranz, Bioengineering und 3D-Bioprinting.
Daneben gibt es auch strukturell-organisatorische Möglichkeiten, die Organmangelsituation zu verbessern. Dazu zählen laut Dr. Dominik Schmitt, Oberarzt der internistischen Intensivstation und Transplantationsbeauftragter des UKW, unter anderem:
die Einführung eines Opt-Out-Systems bei der Organspende,
die Spende nach Herztod,
das Zulassen von Überkreuz-Lebendspenden oder sogar Spender-Empfänger-Ketten statt der bisherigen ausschließlichen Lebendspende von einer nahestehenden Person.
Authentische Einblicke in die Gefühlswelt einer Transplantierten
Zu den emotionalen Höhepunkten der Jubiläumsfeier zählte der authentische und inspirierende Vortrag von Franziska Liebhardt. Die Paralympics-Siegerin ist zweifach lungen- und einmal nierentransplantiert. Die Vorsitzende der Kinderhilfe Organtransplantation sprach unter anderem vom herausfordernden Warten auf ein Spenderorgan, den Gefühlen von Schuld und Dankbarkeiten gegenüber den Spendern – und von unbeugsamen Lebenswillen.
Ehrung verdienter Persönlichkeiten
Der offizielle Teil endete mit der Ehrung von verdienten Persönlichkeiten der Würzburger Transplantationsmedizin. Dieser besondere Dank ging an Ingrid Roßner, die ehemalige Vorsitzende der Regionalgruppe Würzburg und Umland des Landesverbands Niere Bayern e. V. und ihre Nachfolgerin Antje Kriebel, an Dorothea Eirich, die Regionalgruppen-Leiterin Würzburg und Umland des Bundesverbands der Organtransplantierten e.V., an Romana Ziegler und Katrin Bischof, die Koordinatorinnen des Nieren- bzw. des Leberprogramms am UKW sowie an den Chirurgen Prof. Dr. Detlef Meyer und den Urologen Prof. Dr. Hubertus Riedmiller.
Anschließend gab ein Imbiss in der Magistrale des ZOM allen Teilnehmenden Gelegenheit zu geselligem Austausch.
Text: Pressestelle / UKW

