Aktuelle Pressemitteilungen

Neue Hoffnungsträgerin für Diagnose und Behandlung von CRPS

Dr. Ann-Kristin Reinhold erhält für ihre Forschungsarbeit zur „DNA-Methylierung im komplexen regionalen Schmerzsyndrom CRPS als neuer Ansatz für personalisierte Medizin“ auf den Wissenschaftlichen Arbeitstagen (WAT) der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) das prestigeträchtige DGAI-Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung.

Das Bild zeigt Ann-Kristin Reinhold bei den Wissenschaftlichen Arbeitstagen der DGAI
Die Würzburger Anästhesistin Dr. Ann-Kristin Reinhold hat für ihre Untersuchungen zur DNA-Methylierung im komplexen regionalen Schmerzsyndrom CRPS auf den Wissenschaftlichen Arbeitstagen (WAT) der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) das prestigeträchtige DGAI-Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung erhalten. © Heike Rittner / UKW

CRPS (Complex Regional Pain Syndrome) zählt zwar zu den seltenen Erkrankungen, doch schon ein einfacher Unterarmbruch kann solch ein komplexes regionales Schmerzsyndrom auslösen. Neben starken, anhaltenden Schmerzen treten Schwellungen, Rötungen, Temperaturveränderungen, Überempfindlichkeit sowie Bewegungseinschränkungen bis hin zur Arbeitsunfähigkeit auf. „Der Leidensdruck unserer CRPS-Patientinnen und -Patienten ist immens“, weiß Dr. Ann-Kristin Reinhold, Anästhesistin und Schmerzforscherin in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie sowie im Zentrum für interdisziplinäre Schmerzmedizin (ZiS) am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). Viele Betroffene fühlten sich zudem unverstanden. Allein der Weg bis zur Diagnose sei oftmals eine Odyssee. Tatsächlich ist CRPS, das vorwiegend nach Verletzungen, Frakturen oder Operationen an Armen und Beinen auftritt, aufgrund seiner komplexen Pathologie noch relativ unverstanden.

DGAI-Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung für bedeutendste Forschungsarbeit

„Bislang kann weder vorhergesagt werden, ob sich nach einer Verletzung ein CRPS entwickelt, sich der Schmerz zurückbildet oder er chronisch wird. Auch gibt es noch keine Biomarker, mit denen die Diagnose gestellt werden kann“, fasst Ann-Kristin Reinhold den aktuellen Stand zusammen. Bis jetzt. Denn die forschende Ärztin hat einen wichtigen Baustein für ein besseres Verständnis und somit vielleicht auch einen Hoffnungsträger für die Diagnostik und Therapie von CRPS entdeckt. Für ihre Erkenntnisse hat Ann-Kristin Reinhold bei den 36. Wissenschaftlichen Arbeitstagen der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) Mitte März in Würzburg das renommierte DGAI-Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung in Höhe von 15.000 Euro erhalten. „Dass die Preisträgerkommission meine Forschungsarbeit als die bedeutendste ermittelt hat, ist eine große Ehre für mich und eine tolle Anerkennung und Wertschätzung meiner wissenschaftlichen Anstrengungen in den vergangenen Jahren“, freut sich Ann-Kristin Reinhold.

In ihrer Studie konnte sie gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus der AG Molekulare Schmerzforschung unter der Leitung von Prof. Heike Rittner erstmals zeigen, dass die DNA-Methylierung beim CRPS eine Rolle spielt. Die DNA-Methylierung gehört zu den so genannten epigenetischen Veränderungen. Das heißt, die Basenabfolge, in der unsere genetischen Informationen gespeichert sind, bleiben erhalten, nur die chemische Struktur verwandelt sich, wodurch sich die Genaktivität verändert. Es ist also keine Mutation, sondern eine Modifikation, die wieder rückgängig gemacht werden kann.

Die Analyse der DNA-Methylierung ist ein völlig neuer Ansatz, die Entstehung und den Verlauf des CRPS zu verstehen, zu diagnostizieren und zu therapieren

„In unseren Untersuchungen haben wir gesehen, dass sich das DNA-Methylierungs-Profil bei CRPS-Patienten stark von Personen unterscheidet, die nach einem Trauma kein CRPS gebildet hatten. Die epigenetischen Veränderungen zeigten sich vor allem im Zusammenhang mit entzündlichen Prozessen und der Aktivität von Schmerzrezeptoren. Außerdem veränderte sich das Profil im Krankheitsverlauf besonders deutlich bei denjenigen, die sich von den Schmerzen erholten. Dies deutet darauf hin, dass die Schmerzauflösung ein aktiver Prozess ist“, resümiert Ann-Kristin Reinhold.

Neben einem besseren Grundlagenverständnis könnten ihre Ergebnisse den Umgang mit CRPS für Behandelnde und für Betroffene verändern. So könnten besonders prägnant regulierte DNA-Stellen als Biomarker die bislang rein klinische Diagnose ergänzen und auch die Prognose erleichtern. Und durch gezielte Veränderungen der DNA-Methylierung durch Medikamente ergeben sich ganz neue Behandlungsmöglichkeiten. In weiteren Methylierungsuntersuchungen sollen nun Patientinnen und Patienten identifiziert werden, bei denen (de-)methylierende Medikamente im Sinne einer personalisierten Medizin eingesetzt werden können.

Ferner gilt es, die Ergebnisse an einer anderen Patientenkohorte und in anderem Gewebe zu überprüfen, sowie durch detaillierte Untersuchungen und Validierungen einzelne DNA-Stellen als Biomarker und therapeutische Zielstrukturen auszumachen.

Förderungen und Kooperationspartner

Die bisherigen Untersuchungen wurden im Rahmen der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschergruppe KFO5001 ResolvePAIN unterstützt sowie von der Europäischen Kommission im Rahmen des Projekts ncRNAPain im siebten Forschungsprogramm (7 FP) und vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) Würzburg. Einen wesentlichen Beitrag zu den Forschungsergebnissen haben neben der AG Molekulare Schmerzforschung in der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie am UKW, Prof. Dr. Martin Kortüm und Dr. Larissa Haertle aus der Medizinischen Klinik und Poliklinik II (UKW) sowie Prof. Dr. Peter Krawitz vom Institut für genomische Statistik und Bioinformatik an der Universität Bonn geleistet.

Zum Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung:

Das DGAI-Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung gilt als eine der wichtigsten wissenschaftlichen Auszeichnungen in der deutschen Anästhesiologie. Die Gesellschaft würdigt damit herausragende Forschungsleistungen von Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern. Um den jährlich ausgeschriebenen Preis können sich junge Anästhesistinnen und Anästhesisten bis zur Habilitation bewerben. Die eingereichten Arbeiten werden auf den Wissenschaftlichen Arbeitstagen der DGAI vorgestellt und von einer unabhängigen Jury bewertet (https://www.wat-wuerzburg.de/stipendium).

Bild: Die Würzburger Anästhesistin Dr. Ann-Kristin Reinhold hat für ihre Untersuchungen zur DNA-Methylierung im komplexen regionalen Schmerzsyndrom CRPS auf den Wissenschaftlichen Arbeitstagen (WAT) der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) das prestigeträchtige DGAI-Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung erhalten. © Heike Rittner / UKW 

Das Bild zeigt Ann-Kristin Reinhold bei den Wissenschaftlichen Arbeitstagen der DGAI
Die Würzburger Anästhesistin Dr. Ann-Kristin Reinhold hat für ihre Untersuchungen zur DNA-Methylierung im komplexen regionalen Schmerzsyndrom CRPS auf den Wissenschaftlichen Arbeitstagen (WAT) der Deutschen Gesellschaft für Anästhesiologie und Intensivmedizin (DGAI) das prestigeträchtige DGAI-Forschungsstipendium der Fresenius-Stiftung erhalten. © Heike Rittner / UKW

Verbesserte Herz-Kreislauf-Versorgung durch digitale Datenverfügbarkeit

Zum ersten Verbundtreffen des „Digitalen FortschrittsHub Gesundheit CAEHR“ trafen sich im März in Würzburg mehr als 40 Projektbeteiligte. Ziel von CAEHR ist es, digitale Lösungen für eine bessere Versorgung der Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen erproben und für den späteren bundesweiten Einsatz weiterentwickeln.

Gruppenbild der Projektbeteiligten im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg
Im März 2023 fand in Würzburg das erste persönliche Verbundtreffen des Projekts CAEHR statt. In dem Digitalen FortschrittsHub Gesundheit wollen die Beteiligten die Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen durch eine bessere Datenverfügbarkeit verbessern. © Anna-Lena Hofmann

Würzburg. CAEHR steht für CArdiovascular diseases – Enhancing Healthcare through cross-sectoral Routine data integration. Ausgesprochen wird das Akronym wie das englische Wort CARE. Und darum geht es auch: um die Versorgung, in diesem Fall um die Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen, und zwar durch eine sektorübergreifende Integration von Routinedaten. Im Projekt CAEHR, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Medizininformatik-Initiative (MII) als einer von sechs Digitalen FortschrittsHubs Gesundheit gefördert wird, vernetzen sich Unikliniken mit regionalen medizinischen Partnern, um digitale Innovationen aus der Universitätsmedizin in alle Bereiche des Gesundheitssystems einfließen zu lassen und so auch die regionale Versorgung deutschlandweit zu verbessern.

Maßgeblich zur Vernetzung beigetragen hat sicherlich auch in der vergangenen Woche das erste große Verbundtreffen in Präsenz, an dem neben mehr als 40 Projektbeteiligten, auch eine Vertreterin des Projektträgers DLR (Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V.) teilgenommen hat. Gastgeber Prof. Dr. Peter Heuschmann, Vorstand des Instituts für Klinische Epidemiologie und Biometrie der Universität Würzburg (IKE-B) und Leiter des Arbeitspakets Evaluation, freute sich sehr über die rege Beteiligung und den inspirierenden Austausch. Auf der Agenda stand unter anderem die Vorstellung der Ziele, der Status Quo und die Herausforderungen der einzelnen Anwendungsfälle und weiterer Arbeitspakete.

Im Fokus stehen drei Anwendungsbeispiele, so genannte Use Cases: A) Notfallversorgung von Schlaganfällen, B) Rehabilitation nach einer Herzoperation und C) ambulante Betreuung von Menschen mit koronaren Herzerkrankungen und Herzinsuffizienz. Im Speziellen geht es um den Informationsfluss zwischen den verschiedenen Punkten des Versorgungsystems - von der Notfallversorgung im Rettungswagen über die stationäre Behandlung bis hin zur Rehabilitation und Nachsorge in der hausärztlichen Praxis. Um Krankheitsverläufe, Behandlungen und Präventionsmaßnahmen zu verbessern sollen im Rahmen des Verbundprojektes strukturierte Daten an allen Versorgungspunkten nach einheitlichen Standards erhoben werden.

Weiter verbesserter Datentransfer in der Schlaganfallversorgung

Prof. Dr. Karl Georg Häusler, Leitender Oberarzt der Neurologischen Klinik des Universitätsklinikums Würzburg und Klinischer Leiter des Use Case A erklärt: „Im Würzburger Modellprojekt zur Schlaganfallversorgung soll der Datentransfer zwischen dem Rettungsdienst, regionalen Krankenhäusern und Schlaganfallzentren im TRANSIT-Stroke Telemedizinnetzwerk analysiert und weiter verbessert werden.“ Peter Heuschmann ergänzt: „Mit einem umfassenden Evaluationskonzept, das gemeinsam mit weiteren Partnern entwickelt wurde, soll der Mehrwert des Projektes für unterschiedliche Zielgruppen untersucht werden.“

Mehrwert für Betroffene, Behandelnde und Forschende 

Allein durch die digitale Datenverfügbarkeit bietet CAEHR gleich mehreren Zielgruppen einen Mehrwert: Die Patientinnen und Patienten profitieren von bestmöglich individualisierten und abgestimmten Behandlungsentscheidungen. Das medizinische Personal gewinnt in seinem anspruchsvollen Arbeitsalltag wertvolle Zeit durch den Wegfall manueller Dokumentationen. Und schließlich können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler anhand der strukturiert erhobenen Daten kontinuierlich Versorgungsprozesse analysieren, klinische Studien besser planen und gesundheitsökonomische Aspekte der Krankenversorgung gezielter untersuchen. Dies kommt der allgemeinen Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zugute.

„Diese Mehrwerte können dann realisiert werden, wenn der ethische, rechtliche und gesellschaftliche Rahmen gebildet wird“, kommentiert Karl Georg Häusler. „Hinsichtlich der technischen Implementierungen zielt CAEHR darauf ab, Insel-Lösungen und Parallelentwicklungen zu vermeiden. Wir wollen technische Lösungen entwickeln, die später auch an anderen Standorten des Verbundprojekts genutzt werden können.“

Die Projektkoordinierenden Prof. Dr. Dagmar Krefting, Leiterin des Instituts für Medizinische Informatik der Universitätsmedizin Göttingen und Prof. Dr. Udo Bavendiek, Oberarzt in der Klinik für Kardiologie und Angiologie an der Medizinischen Hochschule Hannover hielten am Verbundtreffen abschließend fest, dass insbesondere die verstärkte Vernetzung unter den Use Cases und die vorhandenen Synergien einen echten Mehrwert bringen werden. Rückblickend auf die bereits erfolgreich implementierten Arbeitspakete sehen die Projektkoordinierenden dem nächsten Verbundtreffen mit Spannung entgegen.

Informationen zu den einzelnen Use Cases in CAEHR: https://www.highmed.org/de/caehr-use-cases 

Informationen zu den Digitalen FortschrittsHubs Gesundheit: https://www.medizininformatik-initiative.de/de/use-cases-und-projekte/digitale-fortschrittshubs-gesundheit

Gruppenbild der Projektbeteiligten im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg
Im März 2023 fand in Würzburg das erste persönliche Verbundtreffen des Projekts CAEHR statt. In dem Digitalen FortschrittsHub Gesundheit wollen die Beteiligten die Versorgung von Menschen mit Herz-Kreislauferkrankungen durch eine bessere Datenverfügbarkeit verbessern. © Anna-Lena Hofmann

Jörg Vogel in die Bayerische Akademie der Wissenschaften gewählt

Direktor des Helmholtz-Instituts Würzburg erhält im Mai Urkunde in München

Würzburg, 29. März 2023 – Jörg Vogel, Direktor des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) und des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie der Julius-Maximilians-Universität (JMU) in Würzburg, ist zum ordentlichen Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften gewählt worden. Dies teilte die Einrichtung jetzt mit. Die Verleihung der Urkunde findet am 12. Mai in der Bibliothek der Akademie in München statt.

„Es ist mir nicht nur eine außerordentliche Freude und Ehre, in die größte und eine der forschungsstärksten deutschen Landesakademien aufgenommen zu werden“, zeigte sich Jörg Vogel erfreut, „sondern zugleich angenehmste Pflicht, mich in diese Gelehrtengemeinschaft einzubringen.“ 

Die Aufnahme in die Bayerische Akademie der Wissenschaften ist eine der höchsten wissenschaftlichen Auszeichnungen in Bayern. Um aufgenommen zu werden, müssen die Mitglieder durch ihre Forschungen laut Satzung zu einer „wesentlichen Erweiterung des Wissensbestandes“ ihres Faches beigetragen haben. Eine Selbstbewerbung ist nicht möglich.

Für Spitzenforscher:innen in Bayern ist die Gelehrtengemeinschaft eine wichtige interdisziplinäre Plattform. In diesem Netzwerk entstehen Synergieeffekte und Impulse für neue Forschungsfragen. Wie kaum eine andere Institution ermöglicht die Akademie Begegnungen, Erfahrungsaustausch und Zusammenarbeit über Fächergrenzen und Generationen hinweg.

Jörg Vogel

Jörg Vogel ist seit 2017 Geschäftsführender Direktor des Helmholtz-Instituts für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg und seit 2009 Professor und Direktor des Instituts für Molekulare Infektionsbiologie (IMIB). Als weltweit anerkannter Wissenschaftler auf dem Gebiet der RNA-Biologie wurde er im Jahr 2017 mit dem Leibniz-Preis ausgezeichnet. Vogel gilt als Pionier in der Anwendung und Entwicklung von Hochdurchsatz-Sequenziermethoden für die Analyse einzelner infizierter Zellen und der Interaktionen zwischen krankheitserregenden Bakterien und ihren Wirten. Er studierte Biochemie an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Imperial College in London (UK). 1999 promovierte er an der Humboldt-Universität und forschte 2000/2001 an der Universität Uppsala (Schweden) sowie 2002/2003 als EMBO-Fellow an der Hebrew University in Jerusalem (Israel), bevor er 2004 eine unabhängige Nachwuchsgruppe am Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie in Berlin gründete. 

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften

Die Bayerische Akademie der Wissenschaften (BAdW) ist die größte sowie eine der forschungsstärksten und ältesten der acht Landesakademien in Deutschland. Sie betreibt innovative Langzeitforschung, vernetzt Gelehrte über Fach- und Ländergrenzen hinweg, wirkt mit ihrer wissenschaftlichen Expertise in Politik und Gesellschaft, fördert den wissenschaftlichen Nachwuchs und ist ein Forum für den Dialog zwischen Wissenschaft und Öffentlichkeit. Ordentliche Mitglieder der BAdW haben ihren Wohnsitz oder Dienstort in Bayern. Sie sind wahlberechtigt und nehmen regelmäßig an den Sitzungen in der Akademie teil.

Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung

Das Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) ist die weltweit erste Einrichtung ihrer Art, die die Forschung an Ribonukleinsäuren (RNA) mit der Infektionsbiologie vereint. Auf Basis neuer Erkenntnisse aus seinem starken Grundlagenforschungsprogramm will das Institut innovative therapeutische Ansätze entwickeln, um menschliche Infektionen besser diagnostizieren und behandeln zu können.

Das HIRI ist ein Standort des Braunschweiger Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und befindet sich auf dem Würzburger Medizin-Campus.

 

Pressemitteilung des Helmholtz-Instituts Würzburg vom 29. März 2023

Auf ein Treffen mit Nobelpreisträgern

Dr. Umair Munawar, Nachwuchswissenschaftler am Würzburger Institut für Translationale Myelomforschung (AG Kortüm) erhält die einmalige Gelegenheit, an der Lindauer Nobelpreisträgertagung teilzunehmen.

Porträt des Molekularbiologen
Dr. Umair Munawar wurde zur diesjährigen Lindauer Nobelpreisträgertagung eingeladen. © privat

Dr. Umair Munawar war in der vergangenen Woche einer von 444 jungen Forschenden auf der ganzen Welt, die in ihren Postfächern eine Einladung zur 72. Lindauer Nobelpreisträgertagung vom 25. bis 30. Juni am Bodensee hatten. Die Teilnahme an der Lindauer Tagung bleibt in der Regel ein einmaliges Ereignis – es sei denn, man gewinnt selbst einen Nobelpreis. Gleich zwei der rund 40 Nobelpreisträger, die in diesem Jahr zum Programm der Tagung beitragen, durften diese Erfahrung machen: Bert Sakmann (Lindau-Alumnus im Jahr 1963 und Nobelpreis für Physiologie oder Medizin im Jahr 1991) und Morten Meldal (1986 Lindau-Alumnus, 2022 Nobelpreis für Chemie).

Vorfreude auf Emmanuelle Charpentier, Walter Gilbert und viele weitere Nobelpreisträger

Umair Munawar vom Uniklinikum Würzburg freut sich besonders darauf, Prof. Dr. Emmanuelle Charpentier zu treffen. „Ihre erstaunliche Arbeit zu CRISPR-Cas9, ein Verfahren, um DNA-Bausteine im Erbgut zu verändern, hat den Bereich des Genome Editing revolutioniert“, schwärmt der 31-jährige Molekularbiologe, der im Jahr 2017 von der Lahore University of Management Sciences (LUMS) in Pakistan an die Universität Würzburg gewechselt ist. „Ich freue mich aber auch darauf, Prof. Dr. Walter Gilbert zu treffen. Er ist mit 91 Jahren der älteste Nobelpreisträger, der dieses Jahr an der Tagung teilnimmt. Seine Arbeit zur Bestimmung von Basensequenzen in Nukleinsäuren hat die Grundlage für die moderne Molekularbiologie gelegt, die sich mit Nukleinsäuren befasst.“

Da in diesem Jahr die Lindauer Nobelpreisträgertagung der Disziplin Physiologie/Medizin gewidmet ist, dürfen zu den 444 Nachwuchswissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern 191 weitere teilnehmen, die bei der online-durchgeführten 70. Tagung ebenfalls die Disziplin Physiologie/Medizin repräsentiert hatten. Insgesamt werden also 635 junge Talente aus 98 Ländern an der Tagung teilnehmen.

„Motivation, Inspiration und gute Vernetzung“

Doch wie erhält man die Gelegenheit, diesen besonderen Lindau-Spirit vor Ort zu erleben? „Man wird von einem akademischen Partner der Lindauer Nobelpreisträgertagungen nominiert. In meinem Fall waren es die medizinischen Vorstandsmitglieder der Wilhelm Sander-Stiftung, die auf mich zugegangen sind und mich nominiert haben“, berichtet Umair Munawar. Stiftungszweck ist die Förderung der medizinischen Forschung, insbesondere der Krankheits- und Krebsbekämpfung. Und genau da liegt auch das Forschungsinteresse von Umair Munawar. „Zurzeit arbeite ich an einem Projekt, das sich mit den Resistenzmechanismen gegenüber Immuntherapien beim Multiplen Myelom beschäftigt.“

Nach seinem Master in Molekular- und Zellbiologie sowie Forschungsprojekten an der LUMS in Pakistan promovierte er an die Graduate School of Life Sciences der Universität Würzburg. Seit drei Jahren arbeitet er als Post Doc in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Martin Kortüm, dem Inhaber des Lehrstuhls für Translationale Myelomforschung.

Nach der Nominierung wurde Munawar vom Rat der Lindauer Nobelpreisträgertagung kontaktiert und bewarb sich offiziell mit akademischem Lebenslauf, Motivationsschreiben und Empfehlungsschreiben. Mit Erfolg. „Ich freue mich darauf, nicht nur Nobelpreisträger, sondern auch hochtalentierte junge Wissenschaftler aus der ganzen Welt zu treffen“, sagt Umair Munawar „Und ich erhoffe mir von diesem Treffen eine Menge Motivation, Inspiration und eine gute Vernetzung.“

Porträt des Molekularbiologen
Dr. Umair Munawar wurde zur diesjährigen Lindauer Nobelpreisträgertagung eingeladen. © privat

Der Mann, der die Würzburger Nephrologie auf die Weltbühne gebracht hat

Christoph Wanner geht in den Ruhestand, zumindest was die Leitung der Nephrologie in der Medizinischen Klinik I am Uniklinikum betrifft. Er wird in Zukunft als Seniorprofessor in Teilzeit am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz sowie an der University of Oxford tätig sein.

Das Bild zeigt Christoph Wanner im Hörsaal vor der Tafel.
Prof. Dr. Christoph Wanner war fast 30 Jahre lang als Leiter der Nephrologie in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am Universitätsklinikum Würzburg in der Behandlung, Forschung und Lehre rund um die Niere beschäftigt. © Daniel Peter / UKW

Würzburg. Ein großer Schrank, ein Schreibtisch, ein paar Grünpflanzen und ein Laptop. So beschrieb eine regionale Tageszeitung vor 29 Jahren das Arbeitszimmer, das Prof. Dr. Christoph Wanner im Oktober 1994 als neuer Leiter der Nephrologie am Uniklinikum Würzburg bezogen hatte. Sein Büro war damals noch auf dem alten Medizincampus in Gebäude D20, sein Laptop eine Sensation, der den Generationenwechsel symbolisierte. Mit 37 Jahren war Wanner der jüngste von allen Bewerbern. Heute mistet der Nephrologe stapelweise Papiere und Aktenordner im Zentrum für Innere Medizin aus und macht Platz für seinen Nachfolger, einem externen Nephrologen, mit dem der Vorstand des Uniklinikums gerade noch verhandelt. Christoph Wanner geht in den Unruhestand. Ab dem 1. April wird er je zur Hälfte als Seniorprofessor im Department für Klinische Forschung und Epidemiologie von Prof. Stefan Störk am Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) und an der Clinical Trial Service Unit der University of Oxford tätig sein, wo er eine neue Studie mit rund 11.000 Patienten organisieren wird.

„Ich war ein begeisterter patientennaher Arzt, der gern auf Visite gegangen ist“

Der gebürtige Bad Mergentheimer blickt mit einem lachenden und weinenden Auge auf die vergangenen drei Jahrzehnte in der Universitätsmedizin. Dass heute oftmals viel weniger Zeit für die Visiten zur Verfügung steht, macht ihn zum Beispiel traurig. Dabei sie die Visite Teil der Behandlung. „Früher wurde sie zelebriert, inzwischen bleibt dafür immer weniger Zeit“, so Wanner. Dabei sei das Gespräch mit dem Patienten so wichtig, man müsse doch ein Gefühl für ihre Ängste und Bedürfnisse bekommen. Gerade die Patientengeschichten motivieren. Er habe viele Patienten von der Diagnose bis hin zur Dialyse oder Transplantation begleitet, gesehen, wie sie trotz ihres Leidens Familien gegründet und Kinder großgezogen haben. Das führe den Wert der eigenen Arbeit noch einmal vor Augen.

Zeit gefunden, um die Rolle des Clinician Scientist ausbauen

Auf der anderen Seite freut es ihn, dass er in der klinischen Routine nicht untergegangen ist, Freiheiten für die Forschung bewahren konnte, um die Position als Clinician Scientist weiter auszubauen und zu hoher Exzellenz zu bringen. Er hat sich anfangs mit der Vorbeugung von kardiovaskulären Erkrankungen bei Dialysepatienten beschäftigt, was heute immer noch ein Thema ist, legte aber später seinen Forschungsfokus in die frühen Stadien der Nierenerkrankung und die Prävention der Progression.

„Christoph Wanner hat es geschafft, die Forschung der Würzburger Nephrologie auf die Weltbühne zu tragen“, sagt Prof. Dr. Jens Maschmann, Ärztlicher Direktor des Uniklinikum Würzburg. Die erste Studie, die ihn berühmt gemacht hat war „Die Deutsche Diabetes Dialyse-Studie“ (4D-Studie), an der deutschlandweit 1.266 Dialysepatienten mit Diabetes teilgenommen haben. Die Erkenntnis, dass Statine bei Dialysepatienten das kardiovaskuläre Risiko nicht reduzierten, wurde im Jahr 2005 im New England Journal veröffentlicht. „Und dann hatte ich großes Glück, dass ich von der kardiovaskulären Protektion mit einem Statin zur renokardialen Protektion mit SGLT-2-Hemmer hineingerutscht bin“, erzählt Wanner

„4.000 Menschen haben applaudiert als wir die Ergebnisse verkündet haben“

Als Sternstunde seiner Forschung bezeichnet er zehn Jahre später, im Herbst 2015, die Präsentation der EMPA-REG OUTCOME-Studie beim 51. EASD (European Association for the Study of Diabetes)-Kongress in Stockholm. „Die 4.000 Menschen im Publikum haben applaudiert als wir, die Mitglieder des Steuerungskomitees die Ergebnisse verkündet haben. Das erlebt man nicht oft.“ Die Studie hat gezeigt, dass der SGLT-2-Hemmer Empagliflozin bei Typ-2-Diabetikern mit hoher kardiovaskulärer Vorbelastung einen signifikanten Überlebensvorteil bringt. Mit einem Vorteil für Nierenpatienten hat niemand gerechnet. „Bei Niere sei nicht viel drin, meinten die Kooperationspartner. Doch ich habe Signale gesehen und gedacht, da müssen wir dranbleiben. Man überließ mir die Daten, und ich machte was draus, was wiederum das New England Journal aufnahm.“ Wanner war einer der ersten, der das Potenzial von SGLT2-Hemmern in der Behandlung von Diabetes, Herz-Kreislauf- UND Nierenerkrankungen erkannt hat. Aus dem Signal ist heute, acht Jahre später, der Hoffnungsträger schlechthin für alle Menschen mit einer chronischen Nierenerkrankung geworden.

Neues Therapieprinzip entwickelt mit dramatischen Vorteilen für Nierenpatienten

Die Effizienz des Wirkstoffs Empagliflozin wurde in der multizentrischen EMPA-KIDNEY-Studie, die Christoph Wanner daraufhin mit der University Oxford ins Leben gerufen hat, eindrucksvoll bewiesen. Die tägliche Einnahme einer Empagliflozin-Tablette senkt nicht nur den Blutzucker, sondern kann auch eine Verschlechterung der Nierenfunktion oder den Tod infolge einer Herzerkrankung bei Patientinnen und Patienten mit einer Nierenerkrankung verhindern, unabhängig davon, ob die Betroffenen einen Diabetes Typ 2 haben. Wir haben ein Therapieprinzip entwickelt, das für jeden Nierenkranken dramatische Vorteile hat, denn es wird ihn Jahre von der Dialyse fernhalten.

Ein kleiner Diamant – die Fabry-Kohorte

Was ihn noch mit Stolz erfüllt ist FAZiT – das Fabry-Zentrum für interdisziplinäre Therapie, das er im Jahr 2001 gegründet hat. „Ich hatte eigentlich nie etwas vor mit dieser Erkrankung, die man nur sehr selten sieht. Aber als ich eine neue Therapie kennen gelernt habe und immer mehr Betroffene nach Würzburg kamen, hat mich das sehr bewegt. Ich habe angefangen eine kleine Ambulanz aufzubauen und von jedem Patienten ein Protokoll im selben Muster anzulegen. Da die lyosomale Speichererkrankung Zellen im gesamten Körper angreift und neben der Niere auch das Herz und das Gehirn schädigt, kamen die Fachdisziplinen Kardiologie und Neurologie hinzu. „Heute, mehr als 20 Jahre später, haben wir die weltgrößte Fabry-Ambulanz und einen unschätzbaren Datenschatz von mehr als 400 Patienten. Allein das Beobachtungsregister hat zu 150 wissenschaftlichen Arbeiten aus Würzburg geführt.“ Die Fabry-Kohorte sei ein kleiner Diamant. „Wenn mich heute ein junger Mensch fragt: Was soll ich denn tun? Dann sage ich: Sammeln sie strukturiert Patientendaten und bauen sie sich eine Kohorte auf! Als ich jung war, habe ich während eines Forschungsaufenthalts in den USA eine Kohorte ausgewertet und dazu zwei internationale Arbeiten geschrieben, die haben mich letztendlich nach Würzburg gebracht.“

Hochrangiges Amt des ERA-Präsidenten

Ein weiterer Höhepunkt seiner Laufbahn und gewissermaßen die Krönung für sein jahrzehntelanges Netzwerken war im Sommer 2020 die Ernennung zum Präsidenten der Europäischen Gesellschaft für Nephrologie ERA (European Renal Association). Sichtbarkeit erlange man Wanner zufolge nicht nur über die Arbeit und publizierten Studien – Wanner hat einen beachtlichen h-index von 103 (web of science), sondern vor allem über das Mitarbeiten in Gesellschaften und Netzwerken. Die ERA und deren Geschäftsstelle kennt er zum Beispiel als langjähriges Vorstandsmitglied, Mitglied der Leitlinienkommission und ehemaliger Leiter des Europäischen Dialyseregisters. Eine weitere „Säule des Tempels“ seien die Tätigkeiten als akademischer Reviewer, Associated Editor und Editor. „Als Editor bekommt man pro Tag zwei bis drei Arbeiten, die man jeweils an drei Reviewer weitergeben muss, die zu diesem Thema forschen. Das heißt, sie kennen nach wenigen Jahren tausende Nephrologen und sind weltweit verflochten.

„Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht an die Arbeit denke.“

Das alles müsse man natürlich 24/7 machen. „Aber das macht ja auch Spaß“, fügt er hinzu. Was sagt die Familie dazu? „Meine Frau macht das alles mit und verfolgt natürlich auch ihre eigenen Interessen. Aber wir verreisen viel, treiben Sport und gehen aus“, sagt der leidenschaftliche Radrennfahrer und Vater von drei Söhnen. Ins Theater nehme sie ihn allerdings nicht mehr mit. Das sei herausgeschmissenes Geld, schlafen könne er daheim. „Und beim Essen hagelt es manchmal Kritik, wenn ich auf dem Smartphone daddele. Bei uns gilt nämlich die Devise: Beim Essen wird das Handy abgegeben!“

Zur Person Christoph Wanner:

Christoph Wanner wurde in Bad Mergentheim geboren, hat in Berlin, Ferrara (Italien) und Würzburg studiert. An der Universität von Singapur und der Universität Zürich hat er ein praktisches Jahr absolviert und an den National Institutes of Health in Bethesda (Maryland, USA) geforscht. Bevor er im Oktober 1994 die Leitung der Nephrologie in Würzburg übernahm hat er am Universitätsklinikum Freiburg gearbeitet und dort bereits ein großes Forschungslabor geleitet. Am Uniklinikum hat er sich neben der Patientenversorgung auf die klinische Forschung konzentriert und die vergleichsweise kleine nephrologische Abteilung mit neun Ärzten, zwei Oberärzten und ihm als einzige Fakultätsprofessur auf der Weltbühne vertreten. 

Das Bild zeigt Christoph Wanner im Hörsaal vor der Tafel.
Prof. Dr. Christoph Wanner war fast 30 Jahre lang als Leiter der Nephrologie in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am Universitätsklinikum Würzburg in der Behandlung, Forschung und Lehre rund um die Niere beschäftigt. © Daniel Peter / UKW

Studie zur besseren Brustkrebs-Nachsorge gestartet

Im Rahmen der deutschlandweiten Studie BETTER-CARE entwickelt und prüft die Universitätsmedizin Würzburg eine bedarfsadaptierte und individualisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung. Die 30 beteiligten Brustkrebszentren in Deutschland nehmen ab sofort Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer auf.

Eine Studienärztin informiert eine Brustkrebspatientin über das BETTER CARE-Programm.
Im BETTER-CARE-Programm werden in persönlichen Gesprächen und via App das Befinden und mögliche Belastungen der Brustkrebspatientinnen und –patienten abgefragt. © Anna Wenzl / UKW
Eine Brustkrebspatientin hält den Informationsfolder der Studie BETTER CARE in den Händen.
Im Rahmen der Studie BETTER-CARE, an der 30 Brustkrebszentren in Deutschland beteiligt sind, entwickelt und prüft die Universitätsmedizin Würzburg gemeinsam mit ihren Partnern eine bedarfsadaptierte und individualisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung. © Anna Wenzl / UKW
Eine Brustkrebspatientin hält ein Tablet mit der BETTER CARE App in den Händen.
Über die Anwendungssoftware können die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer Angaben zu ihren individuellen therapeutischen Bedürfnissen oder auch Symptomen machen und Interventionen nutzen, um tumorbedingte Belastungen zu reduzieren. © Anna Wenzl / UKW
Das Bild zeigt das Würzburger Studienteam von BETTER CARE im Garten der Frauenklinik.
Die Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg und das Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg bauen mit BETTER CARE ein fachübergreifendes digitales Versorgungsnetzwerk auf, um die Wirksamkeit eines Nachsorgekonzepts nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung im Vergleich zur derzeitigen Routineversorgung zu untersuchen. © Anna Wenzl / UKW

Würzburg. Brustkrebs ist die weltweit am häufigsten diagnostizierte Krebsart. Jede achte Frau in Deutschland erkrankt im Laufe ihres Lebens an einem Mammakarzinom. Moderne Therapien bieten gute Heilungschancen. Dennoch bleibt immer ein Risiko, dass der Krebs zurückkommt, ein Rezidiv oder eine Metastasierung bildet, also gestreut hat. Umso wichtiger ist die Nachsorge. Und die hinkt hierzulande noch hinter dem Therapiefortschritt hinterher. „Aktuell wird in Deutschland die Nachsorge bei Brustkrebs nach einem sehr einheitlichen Schema gestaltet. Durch diese Gleichbehandlung besteht im jeweiligen Einzelfall die Gefahr einer Über- oder Unterversorgung“, schildert Prof. Dr. Achim Wöckel, Direktor der Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg, das Problem. „Die Nachsorge muss viel individualisierter, bedarfs- und risikoadaptierter werden. Und dafür benötigen wir ein wissenschaftlich untermauertes Konzept.“ Es wird in ausgewählten Zentren ein fachübergreifendes digitales Versorgungsnetzwerk aufgebaut, um die Wirksamkeit eines Nachsorgekonzepts im Vergleich zur derzeitigen Routineversorgung zu untersuchen. Die Nachsorge wird hierbei an die individuellen Bedürfnisse sowie das individuelle Risiko der Betroffenen angepasst.

15 Brustkrebszentren bieten BETTER-CARE-Nachsorge, 15 weitere die herkömmliche Nachsorge nach S3-Leitlinie

Das möchte der Gynäkologe gemeinsam mit dem Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg mit dem großangelegten Versorgungsforschungsprojekt BETTER-CARE entwickeln und erproben. „Eines der Ziele von BETTER-CARE ist es, erstmals in Deutschland ein umfassendes, wissenschaftliches Nachsorgeprogramm zu evaluieren, das an die Bedürfnisse und an das individuelle Risiko von Patientinnen und Patienten nach ihrer Brustkrebsbehandlung angepasst ist“, erläutert Prof. Dr. Peter Heuschmann, Vorstand des IKE-B.

Die 30 deutschen Brustkrebszentren, die an BETTER-CARE teilnehmen, wurden der Interventionsgruppe oder der Kontrollgruppe zufällig zugeordnet. Das heißt, 15 Zentren bieten ausschließlich die herkömmliche Brustkrebsnachsorge nach S3-Leitinie an und 15 Zentren die BETTER-CARE-Nachsorge. In jedem Zentrum können ab sofort etwa 38 Personen in die Studie aufgenommen werden.

Aufbau eines fach- und sektorenübergreifenden digitalen Versorgungsnetzwerks

Die Basis des BETTER-CARE-Programms bildet ein jeweils lokales vom Brustkrebszentrum koordiniertes Netzwerk mit Partnerinnen und Partnern aus anderen Fachbereichen wie etwa der Kardiologie, Neurologie, Psychotherapie und Physiotherapie. Über eine zentral gesteuerte Dokumentation, der elektronischen Patientenakte, können die fachärztlichen und therapeutischen Disziplinen untereinander interagieren. Das Befinden und mögliche Belastungen der Patientinnen und Patienten werden sowohl in persönlichen Gesprächen als auch über mobile Anwendungssoftware abgefragt. Über die Apps können die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer Angaben zu ihren individuellen therapeutischen Bedürfnissen oder auch Symptomen machen, die den Interventionszentren stetig aktualisiert zur Verfügung stehen. So können zeitnah weitere Behandlungsschritte eingeleitet werden. Da die Apps auch Prozesse der Künstlichen Intelligenz nutzen, können sie den Betroffenen schnell maßgeschneiderte Angebote liefern. So kann zum Beispiel eine psychologische Intervention vorschlagen werden, um tumorbedingte Belastungen zu reduzieren. „Bei körperlichen oder mentalen Herausforderungen, die auf diesem unmittelbaren Weg nicht zu lösen sind, wird das behandelnde Brustkrebszentrum informiert, mit dem dann das weitere Vorgehen besprochen werden kann“, erklärt Achim Wöckel.

Um den Effekt des neuen Nachsorgekonzeptes beurteilen zu können, werden die Informationen zu Lebensqualität, gesundheitlichen Folgen der Therapie, psychischem Befinden, Gesundheitsverhalten, Zufriedenheit mit der Behandlung und Behandlungskosten zwischen Interventions- und Kontrollgruppe verglichen.

Koordination, Evaluation und Konsortialpartner

Die deutschlandweite vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) mit 3,3 Millionen Euro geförderte Multicenter-Studie wird von der Frauenklinik des Uniklinikums Würzburg koordiniert und durch das Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg evaluiert. Als Konsortialpartner sind beteiligt: die Klinik für Frauenheilkunde des Universitätsklinikums Heidelberg, die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie der Universität Ulm, die Universitäts-Frauenklinik Tübingen des Departments für Frauengesundheit, die Institut Frauengesundheit GmbH Tübingen, der Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Controlling und interne Unternehmensrechnung der Universität Würzburg und die Zentrale für Klinische Studien des Universitätsklinikums Würzburg.

Rekrutierungsstart

Jedes an der Studie beteiligte Brustkrebszentrum in Deutschland kann ab sofort Patientinnen und Patienten in die Studie aufnehmen. Alle Patientinnen und Patienten nach ihrer primären Brustkrebsbehandlung, unabhängig von Geschlecht und durchgeführter Therapie, sind herzlich eingeladen, an der Studie teilzunehmen. Ansprechpersonen sind die behandelnden Gynäkologinnen und Gynäkologen sowie das Studienteam am Universitätsklinikum Würzburg.

Weitere Informationen finden Sie unter www.better-care.health

Eine Studienärztin informiert eine Brustkrebspatientin über das BETTER CARE-Programm.
Im BETTER-CARE-Programm werden in persönlichen Gesprächen und via App das Befinden und mögliche Belastungen der Brustkrebspatientinnen und –patienten abgefragt. © Anna Wenzl / UKW
Eine Brustkrebspatientin hält den Informationsfolder der Studie BETTER CARE in den Händen.
Im Rahmen der Studie BETTER-CARE, an der 30 Brustkrebszentren in Deutschland beteiligt sind, entwickelt und prüft die Universitätsmedizin Würzburg gemeinsam mit ihren Partnern eine bedarfsadaptierte und individualisierte Versorgung von Patientinnen und Patienten nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung. © Anna Wenzl / UKW
Eine Brustkrebspatientin hält ein Tablet mit der BETTER CARE App in den Händen.
Über die Anwendungssoftware können die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer Angaben zu ihren individuellen therapeutischen Bedürfnissen oder auch Symptomen machen und Interventionen nutzen, um tumorbedingte Belastungen zu reduzieren. © Anna Wenzl / UKW
Das Bild zeigt das Würzburger Studienteam von BETTER CARE im Garten der Frauenklinik.
Die Frauenklinik am Universitätsklinikum Würzburg und das Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) der Universität Würzburg bauen mit BETTER CARE ein fachübergreifendes digitales Versorgungsnetzwerk auf, um die Wirksamkeit eines Nachsorgekonzepts nach Ende einer primären Brustkrebsbehandlung im Vergleich zur derzeitigen Routineversorgung zu untersuchen. © Anna Wenzl / UKW

Krebsforschung im Gespräch

Dank Forschung haben sich die Überlebenschancen und die Lebensqualität von Menschen mit Krebs in den letzten Jahren erheblich verbessert. In einem neuen Podcast „Krebsforschung im Gespräch“ sprechen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Comprehensive Cancer Center Allianz WERA über aktuelle Themen der Krebsforschung, geben Einblicke in ihren Arbeitsalltag und erklären einfach und verständlich, wie und an welchen Themen sie forschen.

Kurzweilig, offen, einfach und verständlich – ab 1. April 2023 sprechen im Podcast „Krebsforschung im Gespräch“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Comprehensive Cancer Center Allianz WERA über aktuelle Themen der Krebsforschung.
Kurzweilig, offen, einfach und verständlich – ab 1. April 2023 sprechen im Podcast „Krebsforschung im Gespräch“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Comprehensive Cancer Center Allianz WERA über aktuelle Themen der Krebsforschung.

Krebs ist die zweithäufigste Todesursache in Deutschland und fast jeder Zweite erkrankt im Laufe seines Lebens an Krebs. Gleichzeitig haben sich die Überlebenschancen und die Lebensqualität krebskranker Menschen in den letzten Jahren erheblich verbessert. Heute wissen wir schon viel über die strukturellen und funktionellen Hintergründe verschiedener Krebserkrankungen. So kann Krebs früher diagnostiziert und wirksamer behandelt werden – mit größtmöglicher Wahrung der Lebensqualität. Doch was und wie wird eigentlich geforscht?

Kurzweilig, offen, einfach und verständlich

Im Podcast „Krebsforschung im Gespräch“ erhalten die Zuhörer vielfältige Einblicke, wie und an welchen Themen im Kontext Krebs aktuell geforscht wird. Kurzweilig, offen, einfach und verständlich stellen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in 13 Folgen ab 1. April 2023 ihre Themen vor. Forschende aus den Onkologischen Spitzenzentren in Würzburg, Erlangen, Regensburg und Augsburg beschäftigen sich in den von Anne Kollikowski moderierten Gesprächen unter anderem mit diesen Fragen:

  • Wie geht das Immunsystem mit Krebs um?
  • Welche Rolle spielen ‚Gene‘ in Entstehung und Verlauf von Krebserkrankungen?
  • Was wissen wir zu Bewegung und Komplementärmedizin im Kontext Krebs?
  • Wie werden neue Medikamente das erste Mal am Menschen getestet?
  • Was sind eigentlich Krebsregister und Biobanken?
  • Patienten als Forschungspartner – wie und warum?

Eine spannende Reise in der Welt der Krebsforschung

Mit Geschichten aus dem Forschungsalltag möchte der Podcast alle Interessierten auf eine spannende Reise in die Welt der Krebsforschung mitnehmen. Ab 1. April 2023 erscheint an jedem 1. und 15. eines Monats bis Oktober 2023 eine neue Folge. Bei der Konzeptionierung und Planung des Podcast waren auch Patientenvertreterinnen und -vertreter beteiligt und haben die Initiative der Onkologischen Spitzenzentren in Würzburg, Erlangen, Regensburg und Augsburg maßgeblich unterstützt.

Die CCC Allianz WERA

Zusammen bilden die vier Standorte der Comprehensive Cancer Center in Würzburg, Erlangen, Regensburg und Augsburg die CCC Allianz WERA. Die Deutsche Krebshilfe hat 2022 die gemeinsame Allianz der vier Universitätskliniken als „Onkologisches Spitzenzentrum der Deutschen Krebshilfe“ ausgezeichnet und verbindet damit eine vierjährige Förderung. Die Allianz aus den vier starken Krebsversorgungs- und -forschungszentren hat zum Ziel, mit neuen Konzepten zu Krebsforschung und -versorgung wesentlich zum Fortschritt in der Krebsmedizin beizutragen und mehr als acht Millionen Einwohner in einem großen Teil von Bayern mit Spitzenmedizin zu versorgen.

Zudem wurde die CCC Allianz WERA im Februar 2023 zum offiziellen Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ernannt: Ziel des NCT WERA ist der Ausbau national und international kompetitiver Forschungsallianzen zur schnellen Umsetzung von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis.

Website: www.ccc-wera.de/podcast/ 

Kontakt: CCC WERA Geschäftsstelle, E-Mail: kontakt@ ccc-wera.de 

Kurzweilig, offen, einfach und verständlich – ab 1. April 2023 sprechen im Podcast „Krebsforschung im Gespräch“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Comprehensive Cancer Center Allianz WERA über aktuelle Themen der Krebsforschung.
Kurzweilig, offen, einfach und verständlich – ab 1. April 2023 sprechen im Podcast „Krebsforschung im Gespräch“ Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der Comprehensive Cancer Center Allianz WERA über aktuelle Themen der Krebsforschung.