paper place Archiv 3. Quartal 2025

Kartierung der kognitiven Auswirkungen der Tiefen Hirnstimulation bei Alzheimer und Parkinson

In dieser Studie untersuchte Martin Reich aus der Neurologie mit früheren US-amerikanischen Kollegen, wie sich die Tiefe Hirnstimulation (THS) auf kognitive Fähigkeiten wie Denken und Erinnern auswirkt.

Die Grafik zeigt verschiedene Abbildungen von Hirnnetzwerken bei Parkinson und Alzheimer mit farblich markierten Bereichen der stimulierten Gegenden.
Die Hirnnetzwerke, die mit Denkleistungen bei Parkinson (oben) und Alzheimer (unten) zusammenhängen, zeigen eine sehr ähnliche Struktur – allerdings spiegelbildlich, also mit entgegengesetzten Wirkungen auf die Gedächtnisleitung. Genau dieses Paradoxon, das sich in den Karten zeigt, untersuchten die Forschenden näher: Warum verschlechtert die Stimulation bei manchen Parkinson-Betroffenen das Denken, während sie bei Alzheimer-Patientinnen und -Patienten eine Verbesserung bewirken kann? Quelle: Supplementary Figure 7 in Howard, Reich et al. 2025. Alzheimer's & Dementia published by Wiley Periodicals LLC on behalf of Alzheimer's Association.

Die THS lindert bei Parkinson motorische Symptome. Doch bei manchen Patientinnen und Patienten kommt es nach der Behandlung zu kognitiven Problemen, etwa Gedächtnis- oder Konzentrationsschwierigkeiten. In Studien mit Alzheimer-Patientinnen und -Patienten wurde hingegen beobachtet, dass eine mit dem Hippocampus verbundene THS die kognitive Funktion zu verbessern scheint. Ein Paradoxon, das es zu klären galt. 

Nachdem Martin Reich bereits einige Jahre zuvor gezeigt hat, dass Gedächtnis- oder Denkprobleme nicht zufällig auftreten, sondern davon abhängen, welche Netzwerke im Gehirn durch Stimulation erreicht werden. THS wirkt nicht nur lokal, sondern über ganze Gehirnnetzwerk. Ein gezieltes, evidenzbasiertes Anpassen der Therapie kann die kognitive Funktion schützen. 

In der aktuellen Studie wurde untersucht, bei wem das Risiko für kognitive Nebenwirkungen besonders hoch ist – abhängig vom Alter und von strukturellen Veränderungen im Hippocampus, der für das Erinnerungsvermögen essenziell ist. Zusätzlich erweiterten sie das Modell auf die Alzheimer-Erkrankung. 

Die Ergebnisse zeigen, dass sowohl bei Parkinson als auch bei Alzheimer das Alter und insbesondere der funktionelle Zustand des Gedächtniszentrums im Gehirn entscheidende Rollen spielen“, erläutert Martin Reich. Das heißt, der Effekt hängt von zwei entscheidenden Faktoren ab: dem Ausmaß der Schädigung des Hippocampus, dem Gedächtniszentrum des Gehirns, und wie stark die Elektrode mit dem Hippocampus verbunden ist. 

Zur Pressemeldung

Calvin W. Howard, Martin Reich, Lan Luo, Niels Pacheco-Barrios, Ron Alterman, Ana Sofia Rios, Michelle Guo, Ziyue Luo, Helen Friedrich, Andrew Pines, Leila Montaser-Kouhsari, William Drew, Lauren Hart, Garance Meyer, Nanditha Rajamani, Maximillian U. Friedrich, Vanessa Milanese, Andres Lozano, for the ADvance Study Research Group, Thomas Picht, Katharina Faust, Andreas Horn, Michael D. Fox. Cognitive outcomes of deep brain stimulation depend on age and hippocampal connectivity in Parkinson's and Alzheimer's disease. Alzheimers Dementia, Volume 21, Issue 8, August 2025. https://doi.org/10.1002/alz.70498

Die Grafik zeigt verschiedene Abbildungen von Hirnnetzwerken bei Parkinson und Alzheimer mit farblich markierten Bereichen der stimulierten Gegenden.
Die Hirnnetzwerke, die mit Denkleistungen bei Parkinson (oben) und Alzheimer (unten) zusammenhängen, zeigen eine sehr ähnliche Struktur – allerdings spiegelbildlich, also mit entgegengesetzten Wirkungen auf die Gedächtnisleitung. Genau dieses Paradoxon, das sich in den Karten zeigt, untersuchten die Forschenden näher: Warum verschlechtert die Stimulation bei manchen Parkinson-Betroffenen das Denken, während sie bei Alzheimer-Patientinnen und -Patienten eine Verbesserung bewirken kann? Quelle: Supplementary Figure 7 in Howard, Reich et al. 2025. Alzheimer's & Dementia published by Wiley Periodicals LLC on behalf of Alzheimer's Association.
Hohe Konzentration von Ultrafeinstaub stört die epitheliale Barriere der menschlichen Atemwege

Die Schleimhaut in der Nase bildet eine schützende Barriere, die Moleküle selektiv hineinlässt oder ausschließt. Störungen dieser Barriere erhöhen die Anfälligkeit für virale und bakterielle Infektionen.

Die grafische Zusammenfassung zeigt, wie eine Hohe Konzentration von Ultrafeinstaub die epitheliale Barriere der menschlichen Atemwege stört
Graphical Abstract - Generated in Biorender

Fremde Substanzen, wie beispielsweise Feinstaub (PM) und Ultrafeinstaub (UFP), die unter anderem bei Verbrennungsprozessen in Flugzeugen und Dieselmotoren entstehen, können solche Störungen unter Umständen begünstigen. Wie das genau funktioniert, ist aber weitgehend unbekannt.

Um diesen Fragen nachzugehen, wurden im Rahmen des vom Bayerischen Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz finanzierten Projekts BayUFP Gewebemodelle der Nasenschleimhaut aus menschlichen Primärzellen hergestellt. Die Modelle werden von unten mit Zellkulturmedium versorgt, während die dem Epithel in der Nase entsprechende Oberfläche mit der Umgebungsluft in Kontakt steht. Die Modelle wachsen mehrere Wochen im Labor, bis sie die notwendigen, sehr realistischen Charakteristika der Nasenschleimhaut aufweisen, wie beispielsweise schlagende Kinozilien und Schleimproduktion. Anschließend wurden diese Modelle mit Carbon-Partikeln (~70 nm Carbon Black) behandelt.

Das Forschungsteam der HNO-Klinik konnte kurz nach der Exposition mit Carbon Black (2 Stunden) statistisch signifikante Effekte, die auf Zellschäden hindeuten, nachweisen. Aus biologischer Perspektive waren die Schäden jedoch nicht als zytotoxisch einzustufen. 24 Stunden nach der Exposition war die epitheliale Barriere noch intakt, jedoch messbar niedriger als in der unbehandelten Kontrollgruppe. Dies deutet darauf hin, dass die Barriere gestört ist und eventuell durchlässiger geworden ist, wodurch die Schutzfunktion der Nasenschleimhaut beeinträchtigt sein kann. Um mehr zu erfahren, wären Langzeitstudien und Mehrfach-Expositionen geeignet. Eine relevante Frage hierbei wäre, ob eine Exposition mit Carbon Black oder anderen ultrafeinen Partikeln (UFP) Infektionen oder chronische bzw. allergische Erkrankungen begünstigen kann.

In der aktuellen Publikation ist es dem Team aus der HNO gemeinsam mit Projektpartnern (Oppmann und Dembski vom Fraunhofer ISC, Würzburg und Delaval, Di Bucchianico und Zimmermann im Comprehensive Molecular Analytics (CMA)-Labor, Helmholtz Zentrum München) gelungen ein realitätsnahes Test- und Expositionssystem für solche Fragestellungen zu etablieren. 

Totta Ehret Kasemo, Maximilian Oppmann, Sofia Dembski, Maria Steinke, Elena Lajtha, Helena Moratin, Manuel Stöth, Agmal Scherzad, Mathilde Noémie Delaval, Ralf Zimmermann, Sebastiano Di Bucchianico, Stephan Hackenberg, Till J. Meyer. High concentrations of Printex 90 carbon black ultrafine particles disturb the epithelial barrier in human primary respiratory mucosa models, Environmental Toxicology and Pharmacology, Volume 119, 2025, 104829, ISSN 1382-6689, https://doi.org/10.1016/j.etap.2025.104829.

Die grafische Zusammenfassung zeigt, wie eine Hohe Konzentration von Ultrafeinstaub die epitheliale Barriere der menschlichen Atemwege stört
Graphical Abstract - Generated in Biorender
Chronische Wunden mit App "Wunderkint" dauerhaft im Blick

Ein interdisziplinäres Team der Dermatologie und des Lehrstuhls für Software-Engineering der Universität Würzburg entwickelte die App „Wunderkint“, die Patientinnen und Patienten mit chronischen Wunden eine digitale Verlaufskontrolle und ärztliche Betreuung aus der Ferne ermöglicht.

Die Informatikerin Vanessa Borst auf der Bühne am Rednerpult, im Hintergrund das Startbild ihrer Präsentation auf einem riesigen Monitor. Der Konferenzsaal ist in blauem Licht.
Informatikerin Vanessa Borst stellte am 18. September auf der ECML PKDD 2025 in Porto (Portugal) die KI-Technologie „WoundAmbit“ vor, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet. Die ECML PKDD (European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases) ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen. © Martin Rackl / JMU
Das Bild zeigt einen Screenshot des Dashboards für Ärzte, oben der abfotografierte Bereich des Körpers, rechts die Wunde mit Referenzkarte und unten links die Kurven der verschiedenen Skalen. rechts
Mit der Wunderkint-App können Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung angeben. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit Farbskala und ArUco-Markern neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. © JMU

Mithilfe einer sicheren Datenübertragung können Fotos und Angaben zu Schmerz, Juckreiz oder Stimmung regelmäßig an das medizinische Fachpersonal übermittelt werden. So lassen sich Heilungsverläufe kontinuierlich beobachten und Therapien flexibel anpassen.

Die technische Grundlage bildet die KI „WoundAmbit“, die mithilfe moderner Bildanalyse Wundränder und -flächen präzise erkennt. Für diese Verbindung von semantischer Segmentierung und praktischer Wundversorgung wurde die Doktorandin Vanessa Borst auf der European Conference on Machine Learning (ECML PKDD 2025) in Porto mit dem Preis „Best Student Paper – Applied Data Science Track“ ausgezeichnet.

Eine laufende Machbarkeitsstudie zeigt, dass die App benutzerfreundlich ist, gut akzeptiert wird und das medizinische Personal entlastet. Die beteiligten Ärztinnen und Ärzte betonen, dass die Digitalisierung die persönliche Betreuung nicht ersetzt, aber sinnvoll ergänzt – und Patientinnen und Patienten mehr Sicherheit und Eigenständigkeit im Umgang mit ihrer Erkrankung gibt.

Weitere Details in der Pressemeldung.

Vanessa Borst, Timo Dittus, Tassilo Dege, Astrid Schmieder, Samuel Kounev. Wound Ambit: Bridging State-of-the-Art Semantic Segmentation and Real World Wound Care.In: Dutra, I., et al. Machine Learning and Knowledge Discovery in Databases. Applied Data Science Track. ECML PKDD 2025. Lecture Notes in Computer Science(), vol 16021. Springer, Cham. https://doi.org/10.1007/978-3-032-06118-8_17 
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Die Informatikerin Vanessa Borst auf der Bühne am Rednerpult, im Hintergrund das Startbild ihrer Präsentation auf einem riesigen Monitor. Der Konferenzsaal ist in blauem Licht.
Informatikerin Vanessa Borst stellte am 18. September auf der ECML PKDD 2025 in Porto (Portugal) die KI-Technologie „WoundAmbit“ vor, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet. Die ECML PKDD (European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases) ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen. © Martin Rackl / JMU
Das Bild zeigt einen Screenshot des Dashboards für Ärzte, oben der abfotografierte Bereich des Körpers, rechts die Wunde mit Referenzkarte und unten links die Kurven der verschiedenen Skalen. rechts
Mit der Wunderkint-App können Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung angeben. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit Farbskala und ArUco-Markern neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. © JMU
CD47 als neuer Angriffspunkt gegen Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion identifiziert

Forschende des Sonderforschungsbereichs TRR 221 aus Würzburg, Erlangen und Regensburg identifizierten das Oberflächenprotein CD47 als entscheidenden Überlebensfaktor schädlicher T-Zellen nach allogener Stammzelltransplantation.

Konfokalmikroskopie von Darmbiopsien von Patientinnen und Patienten mit akuter GvHD (aGvHD) des Lerner-Grades 0 bzw. 3, repräsentativ für jeweils mindestens fünf Personen pro Gruppe. Paraffineingebettete Gewebeschnitte wurden mit Anti-CD3 AF488 (grün), Anti-CD47 AF568 (rot) und DAPI (4′,6-Diamidino-2-phenylindol; blau) gefärbt. Maßstabsbalken: 20 µm.
Alloreaktive T-Zellen regulieren CD47 hoch und schützen sich so vor der Phagozytose („Aufnahme“) durch Makrophagen. Hier sind alloreaktive T-Zellen aus einer Patientenbiopsie dargestellt, die in den Darmtrakt eindringen und eine akute Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (GvHD) auslösen. Der Maßstab beträgt 20 μm. © Flamann & Shaikh et al., Blood 2025.
Die Konfokalbilder zeigen ein typisches Ergebnis aus drei unabhängigen Experimenten.
Human-monozytenabgeleitete Makrophagen (HMDMs) wurden drei Stunden lang gemeinsam mit CFSE-markierten, nicht aktivierten und aktivierten CD4⁺-T-Zellen (grün) inkubiert. Anschließend erfolgte eine Färbung der HMDMs mit Flash Phalloidin Red 594, Alexa-647-konjugiertem Anti-CD172 (violett) und DAPI (blau). Die Analyse erfolgte mittels Konfokalmikroskopie (Originalvergrößerung ×630). Maßstabsbalken: 5 µm. © Flamann & Shaikh et al., Blood 2025.

Diese T-Zellen verursachen die gefährliche Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (GvHD), eine häufige Komplikation nach der Übertragung fremder Stammzellen.

CD47 wirkt als „Don’t eat me“-Signal, das Makrophagen – die Fresszellen des Immunsystems – davon abhält, die alloreaktiven T-Zellen zu beseitigen. In Patientenproben und Mausmodellen zeigten die Forschenden, dass die übermäßige CD47-Expression das Überleben dieser Zellen fördert und die Entzündung verschlimmert.

Die Blockade von CD47 mit Antikörpern stellte die Fähigkeit der Makrophagen wieder her, schädliche T-Zellen zu eliminieren, verringerte die Entzündungen und verbesserte das Überleben in Tiermodellen.

Die Ergebnisse eröffnen ein vielversprechendes klinisches Potenzial für die CD47-Blockade zur Behandlung der GvHD, so Haroon Shaikh, Immunologe aus der Arbeitsgruppe von Andreas Beilhack. Shaikh teilt sich die Erstautorenschaft in der in der renommierten Fachzeitschrift Blood veröffentlichten Studie mit Cindy Flamann aus der Gruppe von Heiko Bruns vom Uniklinikum Erlangen. Das Team bereitet nun erste klinische Studien vor.

Details liefert die ausführliche Pressemeldung zur Publikation. 

Cindy Flamann, Haroon Shaikh, Carina Matos, Marina Kreutz, Hla Ali, Michael A. G. Kern, Maike Büttner-Herold, Benedikt Jacobs, Simon Völkl, Christopher Lischer, Christian Kellner, Johannes Berges, Katrin Bitterer, Domenica Saul, Manisha Goel, Cornelia S. Link-Rachner, Alma Zernecke, Daniela Weber, Dimitrios Mougiakakos, Andreas Mackensen, Andreas Beilhack, Heiko Bruns. Augmented CD47 expression impairs alloreactive T-cell clearance after allo-HCT, Blood, Volume 146, Issue 11, 2025, Pages 1359-1373, ISSN 0006-4971, https://doi.org/10.1182/blood.2023023056

Konfokalmikroskopie von Darmbiopsien von Patientinnen und Patienten mit akuter GvHD (aGvHD) des Lerner-Grades 0 bzw. 3, repräsentativ für jeweils mindestens fünf Personen pro Gruppe. Paraffineingebettete Gewebeschnitte wurden mit Anti-CD3 AF488 (grün), Anti-CD47 AF568 (rot) und DAPI (4′,6-Diamidino-2-phenylindol; blau) gefärbt. Maßstabsbalken: 20 µm.
Alloreaktive T-Zellen regulieren CD47 hoch und schützen sich so vor der Phagozytose („Aufnahme“) durch Makrophagen. Hier sind alloreaktive T-Zellen aus einer Patientenbiopsie dargestellt, die in den Darmtrakt eindringen und eine akute Transplantat-gegen-Wirt-Reaktion (GvHD) auslösen. Der Maßstab beträgt 20 μm. © Flamann & Shaikh et al., Blood 2025.
Die Konfokalbilder zeigen ein typisches Ergebnis aus drei unabhängigen Experimenten.
Human-monozytenabgeleitete Makrophagen (HMDMs) wurden drei Stunden lang gemeinsam mit CFSE-markierten, nicht aktivierten und aktivierten CD4⁺-T-Zellen (grün) inkubiert. Anschließend erfolgte eine Färbung der HMDMs mit Flash Phalloidin Red 594, Alexa-647-konjugiertem Anti-CD172 (violett) und DAPI (blau). Die Analyse erfolgte mittels Konfokalmikroskopie (Originalvergrößerung ×630). Maßstabsbalken: 5 µm. © Flamann & Shaikh et al., Blood 2025.
Finanzielle Anreize können bewegen, nicht überzeugen

Forschende der Translationalen Sozialen Neurowissenschaften am Zentrum für Psychische Gesundheit untersuchten, ob finanzielle Belohnungen oder Bestrafungen das Verhalten gegenüber Personen außerhalb der eigenen Gruppe („Out-Group“) verändern können.

Die Grafik zeigt vier Schritte der Lernaufgabe.
Annäherungs-Vermeidungs-Lernaufgabe: Nach einer Fixierung von 1 bis 2 Sekunden wurde den Teilnehmenden eine Figur gezeigt, die sie selbst auf einer horizontalen Linie darstellte. Auf der rechten Seite der Linie wurde ein abstraktes Symbol angezeigt (Rauten- oder Sechseckform). Während der Entscheidungsphase hatten die Teilnehmer 6 Sekunden Zeit, um die Figur von ihrer Ausgangsposition auf der Skala zum Symbol auf der rechten Seite hin oder davon weg zu bewegen und ihre endgültige Position durch Drücken einer Taste zu bestätigen. Nach dieser Bestätigung informierte eine Beschriftung über der Figur („+0,05 €” oder „−0,05 €”) die Teilnehmer über das Ergebnis. © Bischofberger et al. 2025. Royal Society Open Science. https://doi.org/10.1098/rsos.250061

In einem Annäherungs-Vermeidungs-Lernexperiment bewegten die Teilnehmenden eine Figur zu Symbolen, die entweder die eigene Gruppe („In-Group“) oder eine fremde Gruppe repräsentierten. Dafür erhielten sie Geldgewinne oder -verluste. Anfangs zeigte sich die typische Vorliebe, auf Personen der In-Group eher zuzugehen. Werden jedoch Belohnungen gezielt für das Zugehen auf die Out-Group vergeben, verringert sich diese Verhaltensvoreingenommenheit deutlich. Die subjektive Einschätzung der Gruppen, also der Eindruck, blieb hingegen unverändert – trotz des veränderten Verhaltens. Die Studie zeigt: Finanzielle Anreize können das Verhalten lenken, aber nicht die tieferliegenden Einstellungen gegenüber Fremdgruppen beeinflussen. Details zur Studie liefert die ausführliche Pressemeldung.

Bischofberger Jasper Amadeus, Saulin Anne, Zhou Yuqing and Hein Grit. 2025 Learning from financial rewards and punishments reduces the in-group bias in social approach without changing the in-group bias in impressions. R. Soc. Open Sci. 12:250061. https://doi.org/10.1098/rsos.250061

Die Grafik zeigt vier Schritte der Lernaufgabe.
Annäherungs-Vermeidungs-Lernaufgabe: Nach einer Fixierung von 1 bis 2 Sekunden wurde den Teilnehmenden eine Figur gezeigt, die sie selbst auf einer horizontalen Linie darstellte. Auf der rechten Seite der Linie wurde ein abstraktes Symbol angezeigt (Rauten- oder Sechseckform). Während der Entscheidungsphase hatten die Teilnehmer 6 Sekunden Zeit, um die Figur von ihrer Ausgangsposition auf der Skala zum Symbol auf der rechten Seite hin oder davon weg zu bewegen und ihre endgültige Position durch Drücken einer Taste zu bestätigen. Nach dieser Bestätigung informierte eine Beschriftung über der Figur („+0,05 €” oder „−0,05 €”) die Teilnehmer über das Ergebnis. © Bischofberger et al. 2025. Royal Society Open Science. https://doi.org/10.1098/rsos.250061
Neurale Korrelate der menschlichen Angstkonditionierung und Ursachen für Variabilität

Martin Herrmann vom Zentrum für Psychische Gesundheit war an einer internationalen Kooperation beteiligt, die die bislang größte Untersuchung zu den neuronalen Mechanismen der Furchtkonditionierung beim Menschen durchführte.

Die Nervenzellen und Unterschiede zwischen den Menschen bei der Angstkonditionierung. Hier ist eine schematische Darstellung der Analyseebenen (a). Das Gehirn von CS+ ist aktiver (b) und auch inaktivierter (c) als das von CS-. Das wurde mit einer Mega-Analyse (n = 1888 gesunde Kontrollpersonen) herausgefunden. Hier ist ein Bild, das zeigt, wie der normative Modellierungsrahmen (d) aussieht. Normative Wahrscheinlichkeitskarten zeigen den Prozentsatz der Teilnehmer in der gesunden Kontrollteststichprobe, die positive (warme Farben – rechts) oder negative Abweichungen (kühle Farben – links) >±2,6 innerhalb jedes Voxels aufwiesen. Der Kreis zeigt, dass es oft große Unterschiede in der ventralsten Region des vmPFC gibt (e).
Neuronale Korrelate und Heterogenität auf individueller Ebene bei der menschlichen Angstkonditionierung. Schematische Darstellung der Analyseebenen (a). Signifikante funktionelle Aktivierung (b) und Deaktivierung (c) des Gehirns bei CS+ im Vergleich zu CS−, ermittelt durch Mega-Analyse (n = 1888 gesunde Kontrollpersonen). Schematische Darstellung des normativen Modellierungsrahmens (d). Normative Wahrscheinlichkeitskarten veranschaulichen den Prozentsatz der Teilnehmer in der gesunden Kontrollteststichprobe, die positive (warme Farben – rechts) oder negative Abweichungen (kühle Farben – links) >±2,6 innerhalb jedes Voxels aufwiesen. Der Kreis hebt häufige große Abweichungen (sowohl positive als auch negative) innerhalb der ventralsten Region des vmPFC hervor (e). AIC anteriorer insularer Kortex, AG Gyrus angularis, CN Nucleus caudatus, dACC dorsaler anteriorer cingulärer Kortex, dlPFC dorsolateraler präfrontaler Kortex, dPFC dorsaler präfrontaler Kortex, dPons dorsale Pons, dPrec dorsaler Precuneus, Hipp Hippocampus, HYP Hypothalamus, lOFC lateraler orbitofrontaler Kortex, PCC posteriorer cingulärer Kortex, SI primärer somatosensorischer Kortex, SII sekundärer somatosensorischer Kortex, SMA supplementärer motorischer Bereich, TG temporaler Gyrus, Thal Thalamus, vmPFC ventromedialer präfrontaler Kortex.

Die im Fachjournal Nature Communications veröffentlichte Studie umfasst funktionelle MRT-Daten von 2.199 Personen aus 74 Laboren weltweit. Die Analyse zeigt konsistente Aktivierungen zentraler Strukturen der Angstverarbeitung, insbesondere der Amygdala, des anterioren cingulären Cortex und der Insula, während der Furchtkonditionierung. Darüber hinaus wurden systematische Quellen individueller Variabilität identifiziert, darunter Alter, Geschlecht, Stresslevel und Unterschiede in den experimentellen Paradigmen. Die Studie entstand im Rahmen der ENIGMA-Fear-Conditioning-Initiative, an der Forschungseinrichtungen aus Europa, Nord- und Südamerika, Asien und Australien beteiligt waren. Die Ergebnisse bilden eine empirische Grundlage für zukünftige Studien zu den neurobiologischen Mechanismen von Angst- und Traumafolgestörungen.

Radua J, Savage HS, Vilajosana E, Jamieson A, Abler B, Åhs F, Beckers T, Cardoner N, Cisler JM, Diniz JB, Bach DR, Elsenbruch S, Greening SG, Holt DJ, Kaczkurkin AN, Keil A, Kindt M, Koch K, LaBar KS, Lam CL, Larson CL, Lonsdorf TB, Merz CJ, McLaughlin KA, Neria Y, Pine DS, van Reekum CM, Shackman AJ, Soriano-Mas C, Spoormaker VI, Stout DM, Straube B, Straube T, Tuominen L, Visser RM, Ahumada L, Arolt V, Batistuzzo MC, Bazán PR, Biggs EE, Cano M, Chavarría-Elizondo P, Cooper SE, Dannlowski U, de la Peña-Arteaga V, DeCross SN, Domschke K, Ehlers MR, Graner JL, Hamm AO, Herrmann MJ, Huggins AA, Icenhour A, Juaneda-Seguí A, Junghoefer M, Kircher T, Koelkebeck K, Kuhn M, Labrenz F, Lissek SM, Lotze M, Lueken U, Margraf J, Martínez-Zalacaín I, Moeck R, Morriss J, Ortuño M, Pittig A, Porta-Casteras D, Richter J, Ridderbusch IC, Rief W, Roesmann K, Rosén J, Rußmann AN, Sjouwerman R, Spohrs J, Ströhle A, Suarez-Jimenez B, Ulrich M, Wittchen HU, Zhu X, Waller L, Walter H, Thompson PM, Bas-Hoogendam JM, Groenewold NA, J Stein D, Van der Wee NJ, Dunsmoor JE, Marquand AF, J Harrison B, Fullana MA. Neural correlates of human fear conditioning and sources of variability in 2199 individuals. Nat Commun. 2025 Aug 23;16(1):7869. https://doi.org/10.1038/s41467-025-63078-x

Die Nervenzellen und Unterschiede zwischen den Menschen bei der Angstkonditionierung. Hier ist eine schematische Darstellung der Analyseebenen (a). Das Gehirn von CS+ ist aktiver (b) und auch inaktivierter (c) als das von CS-. Das wurde mit einer Mega-Analyse (n = 1888 gesunde Kontrollpersonen) herausgefunden. Hier ist ein Bild, das zeigt, wie der normative Modellierungsrahmen (d) aussieht. Normative Wahrscheinlichkeitskarten zeigen den Prozentsatz der Teilnehmer in der gesunden Kontrollteststichprobe, die positive (warme Farben – rechts) oder negative Abweichungen (kühle Farben – links) >±2,6 innerhalb jedes Voxels aufwiesen. Der Kreis zeigt, dass es oft große Unterschiede in der ventralsten Region des vmPFC gibt (e).
Neuronale Korrelate und Heterogenität auf individueller Ebene bei der menschlichen Angstkonditionierung. Schematische Darstellung der Analyseebenen (a). Signifikante funktionelle Aktivierung (b) und Deaktivierung (c) des Gehirns bei CS+ im Vergleich zu CS−, ermittelt durch Mega-Analyse (n = 1888 gesunde Kontrollpersonen). Schematische Darstellung des normativen Modellierungsrahmens (d). Normative Wahrscheinlichkeitskarten veranschaulichen den Prozentsatz der Teilnehmer in der gesunden Kontrollteststichprobe, die positive (warme Farben – rechts) oder negative Abweichungen (kühle Farben – links) >±2,6 innerhalb jedes Voxels aufwiesen. Der Kreis hebt häufige große Abweichungen (sowohl positive als auch negative) innerhalb der ventralsten Region des vmPFC hervor (e). AIC anteriorer insularer Kortex, AG Gyrus angularis, CN Nucleus caudatus, dACC dorsaler anteriorer cingulärer Kortex, dlPFC dorsolateraler präfrontaler Kortex, dPFC dorsaler präfrontaler Kortex, dPons dorsale Pons, dPrec dorsaler Precuneus, Hipp Hippocampus, HYP Hypothalamus, lOFC lateraler orbitofrontaler Kortex, PCC posteriorer cingulärer Kortex, SI primärer somatosensorischer Kortex, SII sekundärer somatosensorischer Kortex, SMA supplementärer motorischer Bereich, TG temporaler Gyrus, Thal Thalamus, vmPFC ventromedialer präfrontaler Kortex.
Nervenzellen von ADHS-Patienten zeigen eine dysregulierte glutamaterge Entwicklung

ADHS ist eine Entwicklungsstörung des Gehirns, die mit Unaufmerksamkeit, Impulsivität und Überaktivität einhergeht. Forschende des Zentrums für Psychische Gesundheit entwickelten mit menschlichen Stammzellen ein Modell, um die Nervenzellen von ADHS-Betroffenen mit denen gesunder Personen zu vergleichen.

Dabei zeigte sich, dass sich die Nervenzellen von ADHS-Patienten zwar normal bilden, aber anders funktionieren: Sie produzierten weniger des wichtigen Botenstoffs Glutamat und zeigten eine schwächere Signalübertragung. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass Störungen im Glutamat-System eine wichtige Rolle bei ADHS spielen könnten und somit ein neuer Ansatzpunkt für zukünftige Medikamente sein könnten.

Rhiannon Victoria McNeill, Zora Schickardt, Franziska Radtke, Robert Blum & Sarah Kittel-Schneider. hiPSC-derived cortical neurons from ADHD individuals reveal dysregulated glutamatergic development. Mol Psychiatry. 2025 Sep 19.https://doi.org/10.1038/s41380-025-03213-8 Epub ahead of print. PMID: 40973785.