22 Jahre hohe Qualitätsansprüche ‑ für Patienten und Personal

15.07.2011> Nach 22 Jahren als Pflegedirektorin des Universitätsklinikums Würzburg geht Elisabeth Rüdinger Ende Juli 2011 in den Ruhestand. Zu ihren Hauptanliegen zählte es, die Qualität und die Standards der pflegerischen Leistungen am mainfränkischen Großkrankenhaus zu heben und zu sichern – zum Wohl der Patienten und des Personals.

 

Beim Amtsantritt von Elisabeth Rüdinger – zunächst als Pflegedienstleitung - im Juni 1989 herrschte am Universitätsklinikum Würzburg (UKW), wie im restlichen Deutschland, Pflegenotstand. „Wir hatte zu wenig geschultes Personal und zu wenige Stellen zur Verfügung, so dass die Dienste teilweise nicht mehr ordnungsgemäß abgedeckt werden konnten und vergleichsweise viele Hilfskräfte beschäftigt wurden", erinnert sich die heute 63-Jährige. Die Antwort der ehemaligen Intensivkrankenschwester darauf war eine „Qualitätsoffensive", die bis heute - in jeweils zeitgemäßer Ausprägung – andauert.  

Examiniertes Personal und Pflegestandards

Mit Inkrafttreten der Klinikumsordnung im Jahr 1992 wurde Elisabeth Rüdinger Mitglied der Direktion des Klinikums. Sieben Jahre später bestellte sie der Aufsichtsrat des UKW als Pflegedirektorin, was gleichzeitig mit einem Posten im damals neuen Vorstand des Klinikums verbunden war.

Zu den Maßnahmen ihrer Anfangsjahre zählte das konsequente Einstellen von examiniertem Personal, das heute 98 Prozent der pflegerischen Belegschaft bildet.

Bei der feierlichen Verabschiedung der scheidenden Pflegedirektorin am 15 Juli dieses Jahres betonte der Ärztliche Direktor des UKW, Prof. Christoph Reiners, die Beharrlichkeit, mit der seine Vorstandskollegin anfangs um personelle Verstärkung gekämpft hat. „Eines Ihrer Verdienste ist es, dass Sie die Pflege neben dem ärztlichen und kaufmännischen Bereich als eigenständige, dritte Säule im Organigramm des Klinikums etabliert haben", sagte Prof. Reiners.

Parallel zum verbesserten Personalschlüssel wurden unter Leitung von Elisabeth Rüdinger pflegerische Standards nach neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen aufgebaut. Mit der Ausarbeitung und Etablierung dieser heute selbstverständlichen Standards und Qualitätssicherungskonzepte gehörte das Würzburger Klinikum Anfang der 1990er Jahre nach Einschätzung von Prof. Reiners zu den bundesweiten Vorreitern.

Um neue Mitarbeiter schnell in den bestehenden Teams zu verankern und ihnen zügig das für das jeweilige Fachgebiet notwendige Fachwissen zu vermitteln, entwickelte Elisabeth Rüdinger zusammen mit ihren Mitarbeitern ein wegweisendes Einarbeitungskonzept, bei dem die Neulinge von speziell ausgebildeten Mentorinnen und Mentoren angeleitet werden.

Fort-und Weiterbildung als zentrale Ziele

Zur Qualitätsoffensive gehörte auch der Aufbau von umfangreichen Fort- und Weiterbildungen für das Pflegepersonal. Erklärtes Ziel der Pflegedirektorin war es, die Pflegekräfte fachlich, aber auch persönlich so zu schulen, dass sie in der Lage sind, eine Patientenversorgung auf hohem Niveau durchzuführen.

„Mit manchen dieser Aktivitäten waren Sie den übrigen Vorstandsmitgliedern und den durch sie vertretenden Berufsgruppen weit voraus", unterstrich der Ärztliche Direktor auf dem Festakt im Zentrum für Operative Medizin. Zum Beispiel habe Elisabeth Rüdinger bereits im Jahre 1998 ein Pflegeleitbild veröffentlicht, während das Leitbild des Gesamtklinikums erst sechs Jahre später erschienen sei.

Geringe Personalfluktuation als Erfolgsmesser

Heute ist das Universitätsklinikum Würzburg stolz auf eine der geringsten Personalfluktuationen im Pflegebereich in ganz Deutschland. „Ich denke, dass unsere Bemühungen um Teambildung, Fort- und Weiterbildung, Qualitätsmanagement und Arbeitgeber-Identifikation zusammen mit den auch ansonsten guten Arbeitsbedingungen hieran einen zentralen Anteil haben", so die Pflegedirektorin.

Nur wer klare Ziele hat, kann sich effizient in eine gewünschte Richtung entwickeln. Deshalb hat Elisabeth Rüdinger im Jahr 1998 ein Zielvereinbarungssystem auf den Weg gebracht, bei dem jede pflegerische Organisationseinheit – sei es nun eine Station oder ein Operationsteam – mit ihrem jeweiligen Vorgesetzten jährlich drei Ziele in Einklang mit dem Pflegeleitbild des UKW vereinbart. „Bei rund 100 organisatorischen Einheiten sind das Jahr für Jahr 300 neue Ziele", rechnet Rüdinger vor.

Vollkommen neu aufgebaut hat die Pflegedirektorin die Abteilung Hygienefachkräfte, die heute aus fünf Personen besteht. Außerdem wurde unter ihrer Leitung der Sterilgutbereich des Klinikums reorganisiert, so dass das UKW im Jahr 2008 eine der ersten Klinika in Deutschland war, die eine nach zwei Kriterien zertifizierte Sterilisationseinheit vorweisen konnte.

Fachgebiet Pflegemanagement

Als einen der Höhepunkt in ihrer Würzburger Laufbahn sieht die gebürtige Miltenbergerin die Mitarbeit in der Kommission zur Einrichtung von Studiengängen in Bayern als eine von nur zwei Pflegevertreterinnen. Zusammen mit Vertretern des Bayerischen Wissenschaftsministeriums sowie Fachhochschul-Präsidenten und
-Professoren galt es, zwischen den Jahren 1992 und 1994 den damals neuen Studiengang Pflegemanagement in Bayern zu entwickeln. Später schloss sich für Rüdinger ein Lehrauftrag in diesem Studiengang an der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt an

Viel Freude hatte die Pflegedirektorin an der von ihr organisierten Onkologischen Fachtagung. Die jährliche „Traditionsveranstaltung" kann bis zu 250 Teilnehmer vorweisen – viele davon Stammgäste, die zu dieser öffentlichen Aufbereitung eines der Schwerpunktthemen des Würzburger Uniklinikums laut Elisabeth Rüdinger stets sehr gute Rückmeldungen geben.

Viel Zeit in Bausitzungen

Als einen sehr zeitaufwändigen, aber ebenso wichtigen wie interessanten Aufgabenbereich bezeichnet Rüdinger ihre Beteiligung an den vielen Bauprojekten des UKW in den letzten Jahren. Ob beim Doppelzentrum für Operative und Innere Medizin, der Stroke-Unit, dem Perinatal-Zentrum, der Nuklearmedizinische Station, dem Stammzelltherapiezentrum oder den Umbauarbeiten an der Frauenklinik, der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie des Kopfklinikums – in vielen der am Universitätsklinikum neu geschaffenen Bereiche bestanden keine Erfahrungen, welche Anforderungen die neuen Strukturen an die Pflege stellen. „Haben wir genug und an den neuen Stellen überhaupt interessiertes Personal? Welche Zusatzkenntnisse sind erforderlich? Wie können Stationen sinnvoll zusammengelegt werden? Auf diese und viele weitere Fragen mussten wir unsere eigenen Antworten finden", berichtet Elisabeth Rüdinger.

EDV-Einsatz ausgeweitet

Ein nach eigenen Worten weiteres großes Anliegen war für die Pflegedirektorin der Ausbau der EDV-Unterstützung mit dem Ziel des Bürokratieabbaus in der Pflege. Viel Entwicklungsarbeit war zum Beispiel zusammen mit dem Servicezentrum Medizin-Informatik (SMI) zu leisten, um ein elektronisches Dienstplanprogramm auf SAP-Basis und eine Online-Abrechnung einzuführen. „Leider wurden viele der dadurch zunächst gewonnenen Freiräume des Personals zwischenzeitlich wieder aufgefressen durch die gestiegenen Dokumentationspflichten sowie weitere administrative Aufgaben", bedauert Rüdinger.

Generell bewege sich der Pflegebereich nach Zwischenphasen der Entspannung nun wieder in Richtung eines Notstands. Auch sei der Arbeitsdruck auf das Pflegepersonal leider wieder im Steigen, weil immer mehr Patienten in immer kürzerer Zeit versorgt werden müssten.

Für ihren Ruhestand plant Elisabeth Rüdinger, sich – wie schon in den letzten 15 Jahren – weiterhin in der Gesundheitspolitik zu engagieren und ansonsten ihrer Reiselust zu frönen.

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