Die Ori­en­tie­rung ver­bes­sern

Uhren und Kalender, Farbkonzepte und Alarmsysteme: Wie das UKW kognitiv eingeschränkten Patienten die Orientierung erleichtert.

Krankenhäuser verlangen Anpassungsfähigkeit. Gerade Patienten mit einer vorbestehenden, möglicherweise noch unerkannten Demenz oder kognitiven Einschränkungen fällt es schwer, sich im Klinikdschungel zurechtzufinden. Gänge, Türen, Zimmer – alles sieht gleich aus. Die wechselnden Pflegepersonen sind fremd, die Abläufe ungewohnt. Angst und Unsicherheit münden oft in eine Spirale der Desorientierung.

Doch was kann man tun, um älteren Menschen die räumliche und zeitliche Orientierung im Krankenhaus zu erleichtern? „Oft sind es ganz kleine Dinge, die viel bewirken“, sagt Birgit Roelfsema von der Pflegedirektion. Zum Beispiel große, kontrastreiche Zimmernummern auf den Türen, Piktogramme an WC-Türen und Kleiderschränken oder Uhren und Kalender auf den Gängen, mit denen nun – mit Ausnahme von Kinderklinik und Geburtshilfe – alle Abteilungen des UKW ausgestattet werden. „Architekten planen heutzutage entweder Digitaluhren ein, oder gar keine Uhren, weil sowieso jeder ein Handy hat“, so die Demenzbeauftragte Andrea Heidsiek. Doch für Demenzkranke sind solche Orientierungshilfen wichtig. Und sie nehmen oft nur runde Uhren als solche wahr.

Bei der Orientierung zu Datum und Jahreszeit hilft ein Kalender mit großen, gut erkennbaren Zahlen und einem Bild, das die Jahreszeit verdeutlicht. „Auch Betreuungspersonen können helfen, indem sie solche Informationen unauffällig ins Gespräch einfließen lassen oder eine Zeitung im Zimmer liegen lassen“, so Heidsiek. So kann man dem Gedächtnis auf die Sprünge helfen, ohne den Betroffenen dabei bloßzustellen.

„Oft sind es ganz kleine Dinge, die viel bewirken“, sagt Birgit Roelfsema von der Pflegedirketion.Zum Beispiel Piktogramme an WC-Türen.

Ist die Demenz bereits weiter fortgeschritten, werden auch Zahlen und Buchstaben irgendwann nicht mehr erkannt. „Für diese Patienten haben wir Fotos ausgesucht, die statt der Nummer im Zimmer und außen an der Tür aufgehängt werden.“ Werden in noch späteren Krankheitsstadien auch Fotos nicht mehr erkannt, hängen manche Pflegeeinrichtungen Kinderbilder auf. „Das wollten wir bewusst vermeiden, um die Senioren nicht wie Kleinkinder zu behandeln“, berichtet Heidsiek. Stattdessen hat sie zusammen mit der Designabteilung Kreidebilder mit neutralen, aber leicht erkennbaren Motiven entwickelt: etwa einem Apfel oder einem Haus. Ein Whiteboard bietet zudem die Möglichkeit, Fotos und Nachrichten von Angehörigen oder gemalte Bilder von den Enkelkindern aufzuhängen. Denn alles, was vertraut ist, kann in der fremden Umgebung Halt geben.

Kreative, praxiserprobte Lösungen

Um zu testen, ob die Maßnahmen sich im Klinikalltag bewähren, wurden sie zunächst auf Pilotstationen erprobt. Lässt sich der Wandkalender mit wenigen Handgriffen einstellen? Ist alles abwischbar und hygienisch? Und wie kommen Patienten und Pflegende in der Praxis damit zurecht? „Bei den laminierten Bildern hat sich zum Beispiel gezeigt, dass die spiegelnde Oberfläche die Patienten irritiert hat“, erzählt Heidsiek. Durch ihre veränderte Wahrnehmung glaubten sie, die Bilder seien nass. Deshalb musste eine nicht spiegelnde Laminierfolie her.

Gut aufgehoben im Betreuungscafé

Wenn Menschen mit Demenz ins Krankenhaus kommen, verschlimmern sich die Symptome häufig. „Gründe dafür sind die fremde, hektische Umgebung und die ungewohnten Tagesabläufe“, sagt Simone Bissert von der Pflegedirektion. Um diese Patienten besser abzuholen, wird im ZIM derzeit ein Betreuungscafé eingerichtet. Hier sollen ab Dezember Patienten mit einer Demenz oder Wahrnehmungsstörung werktags von 15 bis 18 Uhr betreut werden. „Die Untersuchungen finden meist vormittags statt“, erläutert Bissert. „In den Nachmittags- und Abendstunden fehlt jedoch ein Programm. Im Betreuungscafé wollen wir deshalb Aktivitäten wie gemeinsames Kaffeetrinken und Abendessen, Spiele, Gymnastik, Beten, Singen oder Vorlesen anbieten.“ Das soll helfen, dass die Patienten sich gut aufgehoben fühlen, unter Leute kommen und aktiviert werden, was einer Verschlechterung der Demenz entgegenwirkt. Auch das Essen und Trinken klappt in Gesellschaft meist besser, der Tag-Nacht-Rhythmus, der bei einer Demenz oft gestört ist, wird stabilisiert. Und nicht zuletzt werden auch die Ärzte und Pflegekräfte auf den Stationen entlastet. Zunächst sollen sechs bis acht Patienten aus ZIM und ZOM nach Anmeldung durch die Station von zwei speziell ausgebildeten Altenpflegekräften betreut werden. Bewährt sich das Pilotprojekt, soll das Angebot auch auf andere Kliniken ausgeweitet werden.

Verunsichert von der unbekannten Umgebung laufen Demenzkranke oft scheinbar ziellos umher. „Früher sprach man von einer Weglauftendenz, heute weiß man, dass sie eigentlich ihr Zuhause suchen“, sagt Birgit Roelfsema. Patienten, die die Station verlassen und sich potentiell in Gefahr bringen, sind deshalb ein großes Problem im Krankenhaus. Auch hier kann eine entsprechende Ausstattung helfen: etwa Sensormatten, die vor die Zimmertür gelegt werden und Alarm schlagen, wenn ein Patient das Zimmer verlässt. Zur Sturzprävention werden außerdem Betten mit einer Unterlichtfunktion eingesetzt.

Bei zukünftigen Bauprojekten wird von vornherein altersgerecht geplant: Das fängt bei Licht- und Farbkonzepten an, geht über Lärmschutz und übersichtlich aufgebaute Stationen mit zentralem Pflegestützpunkt bis hin zu smarten Systemen, wie etwa im Patientenarmband verbaute Transponder, die Alarm schlagen, wenn ein Patient die Station verlässt. Roelfsema: „Bei Neubauten wie der Strahlenklinik oder bei Sanierungen werden solche Dinge bereits berücksichtigt. Vieles davon ist kein Hexenwerk, erleichtert aber den Alltag ungemein für alle Beteiligten.“

Text: Martina Häring, Fotos: Daniel Peter

Bei der Orientierung zu Datum und Jahreszeit hilft ein Kalender mit großen, gut erkennbaren Zahlen und ein Bild, das die Jahreszeit verdeutlicht.

Kinder im Krankenhaus

Altersgerecht bezieht sich nicht nur auf alte Menschen. Auch Kinder und Jugendliche haben besondere Bedürfnisse, wenn sie ins Krankenhaus müssen. „Ein Hauptunterschied ist, dass wir uns neben den Kindern auch um die Eltern kümmern“, sagt Matthias Uhlmann, Pflegedienstleitung der Kinder- und der Frauenklinik. „Generell wird in der Kinderheilkunde mehr erklärt als im Erwachsenenbereich. Mit den Kindern redet man natürlich kindgerecht, aber auch die Angehörigen haben einen hohen Informationsbedarf.“ Neben der extrem hohen Fachkompetenz, die der Beruf erfordert, muss man für die Kinderkrankenpflege eine Gabe haben, ist Uhlmann überzeugt. Deshalb werde die Entscheidung für diesen Beruf in der Regel auch ganz bewusst getroffen. „Der Universitätskinderklinik geht es, was Nachwuchs in der Pflege betrifft, vergleichsweise gut“, so Uhlmann.Von allen Mitarbeitern sehnsüchtig erwartet wird jedoch der Neubau des Frauen-Mutter-Kind-Zentrums. Da die Kinderheilkunde sehr viele Fachgebiete umfasst, ist auch der Platzbedarf hoch. Hinzu kommt der steigende Bedarf an Familienzimmern in der Geburtshilfe und Mitaufnahmemöglichkeiten für die Eltern kranker Kinder. „Die Kinderkrankenpflege hat sich immer mehr in Richtung integrative Pflege verändert“, sagt Uhlmann. Das heißt die Familie steht mehr im Mittelpunkt. Auch jetzt dürfen Eltern auf den Normalstationen in der Regel mit übernachten, für Eltern von Kindern auf Intensivstationen gibt es kostenlose Elternwohnungen in unmittelbarer Nähe, finanziert durch Fördervereine. Im Frauen-Mutter-Kind-Zentrum, welches oberhalb von ZIM und ZOM errichtet werden soll, wird es mehr und größere Familienzimmer geben. Außerdem werden hier alle Fachdisziplinen, die mit Kindern zu haben, unter einem Dach zusammenkommen. Neben der Kinder- und der Frauenklinik gehören dazu auch Kinderchirurgie und -urologie.