ME/CFS – Informationen für Betroffene

Wie für Erwachsene gibt es auch für ME/CFS bei Kindern, Jugendlichen und sehr jungen Erwachsenen keine Heilung oder zugelassene Behandlung. Einige Symptome können jedoch behandelt oder kontrolliert werden. Die Behandlung dieser Symptome kann bei einigen Patientinnen und Patienten mit ME/CFS Linderung verschaffen, bei anderen jedoch nicht. Andere Strategien, wie das Erlernen von Strategien zum Belastungsmanagement, können ebenfalls hilfreich sein.

 

Ein Behandlungsplan sollte sich zunächst auf die am meisten belastenden Symptome konzentrieren. So kann ein individueller Behandlungsplan erstellt und – sofern nötig – im Verlauf angepasst werden. Welches Symptom die meisten Probleme verursacht, müssen die Patientinnen und Patienten gemeinsam mit ihren Familien und einem interdisziplinären Behandlungsteam entscheiden.

Vielen hilft das Erlernen von Entspannungstechniken. Von welchen Therapieansätzen man am meisten profitiert, kann man am besten selbst herausfinden. Generell gilt es, anstrengenden Sport zu vermeiden, da dieser zu einer postexertionellen Malaise (PEM) führen kann. 

Es ist wichtig, im Rahmen der Behandlung auch den Lebensstil und die Verhaltensweisen der Kinder und Jugendlichen zu besprechen. Gemeinsam mit den Patientinnen und Patienten und deren Familien gilt es, herauszufinden, wie sich die Krankheit auf deren tägliches Leben auswirkt. Denn der Energiemangel kann nicht nur durch ME/CFS bedingt sein, sondern auch durch andere Faktoren beeinflusst werden. Zum Beispiel treten in der Pubertät häufig Veränderungen im Schlafzyklus auf. Die Erkenntnisse über die Ursachen der Symptome fließen in den Behandlungsplan mit ein.

Pacing

Den Begriff Pacing kann man gut mit „sich selbst das richtige Tempo vorgeben“ beschreiben. Wir verstehen darunter aber auch eine Methode, um das eigene Energielevel und die erlebte Symptomatik vor, während und nach Aktivitätsausführungen zu erkennen und zu bewerten. 

Hier erfahren Sie mehr über die Methode.

Gesundheitstagebuch

Ein Gesundheitstagebuch erfasst verschiedene Kriterien, die einmal oder mehrmals am Tag eingetragen werden. Gängig sind die körperliche oder geistige Aktivität, Schmerzen und Schlaf. Füllt man das Tagebuch über längere Zeit aus, so kann man Zusammenhänge zwischen Aktivitäten und einer Verschlechterung der Symptome erkennen, Auslöser für einen Crash besser identifizieren und Stressfaktoren benennen. 

Physio- und Ergotherapie

Physio- und Ergotherapeutinnen und -therapeuten unterstützen Kinder, Jugendliche und sehr junge Erwachsene in schwierigen Lebensphasen dabei, sich zu bewegen und gut zu fühlen. Auch bei einer ME/CFS-Erkrankung kann mithilfe von verschiedenen Übungen und Ideen trainiert werden sich besser zu fühlen und eine gute Balance zwischen Belastung und Schonung zu finden. Vor allem Themen wie Entspannungs- und Atemtechniken können dabei helfen, sich körperlich und geistig zu entspannen und wieder mehr Energie zu erhalten. Andererseits kann man lernen, wie man mit Kräften und Möglichkeiten umgehen kann, sodass die aktuell erlebten Grenzen weniger häufig überschritten werden. Dies kann helfen, Rückschläge zu vermeiden und das Wohlbefinden Schritt für Schritt zu steigern. 

Informationen zu Entspannungs- und Atemtechniken

Es ist empfehlenswert, sich umzuschauen und auszuprobieren. Jeder sollte das nutzen, was ihm oder ihr am besten gefällt.

Informationen zur Ergotherapie
Informationen zur Physiotherapie

Therapieoptionen und Behandlungsansätze

Zum aktuellen Zeitpunkt kann keine ursächliche – fachsprachlich kausale – Behandlung angeboten werden. Alle Therapieoptionen befinden sich derzeit noch in der Erprobung und bedürfen weiterer Studien. Es gibt vielversprechende Ansätze mit dem Ziel, das Immunsystem umzulenken. Allerdings kann man aufgrund der Studienlage noch keine klare Empfehlung für ein bestimmtes Verfahren geben. Es konnte noch nicht sicher bewiesen werden, dass der positive Verlauf der Erkrankung auf diese Behandlung zurückzuführen ist. 

Sofern die nichtmedikamentöse Behandlung zur Linderung der Beschwerden nicht ausreicht, gibt es auch Ansätze zur medikamentösen Behandlung einzelner Symptome. Leider gibt es bisher kein spezifisches Medikament zur Behandlung aller Hauptsymptome von ME/CFS. Gemeinsam mit dem medizinischen Fachpersonal können verschiedene Medikamente ausprobiert werden, deren Wirkung häufig individuell unterschiedlich ist. Da der Erfolg oftmals verzögert eintritt, empfiehlt es sich, den Behandlungsansätzen ausreichend Zeit zu geben. Auch die Nebenwirkungen können sich von Mensch zu Mensch unterschiedlich bemerkbar machen und müssen im Verlauf immer wieder neu bewertet werden. So ist es nicht unüblich, dass Betroffene auch zwei oder drei Medikamente ausprobieren, bis sie die für sie passende Hilfe gefunden haben.

Generell ist jedoch nie zu vergessen, dass diese Medikamente zwar die Beschwerden im besten Fall lindern, aber nicht die Ursache bekämpfen können.

Schmerzen

Nicht-medikamentöse Therapie

Sanfte Massagen und Wärme können bei einigen Patientinnen und Patienten die Schmerzen lindern. Auch Entspannungstechniken sowie eine vorsichtige Physiotherapie können hilfreich sein. 

Medikamentöse Therapie

Hier gibt es verschiedene Ansätze von gängigen Schmerzmitteln über Antidepressiva bis hin zu Medikamenten, die auch bei Epilepsie eingesetzt werden. Dabei sollte man bedenken, dass die dauerhafte, häufige Einnahme von Schmerzmitteln zu einem medikamenten-induzierten Dauerkopfschmerz führen kann und letztendlich die Schmerzen dadurch noch verstärkt werden. Deshalb gilt: Auch wenn Schmerzmittel teilweise frei verkäuflich sind, sollte die Einnahme mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt abgeklärt sein. Ein Tagebuch hilft, um herauszufinden, ob sie tatsächlich wirksam sind.

Schlafstörungen

Nicht-medikamentöse Therapie

Bei Schlafstörungen ist es wichtig, auf eine gute Schlafhygiene zu achten.

Für einen gesunden Schlaf ist es wichtig, dass man in der Alltagsroutine Entspannungspausen macht. Die Häufigkeit und die Dauer sind dabei individuell verschieden. Tägliche Entspannungspausen sorgen dafür, dass die Energiereserven nicht ausgeschöpft werden und die Schlafqualität sich verbessert. 

Es ist empfehlenswert, Techniken zur Entspannung wie Atemübungen, autogenes Training und progressive Muskelentspannung durchzuführen. Außerdem hilft es, wenn man Schlafgewohnheiten schafft und einhält.

Medikamentöse Therapie

Unterstützend kann der körpereigene Botenstoff Melatonin eingenommen werden, welcher den Schlaf unterstützt. Hierfür gilt zu beachten, dass das Präparat etwa 30 Minuten vor dem Zubettgehen eingenommen werden sollte. Am besten wirkt es, wenn nachfolgend das Licht ausgeschaltet oder deutlich gedimmt wird. Auch hier gibt es Alternativen wie Antidepressiva, Epilepsiemedikamente oder Medikamente, die auch bei Allergien eingesetzt werden können.

Konzentrationsstörungen, Erschöpfung

Nicht-medikamentöse Therapie

Erste Hilfe bei Konzentrationsstörungen und Erschöpfung kann ein Aufenthalt an der frischen Luft oder zumindest ein weit geöffnetes Fenster sein. Hierbei spielt auch das Sonnenlicht eine Rolle. Ein besonders wichtiger Therapieansatz ist auch hier das Pacing: Man sollte darauf achten, sich nicht zu überfordern und Ruhepausen einzulegen. Atemübungen und Entspannungstechniken können auch bei Konzentrationsstörungen helfen. 

Weitere Informationen zur Behandlung von Konzentrationsstörungen 

Medikamentöse Therapie

Es kann mit dem behandelnden ärztlichen Fachpersonal besprochen werden, ob es sinnvoll ist, Medikamente zu erproben. Für die meisten Medikamente gibt es nur wenig Erfahrung, und diese meist nur für Erwachsene.

Posturales orthostatisches Tachykardiesyndrom (POTS)

Nicht medikamentöse Therapie

Beim posturalen orthostatischen Tachykardiesyndrom (POTS) kommt es zu einer übermäßigen Steigerung der Herzfrequenz, wenn die Person sich aufrichtet. Bei Kindern, Jugendlichen und sehr jungen Erwachsenen mit ME/CFS, die keine Herz- oder Blutgefäßerkrankung haben, kann die Ärztin oder der Arzt vorschlagen, die tägliche Flüssigkeits- und Salzzufuhr zu erhöhen und Kompressionsstrümpfe zu tragen. Wenn sich die Symptome nicht bessern, können verschreibungspflichtige Medikamente in Betracht gezogen werden. Wichtig: Niemals die Salzzufuhr ohne vorherigen ärztlichen Rat und gegebenenfalls eine Ernährungsberatung erhöhen.

Medikamentöse Therapie

Hier gibt es verschiedene Behandlungsansätze, deren möglicher Einsatz mit der behandelnden Ärztin oder dem behandelnden Arzt durchgesprochen werden sollte. Auch hier kann es sein, dass nicht jedes der Medikamente geeignet ist, um die Beschwerden zu lindern.

Angst, Depression

Das Auftreten einer chronischen Krankheit kann manchmal zu Symptomen von Depression und Angst führen. Ängste bei Kindern und Jugendlichen mit ME/CFS werden nicht durch die Krankheit selbst verursacht. Sie können aufgrund der Anpassungen auftreten, die das Kind vornehmen muss, um mit der Krankheit zu leben. 

Eine psychologische Betreuung kann dazu beitragen, Stress und einige Symptome von Depressionen und Angstzuständen wie Schlafprobleme und Kopfschmerzen zu verringern. Einige Kinder können von Antidepressiva und Medikamenten gegen Angstzustände profitieren. Allerdings sollten Ärztinnen und Ärzte bei der Verschreibung dieser Medikamente vorsichtig sein. Einige Medikamente, die zur Behandlung von Depressionen eingesetzt werden, haben Wirkungen, die andere ME/CFS-Symptome verschlimmern und Nebenwirkungen verursachen können.

Einige Kinder, Jugendliche und sehr junge Erwachsene mit ME/CFS können von Techniken wie Atemübungen und Muskelentspannung, Massage und Bewegungstherapien wie Stretching, Yoga und Tai-Chi profitieren. Diese können Stress und Ängste reduzieren und das Wohlbefinden fördern.

Obwohl die Behandlung von Depressionen und Angstzuständen bei einigen Patientinnen und Patienten mentale und emotionale Probleme lindern und sehr hilfreich sein kann, ist sie kein Heilmittel für ME/CFS.

Informationen zur Psychotherapie

Quellen

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Myalgic Encephalomyelitis/ Chronic Fatigue Syndrome. ME/CFS in Children.
Centers for Disease Control and Prevention.
Zur Webseite

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Renz-Polster, H., Broxtermann, W. & Behrends, U. (2022).
Chronische Erschöpfung bedeutet nicht, einfach nur müde zu sein.
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Scheibenbogen C., Wittke, K., Hanitsch, L., Grabowski, P. & Behrends, U. (2019).
Chronisches Fatigue-Syndrom/CFS – Praktische Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie.

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Töpfner, N., Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie e. V. (DGPI)., Alberer, M. et al. (2022).
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Centers for Disease Control and Prevention, National Center for Emerging and Zoonotic Infectious Diseases (NCEZID), Division of High-Consequence Pathogens and Pathology (DHCPP) (2021, 28. Januar).
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What ist ME/CFS?. Myalgic Encephalomyelitis/ Chronic Fatigue Syndrome.
U.S. ME/CFS Clinicans Coalition.
Zur Webseite

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