Seiner Zeit voraus: Innovative Therapien

Prof. Dr. Ulrich Schlagenhauf leitete 20 Jahre lang die Abteilung für Parodontologie am Uniklinikum Würzburg. Unter anderem entdeckte er, warum Milchsäurebakterien, z. B. in Joghurt, Entzündungen im Mund reduzieren.

Der gebürtige Baden-Württemberger verstand die Parodontitis als internistische Erkrankung mit hohen Bezügen unter anderem zu Biochemie, Mikrobiologie, Bakteriologie und Immunologie. Ende September ging der wegweisende Forscher, beliebte Arzt und hochengagierte Dozent in den Ruhestand.

Der Grundstein für seine Erkenntnis wurde in den USA gelegt: In den 1980er Jahren verbrachte Schlagenhauf ein zweijähriges Graduiertenstudium der Parodontologie inklusive Forschungsaufenthalt an der University of Washington in Seattle. „Dort hatte man bereits erkannt, dass bei vielen Patienten mit schwerer Parodontitis das eigentliche Problem in einem falschen Lebensstil zu suchen ist, der zu einer ungünstigen Zusammensetzung der Bakterien im Mund führt, aus der wiederum eine chronische Entzündung resultiert“, berichtet der Professor. Zurück in Deutschland musste er allerdings feststellen, dass in der hiesigen Hochschullandschaft die Zeit für diese Sichtweise noch nicht reif war. Deshalb arbeitete er – nach seiner Promotion und Habilitation in Tübingen – ab 1996 in einer auf Parodontologie spezialisierten Privatpraxis in Stuttgart. Den Kontakt zur Universitätsmedizin hielt er durch seine regelmäßige Lehrtätigkeit in den Fachgebieten Parodontologie und Prävention an der Abteilung für Zahnerhaltung der Universität Tübingen. Dort erreichte ihn der Ruf nach Würzburg.

An der Würzburger Zahnklinik konnte der leidenschaftliche Dozent sein Wissen an die nächste Generation von Zahnmedizinerinnen und -medizinern weitergeben. „Der Mund ist ein Indikator der Lebensführung. Faktoren wie Stress, ungesunde Ernährung und Rauchen tragen ursächlich zur chronischen Entzündung bei, die langfristig die Zähne und das Zahnfleisch zerstört. Hinzu kommt eine erbliche Komponente“, schildert Prof. Schlagenhauf. Beachtete Forschungsergebnisse Zu den von ihm erforschten, innovativen Therapieansätzen zählt zum Beispiel der Einsatz von Probiotika (= Bakterien mit gesundheitsförderlicher Wirkung). „Allein durch das Lutschen von Bonbons, die spezifische probiotische Laktobazillenstämme, also Milchsäurebakterien, enthalten, lässt sich die Stärke von Entzündungen im Mund mehr als halbieren“, berichtet der Zahnmediziner.

Nicht nur in der Fachwelt hohe Aufmerksamkeit rief ferner eine kontrollierte klinische Studie hervor, die eindeutig belegte, dass der regelmäßige Konsum nitratreicher Gemüsesorten den Verlauf chronischer Zahnfleischentzündungen bereits nach nur zwei Wochen spürbar verbessern kann. Langjährige Patienten Die Behandlungsideen kamen gut an: Die Abteilung für Parodontologie hat über 2000 treue Patienten, die in die Zahnklinik zur Behandlung kommen. „Besonders befriedigend ist es, wenn es gelingt, die Zähne von Patienten mit ursprünglich schlechter Prognose noch jahrzehntelang zu erhalten“, so der Professor. Neben Klinik, Forschung und Lehre engagierte sich Schlagenhauf auch in der Verbandsarbeit sowie in der Gesundheits- und Hochschulpolitik. Er erhielt für seine Forschung und Lehre zahlreiche Preise. Er wird auch weiterhin in ausgewählten Forschungsprojekten aktiv sein.

Text: Uniklinik, Anke Faust, Foto: Uniklinik

Drei Fragen an Ulrich Schlagenhauf

1. Was vermissen Sie im Ruhestand am meisten? Den Kontakt zu meinen Patienten. 2. Welchem Hobby gehen Sie jetzt nach? Ich versuche gerade meine alte Leidenschaft für das analoge Fotografieren mit großformatigen Planfilmkameras zu reaktivieren. 3. Was haben Sie sich vorgenommen? 1. Den leider häufig vernachlässigten Kontakt zu alten Freunden wieder verstärkt aufzunehmen. 2. Neue, spannende Dinge auch außerhalb der Medizin und Zahnmedizin vermehrt kennenzulernen.