Aktuelle Pressemitteilungen

20 Jahre Würzburger Stammzelltransplantationszentrum: Innovative Zelltherapien in der Region verankert

Vor 20 Jahren wurde das Zentrum für Stammzelltherapie am Uniklinikum Würzburg ins Leben gerufen. Heute zieht es als etabliertes Behandlungszentrum für Zelltherapien Patientinnen und Patienten aus ganz Deutschland und dem Ausland an. Neben der klassischen Eigen- und Fremdtransplantation werden dort viele neuartige Behandlungswege angeboten.

GMP-Zelltherapielabor
Das GMP-Zelltherapielabor des Zentrums für Stammzelltherapie am Uniklinikum Würzburg versorgt Uniklinika in Deutschland mit Stammzellpräparaten. Bild: Daniel Peter / UKW

Würzburg. Die Medizinische Klinik II und die Kinderklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) betreiben seit 20 Jahren ein gemeinsames Zentrum für Transplantationen von Blutstammzellen. Die dabei eingesetzten Zellen lassen sich zum einen aus dem Blut oder dem Knochenmark der Patientinnen und Patienten selbst gewinnen – man spricht dann von „autolog“. Zum anderen können bei der „allogenen“ Stammzelltransplantation Zellen eines Spenders genutzt werden. 

Allogene und autologe Stammzelltransplantationen im Einsatz

„Bei der Versorgung der Erwachsenen liegt das Hauptaugenmerk bei der allogenen Stammzelltransplantation auf bösartigen Erkrankungen des Blut- und Lymphsystems, wie zum Beispiel akute Leukämien oder Lymphome“, beschreibt Prof. Dr. Hermann Einsele. Der Direktor der Medizinischen Klinik II fährt fort: „Einen besonderen Schwerpunkt bei der autologen Stammzelltransplantation stellt in Würzburg in den letzten Jahren das Multiple Myelom dar.“

Leukämien spielen auch bei Kindern und Jugendlichen eine große Rolle. „Darüber hinaus wird die Blutstammzelltransplantation durch die zunehmende Verfahrenssicherheit gerade bei jungen Patientinnen und Patienten mehr und mehr auch für nicht-bösartige Bluterkrankungen angewandt“, verdeutlicht Prof. Dr. Matthias Eyrich, der die Stammzelltransplantationen an der Kinderklinik des UKW leitet. Neu ist nach seinen Worten zudem, dass die Blutstammzelltransplantation häufig mit anderen Immuntherapien kombiniert wird.

Für die allogene Stammzelltransplantation wird idealerweise ein Spender benötigt, der in allen Gewebemerkmalen mit der Patientin oder dem Patienten übereinstimmt. In Deutschland haben sich derzeit mehr als zehn Millionen potenzielle Stammzellspenderinnen und -spender registrieren und ihr Blut typisieren lassen, weltweit sind es 41 Millionen. Die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender zu finden, liegt bundesweit bei über 90 Prozent. „Sollte sich dennoch kein perfekter Spender finden, sind wir in der Lage, suboptimale Spender-Stammzellen unter Reinraumbedingungen aufzubereiten – eine Leistung, die nur sehr wenige Zentren in Deutschland erbringen können“, schildert Prof. Eyrich. 

Pro Jahr führen die „Med II“ und die Kinderklinik zusammen rund 120 allogene Stammzelltransplantationen durch. Bei den autologen sind es jährlich bis zu 200 – ein bundesweiter Spitzenwert.

Zelluläre Immuntherapie im Kommen

Im Jahr 2019 wurden die Transplantationsaktivitäten durch das Zentrum für zelluläre Immuntherapie (ZenITh) erweitert, das die Entwicklung innovativer Behandlungswege vorantreibt. Beispielsweise die CAR-T-Zell-Therapie: Hierbei werden körpereigene T-Lymphozyten der Patientin oder des Patienten im Labor mit einem künstlichen „chimären“ Rezeptor für Tumorzellen versehen. Die Abkürzung CAR steht daher für „Chimärer Antigen-Rezeptor“. „Der neue Rezeptor ermöglicht es den T-Lymphozyten, in vorher ungekannter Weise gegen Leukämiezellen aktiv zu werden“, schildert Prof. Dr. Michael Hudecek, einer der Experten für Zelluläre Immuntherapie am UKW. Mittlerweile ist die CAR-T-Zelltherapie als fester Bestandteil der Leukämie- und Lymphombehandlung etabliert. Auch für an Multiplem Myelom Erkrankte bietet sie eine neue Chance. Laut Prof. Hudecek ist es zudem möglich, die CAR-T-Zelltherapie mit der Blutstammzelltransplantation zu kombinieren. 

Die Medizinische Klinik II führt vornehmlich auf der Station M41 pro Jahr rund 100 CAR-T-Zelltherapien an erwachsenen Patientinnen und Patienten durch, jährlich etwa fünf weitere Anwendungen kommen durch die Kinderklinik dazu. „Mit diesen Zahlen und der dazugehörigen Expertise ist das UKW das führende CAR-T-Zell-Zentrum in Europa“, zeigt sich Prof. Einsele stolz.

Starthilfe durch außergewöhnliche Spendenaktion

Startpunkt des Zentrums für Stammzelltransplantationen war die Einweihung eines Neubaus auf dem Klinikumscampus an der Josef-Schneider-Straße im Jahr 2005. Die Kosten des 7,3 Millionen Euro teuren Gebäudes D30 teilten sich das Land Bayern und die Bundesrepublik Deutschland hälftig. Die Finanzierungszusage des Freistaats wurde durch eine außergewöhnliche Spendenaktion angestoßen. Dabei leistete die von der Würzburger Geschäftsfrau Gabriele Nelkenstock ins Leben gerufene „Aktion Stammzelltherapie“ wesentliche Starthilfe. Ihrer Bürgerbewegung gelang es, in Zusammenarbeit mit Christel Lochner, der Vorsitzenden der Elterninitiative leukämie- und tumorkranker Kinder Würzburg e.V., mit vielen Aktionen über 500.000 Euro – damals über eine Million D-Mark – in der Region zu sammeln. „Diese Erfolgsgeschichte war nur möglich, weil seinerzeit Bürgerschaft und Politik, namentlich der bayerische Landtagsabgeordnete Manfred Ach, am gleichen Strang zogen“, erinnert sich Nelkenstock.

Zellbearbeitung im eigenen Labor

Bereits damals wurde Wert darauf gelegt, dass im Zentrum auch die Möglichkeit zur eigenen Zellbearbeitung gegeben ist. Das GMP-Zelltherapielabor – so der heutige Name – ist mittlerweile ein überregionaler Versorger für Stammzellpräparate und stattet andere deutsche Universitätsklinika mit für einzelne Patientinnen und Patienten maßgeschneiderten Präparaten aus. Des Weiteren fungiert das Labor als wichtige Logistik-Drehscheibe für CAR-T-Zellen. „Um dem zunehmenden Bedarf und den neuen Technologien Rechnung zu tragen, soll im Herbst 2025 ein weiteres Reinraum-Labor am UKW eröffnet werden. Damit erhalten wir erstmals die Möglichkeit, selbst CAR-T-Zellen für klinische Studien herzustellen“, freut sich Prof. Eyrich, der das GMP-Labor leitet.

Nachdem die Erwachsenen- und die Kinder-Stammzelltherapie zunächst gemeinsam im Haus D30 untergebracht waren, ergab sich durch die Eröffnung des Zentrums für Innere Medizin (ZIM) des UKW im Jahr 2009 für die Medizinische Klinik II die Möglichkeit, ihre entsprechenden Aktivitäten auf dortige Stationen zu verlagern. Während D30 – mit Ausnahme des GMP-Labors – heute alleinig von der Kinderklinik genutzt wird, betreibt die Med II unter Leitung von Privatdozent Dr. Daniel Teschner auf der Station M52 des ZIM ein Zentrum für allogene Stammzelltherapien. Die autologen Stammzelltransplantationen für Erwachsene finden auf den Stationen M 42 und 43 statt.

Aktuelle Forschungsschwerpunkte

Der Schwerpunkt der aktuellen Forschung liegt in der Weiterentwicklung der CAR-T-Zelltherapie – sowohl im optimalen Zusammenspiel mit der allogenen Stammzelltherapie als auch in der Ausweitung der Behandlungsindikationen von den Leukämien auf solide Tumoren. Solide Tumoren benötigen andere Zielstrukturen für die CAR-T-Zellen als Leukämiezellen und diese müssen in klinischen Studien validiert werden. „Ein weiteres wichtiges Ziel ist es, das Überleben der CAR-T-Zellen im für sie ungünstigen Milieu des Tumors sicherzustellen. Hierzu laufen Anstrengungen, den Stoffwechsel und die Langlebigkeit der T-Zellen zu optimieren und auf die Bedingungen im Tumor anzupassen“, erläutert Prof. Hudecek.

Klinische Studien sind das wichtigste Instrument, um die Sicherheit und Wirksamkeit von neuen Therapiekonzepten zu dokumentieren. Beispielsweise wurde kürzlich am UKW eine erste Studie bei Kindern und Jugendlichen mit Hirntumoren erfolgreich beendet, während vor wenigen Wochen die erste eigene CAR-T-Zellstudie des Würzburger Uniklinikums bei Erwachsenen mit soliden Tumoren und Lymphomen an den Start ging.

Wie fest das Thema Zelltherapie am UKW verankert ist, zeigt sich auch in der Einrichtung neuer Professuren und Arbeitsgruppen. So wurde mit Prof. Hudecek an der Medizinischen Klinik II ein Lehrstuhlinhaber für die Entwicklung neuer CAR-T-Zelltherapien berufen, während an der Kinderklinik eine Arbeitsgruppe für CAR-T-Zellen bei kindlichen soliden Tumoren neu eingerichtet und mit Dr. Ignazio Caruana international besetzt wurde. Die Anschubfinanzierung der AG leistete die Elterninitiative leukämie- und tumorkranker Kinder Würzburg e.V. 

„Mit der Summe dieser Entwicklungen ist sichergestellt, dass Patientinnen und Patienten aus der Region immer von den neuesten Therapiemöglichkeiten profitieren können“, fasst Prof. Eyrich zusammen.

 

Text: Pressestelle / UKW

Welche medizinischen Themen beschäftigen den Deutschen Ethikrat?

Gastreferent des 15. Ethiktags am Uniklinikum Würzburg war Dr. Josef Schuster. Als Mitglied des Deutschen Ethikrats gab er Einblicke in die Arbeit des Gremiums und positionierte sich zu vielen medizinischen Ethikfragen.

Dr. Josef Schuster
In seinem Vortrag umriss Dr. Josef Schuster die Struktur und die aktuellen Themen des Deutschen Ethikrats. Bild: Helmuth Ziegler / UKW
Dr. Josef Schuster und Andreas Jungbauer
In der Diskussion mit dem Auditorium und dem Moderator Andreas Jungbauer (rechts) nahm Dr. Josef Schuster Stellung zu zahlreichen weiteren ethischen Herausforderungen. Bild: Helmuth Ziegler / UKW
Prof. von Oertzen, Dr. Elisabeth Jentschke, Dr. Dr. Josef Schuster und Andreas Jungbauer
Von links: Prof. Dr. Tim von Oertzen (Ärztlicher Direktor des UKW), PD Dr. Elisabeth Jentschke (Leiterin des Klinischen Ethikkomitees des UKW), Dr. Dr. Josef Schuster (Mitglied des Deutschen Ethikrats) und Andreas Jungbauer (Moderator). Bild: Niko Natzschka

Würzburg. Das Klinische Ethikkomitee (KEK) des Uniklinikums Würzburg (UKW) organisiert einmal im Jahr seinen Ethiktag. Die diesjährige, 15. Neuauflage der öffentlichen Vortrags- und Diskussionsveranstaltung fand am 30. Juni 2025 statt. Rund 200 Teilnehmende kamen in den Hörsaal des Rudolf-Virchow-Zentrums auf dem Klinikumscampus an der Würzburger Josef-Schneider-Straße, um die Ausführungen von Dr. Dr. h.c. Josef Schuster als Mitglied des Deutschen Ethikrats zu hören. Im Zentrum standen dabei die medizinischen Themen, mit denen sich das bekannte Gremium aktuell beschäftigt – oder in der jüngeren Vergangenheit beschäftigt hat. 

Einleitend beschrieb Privatdozentin Dr. Elisabeth Jentschke die Aufgaben und die Struktur des von ihr geleiteten KEK. Dem unabhängigen Komitee gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verschiedener Berufsgruppen am UKW an. Auf Wunsch beraten sie bei ethischen Fragen in der Patientenversorgung und im Arbeitsalltag.

„Wo Medizin auf das Leben trifft, ist Ethik immer im Raum“, unterstrich Prof. Dr. Tim J. von Oertzen in seiner Begrüßungsansprache. Der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende des UKW fuhr fort: „Ethische Fragestellungen sind daher keine Randthemen, sondern integraler Bestandteil ärztlicher und pflegerischer Praxis – und werden es in Zukunft noch in viel höherem Maße sein. Nicht nur, weil die Möglichkeiten der modernen Medizin zunehmen, sondern auch, weil sich gesellschaftliche Vorstellungen von Krankheit, Gesundheit, Autonomie und Verantwortung verändern.“ 

Mediziner und Vertreter des jüdischen Glaubens

Der Deutsche Ethikrat gibt mit seinen Stellungnahmen und Empfehlungen Orientierung für Gesellschaft und Politik (siehe Kastentext). Dr. Josef Schuster (Jahrgang 1954) gehört der Einrichtung seit dem Jahr 2020 an. Der Würzburger Internist und Notarzt ist bundesweit bekannt als Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Er vertritt im Ethikrat nicht nur eine Perspektive als Mediziner, sondern fungiert auch als Vertreter des jüdischen Glaubens und dessen ethischen Vorstellungen. 

Kritischer Blick auf die Stellungnahme zur Corona-Pandemie

In seiner ersten Amtsperiode im Ethikrat zwischen 2020 und 2024 zählte die Corona-Pandemie zu den zentralen Themen. Dabei erarbeitete der Rat im Jahr 2020 eine mit über 300 Seiten ungewöhnlich umfangreiche Stellungnahme. „Damals wurden viele Perspektiven der Bundesregierung positiv bewertet“, berichtete Dr. Schuster in seinem Vortrag. Retrospektiv müsse man aber immer auch den damaligen Kenntnisstand berücksichtigen. „Wir wissen heute alle, dass einige der Dinge, die im Rahmen der Pandemie auch gesetzgeberisch veranlasst wurden, wohl deutlich über das Ziel hinausgeschossen sind“, unterstrich der Referent. Besonders überraschend und erschreckend sei für ihn persönlich in der Folge gewesen, wie sehr speziell die Jugendlichen psychisch unter Maßnahmen wie Home Schooling und Kontaktbeschränkungen gelitten hätten.

Eine weitere Stellungnahme seiner ersten Amtsperiode beschäftigte sich mit der Mensch-Maschine-Interaktion. Für Dr. Schuster war hier die entscheidende Aussage: Künstliche Intelligenz ist segensreich, aber das letzte Wort muss immer der Mensch haben.

Aktuell: Diskussion um Gestaltung und Finanzierung der Pflege

Im Januar 2025 entschied der Ethikrat, sich intensiv mit dem Wohl pflegebedürftiger Menschen und ihrer Pflegenden auseinanderzusetzen – sowohl in Heimen als auch in der häuslichen Pflege. „Dabei geht es zum einen um den Mangel an pflegenden Personen und zum anderen um Finanzierungsfragen“, schilderte Josef Schuster. Nach seinen Worten wird im Ethikrat aktuell sehr kontrovers diskutiert, wie man sich zu Vollzeitkräften in der häuslichen Pflege, die meist aus osteuropäischen Ländern kommen, stellen soll. „Kritiker sehen hier eine Form der Ausbeutung. Außerdem würden durch diese Praxis Menschen aus ihren Heimatländern abgezogen, in denen auch ein Pflegebedarf besteht“, so der Mediziner. Aus eigenen Beobachtungen heraus empfindet er dieses Modell für finanziell entsprechend Ausgestattete als sinnvoll und für die Pflegenden in der Regel als fair. Außerdem funktioniere die häusliche Pflege in den Herkunftsländern trotz der „Abwanderung“ in Länder wie Deutschland nach wie vor gut.

Das weitaus größere Problem ist für ihn die Finanzierung. Er rechnete vor: „Bei der 1995 gestarteten Pflegeversicherung lag der Beitrag für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bei 0,3 Prozent des Gehaltes. Inzwischen müssen drei Arbeitnehmer eine pflegende Person finanzieren und die Demographen sagen für 2040 ein Verhältnis 2:1 voraus. Das bedeutet, dass dann 5,3 Prozent des Gehalts erforderlich sind, in 2060 bei gleichen Voraussetzungen wie heute 8,5 Prozent. Das ist ein Problem, um dessen Lösung ich die Politik nicht beneide.“ Der Ethikrat werde sich in den kommenden Wochen und Monaten damit befassen, wie das Ganze vielleicht auf bessere, gesündere Füße gestellt werden könne.

Persönliche Standpunkte zu vielen weiteren Themen

In der auf seinen Vortrag folgenden Diskussion mit dem Moderator Andreas Jungbauer und dem Auditorium wurden Standpunkte des Experten zu vielen weiteren ethischen Herausforderungen abgefragt. Hier einige Beispiele:

Bei der Organspende würde Dr. Schuster die Widerspruchslösung mitgehen. Er wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die jüdische Ethik mittlerweile Organspende erlaubt.

Was das Problem der zukünftigen Finanzierbarkeit medizinischer Leistungen angeht, sagte das Ethikrat-Mitglied: „Nicht alles, was gut tut, wird finanzierbar bleiben. Man muss das aktuelle Leistungsspektrum kritisch hinterfragen, was ist im wahrsten Sinne des Wortes lebenswichtig und was zwar das Wohlbefinden steigert und vielleicht nicht lebenswichtig ist.“ Dem zum Beispiel in Großbritannien verfolgten Konzept, das Lebensalter als Kriterium für die Verfügbarkeit bestimmter medizinischen Versorgungsleistungen wie künstliche Hüftgelenke heranzuziehen, erteilte Dr. Schuster eine klare Absage.

Auch beim ärztlich assistierten Suizid hat Dr. Schuster im Einklang mit der jüdischen Ethik eine eindeutige Haltung: Es steht dem Menschen nicht zu, das Leben zu beenden – egal wie, egal mit welchen Maßnahmen. In diesem Zusammenhang bedankte sich Dr. Elisabeth Jentschke für ein entsprechendes Positionspapier des Deutschen Ethikrats. „Es darf nicht sein, dass sich Menschen, die glauben, gesellschaftlich nichts mehr wert zu sein, subtil zum ärztlich assistierten Suizid gedrängt fühlen“, betonte die Leiterin des KEK.

Hohe Anerkennung für die Arbeit des Klinischen Ethikkomitees

Auf die Frage, wie er insgesamt die Bedeutung der Arbeit des Deutschen Ethikrats beurteile, sprach Dr. Schuster von seiner Empfindung eines eher mäßigen Einflusses des Gremiums – insbesondere auf die Politik. Im Vergleich schätzte er die Wirksamkeit eines Klinischen Ethikkomitees als bedeutend höher ein: „Hier geht es um konkrete Fragen, die sich im Klinikalltag ergeben. Die Bedeutung des KEK wird vor dem Hintergrund der steigenden medizinischen Möglichkeiten weiter steigen.“

Über den Deutschen Ethikrat

Bei seinem Vortrag auf dem Ethiktag gab Dr. Schuster auch einen Überblick über die Struktur des Deutschen Ethikrates. Die Rechtsgrundlage des im Jahr 2007 eingerichteten Gremiums bildet das deutsche Ethikratgesetz. Laut Definition verfolgt der Ethikrat die ethischen, gesellschaftlichen, naturwissenschaftlichen, medizinischen und rechtlichen Fragen sowie die voraussichtlichen Folgen für Individuum und Gesellschaft, die sich im Zusammenhang mit der Forschung und den Entwicklungen insbesondere auf dem Gebiet der Lebenswissenschaften und ihrer Anwendung auf den Menschen ergeben. Zu seinen Aufgaben gehören insbesondere: 

  • die Information der Öffentlichkeit und die Förderung der Diskussion in der Gesellschaft unter Einbeziehung der verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen,
  • die Erarbeitung von Stellungnahmen sowie von Empfehlungen für politisches und gesetzgeberisches Handeln,
  • die Zusammenarbeit mit nationalen Ethikräten und vergleichbaren Einrichtungen anderer Staaten und internationaler Organisationen.

Seine Mitglieder werden von der Bundesregierung und dem Bundesrat vorgeschlagen. Die endgültige Berufung erfolgt durch die Präsidentin oder den Präsidenten des Bundestages. Aktuell hat der Deutsche Ethikrat 25 Mitglieder.

Bei seiner Themenwahl gibt es zwei Wege: Zum einen kann die Bundesregierung den Ethikrat offiziell mit der Bearbeitung eines bestimmten Themas beauftragen. Zum anderen kann der Ethikrat auch eigenständig Themen aufgreifen, die er für gesellschaftlich relevant oder ethisch herausfordernd hält.

Über das Klinische Ethikkomitee

Das Klinische Ethikkomitee (KEK) ist ein unabhängiges Gremium aus Mitarbeitenden verschiedener Berufsgruppen am UKW. Es unterstützt die Klinikumsbeschäftigten in Form von Einzel- oder Gruppenberatungen bei moralischen Fragen und Herausforderungen, die sich bei der Versorgung von Patientinnen und Patienten ergeben. Darüber hinaus führt das KEK Fortbildungen zu wichtigen ethischen Themen für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Klinikums durch. Im Konsens mit den Ansprechpersonen der Kliniken werden Handlungsempfehlungen für häufige ethische Fragen erarbeitet. 

 

Text: Pressestelle / UKW

Dr. Josef Schuster
In seinem Vortrag umriss Dr. Josef Schuster die Struktur und die aktuellen Themen des Deutschen Ethikrats. Bild: Helmuth Ziegler / UKW
Dr. Josef Schuster und Andreas Jungbauer
In der Diskussion mit dem Auditorium und dem Moderator Andreas Jungbauer (rechts) nahm Dr. Josef Schuster Stellung zu zahlreichen weiteren ethischen Herausforderungen. Bild: Helmuth Ziegler / UKW
Prof. von Oertzen, Dr. Elisabeth Jentschke, Dr. Dr. Josef Schuster und Andreas Jungbauer
Von links: Prof. Dr. Tim von Oertzen (Ärztlicher Direktor des UKW), PD Dr. Elisabeth Jentschke (Leiterin des Klinischen Ethikkomitees des UKW), Dr. Dr. Josef Schuster (Mitglied des Deutschen Ethikrats) und Andreas Jungbauer (Moderator). Bild: Niko Natzschka

klinikum & wir erschienen: Was macht Pflege aus?

Das Top-Thema der Ausgabe 2/2025 des Magazins klinikum & wir widmet sich dem aktuellen Projekt „Pflege, weil ich’s kann“ des Uniklinikums Würzburg. Die Kampagne geht neue Wege, um die Wahrnehmung des Pflegeberufs zu gestalten – nach innen und außen.

Titelbild des Magazins
Das Top-Thema „Pflege, weil ich’s kann“ auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe des Magazins klinikum & wir.

Würzburg. Was macht Pflege aus? Wie sehen die Pflegekräfte ihre Tätigkeit? Und wie wollen sie von der Öffentlichkeit wahrgenommen werden?

Um Fragen wie diese geht es bei „Pflege, weil ich’s kann“, einem neuen Projekt am Uniklinikum Würzburg (UKW). klinikum & wir, das Magazin der Würzburger Universitätsmedizin, beschreibt im Top-Thema seiner gerade erschienenen Ausgabe 2/2025 die Hintergründe, die Ziele sowie die bisherigen Maßnahmen der Kampagne.

Außerdem blickt die 40-seitige Publikation auf die wichtigsten Forschungsergebnisse, Auszeichnungen, Personalmeldungen sowie sonstigen Ereignisse des letzten Quartals am UKW zurück – und macht auf kommende Veranstaltungen aufmerksam. 

Neben den gedruckten Exemplaren, die an vielen öffentlich zugänglichen Stellen am Klinikum zum Mitnehmen ausliegen, gibt es klinikum & wir sowie unser Magazin UNI.KLINIK auch als Webmagazin unter www.ukw.de/medien-kontakt/presse/magazine.

Text: Pressestelle / UKW

Titelbild des Magazins
Das Top-Thema „Pflege, weil ich’s kann“ auf der Titelseite der aktuellen Ausgabe des Magazins klinikum & wir.

500.000 Euro für die Erforschung eines neuen Therapieansatzes gegen Alzheimer

Michael Briese und Michael Sendtner vom Institut für Klinische Neurobiologie des Uniklinikums Würzburg haben einen neuen Mechanismus entdeckt, der die Bildung schädlicher Tau-Ablagerungen in den langen Fortsätzen der Nervenzellen im Gehirn verhindern könnte. Diese Akkumulationen sind ein zentraler Faktor bei Alzheimer und anderen neurodegenerativen Erkrankungen. Im Mittelpunkt steht das RNA-bindende Protein hnRNP R, das eine Art Transporthelfer für die genetische Information des Tau-Proteins ist. Es befördert die Tau-mRNA gezielt in die Axone. Durch die Hemmung von hnRNP R könnte das Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung aufgehalten werden. Für die Weiterentwicklung dieses vielversprechenden Therapieansatzes erhielt das Team den mit 500.000 Euro dotierten m4 Award des Bayerischen Wirtschaftsministeriums.

Die Preisträger mit Organisatorinnen und Staatssekretär auf der Bühne - davor sind Würfel mit Buchstaben m4 award
Verleihung des m4 Awards an das Würzburger Institut für Klinische Neurobiologie, v.l.n.r.: Dr. Petra Burgstaller (BioM), Dr. Thorsten Zacher (SFT), Prof. Dr. Michael Sendtner (UKW), Dr. Michael Briese (UKW), Christina Enke Stolle (BioM) und Tobias Gotthardt, Staatssekretär im Bayerischen Wirtschaftsministerium © BioM / Bert Willer

Würzburg. Alzheimer ist die häufigste Ursache von Demenz und zählt zu den größten Gesundheitsherausforderungen unserer Zeit. Bei dieser neurodegenerativen Erkrankung sterben Nervenzellen im Gehirn fortschreitend ab. Bislang konzentrierte sich die Alzheimer-Forschung vorwiegend auf die Amyloid-Plaques, die ein typisches Kennzeichen der Erkrankung sind. Die Wirksamkeit von Medikamenten, welche die Plaques reduzieren, ist jedoch umstritten. Daher fokussieren sich immer mehr Forscherinnen und Forscher auf das Tau-Protein, das nicht nur bei Alzheimer, sondern auch bei anderen neurodegenerativen Erkrankungen wie der Frontotemporalen Demenz (FTD) und der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) verändert ist.

Hier ist das Institut für Klinische Neurobiologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) nun einen wichtigen Schritt in der Forschung weitergekommen. Prof. Dr. Michael Sendtner, Privatdozent Dr. Michael Briese, Dr. Abdolhossein Zare und Dr. Saeede Salehi haben einen Schlüsselmechanismus zur Verhinderung schädlicher Tau-Ablagerungen im Gehirn entdeckt (bioRxiv - Preprint).

Mit 500.000 Euro dotierter „m4 Award” für Forschungsprojekte mit Ausgründungspotential

Dass eine Weiterentwicklung dieses Forschungsansatzes beträchtliches Potential für die Behandlung von Alzheimer hat, sieht auch das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie. Staatssekretär Tobias Gotthardt und Prof. Dr. Ralf Huss, Geschäftsführer der BioM Biotech Cluster Development GmbH, überreichten am 2. Juli im Rahmen der Konferenz „BayOConnect” in München den mit 500.000 Euro dotierten „m4 Award” an die Arbeitsgruppe von Michael Briese und Michael Sendtner.
Der Preis richtet sich an akademische Forschungsprojekte mit Ausgründungspotenzial im Bereich der Biomedizin und wird alle zwei Jahre an fünf Teams vergeben. Mit der Förderung soll die Fähigkeit zu einer Anschlussfinanzierung erreicht werden. Alle ausgezeichneten Projekte erhalten zudem eine intensive Projektbegleitung auf dem Weg zur Unternehmensgründung.

Tau-Proteine stabilisieren das Zytoskelett, akkumulieren jedoch bei Alzheimer in den Axonen und führen so zum Absterben der Nervenzellen

Doch was sind Tau-Proteine eigentlich? Die Preisträger klären auf: „Tau-Proteine stabilisieren normalerweise die Struktur von Nervenzellen, das sogenannte Zytoskelett. Bei der Alzheimer-Krankheit aggregiert das Tau-Protein jedoch in den langen Fortsätzen, den Axonen, wodurch der intrazelluläre Transport und somit die Zellfunktion gestört werden. Die Nervenzellen sterben nach und nach ab, was sich bei den Betroffenen durch Gedächtnisprobleme, Orientierungslosigkeit und später durch starke kognitive Beeinträchtigungen bemerkbar macht“, erläutert Michael Briese. Der Naturwissenschaftler bringt seine Expertise in der RNA-Forschung seit 2012 in die Projekte zu neurodegenerativen Erkrankungen am UKW ein. Er studierte in Großbritannien, promovierte bei David Sattelle an der University of Oxford (MRC Functional Genetics Unit) und arbeitete anschließend als Postdoc bei Jernej Ule am Medical Research Council (MRC) Laboratory of Molecular Biology in Cambridge.

Warum also Tau nicht komplett blockieren? „Weil es in den Dendriten benötigt wird, zumindest stärker als in den Axonen“, erklärt Michael Sendtner. Der Humanmediziner leitete von 1994 bis 1999 die Klinische Forschergruppe „Neurobiologie“ am UKW, war von 2000 bis 2012 Sprecher des Sonderforschungsbereichs 581 „Molekulare Modelle für Erkrankungen des Nervensystems“ und ist seit der Jahrtausendwende Direktor des Instituts für Klinische Neurobiologie. Im Gegensatz zu den Axonen, welche die Informationen vom Zellkörper weg zu anderen Nervenzellen oder Muskeln leiten, empfangen die kürzeren, stark verästelten und baumartig aufgebauten Dendriten die Informationen von anderen Nervenzellen und leiten sie zum Zellkörper weiter. „Würde man Tau auch in den Dendriten reduzieren, ginge es dem Behandelten genauso schlecht wie bei Alzheimer: Die Person kann nicht mehr klar denken und sich nicht mehr orientieren“, schildert Sendtner.

hnRNP R hilft dabei, die Tau-mRNA in das Axon der Nervenzelle zu transportieren

Man muss also verhindern, dass die Tau-mRNA, also der Bauplan für das Tau-Protein, aus dem Zellkern zum Axon kommt und gewährleisten, dass der Transport zum Dendrit ungehindert läuft. Michael Sendtner zieht zur Veranschaulichung der Transportblockade zum Axon das Beispiel einer Buslinie heran. Die eine Linie geht vom Zellkern zum Dendrit, die andere Buslinie zum Axon. Während Tau zum Dendrit freie Fahrt hat, wird dem Protein der Einstieg in den Bus zum Axon verwehrt. 
Die Forscher schauten sich den Mechanismus genauer an. Eine Zufallsbeobachtung von Michael Briese führte schließlich zur bahnbrechenden Erkenntnis, dass das Protein hnRNP R der zentrale Transporter, also die Buslinie für die Tau-Baupläne zu den Axonen ist.

hnRNP R gehört zur Familie der heterogenen nukleären Ribonukleoproteine (hnRNP), die an RNA binden und eine wichtige Rolle bei der Verarbeitung der Erbinformationen im Zellkern spielen. „Wir haben beobachtet, dass sich hnRNP R an einen bestimmten Abschnitt der Tau-mRNA, den sogenannten 3'-UTR, anhängt. Weitere Untersuchungen an kultivierten Neuronen, in denen dieses Protein fehlt, zeigten, dass die Menge des Tau-Proteins spezifisch in den Axonen reduziert ist“, berichtet Briese.

Antisense-Oligonukleotide blockieren den Transportprozess und verhindern Bildung von Tau-Aggregaten im Axon, wodurch das Fortschreiten der Erkrankung gestoppt wird

Aus Neugier haben die Forscher sogenannte Antisense-Oligonukleotide (ASOs) entworfen, mit dem das Tau-Protein zielgenau in den Axonen reduziert werden kann. Bei ASOs handelt es sich um kurze (oligo), künstlich hergestellte Stränge aus DNA- oder RNA-Bausteinen (Nukleotide), die entgegengesetzt zur Leserichtung (antisense) der natürlichen mRNA sind. Sie binden sich komplementär an die mRNA, um diese zu blockieren. 
Und siehe da: In den Zellkulturen hatten die ASOs einen „umwerfenden Effekt“, so Sendtner. Sie verhinderten die Bindung der Tau-mRNA an hnRNP R, sodass weniger Tau-mRNA in die Axone gelangt. Mit finanzieller Unterstützung der Stiftung VERUM testeten sie die ASOs in Mausmodellen. Auch hier waren die Effekte umwerfend. „Unser Wirkstoff konnte das Fortschreiten der Alzheimer-Erkrankung stoppen“, freut sich Michael Briese über diese Entdeckung. Sie stellt einen Meilenstein in der Karriere des Grundlagenwissenschaftlers dar.

Potential für einen klinischen Wirkstoff

Wenn ein ASO, das ursprünglich nur als Proof of Principle gedacht war, derart massive Effekte hatte, wie sehen diese dann nach einer Optimierung zum echten Medikamentenkandidaten in weiteren Mausmodellen und später bei Patientinnen und Patienten aus? Besteht vielleicht sogar die Chance, dass sich die eine oder andere Funktion verbessert, wenn die Krankheit nicht mehr fortschreitet und regenerative Prozesse angestoßen werden? 
Die Forscher wandten sich an das Servicezentrum Forschung und Technologietransfer (SFT) der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Dieses half ihnen nicht nur bei der Patentanmeldung, sondern legte ihnen auch eine Bewerbung beim Vorgründungswettbewerb „m4 Award” nahe. Sendtner: „Für die optimale und hochprofessionelle Betreuung und Begleitung durch das SFT, insbesondere durch Dr. Iris Zwirner-Baier, Leiterin des Servicezentrums InterNationalTransfer, Erfinderberaterin und Patentmanagerin, sowie durch den Innovations-Scout Thorsten Zacher, möchten wir uns ganz herzlich bedanken. Ohne sie wären wir nicht da, wo wir jetzt sind.“ Und zwar im Forschungsprojekt mit dem Namen „blockALZ/MAPT-ASO – Blockade der axonalen Tau-Synthese als neuer Therapieansatz für die Behandlung der Alzheimer-Erkrankung“. 

Der neu entwickelte Wirkstoff mit Potential zur Medikamentenentwicklung soll zunächst in Zellkulturen und später in einem Mausmodell getestet werden. Das unmittelbare Ziel der Ausgründung wäre das präklinische Testen und die Weiterentwicklung der Wirkstoffkandidaten bis hin zur klinischen Studie. „Wenn sich ähnlich gute Effekte zeigen, dann ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, dass das Medikament auch beim Menschen anschlägt“, sagt Michael Sendtner. „Unser Therapieansatz ist nicht nur für die Alzheimer-Erkrankung, sondern auch für andere Tauopathien wie die frontotemporale Demenz relevant.“

Bevor die Forscher jedoch auf die Suche nach Investoren gehen, um das Medikament bis zur Marktreife weiterzuentwickeln, suchen sie noch eine Postdoktorandin oder einen Postdoktoranden mit Erfahrung im Bereich Stammzellen für die Kultivierung von humanen Neuronen. Bewerbungen gern an Michael Briese (Briese_M@ ukw.de) oder Michael Sendtner (Sendtner_M@ ukw.de).
 

Die Preisträger mit Organisatorinnen und Staatssekretär auf der Bühne - davor sind Würfel mit Buchstaben m4 award
Verleihung des m4 Awards an das Würzburger Institut für Klinische Neurobiologie, v.l.n.r.: Dr. Petra Burgstaller (BioM), Dr. Thorsten Zacher (SFT), Prof. Dr. Michael Sendtner (UKW), Dr. Michael Briese (UKW), Christina Enke Stolle (BioM) und Tobias Gotthardt, Staatssekretär im Bayerischen Wirtschaftsministerium © BioM / Bert Willer

Stern-Klinikliste: Uniklinikum Würzburg in 31 Fachbereichen ausgezeichnet

Das Magazin Stern hat in seiner Klinikliste 2025/26 wieder die besten Kliniken und Fachabteilungen in Deutschland ermittelt. Dabei wurde das Uniklinikum Würzburg in 31 Bereichen ausgezeichnet – von Adipositaschirurgie bis Zahnmedizin.

Gebäude ZOM ZIM
Laut der Klinikliste 2025/26 des Magazins Stern liegt das Uniklinikum Würzburg unter „Deutschlands Top 100 Krankenhäuser“ auf Platz 15. Bild: Daniel Peter / UKW

Würzburg / Hamburg. Die Ende Juni dieses Jahres in einem Sonderheft des Magazins Stern veröffentlichte Klinikliste 2025/26 listet „Deutschlands Top 100 Krankenhäuser“ auf. Unter diesen findet sich erneut auch das Uniklinikum Würzburg (UKW). Die Stern-Redaktion ermittelte zusammen mit dem Rechercheinstitut MINQ, dass das unterfränkische Krankenhaus der Maximalversorgung in 31 von insgesamt 39 bewerteten Fachbereichen herausragende Leistungen erbringt. Im bayernweiten Vergleich liegt es damit auf Platz vier, bezogen auf die Bundesrepublik auf Platz 15.

Die Top-Bereiche des UKW

In folgenden Fachbereichen wurde das UKW ausgezeichnet (alphabetische Reihenfolge): Adipositaschirurgie, Angststörungen, Augenheilkunde, Beckentumore, Brustkrebs, Darmkrebs (zwei Mal), Depression, Gynäkologische Operationen, Handchirurgie, Hautkrankheiten, Hautkrebs, Herzchirurgie, Hirntumore, HNO, Interventionelle Kardiologie, Interventionelle Radiologie, Kinderchirurgie, Kreuzbandriss/Meniskus, Leukämie, Multiple Sklerose, Parkinson, Plastische Chirurgie, Prostatakrebs, Psychosomatik, Rhythmologie, Risikogeburten, Schilddrüsenchirurgie, Strahlentherapie, Urologie und Zahnkliniken (Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie). 

Text: Pressestelle / UKW

Gebäude ZOM ZIM
Laut der Klinikliste 2025/26 des Magazins Stern liegt das Uniklinikum Würzburg unter „Deutschlands Top 100 Krankenhäuser“ auf Platz 15. Bild: Daniel Peter / UKW

Wenn Leber und Galle die Knochen schwächen

Marie Schulze vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) erhielt für ihr Forschungsprojekt „Knochenstoffwechsel und Frakturrisiko bei primär biliärer Cholangitis” auf dem 21. HepNet-Symposium der Deutschen Leberstiftung am 27. Juni 2025 in Hannover ein Vernetzungs-Stipendium. Mit dem Preisgeld möchte die Assistenzärztin einen Forschungsaufenthalt im Universitätsspital Zürich in der Schweiz finanzieren. Ziel ist es, das pathophysiologische Verständnis zu vertiefen und eine individualisierte, geschlechtsspezifische Optimierung des Osteoporose-Screenings und der Therapieplanung zu ermöglichen.

Vernetzungs-Stipendium der Deutschen Leberstiftung 2025 – Urkundenverleihung auf dem 21. HepNet Symposium (v. l. n. r.): Prof. Dr. Andreas E. Kremer (Mitglied des Gutachterkomitees), Marie Schulze, Dr. Carina Jacobsen, Prof. Dr. Michael P. Manns (Vorstandsvorsitzender der Deutschen Leberstiftung), Quelle: Deutsche Leberstiftung

Würzburg. Marie Schulze konzentriert sich in ihrer Forschung auf die primäre biliäre Cholangitis (PBC). Dabei handelt es sich um eine chronisch-entzündliche, autoimmunbedingte Lebererkrankung, bei der die kleinen Gallengänge innerhalb der Leber allmählich zerstört werden. Dies führt zu einer chronischen Cholestase, also einem Rückstau von Gallenflüssigkeit. Typische Symptome sind Müdigkeit, Juckreiz und im späteren Verlauf eine Gelbfärbung der Haut. Unbehandelt kann PBC in eine Leberfibrose bis hin zur Zirrhose übergehen.
Zudem kann es bei PBC zu einer verminderten Knochendichte kommen. Die chronische Cholestase beeinträchtigt die Aufnahme fettlöslicher Vitamine wie Vitamin D, wodurch die Kalziumaufnahme reduziert wird und die Knochenmineralisierung gestört wird. Zusätzlich fördern chronische Entzündungsprozesse und hormonelle Veränderungen, insbesondere bei fortgeschrittener Lebererkrankung, den Knochenabbau.

Primäre biliäre Cholangitis (PBC) betrifft vor allem Frauen im mittleren Alter

„Da PBC vor allem Frauen mittleren Alters betrifft, die ohnehin ein erhöhtes Risiko für eine verminderte Knochendichte und Osteoporose haben, ist die Gefahr für einen Knochensubstanzverlust bei dieser Patientengruppe besonders hoch“, erklärt Marie Schulze. Präventive, therapeutische und Screening-Maßnahmen haben daher einen besonderen Stellenwert. Wann und wie solche Maßnahmen am besten durchgeführt werden können, will die Assistenzärztin in der Hepatologie am Uniklinikum Würzburg (UKW) in ihrem neuen Forschungsprojekt untersuchen. Dafür hat sie am 27. Juni 2025 auf dem 21. HepNet Symposium der Deutschen Leberstiftung in Hannover ein Vernetzungs-Stipendium erhalten.

Große Patientinnenkohorten am UKW und Universitätsspital Zürich

Ihre Forschung ist nämlich mit dem Universitätsspital Zürich (USZ) vernetzt. An beiden Einrichtungen, USZ und UKW, gibt es eine große Kohorte von Patientinnen mit PBC. Anhand dieser Kohorten möchte Marie Schulze den Einfluss der Grunderkrankung sowie der verschiedenen PBC-Therapien auf die Knochendichte und den Knochenstoffwechsel analysieren. Zur Therapie wird vor allem das Medikament Ursodesoxycholsäure (UDCA) eingesetzt, eine entzündungshemmende, natürlich vorkommende Gallensäure. „Für jeden Zweiten, der nicht auf UDCA ansprach, gab es bis vor kurzem noch keine guten Optionen“, sagt Prof. Dr. Andreas Geier, Leiter der Hepatologie am UKW. „Allerdings gab es hier vor einem halben Jahr mit der Zulassung der Peroxisome-Proliferator-Activated-Receptor-Agonisten (PPAR-Agonisten) für PBC einen Durchbruch.“ Der klinische Verlauf unter Therapie mit dieser Medikamentenklasse ist ebenfalls Teil des Forschungsprojekts.

Deutsche Leberstiftung unterstützt mit Vernetzungs-Stipendien zukunftsgerichtete, patientenzentrierte Leberforschung

Mit dem Stipendium der Deutschen Leberstiftung, welches die Übernahme der Reisekosten, der Unterkunft vor Ort sowie gegebenenfalls der Verbrauchsmittel in der gastgebenden Forschungseinrichtung umfasst, möchte Marie Schulze in Zürich an der Datenerfassung und -analyse mitarbeiten. Gefördert wird ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten.

Für das Vernetzungs-Stipendium der Deutschen Leberstiftung haben sich Forschende aus Medizin und Wissenschaft aus ganz Deutschland mit ihren Projekten beworben. Die Prüfung der Förderanträge erfolgte durch ein unabhängiges Gutachterkomitee. In diesem Jahr hat das Gutachterkomitee die Förderung von zwei Projekten beschlossen. Neben dem Projekt von Marie Schulz wird das Projekt „Identifying how HDV-specific CD8+ T-cell clonotypes contribute to viral clearance in an in vitro HBV/HDV infection system” von Dr. Carina Jacobsen von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) mit einem Forschungsaufenthalt am Universitätsklinikum Heidelberg gefördert.

„Die Vernetzungs-Stipendien der Deutschen Leberstiftung sind wichtige Fördermaßnahmen und stärken die interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit zwischen führenden hepatologischen Forschungszentren. Diese Stipendien bündeln komplementäre wissenschaftliche Kompetenzen und technische Ressourcen, um innovative Fragestellungen mit hoher klinischer Relevanz effizient und praxisnah zu bearbeiten“, beschreibt Prof. Dr. Andreas E. Kremer vom USZ die Bedeutung des Stipendiums und ergänzt: „Die mit dem Vernetzungs-Stipendium geförderten Projekte stehen exemplarisch für eine zukunftsgerichtete, patientenzentrierte Leberforschung, die sowohl die Grundlagenforschung als auch eine klinische Umsetzung im Blick hat.“

Neue Arbeitsgruppe „Biliäre Erkrankungen“ am UKW

Biliäre Erkrankungen, das heißt Krankheiten, die die Gallenwege, die Gallenblase und/oder die Gallensekretion in der Leber betreffen, nehmen weltweit zu. Gründe dafür sind die steigende Lebenserwartung, der zunehmende Anteil autoimmuner und entzündlicher Erkrankungen sowie der weltweite Anstieg von Übergewicht und Bewegungsmangel. All dies begünstigt insbesondere die Bildung von Gallensteinen. Zudem führen verbesserte Diagnostikverfahren dazu, dass diese Erkrankungen heute häufiger erkannt und dokumentiert werden als noch vor wenigen Jahrzehnten. Das UKW trägt diesem Anstieg Rechnung und gründete im vergangenen Jahr die neue Arbeitsgruppe „Biliäre Erkrankungen“, der auch Prof. Gerd Sauter, Oberarzt im Schwerpunkt Hepatologie, mit angehört.

Text: KL / Wissenschaftskommunikation
 

Schülerinnen und Schüler organisierten Infoveranstaltung zur Organspende

Marktbreit / Würzburg.  Das P-Seminar Biologie des Gymnasiums Marktbreit führte am 23. Juni dieses Jahres eine schulinterne Informationsveranstaltung rund um das Thema Organspende durch.
Als Expertin für die dazugehörige Gesprächsrunde luden die Schülerinnen und Schüler unter anderem Dr. Anna Laura Herzog ein.

Die Leiterin des Transplantationszentrums des Uniklinikums Würzburg zeigte sich im Anschluss begeistert von der durchdachten und gut organisierten Aktion: 

„Es ist aus vielen Gründen sinnvoll, dass sich schon Schülerinnen und Schüler fachlich fundiert mit der Organspende beschäftigen. So dürfen Jugendliche in Deutschland ab 14 Jahren der Organspende ausdrücklich widersprechen, ohne dass die Zustimmung der Eltern nötig ist. Mit Vollendung des 16. Lebensjahres dürfen sie vollkommen selbstständig ihre Bereitschaft zur Organspende erklären. Eine frühzeitige Auseinandersetzung ermöglicht es ihnen, sich bewusst, gut informiert und selbstbestimmt zu entscheiden.“ 

Außerdem besteht nach ihren Worten die Chance, dass die Schülerinnen und Schüler in der Folge solcher Veranstaltungen auch Gespräche in ihren Familien anregen. „Das ist wichtig, weil Angehörige im Ernstfall oft über die Spende entscheiden müssen – und viele nicht wissen, was die oder der Verstorbene gewollt hätte“, so Dr. Herzog.

Hier findet sich ein vom P-Seminar verfasster Bericht über die Veranstaltung: www.gymnasium-marktbreit.de/2025/06/plus-ein-leben