Gut vorbereitet für vielseitige Aufgaben

Prävention, Beratung, Behandlung und die langfristige medizinische Begleitung von Patienten – mit ihren vielfältigen Aufgaben bildet die Allgemeinmedizin eine wichtige Säule in der Gesundheitsversorgung. Genauso vielseitig gestalten sich Forschung und Lehre in diesem Fachbereich am Universitätsklinikum Würzburg.

Gut vorbereitet für vielseitige Aufgaben

Prävention, Beratung, Behandlung und die langfristige medizinische Begleitung von Patienten – mit ihren vielfältigen Aufgaben bildet die Allgemeinmedizin eine wichtige Säule in der Gesundheitsversorgung. Genauso vielseitig gestalten sich Forschung und Lehre in diesem Fachbereich am Universitätsklinikum Würzburg.

Viele Studierende der Humanmedizin arbeiten später in einer allgemeinärztlichen Praxis oder lassen sich als Hausärztin oder Hausarzt nieder“, erläutern die Professorinnen Ildikó Gágyor und Anne Simmenroth. „Die Tatsache, dass ein Großteil der medizinischen Versorgung hierzulande auf den Schultern der Allgemeinmedizin ruht, muss daher im Studium berücksichtigt werden.“ Die beiden praktizierenden Ärztinnen haben dafür an der Medizinischen Fakultät der Universität Würzburg das Institut für Allgemeinmedizin etabliert. Seit der Gründung im Dezember 2017 bündeln und erweitern sie die bis dahin bestehenden Lehrangebote für angehende Allgemeinmedizinerinnen und -mediziner. Der neue Lehrstuhl hat bereits die ersten Forschungsprojekte initiiert, die in Zusammenarbeit mit hausärztlichen Praxen durchgeführt werden. Auch Studierende beteiligen sich im Rahmen von Doktorarbeiten an der allgemeinmedizinischen Forschung.

Studierende auf die ambulante Medizin vorbereiten Viele akute und chronische Krankheitsbilder bekommen Studierende in der Universitätsklinik, wo sie ausgebildet werden, gar nicht zu Gesicht, da sie in Haus- oder Kinderarztpraxen diagnostiziert und auch behandelt werden. Darauf müssen wir angehende Hausärztinnen und -ärzte ebenso vorbereiten wie auch darauf, dass viele gesundheitliche Probleme keine fachärztliche Behandlung oder gar eine Maximaltherapie benötigen“, erläutert Professorin Anna Simmenroth. Aufgrund der besonderen Anforderungen an die Allgemeinmedizin ist es den beiden Institutsleiterinnen wichtig, dass diese Inhalte fest in der ärztlichen Ausbildung verankert sind. Daher haben sie die Lehre, die unter anderem von engagierten niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten angeboten wurde und wird, ausgedehnt und in verschiedenen Semestern verankert. So lernen die Studierenden beispielsweise die Kommunikation mit Patienten und die Behandlung häufiger Krankheitsbilder kennen. Exemplarisch dafür steht die gemeinsame Vorlesung von Allgemeinmedizin und Gynäkologie, in der das Thema „Bauchschmerzen“ besprochen wird. Die angehenden Medizinerinnen und Mediziner lernen dabei die verschiedenen Perspektiven der jeweiligen Fachrichtung auf dieses Krankheitsbild kennen.

Prof. Dr. Ildikó Gágyor und Prof. Dr. Anne Simmenroth, die Leiterinnen des Instituts für Allgemeinmedizin, stehen in ihren Räumen an der Uniklink in Würzburg.

Hausärzte dringend gesucht Die Zahl der hausärztlichen Einzelpraxen hat laut der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in den letzten zehn Jahren um 16 Prozent abgenommen, vielen Regionen droht eine hausärztliche Unterversorgung. „Wir wollen die Studierenden frühzeitig für die Möglichkeit sensibilisieren, in der Region und auch im ländlichen Raum als Hausarzt zu arbeiten“, unterstreicht Professorin Anne Simmenroth. Mit dem Projekt „Beste Landpartie“, das im April 2020 startet, wird dieser Gedanke verstärkt in die medizinische Ausbildung hineingetragen: Im Rahmen spezieller Wahlpflichtbereiche, Praktika und auch Stipendien können Studierende kontinuierlich in allgemeinärztlichen Praxen und kommunalen Krankenhäusern arbeiten und lernen – und dadurch langfristige Bindungen an das Arbeitsfeld Allgemeinmedizin knüpfen. Unterstützt wird das Vorhaben von drei Kommunen, die sich besonders in der sozialen Anbindung der Studierenden engagieren. „Mittels Mentoring und wissenschaftlicher Evaluation prüfen wir, ob es unter den Studierenden Zielgruppen gibt, die für das Arbeitsprofil der Allgemeinmedizin besonders empfänglich sind“, so Simmenroth.

Forschen für die ambulante Versorgung Die in der Lehre vermittelten Inhalte können die angehenden Medizinerinnen in der Forschung anwenden: „Dabei widmen wir uns Fragen, die sich aus der täglichen ambulanten Versorgung ergeben und deren Ergebnisse direkt in die Versorgung übertragen werden können“, erläutert Ildikó Gágyor, „wie z. B. der rationale Einsatz von Antibiotika bei häufigen Infekten, Vermeidung von Überdiagnostik und Übertherapie bei Patienten mit Brustschmerzen oder Unterstützung der hausärztlichen Beratung bei Menschen mit psychischen Erkrankungen.“ Auch Diagnostik, Therapie und Versorgung stehen bei vielen Forschungsfragen der Allgemeinmedizin im Fokus. „Beispielsweise bietet die Behandlung von Gruppen, die am Rande der Gesellschaft stehen – wie z. B. Geflüchtete –, die durchaus eine relevante Zielgruppe für Hausärzte darstellen, noch viele offene Forschungsfragen.“

Zum Nutzen aller Ein besonderes Anliegen von Ildikó Gágyor liegt in der Wahl und Anwendung von Antibiotika bei niedergelassenen Ärzten. „Hier gibt es einen großen Bedarf, den wir mit einem Forschungsprojekt stillen wollen.“ Gemeinsam mit dem Robert-Koch-Institut und weiteren Forschungseinrichtungen aus Berlin, Jena und Freiburg entwickelt das Würzburger Institut Konzepte, um Auswahl und Einsatz von Antibiotika in der Allgemeinmedizin zu optimieren. „Wir haben dazu bereits große Resonanz erhalten. Von der Sensibilisierung auf diesem Gebiet profitieren Hausärzte und deren Patienten gleichermaßen“, ist sich die Forscherin sicher. Die weitere Verschränkung von Allgemeinmedizin und universitärer Lehre und Forschung bietet also nicht nur Studierenden neue Perspektiven auf dieses Fachgebiet. „Vielleicht“, so Anne Simmenroth, „findet dadurch ein Hausarzt in einem unserer heute Studierenden sogar eines Tages eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger.“

Text: Jörg Fuchs, Fotos: Daniel Peter

Bürgerforum: Machen Sie mit!

Bürgerinnen und Bürger der Stadt Würzburg und Umgebung sind eingeladen, sich an Forschungsprojekten des Instituts für Allgemeinmedizin des Universitätsklinikums Würzburg zu beteiligen. Sie können Hausärzte und Wissenschaftler in Forschungsprojekten mit Ihren Ideen und Anregungen zu Transparenz, Verständlichkeit und Beteiligung unterstützen und beraten. Drei- bis viermal im Jahr findet dazu ein Treffen im Institut für Allgemeinmedizin statt. Weitere Informationen dazu unter: http://www.allgemeinmedizin.uni-wuerzburg.de/forschung-und-projekte/buergerforum/