Klasse Kost

am Klinikum

Die Erwartungen an die Ernährung im Krankenhaus sind hoch: Sie soll nicht nur einen Beitrag für die Gesundheit leisten und den Genesungsprozess fördern, sondern auch das Wohlbefinden der Patienten steigern und ihnen als Vorbild für gesundes Essen dienen. Im Folgenden wird deutlich, wie das Uniklinikum Würzburg diesen und weiteren Ansprüchen gerecht wird.

Die Küche des Uniklinikums Würzburg (UKW) versorgt täglich rund 1.350 Patienten mit Frühstück sowie Mittag- und Abendessen. Hinzu kommen wochentäglich etwa 350 Klinikumsbeschäftigte, die im Mitarbeitercasino speisen sowie 150 Kinder, die in der Kindertagesstätte Grombühlzwerge die Löffel schwingen. Gelöst wird diese enorme Verpflegungsaufgabe von 19 Köchinnen und Köchen, neun Diätassistentinnen und 45 Küchen­hilfskräften. Geführt wird das engagierte Team seit dem Jahr 2019 von der Küchen­leiterin Judith Bielek und ihrem Stellvertreter Stefan Ruff. Die Diätassistentin und der Küchenmeister ergänzen sich dabei hervorragend in ihren speziellen Kompetenzen. Cook & Serve mit aufwändiger Logistik „Von wenigen Ausnahmen abgesehen arbeiten wir in der Küche nach dem Herstellungsverfahren Cook & Serve“, schildert Stefan Ruff. Hierbei werden die Speisen den Patienten unmittelbar nach der Zubereitung serviert. Wichtig ist dabei die Einhaltung der Ausgabetemperatur auch bei längeren Transportwegen. Hierfür betreibt das UKW einen beträchtlichen Aufwand: Dreimal täglich werden die einzelnen, über das Würzburger Stadtgebiet verteilten Klinik­bereiche mit den Ruthmann-Lkws der hauseigenen Logistikabteilung ange­fahren. Die Cargoloader transportieren die Speisetransportwägen, die in der Regel mit Essenstabletts beladen sind. „Mit dem Tablettsystem ist nachvollziehbar, welches Menü für welchen ­Patienten portioniert wurde“, erläutert Judith Bielek und fährt fort: „So haben wir einen präzisen Überblick über die Speisenmenge und können gerade bei Diätkostformen sicher sein, dass der ­Patient genau das Menü erhält, das für ihn bestimmt ist.“ Lediglich auf den ­Stationen der Kinder- und Jugendpsychiatrie werden die Speisen in Gebinden angeliefert, da hier gemeinsame Mahlzeiten zu Therapiezwecken durchgeführt werden. Zur Transportlogistik gehört auch, das benutzte Patientengeschirr wieder zurück in den Spülbereich der Küche zu bringen.

Die Küche als Aus­bildungs­ort

Die Küche des Uniklinikums Würzburg bietet drei Ausbildungsplätze zum Koch an. Die Ausbildung dauert drei Jahre. Sie erfolgt in Kooperation mit der Küche des Maritim-Hotels in Würzburg, wo die Auszubildenden sechs Monate lang eingesetzt werden.

Ein weiterer Partner ist die Staat­liche Berufsfachschule für Diätassistenten am UKW. Deren Schülerinnen und Schüler absolvieren einen Teil ihrer praktischen Ausbildung im zweiten und dritten Ausbildungsjahr in der Küche und der Diätberatung des Klinikums.

Essenswünsche und Diätformen Damit die Patienten möglichst Speisen bekommen, die ihnen auch schmecken, werden sie täglich von Verpflegungs­assistentinnen und -assistenten sowie Pflegekräften zu ihren Essenswünschen für den Folgetag befragt. Die Servicekräfte nutzen dazu ein EDV-gestütztes Menü-Bestellsystem. Neben den Menülinien Vollkost, leichte Vollkost und fleischfreie Kost sind 60 verschiedene Diätkostformen im Angebot. Eine der wählbaren Menülinien ist nach den Vorgaben der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) zertifiziert und berücksichtigt die Leitlinien zur Verpflegung in Krankenhäusern (siehe Kasten „Rezertifizierung“). Ziel ist hierbei, eine Mangelernährung von Patienten zu vermeiden und nach aktuellem ­Wissensstand ein abwechslungsreiches und nährstoffoptimiertes Speisenangebot zu gewährleisten. Ferner besteht die Hoffnung, dass Patienten, die sich in ­ihrem Privatleben bislang keine Gedanken um eine gesunde Kost gemacht ­haben, durch das im Krankenhaus angebotene Essen zu einer vollwertigeren Ernährung inspiriert werden.

Dokumentationspflichten und Kontrollen Der Dokumentationsaufwand in Kranken­hausküchen ist hoch. So müssen zum Beispiel aufgrund einer gesetzlichen EU-Vorgabe alle in der Verpflegung verwendeten Lebensmittel mit Nährwerten, Zusatzstoffen und Allergenen in den Speiseplänen für Patienten und Beschäftigten hinterlegt sein. „Mittlerweile führen wir eine Datenbank von rund 4.000 Lebensmitteln mit den zugehörigen Rezepturen“, berichtet die Küchenleiterin und fährt fort: „Dabei wächst die Datenmenge hier kontinuierlich: Unsere Diätassistentinnen fügen immer neue Lebensmittel hinzu und pflegen Änderungen in der Zusammensetzung be­stehender Produkte ein.“ Ferner ist jeder Produktionsschritt bei der Zubereitung der Speisen über das interne Qualitätsmanagement definiert und wird detailliert dokumentiert. Beginnend bei der Anlieferung der Ware, über die Zubereitung in der Produktion bis zur Portionierung und Verbringung der Speisen erfolgt eine lückenlose Dokumentation über die Art des Produkts, die Zubereitungsform und die Kerntemperaturen in den verschiedenen Ver­arbeitungsprozessen. In Zusammenarbeit mit der Stabsstelle Krankenhaushygiene des UKW finden regelmäßige Audits im Küchenbereich statt. Veterinäre des Verbraucherschutzes der Stadt Würzburg und der Regierung von Unterfranken führen unangekündigte Kontrollen durch. „Diese Kontrollen bestehen nicht nur aus Begehungen der Küche, sondern wir müssen dabei auch eine vollständige und transparente ­Dokumentation aller Produktionsschritte bei der Lebensmittelverarbeitung nachweisen“, erläutert Stefan Ruff. Zur Gewährleistung der Qualität der produ­zierten Speisen werden außerdem regelmäßig Proben in einem externen Labor mikrobiologisch untersucht. „Unter dem Strich begrüßen wir diese Vielzahl an wichtigen und sinnvollen Kon­trollen, da sie nicht nur die Produkt- und Patientensicherheit erhöhen, sondern uns auch helfen, uns ständig weiter zu verbessern“, sagt der Stellvertretende Küchenleiter. Gewissenhafte Produktauswahl Das Uniklinikum seinerseits auditiert jährlich die bestehenden Lieferanten der Küche, um die Lieferung von Waren in einwandfreier Qualität sicherzustellen. „Bei der Produktauswahl spielt – neben dem Preis – die Wertigkeit der Rohstoffe für uns eine zentrale Rolle“, unterstreicht Judith Bielek. So werde bei den Waren geprüft, ob es sich um mit zahlreichen Zusatzstoffen und Allergenen versehenes „Designerfood“ handelt oder um Nahrungsmittel, die ohne solche Ergänzungen auskommen.

„Wir verwenden soweit wie möglich natürliche Lebensmittel“, sagt Stefan Ruff. Außerdem arbeitet die Küche nach seinen Worten wo immer es geht eng mit den Lebensmittelproduzenten zusammen. Beispielsweise fertigt ein örtlicher Bäcker verschiedene Brotsorten nach den Rezepturvorgaben der UKW-Küche an. Generell werden bevorzugt Lieferanten aus der Region genutzt. Dies bringt nicht nur Frische-Vorteile, sondern ist über vermiedene Transportkilometer auch gut für das Kima und die Umwelt. Wenn möglich, greifen die UKW-Küchenmanager bei Obst und Gemüse außerdem auf Produkte in Bioqualität zurück. „Vollumfänglich ist dies bei unseren hohen Verbrauchsmengen finanziell allerdings nicht möglich“, bedauert Judith Bielek.

Wertvolle Beratungen durch Diätassistentinnen Ein besonderer Schwerpunkt der Ernährung am UKW liegt in der Diätetik. Mit dem Ziel, Fehl- und Mangelernährung zu vermeiden, werden individuelle Unverträglichkeiten, Allergien und Ernährungsformen der Patienten berücksichtigt und in die Verpflegung integriert. Die Ärztinnen und Ärzte des Klinikums können für Patienten eine individuelle Diätberatung durch die Diätassistentinnen anfordern. Damit diese Beratung immer nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen erfolgen kann, besuchen die Diätassistentinnen regelmäßig Fort- und Weiterbildungen sowie Zertifikatskurse für die diätetische Behandlung verschiedener Krankheitsbilder. Beispielsweise absolvierte die ­Diätassistentin Aneliya Sabeva im Februar dieses Jahres erfolgreich den Zertifikatskurs zur gastroenterologischen Fachkraft. Ihr dort gewonnenes Wissen soll nun speziell bei Lebensmittelunverträglichkeiten in die Patientenberatung und die Diagnosefindung einfließen. Aneliya Sabeva erläutert: „Lebensmittel­unverträglichkeiten können Magen-/Darm-Beschwerden hervorrufen und stellen für die Betroffenen auf Dauer häufig auch eine psychische Belastung dar. Um die Symptome und die Angst der Betroffenen zu minimieren, dauerhafte einseitige Ernährung zu vermeiden und den Speiseplan wieder vielseitiger zu gestalten ist eine individuelle Ernährungsintervention durch eine Fachkraft unentbehrlich.“ Neuer Arbeitskreis Dysphagiekost In Verbindung mit der Einrichtung des Interdisziplinären Zentrums für Stimme und Schlucken an der HNO-Klinik des UKW (siehe Beitrag S. 8) ist die richtige Ernährung von Patienten mit Schluckstörungen noch stärker in den Fokus der Küche gerückt. „Wir sind Teil des interdisziplinären Arbeitskreises Dysphagiekost“, schildert die Diätassistentin Manuela Mühleck und fährt fort: „Die Herausforderung ist es, qualitätsge­sichert Speisen in der für die Betroffenen jeweils richtigen Konsistenz bereitzustellen, die nicht nur alle benötigten Nährstoffe enthalten, sondern gleichzeitig auch wohlschmeckend, abwechslungsreich und optisch ansprechend sind.“ Nachdem die UKW-Küche hierfür bislang selbst pürierte Kost erstellt hat, ­sollen nun in einer Testphase fertige Menüs eines auf passierte Kost spezialisierten Unternehmens getestet werden.

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Höchstleistungen während der Corona-Pandemie

Laut einem Ministerratsbeschluss der Bayerischen Staatsregierung sollen alle Kranken­haus­be­schäftigten in der Zeit von Anfang April bis Ende Mai 2020 arbeitstäglich ein freies Mittag­essen erhalten. Die Kosten dafür übernimmt der Freistaat. Aufgrund dieser Vorgabe produzieren die Küche des UKW und das zur UKW Service GmbH gehörende WOROS Catering derzeit rund 1.500 zusätzliche Mittagessen, die im Mitarbeiter­casino, im Casino der Kopfklinik und im Cafe Insel des ZOM|ZOM ausgegeben werden. „Dies entspricht annähernd einer Verdoppelung der Verpflegungs­leistung, wofür wir den beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern aufs Herzlichste danken“, sagt Tobias Firnkes, der Leiter des Geschäfts­bereichs „Wirtschaft und Versorgung“ des UKW und Geschäftsführer der UKW Service GmbH.

Rezertifizierung bestätigt vorbildliche Ernährung

Im Jahr 2012 entschied sich das Uniklinikum Würzburg freiwillig, eine Zertifizierung nach den Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) anzustreben, die dann drei Jahre später erstmals erteilt und seither alle zwei Jahre überprüft wird. Die präzisen Vorgaben der DGE bezüglich der Verpflegung in Krankenhäusern betreffen alle Aspekte der Patientenverpflegung, beginnend bei den Produktionsabläufen in der Küche bis zur Kommunikation mit dem Patienten am Krankenbett. Bei der letzten Rezertifizierung im November 2019 erzielte das UKW erneut ein hervorragendes Gesamtergebnis: In drei von vier Bewertungskriterien – Speiseplanung, Umsetzung der Hygieneanforderungen und Lebenswelt Patient – gab es die volle Punktzahl. Lediglich im Kriterium Lebensmittelauswahl besteht aufgrund des Zuckergehalts einzelner Nahrungsmittel noch Optimierungsbedarf. Nach diesem Erfolg darf das Klinikum weiterhin das Zertifikat „Station Ernährung – Klinikum“ und das dazugehörige Logo tragen. Nur wenige Universitätsklinika in Deutschland können sich mit dieser Auszeichnung schmücken.

Tobias Firnkes, der Leiter des Geschäftsbereichs „Wirtschaft und Versorgung“ freut sich über die gelungene Rezertifizierung und kommentiert: „Ohne den Corpsgeist unserer Küche, wäre ein solch tolles Ergebnis nicht möglich gewesen. Mein besonderer Dank gilt daher all‘ meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Judith Bielek und Stefan Ruff sowie den weiteren Führungskräften, die an 365 Tagen im Jahr für unserer Patienten und UKW-Kollegen im Einsatz sind.“

Judith Bielek, die Leiterin der Küche des Uniklinikums Würzburg, und Rüdiger Braun, der Leiter der Abteilung „Wirtschaft und Logistik (vorne Mitte) präsentieren das erneut ausgestellte DGE-Zertifikat. Mit ihnen freuen sich über diesen Erfolg: die Diätassistentin Susanne Reidelbach, der Stellvertretende Küchenleiter Stefan Ruff, der Leiter des Köche-Teams Alexander Brand sowie die Diätassistentin Manuela Mühleck (von links).