Gaby Krug und Ina Schmolke stehen im Treppenhaus der „Villa Kunterbunt“. Auf zwei Stockwerken liegen hier vier Zimmer, die Eltern in Kliniknähe unbürokratisch zur Verfügung stehen.

„Ein gesundes Kind ist nicht selbst­­ver­ständlich“

Seit 30 Jahren unterstützt der Verein KIWI e.V. ehrenamtlich Familien von Frühgeborenen und Kindern, die in der Universitätskinderklinik in Würzburg intensivmedizinisch behandelt werden.

„Ein gesundes Kind ist nicht selbst­­ver­ständlich“

Seit 30 Jahren unterstützt der Verein KIWI e.V. ehrenamtlich Familien von Frühgeborenen und Kindern, die in der Universitätskinderklinik in Würzburg intensivmedizinisch behandelt werden.

Gaby Krug und Ina Schmolke stehen im Treppenhaus der „Villa Kunterbunt“. Auf zwei Stockwerken liegen hier vier Zimmer, die Eltern in Kliniknähe unbürokratisch zur Verfügung stehen.

Die Holztreppen zur ersten Etage knarren leicht. Vor dem Fenster umrahmen Bäume einen Spielplatz. Der rote Altbau „Villa Kunterbunt“ in Grombühl strahlt Behaglichkeit aus. Auf zwei Stockwerken liegen vier Zimmer, die Eltern in Kliniknähe unbürokratisch auf Spendenbasis zur Verfügung stehen. Zwei weitere gibt es in einem Neubau jenseits des Spielplatzes.

„Bundesweit werden jedes Jahr über 50.000 Kinder intensivmedizinisch behandelt“, so Ina Schmolke, die sich seit 16 Jahren im Verein engagiert und diesen seit 2004 leitet. „In Würzburg wollen wir Eltern die Nähe zu ihren kranken Kindern ermöglichen, ohne sie dem Klinikalltag zu sehr auszusetzen.“ Elternwohnungen bieten Entlastung „Hier können Eltern von kranken oder zu früh geborenen Kindern wohnen, die oft bis zu ihrem errechneten Geburtstermin und manchmal auch länger in der Klinik bleiben“, so die KIWI-Vorsitzende, die vor 18 Jahren selbst mit ihrem 15 Wochen zu früh geborenen Sohn Christian als betroffene Mutter in der Kinderklinik war.

Auf Intensivstationen können Angehörige nicht im Zimmer ihrer Kinder übernachten. „Für Eltern, die im äußeren Einzugsbereich der Uniklinik leben, bis zu 100 Kilometer oder mehr entfernt, könnten bei einem längeren Klinikaufenthalt des Kindes hohe Kosten für Hotels oder tägliche Fahrt zur Klinik anfallen. Manche Familien können sich das nicht leisten oder sind psychisch belastet.“ Die voll ausgestatteten Elternzimmer nahe der Kinderklinik bieten Entlastung und ein „zweites Zuhause“.

Auch einen Besprechungsraum auf der Intensivstation der Kinderklinik hat der Verein eingerichtet: „Bevor KIWI auf Initiative von Eltern, Pflegenden und Ärzten gegründet wurde“, so die Stationssekretärin Birgit Borowski-Lother, „wurde manches Arztgespräch zwischen Tür und Angel geführt. Eltern haben manchmal im Flur darauf gewartet, ihre Kinder zu sehen. Der Elternraum bietet eine Rückzugsmöglichkeit; Eltern und Ärzte können sich in Ruhe besprechen.“

KIWI ist vor allem auch Teamwork: Psychologin Eva Wollner (v. l.), Gaby Krug, Ina Schmolke, Stefan Wolf und Prof. Johannes Wirbelauer.

Körper und Seele heilen Frühgeborene und ihre Eltern haben einen langen Weg vor sich. „In diesem Jahr wurde Ende September ein Frühchen nach Hause entlassen, das Anfang Mai auf die Welt kam“, erinnert sich Ina Schmolke. Auch wenn ein älteres Kind verunglückt, greift der Verein den betroffenen Familienangehörigen unter die Arme.

Eine vom Verein finanzierte Psychologin führt Beratungsgespräche. „Eltern belastet der Anblick eines Frühchens im Inkubator oder eines Kindes auf der Intensivstation sehr“, so die Vorsitzende. „Unsere Psychologin steht Familien bei und organisiert Hilfe.“

Natürlich gilt erst alle Aufmerksamkeit dem Kind, Eltern vergessen schnell eigene Bedürfnisse. Ist das Schlimmste überstanden, merken Eltern oft erst, wie belastend die Situation war. Hier helfen Aufklärung über Stress- und Belastungsreaktionen und fachliche Einordnung eigener Empfindungen. Es kann schon helfen, sich selbst täglich etwas Zeit zu gönnen. Sollten während des Klinikaufenthalts bei Kindern, Eltern oder Geschwistern psychische Erkrankungen auftreten, hilft die Psychologin auch. Das wertvolle Angebot wird von KIWI mit größeren Beträgen finanziert.

Verlassen Kinder und Familien die Klinik, endet die Arbeit des Vereins nicht: Damit die erste Zeit daheim nicht zur Belastung wird, hilft KIWI mit einer mehrwöchigen Nachsorge, organisiert Arzttermine, unterstützt bei der Beschaffung von Geräten und beim Ankommen im Alltag. Damit der Kontakt nicht abreißt gibt es jedes Jahr das „Frühchenfest“: Familien feiern zusammen, erinnern sich und tauschen sich aus. Helfen in Corona-Zeiten Corona trifft auch KIWI: In den Elternwohnungen dürfen nur noch sechs statt zwölf Personen wohnen. Besuchsmöglichkeiten auf den Stationen und musiktherapeutische Angebote wurden beschränkt. „Absagen unserer größeren Veranstaltungen treffen uns nicht nur wegen der Spenden hart. Auch Zusammenhalt und Gemeinsamkeit fehlen.“ Das Benefiz-Fußballturnier „KIWI-Cup“ des TSV Bergrheinfeld entfiel ebenso wie das Frühchenfest, der Weihnachtsbasar und Vorträge. Daher freut sich die Vorsitzende über Pfandspenden: „Seit 2017 gibt es unter dem Motto ‚Zettel rein – Spender sein‘ eine Sammelbox für Leergut-Bons im EDEKA-Markt Popp.“ Weitere EDEKA- und Kupsch-Märkte in der Region kamen hinzu. Zwischen Freude und Trauer „Am schönsten ist es, wenn Kinder und Familien die Klinik verlassen dürfen“, so Ina Schmolke. „Hat man über viele Wochen gemeinsam Höhen und Tiefen geteilt, fällt der Abschied aber oft schwer. Bei aller Freude darf auch einmal eine Träne fließen.“ Und beim Blick auf den verwaisten Spielplatz steigt die Vorfreude auf ein Wiedersehen im nächsten Sommer.

Gespendet von KIWI: Spieloasen auf den Stationen.

Die Elternwohnungen bieten ein „zweites Zuhause“.

Text: Dr. Bernhard Rauh, Fotos: Daniel Peter

Der Verein KIWI e. V.:

1990 gründeten Eltern, Pflegende und Ärzte der Kinderintensivstation am Uniklinikum die „Interessengemeinschaft zur Förderung der Kinder der Würzburger Intensivstation e.V.“ (KIWI e. V.). Der gemeinnützige Verein hat als Ziel, die kleinen Patienten, deren Eltern und das Personal der Intensivstation in jeder Hinsicht zu unterstützen. KIWI e. V. freut sich über jede kleine und große Spende. Das Geld dient, ohne Verwaltungskosten, Patientinnen und Patienten der beiden Intensivstationen, der „Raumstation“ und der „Früh- und Neugeborenen-Intensivstation“. SPK Mainfranken IBAN: DE 91 790 500 000 000 026 245 BIC: BYLADEM1SWU