Seifenmoleküle öffnen Proteinkanäle aus der Bakterienmembran

Ein Würzburger Forschungsteam zeigte, dass bestimmte Kanalproteine in Bakterien durch Seifenmoleküle reversibel geöffnet werden. Die Kanäle sind für die Medizin interessant, da sie zu den Abwehrmechanismen von Bakterien gehören.

Bakterien nutzen spezielle Kanalproteine durch die sie Flüssigkeit und Ionen aus der Zelle schleusen können, um sich im Notfall vor dem Platzen zu schützen. Die Forschungsgruppe um Professorin Bettina Böttcher vom Rudolf-Virchow-Zentrum - Center for Integrative and Translational Bioimaging (RVZ) der Universität Würzburg entdeckte nun, dass bestimmte Fettmoleküle (Lipide), welche die bakterielle Membran aufbauen, den Öffnungsmechanismus steuern. Da auch schädliche Bakterien diesen Schutzmechanismus anwenden, ist es relevant die zugrundeliegenden Mechanismen zu kennen.

Abgewaschene Lipide führen zur Öffnung

Bekannt war bisher, dass die mechanische Spannung der Membran, in der die Kanalproteine eingebettet sind, über „Fühler“ von den Proteinen gemessen wird und bei großer Spannung zur Öffnung der Kanäle führt. Böttcher und ihre Gruppe zeigten jetzt, dass auch Lipide die sich an Falten und Taschen des Proteins anlagern, eine wichtige Rolle bei der Steuerung spielen. Dazu behandelten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen die Proben, in denen die Proteine ohne umgebende Membran vorlagen, mit unterschiedlichen Seifenlösungen. „Die Seifenmoleküle waschen die angelagerten Lipide langsam ab, es kommt zu Strukturveränderungen und die Kanäle öffnen sich. Werden wieder mehr Lipide dazu gegeben, dann kehrt sich der Vorgang um und die Kanäle schließen sich wieder“, erklärt Böttcher.

Studentinnen werden Mitautorinnen der Studie

Eine Besonderheit dieser Studie ist die enge Verknüpfung von Forschung und Lehre. Die Studierenden des Praktikums „Elektronenmikroskopie und Bildverarbeitung“ des letzten Jahres nahmen die Messungen an den forschungsrelevanten Proben vor und trugen so maßgeblich zu der Veröffentlichung bei. „Die Verknüpfung von Lehre und Forschung ist nicht immer leicht, da die forschungsrelevanten Proben aufwendiger in der Vorbereitung und risikoreicher in der Untersuchung sind als typische Proben, die für Praktika verwendet werden“, stellt Böttcher klar. Julia Halang, eine der Studierenden, erzählt begeistert: „Das Praktikum hat mir einen Einblick in die Elektronenmikroskopie geboten, den ich anders nie erhalten hätte. Dabei durften wir bei der Probenvorbereitung bis hin zur Bildaufnahme und der Prozessierung alles durchführen. Dafür bin ich sehr dankbar!“

Publikation

Vanessa Judith Flegler, Akiko Rasmussen, Karina Borbil, Lea Boten, Hsuan-Ai Chen, Hanna Deinlein, Julia Halang, Kristin Hellmanzik, Jessica Löffler, Vanessa Schmidt, Cihan Makbul, Christian Kraft, Rainer Hedrich, Tim Rasmussen and Bettina Böttcher; Mechanosensitive channel gating by delipidation. PNAS (2021) doi: org/10.1073/pnas.2107095118

Personen

Prof. Dr. Bettina Böttcher ist Professorin für Biochemie und leitet seit 2016 eine Forschungsgruppe am Lehrstuhl für Biochemie und am Rudolf-Virchow-Zentrum - Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg.

Dr. Tim Rasmussen forscht als Postdoktorand in der Arbeitsgruppe von Bettina Böttcher am Rudolf-Virchow-Zentrum - Center for Integrative and Translational Bioimaging der Universität Würzburg.

Kontakt

Prof. Dr. Bettina Böttcher, Rudolf-Virchow-Zentrum, Universität Würzburg, T. +49 931 - 31 84193,
bettina.boettcher@ uni-wuerzburg.de; Dr. Tim Rasmussen, Rudolf-Virchow-Zentrum, Universität Würzburg, T. +49 931 - 31 89659,
tim.rasmussen@ uni-wuerzburg.de

Pressemitteilung der Universität Würzburg vom 07.09.2021