Prof. Dr. Andreas Geier erklärt das sogenannte Fibroscan-Verfahren zur Messung der Steifigkeit der Leber.

Neue Gefahren für die Leber

Die Leberheilkunde hat in den letzten Jahren Erfolge erzielt. Aber am Horizont zeichnen sich große Herausforderungen ab, denen sich Ärzte, Wissenschaftler und Betroffene stellen müssen.

Neue Gefahren für die Leber

Die Leberheilkunde hat in den letzten Jahren Erfolge erzielt. Aber am Horizont zeichnen sich große Herausforderungen ab, denen sich Ärzte, Wissenschaftler und Betroffene stellen müssen.

Prof. Dr. Andreas Geier erklärt das sogenannte Fibroscan-Verfahren zur Messung der Steifigkeit der Leber.

Eines der Hauptprobleme, mit denen wir uns zukünftig konfrontiert sehen, liegt in der massiven Zunahme von Leber­erkrankungen durch Über­gewicht“, erläutert Professor Andreas Geier. Der Gastro­enterologe, der am Universitäts­klinikum Würzburg den Schwerpunkt Hepatologie an der Medizinischen Klinik II leitet, zeichnet ein wenig erfreuliches Bild: „Die Zahl der Menschen mit nicht-alkoholischen Fettlebern (NAFLD) ist enorm gestiegen. Epidemiologen gehen von einer weiteren starken Zunahme in den nächsten 10 bis 15 Jahren aus.“

Die Größenordnungen alarmieren: Rund 25 bis 30 Prozent der Bevölkerung hierzulande sind wegen eines erhöhten Fettgehalts ihrer Lebern von schweren Folgen wie Leberzirrhose oder Leberversagen bedroht. „Umgerechnet auf Würzburg müssten wir mit 30.000 potenziellen Erkrankten rechnen“, skizziert der Mediziner. Diese Zahlen erfordern langfristig nicht nur einen Ausbau an Kapazitäten in der klinischen Versorgung und der Transplantationsmedizin. Auch Anstrengungen in Prävention, Früh­erkennung und hausärztlicher Behandlung müssen gesteigert werden. Die Leber leidet still Problematisch ist, dass die Leber kaum Hinweise auf ihren Zustand gibt. Sie leidet still, Erkrankungen haben oft unspezifische Symptome wie Müdigkeit. Größere Beschwerden zeigen sich meist erst in fortgeschrittenen Krankheitsstadien.

„Prävention und Früherkennung sind von allergrößter Bedeutung“, unterstreicht der Experte. „Wir sen­sibili­sieren nieder­gelassene Primär­versorger in der Region für das Thema und kooperieren mit gastro­enterologischen und diabetologischen Praxen. Die Kontrolle von Blut- und Leberwerten sowie Ultraschall­untersuchungen und Einschätzung des Lebensstils können Risikokandidaten frühzeitig identifizieren.“ Leber­steifigkeits­messungen, die am UKW in der „Fibroscan-Sprechstunde“ durchgeführt werden, helfen bei der Erkennung von Risiko­kandidaten für eine schwere Leberschädigung und der Wahl von Therapieoptionen

„Prävention und Früherkennung sind von allergrößter Bedeutung.“

Lieber vorbeugen statt therapieren Viele Lebererkrankungen, wie die gefürchtete Hepatitis C, sind heute medikamentös gut behandelbar. Nun konzentriert sich die Forschung auf die nicht-alkoholische Fett­leber­erkrankung, für die keine Medikamente existieren. Als national koordinierende Stelle rekrutiert die Hepatologie am Uniklinikum Probanden für Biomarker-Untersuchungen im EU-Forschungs­netzwerk LITMUS.

Die Forscher sind vorsichtig optimistisch, 2021 erstmals ein Medikament zur Behandlung von Entzündung und Vernarbung der Leber in den Händen zu halten. Wie für alle Erkrankungen gilt aber: Vorbeugen ist besser, als zu therapieren. Besonders hilfreich für die Leber ist es, das optimale Körpergewicht einzuhalten. Die dauerhafte Verringerung von Übergewicht um 10 Prozent senkt Fettanteil und Entzündungsrisiko der Leber messbar – ein Ziel, das in der Realität selten längerfristig erreicht wird. Mit Sorge sehen Ärzte häufiges Übergewicht bei Kindern: „Gesund­heitserziehung im Kindergarten- und Grundschulalter ist wichtig“, unterstreicht der Arzt, „diese Phase prägt körperbewusstes Verhalten.“

Gemeinsam Forschen und Behandeln „Früher“, erinnert er sich, „war Medizin stark organspezifisch orientiert“. Die Suche nach Therapien für Stoff­wechsel­erkrankungen machte deutlich, dass sowohl Herz-Kreislauf­apparat als auch Leber und Darm eine Rolle spielen können. „Wir sprechen von einer Systemerkrankung. Daher stehen wir bei Diagnose und Therapie im engen Austausch mit den Fach­bereichen Diabetologie und Viszeral­chirurgie.“

Wegen der Fettleber-Epidemie wird die Zahl an Leberzellkarzinomen steigen. Auch die Tumorbehandlung der Leber erfordert Fachwissen mehrerer medizinischer Disziplinen: Dazu gibt es enge Verbindungen mit der Chirurgie, der Interventionellen Radiologie und der Nuklearmedizin. In einem inter­disziplinären Tumorbord legen die Experten gemeinsam die besten Therapieoptionen fest.

„Wir sind davon überzeugt“, so Professor Andreas Geier, „durch die Kooperation mit dem Comprehensive Cancer Center Mainfranken (CCCM) allen Patienten die bestmöglichen maßgeschneiderten Therapieoptionen anbieten zu können.“ Dokumentiert wurde die exzellente Qualität des Leberkrebszentrums an der Universitäts­klinik jüngst erst durch die Zertifizierung der Deutschen Krebs­gesellschaft.

Lebertransplantationen aufgrund einer Fettleber werden in den nächsten Jahren voraussichtlich häufiger. Das Transplantations­programm der Hepatologie mit rund 20 Lebertransplantationen im Jahr ist durch die enge Zusammenarbeit mit den Fachbereichen Anästhesie und Transplantationschirurgie inter­disziplinär hervorragend aufgestellt, unterstreicht der Mediziner. „Was uns besonders wichtig ist, und mit Stolz erfüllt, sind die weit über­durch­schnittlichen Über­lebens­statistiken unserer Patientinnen und Patienten.“

Text: Jörg Fuchs, Foto: Daniel Peter, Gettyimages

Lebergesund durch Intervallfasten

Bewegung, gesunde Ernährung und der Abbau von Körpergewicht helfen der Leber! Phasenweise, zum Beispiel über 12-16 Stunden, keine Nährstoffe zu sich zu nehmen, hat einen nachweisbaren positiven Effekt auf den Zucker- und Fettstoffwechsel sowie auch auf die Darmflora. Grundsätzlich gilt: Jede Form der Bewegungssteigerung gemeinsam mit der Reduktion der Gesamtkalorienzahl kurbelt den Energieumsatz an, hilft dem Stoffwechsel – und nützt dadurch auch der Leber.