Mit einem hohen Maß an Ein­fühlungs­vermögen

Die Krankenschwester Helga Käppner leitet eine der Pilotstationen des Projekts „Altersgerechtes Krankenhaus“. Maßnahmen, die später auf das ganze Klinikum ausgerollt werden sollen, werden hier einem Praxistest unterzogen. Was sich besonders bewährt hat, und wie sie den Erfolg des Projekts sieht, erzählt sie im Interview.

Frage: Sie leiten die Stationen Neurologie 2 Nord und Neurochirurgie 2 Süd in der Kopfklinik. Warum waren gerade diese Stationen als Pilotstationen prädestiniert?

Helga Käppner: Die Patienten, die wir betreuen, haben oft eine Hirnschädigung, wurden am Gehirn operiert oder leiden unter einer organischen Erkrankung des Gehirns. Sie haben also ein besonders hohes Risiko für ein Delir. Durch die Teilnahme an einer Studie haben wir in den letzten Jahren außerdem viele Patienten, die an Demenz und Parkinson erkrankt und dadurch doppelt eingeschränkt sind. Diese Patienten erfordern ein hohes Maß an Einfühlungsvermögen.

Welche Erwartungen hatten Sie an das Pilotprojekt?

Helga Käppner: Unsere Pflegekräfte sind von Haus aus für den Umgang mit Patienten sensibilisiert, die in ihrer Wahrnehmung verändert sind. Wir überlegen aber immer, wie wir noch besser werden und die Patienten noch besser abholen können. Unser Wunsch ist, noch mehr Zeit für unsere Patienten zu haben und dass alle Mitarbeiter, die mit Patienten zu tun haben, für das Thema sensibilisiert werden.

„Wenn ein Patient sagt, der Himmel ist grün, dann ist er grün.“

Was hat sich seitdem verändert?

Helga Käppner: Wir haben gute Erfahrungen mit Hilfsmitteln wie den Sensormatten gemacht, die Alarm schlagen, wenn ein Patient das Zimmer verlässt. Nur im Nachtdienst reicht das nicht aus, hier arbeiten wir noch an besseren Lösungen. Auch die Piktogramme und die Tafeln für persönliche Nachrichten und Bilder sind gut. Das wird von den Patienten wahrgenommen und macht die Umgebung etwas vertrauter. Sehr hilfreich finden wir die speziell geschulten Sitzwachen und FSJ-ler, die Patienten begleiten, wenn sie Bewegungsdrang haben. Früher mussten wir immer wieder Patienten suchen, die die Station oder sogar das Haus verlassen hatten. Das ist uns im letzten halben Jahr gar nicht mehr passiert. Auch die Kommunikation ist wichtig: Wenn ein Patient sagt, der Himmel ist grün, dann ist er grün. Ihn zu konfrontieren bringt nur Aggression. Früher sind Praktikanten und studentische Hilfskräfte oft falsch mit den Patienten umgegangen. Dank der Schulungen haben sie jetzt mehr Hintergrundwissen, wobei auch hier noch weiterer Schulungsbedarf besteht. Aber damit kann man schon viel abfangen.

Die Pflegekräfte sind für den Umgang mit Patienten sensibilisiert, die in ihrer Wahrnehmung verändert sind.

Welche Rückmeldungen bekommen Sie von Patienten und Angehörigen?

Helga Käppner: Im Anfangsstadium einer Demenz sind die Angehörigen oft abwehrend, weil sie noch nicht bereit sind, über das Thema zu sprechen. Wenn die Problematik schon länger beobachtet wurde, sind die Angehörigen aber oft sehr dankbar für die Unterstützung. Viele erwarten eine anonyme Apparatemedizin und sind dann positiv überrascht, dass die Patienten von uns als Individuen gesehen und angenommen werden. Sie bedanken sich dafür, dass an einer so großen Uniklinik eine so persönliche Betreuung möglich ist und dass z.B. auch Angehörige mit aufgenommen werden können.

Wie bewerten Sie den Erfolg des Projekts bis jetzt?

Helga Käppner: Insgesamt denke ich, dass wir auf einem guten Weg sind. Wir sind keine Pflegeeinrichtung, sondern ein Krankenhaus. Manches, was man sich wünschen würde, ist einfach nicht umsetzbar. Für uns Pflegekräfte ist es aber sehr wichtig, dass das Thema auch von der Pflegedirektion, den Ordinarien und dem Klinikvorstand wahrgenommen wird und dass man nach Möglichkeiten sucht, etwas zu verbessern.

Persönliche Betreuung, wenn Bedarf besteht.

Text: Martina Häring, Fotos: Daniel Peter