Mit Oberflächen-Elektrostimulation

gegen Zittern

Eine Studie aus London/Großbritannien zeigt, dass eine nicht-invasive Stimulation mit Oberflächenelektroden bei Patienten mit Essentiellem Tremor die Intensität des Händezitterns reduzieren kann. Dr. Dr. Sebastian Schreglmann und Dr. Robert Peach, Hauptautoren der Studie, arbeiten seit 2020 an der Neurologischen Klinik des UKW.

Dr. Dr. Sebastian Schreglmann (links) und Dr. Robert Peach, Hauptautoren der britischen Studie zur nicht-invasiven Unter­drückung von Essentiellem Tremor, sind seit vergangenem Jahr Mitarbeiter der Klinik und Poliklinik für Neurologie des UKW.

Patienten mit Essentiellem Tremor leiden an einem rhythmischen Zittern, vornehmlich der Hände. Dass sich dieses durch Tiefe Hirnstimulation mittels eines implantierten Hirnschrittmachers wirksam behandeln lässt, ist bekannt. Aber können die feinen Elektroimpulse auch über Klebeelektroden auf der Kopfhaut einen ähnlich positiven Effekt erzielen? Eine Studie, deren Ergebnisse im Januar 2021 in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlicht wurde, liefert hierfür vielversprechende Hinweise. Der Erstautor der Arbeit, die am University College London und am Imperial College London erstellt wurde, ist Dr. Dr. Sebastian Schreglmann. Er arbeitet mittlerweile – seit August 2020 – als Facharzt an der Neurologischen Klinik des UKW. Anpassung der Phasen essentiell Der Neurologe und Neurowissenschaftler erläutert: „Das Händezittern bei Essentiellem Tremor hat eine patientenindividuelle Frequenz und Amplitude. Mittels eines Sensors messen wir diese Bewegungen am Mittelfinger des Probanden.“ In Abhängigkeit von diesen Messungen wurde das Gehirn dann mit minimalem Wechselstrom stimuliert. Dazu dienten Klebeelektroden, die auf der Kopfhaut über dem Kleinhirn und an der Stirn platziert wurden. Es zeigte sich, dass bei der Mehrzahl der Patienten das Zittern während der randomisiert wiederholten, 30 Sekunden dauernden Stimulation zurückging oder gänzlich aufhörte. „Entscheidend für den Effekt ist die Phase der Stimulation. Wir konnten sehen, dass es – angepasst an die Schwingungsphase des Zitterns – pro Patient eine i­deale Phase für die wirksamste Stimulation gibt“, berichtet Schreglmann.

Für die Steuerung der Stimulation in Echtzeit entwickelte Dr. Nir Grossman, Senior-Autor der Arbeit, eine neue mathematische Methode, um die kontinuierliche Anpassung an das variable Zittern zu ermöglichen. Der schlussendlich gefundene Algorithmus ist so elegant, dass für seine Anwendung nur eine vergleichsweise geringe Rechenleistung nötig ist. „Für die Vision eines nicht-invasiven Hirnschrittmachers ist dies ein wesentlicher Punkt – dadurch könnte ein kleiner, zum Beispiel am Gürtel zu tragender Controller zur Steuerung ausreichen“, schildert Schreglmann.

Dr. Robert Peach, der Mathematiker, der die komplexe statistische Signal-Auswertung mittels maschinellem Lernen entwickelte, ergänzt: „Durch die signalanalytischen Neuerungen konnten wir nicht nur anhand des gemessenen ­Zitterns vorhersagen, für wen eine solche Stimulation in Frage kommt, denn nicht alle Patienten sprachen auf die Behandlung an. Vielmehr konnten wir auch den zugrundeliegenden Mechanismus einer erfolgreichen Stimulation ergründen.“ Dr. Peach ist seit Oktober 2020 ebenfalls Mitarbeiter der von Prof. Dr. Jens Volkmann geleiteten Neurologischen Klinik des UKW. Fortsetzung in Würzburg geplant Insgesamt lieferte die Studie nach Einschätzung der beiden Neurowissenschaftler aussichtsreiche Pilotdaten, auf denen man weiterführende klinische Studien aufbauen könne. „Gemeinsam mit Prof. Volkmann und seinem Team würden wir gerne in Würzburg an diese Arbeit anknüpfen. Es gibt schon recht konkrete Pläne, die nächsten Studien hier aufzulegen mit der Hoffnung, die Methode zu einer relevanten Therapie weiterzuentwickeln“, sagt Dr. Dr. Schreglmann.

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