Aktuelle Pressemitteilungen

Babygesänge: Kathleen Wermke als Pionierin geehrt

KULTURPREIS DEUTSCHE SPRACHE: WÜRZBURGER ZENTRUM FÜR VORSPRACHLICHE ENTWICKLUNG UND ENTWICKLUNGSSTÖRUNGEN (ZVES) MIT INSTITUTIONENPREIS AUSGEZEICHNET

Prof. Dr. Kathleen Wermke erforscht seit Jahrzehnten das Weinen sowie die vorsprachlichen Lautäußerungen von Säuglingen und Kleinkindern auf fast allen Kontinenten. Ihre bahnbrechenden Erkenntnisse über Babylaute hat sie in dem Buch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ zusammengefasst. Das Sachbuch wurde Anfang 2025 in Österreich bereits zum besten Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie Medizin/Biologie gewählt. Nun nahm Kathleen Wermke bei der Verleihung des Kulturpreises Deutsche Sprache in Baden-Baden für ihr Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Uniklinikum Würzburg den Institutionenpreis entgegen.

 

Kathleen Wermke hält auf der Bühne die Urkunde, Helmut Glück die gläserne Trophäe
Prof. Dr. Kathleen Wermke vom Universitätsklinikum Würzburg erhielt für ihre Forschung im Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik den Institutionenpreis Deutsche Sprache, überreicht durch Prof. Dr. Helmut Glück, Mitglied der Jury. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Gruppenbild der Gewinner mit ihren Preisen und Laudatoren
Im Kurhaus Baden-Baden wurde zum 24. Mal der Kulturpreis Deutsche Sprache in drei Sparten verliehen: Vor 400 geladenen Gästen erhielt Hape Kerkeling den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis). Rechts neben ihm die Preisträgerinnen des Initiativpreises für ihr Projekt „Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen“, links Kathleen Wermke vom Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Universitätsklinikum Würzburg, die den Institutionenpreis erhielt. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Buchtitel mit schreiendem Baby
Das Buch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ von Kathleen Wermke (224 Seiten Hardcover, 13,5 x 21,5 cm. EUR 26,00. ISBN 978-3-222-15122-4 Molden Verlag) wurde in Österreich zum Wissenschaftsbuch in der Kategorie Medizin / Biologie gewählt. © Molden Verlag

Würzburg/Baden-Baden. Hape Kerkeling, der in diesem Jahr den Jacob-Grimme-Preis, den Hauptpreis des „Kulturpreises Deutsche Sprache“, erhielt, erinnerte gleich zu Beginn seiner Dankesrede in Baden-Baden an seine Mutter: „Sie hat mir die Liebe zur deutschen Sprache beigebracht. Sie ließ keine Pointe aus und zeigte mir, dass zur Sprache auch Lachen und Weinen gehören.“ Für ihn sei Sprache mehr als nur Bedeutung, sie sei Emotion. 

Für Prof. Dr. Kathleen Wermke, beginnt die Sprache sogar schon im Mutterleib. Kaum auf der Welt, imitieren Säuglinge die Sprachmelodie ihrer Mütter, um eine emotionale Bindung zu ihnen aufzubauen. Diese stimmlichen Botschaften sind laut Wermke wie ein Urgesang, aus dem sich die gesprochene Sprache entwickelt. Sie möchte daher Erwachsene, nicht nur Eltern, dazu anregen, Babys einfach mal zuzuhören, ihre stimmlichen Botschaften wertzuschätzen und zu akzeptieren, dass diese emotionale Sprache der Weg zur Sprache ist.

Weltweit einzigartige Datenbank von Babylauten

Kathleen Wermke wurde am 27. September 2025 neben Hape Kerkeling mit dem Kulturpreis Deutsche Sprache geehrt, und zwar in der undotierten Sparte „Institutionspreis“. Die Verhaltensbiologin und Anthroposophin leitet am Uniklinikum Würzburg (UKW) das 2003 in enger Kooperation mit der Kinderklinik, der Hals-Nasen-Ohren-Klinik und der Kinderneurochirurgie in der Poliklinik für Kieferorthopädie gegründete Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES). Im Laufe der Jahre ist dort eine weltweit einzigartige Datenbank von Babylauten entstanden. Mithilfe ihrer Daten ist es möglich, die normale Sprachentwicklung sowie Einflussfaktoren wie Fehlbildungen, Hörstörungen oder Umweltbedingungen zu analysieren, Entwicklungsstörungen frühzeitig zu erkennen und gezielte Fördermaßnahmen zu entwickeln. „Mittels der Sprach- und Stimmdiagnostik lässt sich eine Hörstörung bei Babys inzwischen sehr früh behandeln“, so Wermke. Über die mit dem Kulturpreis Deutsche Sprache und die damit verbundene Anerkennung freut sie sich sehr. Es sei nicht leicht, angesichts der aktuellen globalen Probleme in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. 

Pionierin und Grundlagenforscherin in einem Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik

„Als eine Pionierin in einem Forschungsfeld, das noch viele offene Fragen für uns parat hat“, ehrte sie Prof. Dr. Helmut Glück, Sprachwissenschaftler und Mitglied der Jury, in seiner Laudatio. „Wesentliche Fragen hat sie gestellt, einige davon hat sie beantwortet.“ Kathleen Wermke sei eine Grundlagenforscherin in einem Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik. „Sie hat herausgefunden, dass es zunächst einfache Tonkurven sind, die das Babyweinen charakterisieren, Tonkurven aus Melodien, Rhythmen, Lautstärken und Klangfarben.“ Und sie habe zeigen können, dass sich diese Grundbausteine in Abhängigkeit davon unterscheiden, welche Sprache die Mutter während der Schwangerschaft gesprochen oder ob sie ein Instrument gespielt habe. Auch der Frage, ob man vom Babyweinen auf Entwicklungsstörungen im Gehirn des Babys schließen kann, sei sie nachgegangen.

Nach Sachbuch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ folgt Fachbuch

Der Kulturpreis Deutsche Sprache ist bereits die zweite Ehrung für Kathleen Wermke in diesem Jahr. Im Februar 2025 wurde ihr Sachbuch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ (Molden Verlag) zum besten Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie Medizin/Biologie gewählt. In dem Buch nimmt sie ihre Leserinnen und Leser auf über 200 Seiten unterhaltsam und fundiert mit zahlreichen Hörbeispielen in die geheimnisvolle Klangwelt der Babys mit. Derzeit arbeitet sie mit Unterstützung der Carl Friedrich von Siemens Stiftung an einem Fachbuch, in dem sie ihre Theorien zur vorsprachlichen Entwicklung sowohl mit modernen Konzepten zur Sprachrevolution als auch mit ihren klinischen Erfahrungen verbindet. 

Zum Kulturpreis Deutsche Sprache

Der Kulturpreis Deutsche Sprache wird von der Eberhard-Schöck-Stiftung gemeinsam mit der renommierten Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in drei Sparten verliehen. Ausgezeichnet werden seit 2001 alljährlich Personen, Institutionen und Initiativen, die sich in besonderem Maße um die deutsche Sprache verdient gemacht haben. Der Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis) ging bisher an bekannte Persönlichkeiten wie die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, Udo Lindenberg, Cornelia Funke, Loriot, Ulrich Tukur oder die Fantastischen Vier.

Am Samstag wurde in Baden-Baden zum 24. Mal der Kulturpreis Deutsche Sprache in drei Kategorien verliehen. Vor 400 geladenen Gästen erhielt Hape Kerkeling den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis). Ausgezeichnet wurden außerdem das Projekt „Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen“ von Nina Thielicke und Christine Wagner (Initiativpreis) sowie das von Kathleen Wermke geleitete Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Universitätsklinikum Würzburg (Institutionenpreis).

Kathleen Wermke hält auf der Bühne die Urkunde, Helmut Glück die gläserne Trophäe
Prof. Dr. Kathleen Wermke vom Universitätsklinikum Würzburg erhielt für ihre Forschung im Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik den Institutionenpreis Deutsche Sprache, überreicht durch Prof. Dr. Helmut Glück, Mitglied der Jury. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Gruppenbild der Gewinner mit ihren Preisen und Laudatoren
Im Kurhaus Baden-Baden wurde zum 24. Mal der Kulturpreis Deutsche Sprache in drei Sparten verliehen: Vor 400 geladenen Gästen erhielt Hape Kerkeling den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis). Rechts neben ihm die Preisträgerinnen des Initiativpreises für ihr Projekt „Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen“, links Kathleen Wermke vom Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Universitätsklinikum Würzburg, die den Institutionenpreis erhielt. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Buchtitel mit schreiendem Baby
Das Buch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ von Kathleen Wermke (224 Seiten Hardcover, 13,5 x 21,5 cm. EUR 26,00. ISBN 978-3-222-15122-4 Molden Verlag) wurde in Österreich zum Wissenschaftsbuch in der Kategorie Medizin / Biologie gewählt. © Molden Verlag

Würzburger Forscher auf Internationalem Myelom-Kongress in Toronto ausgezeichnet

Das Myelomzentrum der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) durfte sich auf dem Jahreskongress der International Myeloma Society (IMS) in Toronto, Kanada, über zwei Auszeichnungen freuen. Am 19. September 2025 wurde Doktorand Max Köppel beim President´s Dinner für seine Promotionsarbeit über die Entstehung von Sekundärleukämien nach CAR-T-Zelltherapien mit dem Young Investigator Award ausgezeichnet. Die Arbeit von Oberarzt Dr. Torsten Steinbrunn zu zielgerichteten Krebstherapien wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” gewürdigt.

Die beiden ausgezeichneten Herren stehen auf der Bühne, im Hintergrund vor schwarzer Gardine ein Monitor mit der allgemeinen Kongress-Folie, Max Köppel hält eine eingerahmte Urkunde in den Händen
Max Köppel (rechts) erhielt auf dem Jahreskongress der International Myeloma Society (IMS) in Toronto den Young Investigator Award. Die Arbeit von Dr. Torsten Steinbrunn wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” ausgezeichnet. © Collage aus Bildern von Lisa Leypoldt und IMS/Todd Buchanan

Würzburg. Beim 22. Jahrestreffen der International Myeloma Society (IMS), das im September 2025 in Toronto stattfand, diskutierten führende internationale Expertinnen und Experten neueste Erkenntnisse zur Früherkennung, Risikostratifizierung und Behandlung des Multiplen Myeloms. Das Multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks, bei der sich Plasmazellen, also Antikörper produzierende Zellen des Immunsystems, unkontrolliert vermehren. Die Erkrankung führt zu Knochenabbau, Blutbildveränderungen und einer geschwächten Immunabwehr. Sie zählt zu den zweithäufigsten Blutkrebserkrankungen. Die Medizinische Klinik II hat das Multiple Myelom zu einem ihrer zentralen Forschungsschwerpunkte gemacht und das Würzburger Myelomzentrum ist eines der europaweit führenden Zentren für die Behandlung dieser Erkrankung. 

Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Sekundärleukämien als seltene Nebenwirkung von CAR-T-Zelltherapien

In Toronto fanden die Arbeiten zweier Forscher besondere Beachtung. Max Köppel, Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Dr. Johannes Waldschmidt, erhielt beim President’s Dinner den „Young Investigator Award“ für seine Arbeit über die Entstehung von Sekundärleukämien nach CAR-T-Zelltherapien. In seiner von der José Carreras Leukämie-Stiftung geförderten Promotionsarbeit konnte Köppel nachweisen, dass Chemotherapien in früheren Behandlungslinien eine Selektion von Stammzellklonen mit onkogenen Driver-Mutationen bewirken können. Diese Mutationen werden möglicherweise durch einen anschließenden CAR-T-vermittelten Entzündungszustand in ihrer Entwicklung weiter beschleunigt, was nachfolgend zur Entstehung von Sekundärleukämien führen kann. 

RAS-Inhibitoren sind vielversprechender Ansatz für neue zielgerichtete Krebstherapien

Dr. Torsten Steinbrunn verfolgt einen weiteren Behandlungsansatz mit RAS-Inhibitoren. Der Hämato-Onkologe konnte zeigen, dass die Myelomerkrankung häufig durch onkogene Mutationen des RAS-Proteins vorangetrieben wird. RAS-Proteine sind an der Zellteilung und an der Tumorentwicklung beteiligt, sodass Mutationen in deren Genen das unkontrollierte Wachstum von Krebszellen begünstigen können. Mithilfe neuartiger kleiner Moleküle ist es nach langer Zeit nun erstmals möglich, diese RAS-Proteine direkt pharmakologisch auszuschalten und somit das Wachstum der Krebszellen spezifisch zu bremsen. Steinbrunns präklinische Ergebnisse sind vielversprechende Ansätze für eine personalisierte Behandlungsstrategie. RAS-Inhibitoren könnten in künftigen klinischen Studien ergänzend oder alternativ zu Immuntherapien eingesetzt werden. Seine Arbeit zu dieser neuen zielgerichteten Krebstherapie wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” ausgezeichnet.

Zu den Arbeiten in „Clinical Lymphoma, Myeloma & Leukemia - The Abstract from International Myeloma Society 22nd Annual Meeting and Exposition, 17-20 September 2025 • Toronto, Canada”:

Max Köppel, Johannes Waldschmidt, Umair Munawar, Shilpa Kurian, Manja Meggendorfer, Marietta Truger, Silvia Nerreter, Seungbin Han, Christina Verbruggen, Emma Besant, Nina Rein, Johanna Lehmann, Torsten Steinbrunn, Wing Cheung, Dominic Grün, Konstantin Matjusinski, Mikko Myllymaki, Satu Mustjoki, Michael Hudecek, Hermann Einsele, Leo Rasche, Martin Kortüm. PA-047 - Melphalan-Induced Enrichment of TP53-Mutant CHIP as a Risk Factor for Subsequent CAR-T Related Myeloid Neoplasms in Multiple Myeloma. Clinical Lymphoma Myeloma and Leukemia, Volume 25, Supplement 2, 2025, Pages S71-S72, ISSN 2152-2650, https://doi.org/10.1016/S2152-2650(25)03514-1

Torsten Steinbrunn, Ryosuke Shirasaki, Olga Dashevsky, Huihui Tang, Brian Glassner, Shizuka Yamano, Oliver Bohorquez, Ricardo de Matos Simoes, Hermann Einsele, Constantine Mitsiades. PA-319 - Preclinical Activity of Pharmacological Inhibitors Targeting KRAS and pan-RAS in Multiple Myeloma. Clinical Lymphoma Myeloma and Leukemia. Volume 25, Supplement 2, 2025, Page S228, ISSN 2152-2650, https://doi.org/10.1016/S2152-2650(25)03782-6 

Einen ausführlichen Bericht über die Promotionsarbeit von Max Köppel finden Sie hier: 
Universitätsklinikum Würzburg: Exzellenter wissenschaftlicher Nachwuchs für die Blutkrebsforschung

Die beiden ausgezeichneten Herren stehen auf der Bühne, im Hintergrund vor schwarzer Gardine ein Monitor mit der allgemeinen Kongress-Folie, Max Köppel hält eine eingerahmte Urkunde in den Händen
Max Köppel (rechts) erhielt auf dem Jahreskongress der International Myeloma Society (IMS) in Toronto den Young Investigator Award. Die Arbeit von Dr. Torsten Steinbrunn wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” ausgezeichnet. © Collage aus Bildern von Lisa Leypoldt und IMS/Todd Buchanan

Eiserne Schlüssel zum Tod von Krebszellen

Dr. Hariharan Moorthy untersucht eine spezielle Form des Zelltods, die innovative Krebstherapien ermöglichen könnte. Er ist mit einem Alexander von Humboldt-Stipendium am Rudolf-Virchow-Zentrum der Uni Würzburg zu Gast.

Hariharan Moorthys Expertise liegt in der Ferroptose – also einer speziellen Form des Zelltods. (Bild: Martin Brandstätter / Universität Würzburg)
Hariharan Moorthys Expertise liegt in der Ferroptose – also einer speziellen Form des Zelltods. (Bild: Martin Brandstätter / Universität Würzburg)

„Die Zellbiologie gibt uns die Chance, das Leben auf seiner fundamentalsten Ebene zu verstehen. Die Chemie ermöglicht es uns, diese Prozesse zu manipulieren. Die Schnittmenge aus den beiden Fächern eröffnet in der chemischen Biologie völlig neue Wege, Biologie zu gestalten.“ Das fasziniert Dr. Hariharan Moorthy an dem Fach. Für ihn fühle es sich an, wie das Lösen eines Rätsels, bei dem jeder Hinweis zu besseren Behandlungsmethoden führen kann – insbesondere bei chronischen Krankheiten wie Krebs.

Seit April 2025 forscht Moorthy in der Arbeitsgruppe von José Pedro Friedmann Angeli, Professor für Translationale Zellbiologie. Nun verlängert sich sein Aufenthalt um zwei weitere Jahre durch ein Stipendium der Alexander von Humboldt-Stiftung. Neben Friedmann Angeli ist auch Hermann Schindelin, Professor für Biochemie und Strukturbiologie, Gastgeber. Beide Professoren arbeiten am Rudolf-Virchow-Zentrum – Center for Integrative and Translational Bioimaging der Julius-Maximilians-Universität Würzburg.

Ferroptose: Den Selbstzerstörungsschalter von Krebszellen aktivieren

Die Arbeitsgruppe des Zellbiologie-Professors beschäftigt sich mit der Ferroptose. Diese spezielle Form des Zelltods entsteht durch die Anhäufung oxidierter Lipide – darunter versteht man wasserunlösliche Moleküle wie beispielsweise Fette. Sie wird mit vielen krankhaften Zuständen in Verbindung gebracht – unter anderem mit Krebs und Neurodegeneration. Einen gezielten Zelltod in Tumoren herbeizuführen und somit das Potenzial für neue Krebstherapien zu schaffen, ist das Ziel der Arbeitsgruppe.

Die Aufgabe des Humboldt-Stipendiaten liegt darin, die Proteine zu identifizieren, die für die Ferroptose verantwortlich sind. „Man kann sich Ferroptose als das eingebaute Selbstzerstörungsprogramm der Zelle vorstellen. Unser Ziel ist es, herauszufinden, welche Proteine als ‚Sicherheitsschalter‘ fungieren, die dieses Programm daran hindern, abzulaufen“, so der Stipendiat. Sobald eine Karte dieser Regulatoren vorliege, ließe sich untersuchen, wie man sie gezielt ausschalten kann.

Präzisere und wirksamere Krebstherapien entwickeln

Daraus will das Team eine „Karte“ potenzieller Wirkstoffziele erstellen – ähnlich wie beim Aufspüren von Schwachstellen im Abwehrsystem von Krebs. Dieses grundlegende Wissen kann als Leitfaden für die zukünftige Krebsforschung und Wirkstoffentwicklung dienen, mit dem langfristigen Ziel, präzisere und wirksamere Therapien zu entwickeln.

So ließen sich sogar hartnäckige Tumorzellen bekämpfen, die resistent gegen Arzneimittel sind. „Dr. Moorthy bringt einen ausgeprägten chemischen Ansatz in unsere Ferroptose-Forschung. Seine einzigarte Expertise und Perspektive machen ihn zu einer enormen Bereicherung für unser Team und für das Fachgebiet“, so Friedmann Angeli.

Zur Person

Geboren in Puducherry (Indien) studierte Hariharan Moorthy Chemie am Sri Sathya Sai Institute of Higher Learning. Seine Promotion schloss er in Chemischer Biologie am Jawaharial Nehru Centre for Advanced Scientific Research in Bangalore ab. In seiner Doktorarbeit beschäftigte er sich mit der Ferroptose und deren Rolle bei Alzheimer, um einen ganzheitlichen Ansatz zu finden, neurodegenerative Erkrankungen zu behandeln.

Kontakt

Dr. Hariharan Moorthy, Lehrstuhl für Translationale Zellbiologie, Rudolf-Virchow-Zentrum – Centre für Integrative and Translational Bioimaging, hariharan.moorthy@ uni-wuerzburg.de

Von Martin Brandstätter

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 23. September 2025

Hariharan Moorthys Expertise liegt in der Ferroptose – also einer speziellen Form des Zelltods. (Bild: Martin Brandstätter / Universität Würzburg)
Hariharan Moorthys Expertise liegt in der Ferroptose – also einer speziellen Form des Zelltods. (Bild: Martin Brandstätter / Universität Würzburg)

Auftritt der Uni Würzburg auf der Mainfranken-Messe

300 Aussteller, 17 Messehallen, ein großes Freigelände: Die Mainfranken-Messe schlägt Ende September ihre Zelte auf. Auch die Universität Würzburg präsentiert sich dort.

 

Mit einer Sandbox werden Prozesse simuliert, welche die Oberfläche der Erde verändern. (Bild: Thomas Amend / Universität Würzburg)
Mit einer Sandbox werden Prozesse simuliert, welche die Oberfläche der Erde verändern. (Bild: Thomas Amend / Universität Würzburg)
Beim Mindball wird eine Kugel mit Gehirnströmen bewegt. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
Beim Mindball wird eine Kugel mit Gehirnströmen bewegt. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
An der Agility Wall können Besucherinnen und Besucher ihre Reaktionsschnelligkeit testen. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
An der Agility Wall können Besucherinnen und Besucher ihre Reaktionsschnelligkeit testen. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
Das Handygame über die KatzeQ macht die Quantenphysik spielerisch zugänglich. (Bild: Philipp Stollenmeyer)
Das Handygame über die KatzeQ macht die Quantenphysik spielerisch zugänglich. (Bild: Philipp Stollenmeyer)
Der Spieleklassiker „Vier gewinnt“ kann in einer dreidimensionalen Variante gespielt werden. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
Der Spieleklassiker „Vier gewinnt“ kann in einer dreidimensionalen Variante gespielt werden. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)

„Komm vorbei und entdecke die Welt der Forschung!“ Unter diesem Motto ist die Universität Würzburg auf der Mainfranken-Messe vertreten – mit vielen Mitmach-Stationen zum Lernen und Erleben. Die Messe findet vom 27. September bis 5. Oktober 2025 auf den Mainwiesen in Würzburg statt; der Stand der Uni befindet sich im Zelt der Stadt.

Organisiert wird der Auftritt der Universität vom Servicezentrum Forschung und Technologietransfer (SFT). Das Team um Saschan Korder und Ronja Möller hat für die neun Messetage in Kooperation mit vielen Akteuren aus der Uni ein attraktives Programm zusammengestellt.

Folgen von Hochwasser simulieren

Die Geographie-Didaktik zeigt eine Sandbox, mit der sie Prozesse simulieren kann, welche die Oberfläche der Erde verändern – etwa Flussläufe und die Folgen von Hochwassern. Mit der Box lassen sich verschiedene Talquerschnitte modellieren und der sich daraus ergebende Wasserabfluss und die Erosion messen. Mithilfe einer 3D-Kamera und eines Beamers ist es außerdem möglich, Veränderungen der Höhenlinien in Echtzeit darzustellen.

Schnell reagieren und handeln

Vor allem für Kinder, Jugendliche und Junggebliebene geht es in einem Bewegungsexperiment des Sportzentrums um Schnelligkeit: Wer kann an einer Wand aufleuchtende Lichtpunkte so schnell wie möglich erkennen und berühren? Die „Agility-Wall“ prüft die Reaktions- und Handlungsschnelligkeit. Vergleichbare Tests werden zum Beispiel im hochklassigen Fußball und Basketball eingesetzt.

Mit der Kraft der Gedanken spielen

Die interaktive Wissensausstellung Touch Science aus dem MIND-Center lädt zum Spiel Mindball ein: Zwei Personen sitzen sich an einem Tisch gegenüber, auf dem eine Kugel liegt. Die Spieler tragen mit Sensoren besetzte Stirnbänder, die ihre Hirnaktivität messen. Die Kugel reagiert auf die Nervensignale – wer mental gelassen bleibt, gewinnt. Seine „entspannten“ Hirnströme befördern die Kugel ins Feld des Gegenübers.

Touch Science präsentiert außerdem eine 3D-Version des Spieleklassikers „Vier gewinnt“. Sie besteht aus vier Ebenen mit je 16 Vertiefungen, in die rote und weiße Kugeln gelegt werden können. Ziel ist es, auch über die Ebenen hinweg vier Kugeln der gleichen Farbe aneinanderzureihen.

Mensch tritt gegen KI an

Künstliche Intelligenz verstehen? Mit einem von Dr. Silvia Joachim aus der Informatik-Didaktik entwickelten Experimentiersatz gelingt das spielend leicht: Man kann einer KI beim maschinellen Lernen zusehen. Am Anfang des Spiels „KI gewinnt“ ist es für den Menschen noch leicht, die KI zu übertrumpfen. Das ändert sich aber, je länger die Maschine lernen kann.

Quiz zum Botanischen Garten

Ob Tropenwald, mediterrane Felsheide oder amerikanische Prärie: Die Pflanzenvielfalt im Botanischen Garten ist groß. Auf der Messe können die Besucherinnen und Besucher des Uni-Stands an einer interaktiven Stele Fragen zum Botanischen Garten beantworten. LEDs zeigen, ob die Antworten richtig sind.

Katze Q und Quantenphysik

Auf einem Tablet kann „Katze Q – ein Quanten Adventure“ gespielt werden, ein mehrfach preisgekröntes Lernspiel zur Quantenphysik für Menschen ab 11 Jahren. Entwickelt wurde es vom Würzburg-Dresdener Exzellenzcluster ct.qmat zusammen mit dem App-Designer Philipp Stollenmayer.

Über das Servicezentrum Forschung und Technologietransfer

Das Servicezentrum Forschung und Technologietransfer (SFT) der JMU informiert und unterstützt in den Bereichen Erfindungen, Patente und Lizenzen sowie bei Fragen zur unternehmerischen Selbstständigkeit und zum Technologietransfer. Es ist Anlaufstelle für Studierende, Forschende und Beschäftigte der Uni, aber auch für Unternehmen, die mit der Universität kooperieren möchten.

Ansprechperson der Uni zum Auftritt auf der Mainfranken-Messe

Saschan Korder, SFT-Erfinderberater und Patentmanager, T +49 931 31-82643, saschan.korder@ uni-wuerzburg.de

Weblink

Mainfranken-Messe Würzburg 2025 www.mainfrankenmesse.de

einBlick - Das Online-Magazin der Universität Würzburg vom 23. September 2025

Mit einer Sandbox werden Prozesse simuliert, welche die Oberfläche der Erde verändern. (Bild: Thomas Amend / Universität Würzburg)
Mit einer Sandbox werden Prozesse simuliert, welche die Oberfläche der Erde verändern. (Bild: Thomas Amend / Universität Würzburg)
Beim Mindball wird eine Kugel mit Gehirnströmen bewegt. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
Beim Mindball wird eine Kugel mit Gehirnströmen bewegt. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
An der Agility Wall können Besucherinnen und Besucher ihre Reaktionsschnelligkeit testen. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
An der Agility Wall können Besucherinnen und Besucher ihre Reaktionsschnelligkeit testen. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
Das Handygame über die KatzeQ macht die Quantenphysik spielerisch zugänglich. (Bild: Philipp Stollenmeyer)
Das Handygame über die KatzeQ macht die Quantenphysik spielerisch zugänglich. (Bild: Philipp Stollenmeyer)
Der Spieleklassiker „Vier gewinnt“ kann in einer dreidimensionalen Variante gespielt werden. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)
Der Spieleklassiker „Vier gewinnt“ kann in einer dreidimensionalen Variante gespielt werden. (Bild: Rosalinde Baunach / Universität Würzburg)

Chronische Wunden mit App dauerhaft im Blick

„BEST STUDENT PAPER APPLIED DATA SCIENCE TRACK“ FÜR WÜRZBURGER BRÜCKENSCHLAG ZWISCHEN SEMANTISCHER SEGMENTIERUNG UND REALER WUNDVERSORGUNG

Um die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Wunden zu verbessern, hat ein interdisziplinäres Team des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und der Universität Würzburg die App „Wunderkint“ entwickelt. Mithilfe der App können Patientinnen und Patienten ihre chronischen Wunden künftig zu Hause dokumentieren und die Daten sicher an medizinisches Fachpersonal übermitteln. Dadurch ergibt sich die Chance, die Versorgung und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und das Gesundheitssystem zu entlasten. Für die zugrunde liegende KI-Technologie „WoundAmbit“, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet, wurde der Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) auf der European Conference on Machine Learning and Knowledge Discovery in Databases (ECML PKDD) 2025 in Porto ausgezeichnet.

Vier Porträtbilder des Wunderkint-Teams in kreisrunden Rahmen auf blauem Hintergrund - das Design des Hintergrund ist das Foliendesign vom Vortrag von Vanessa Borst.
Das Team Wunderkint: Prof. Dr. Astrid Schmieder und Dr. Tassilo Dege aus der Hautklinik hatten die Idee zur automatisierten Wundüberwachung, welche in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Samuel Kournev und Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der Universität Würzburg umgesetzt wurde.
Dashboard mit Bild von künstlicher Wunde am Knie, Referenzkarte und dem Verlauf von Juckreiz, Schmerzen und Nässe der Wunde
Mit der Wunderkint-App können Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung angeben. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit Farbskala und ArUco-Markern neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. © JMU
Vanessa Borst steht am Rednerpult - die Bühne ist in blaues Licht getaucht.
Informatikerin Vanessa Borst stellte am 18. September auf der ECML PKDD 2025 in Porto (Portugal) die KI-Technologie „WoundAmbit“ vor, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht auf der Bühne hinter dem Rednerpult - im Hintergrund ist der Monitor mit ihrer Präsentation Wound Ambit - die Bühne  erscheint in blauem Licht
Die ECML PKDD (European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases) ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht vor ihrem Poster
Für ihr Projekt „WoundAmbit: Bridging State-of-the-Art Semantic Segmentation and Real-World Wound Care“ wurde die Doktorandin Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der JMU Würzburg mit dem “Best Student Paper Applied Data Sciences Track” ausgezeichnet. © Martin Rackl / JMU

Würzburg. Chronische Wunden betreffen einen großen Teil der Bevölkerung, insbesondere ältere Menschen. Faktoren wie Diabetes, Durchblutungsstörungen oder Druckbelastungen verhindern häufig eine normale Heilungskaskade, sodass die Wunde in einem dauerhaften Entzündungs- oder Reparaturstadium steckenbleibt. Die traditionelle Wundversorgung ist ressourcenintensiv und erfordert häufige persönliche Besuche, die vor allem für die oft bewegungseingeschränkten Patientinnen und Patienten eine Belastung darstellen. Eine App namens Wunderkint soll nun für Entlastung sorgen. Der Name steht für „Segmentierung und Verlaufskontrolle chronischer Wunden durch Künstliche Intelligenz“.

„Normalerweise sehen wir unsere Patientinnen und Patienten nur im Intervall, zum Beispiel einmal im Quartal“, berichtet Dr. Tassilo Dege, der gemeinsam mit Prof. Dr. Astrid Schmieder die Idee zur App hatte und das Projekt im Rahmen des Clinician Scientist Programms des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) klinisch betreut. Die Besuche der Patientinnen und Patienten seien immer nur eine Momentaufnahme. „Eine teledermatologische Versorgung hingegen bietet eine fortlaufende Beurteilung, nicht nur von der Wunde, sondern auch von der Lebensqualität der Betroffenen.“

App bietet fortlaufende Beurteilung der Wunde und Lebensqualität 

Mit der Wunderkint-App, die derzeit in einer Machbarkeitsstudie getestet wird, können die Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde selbst fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung an. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit einer Farbskala und einem so genannten ArUco-Marker aus schwarzen und weißen Pixeln neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. Auf diese Weise können sie den Wundverlauf beziehungswiese die Heilung aus der Ferne in Echtzeit verfolgen, beurteilen und bei Bedarf die Therapie anpassen. Auch Terminvereinbarungen und Video-Konsultationen sind über die App möglich. 

Vergleich von Deep-Learning-Modellen, die den Wundbereich erkennen

Umgesetzt wurde die Idee der automatisierten Wundüberwachung in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der Universität Würzburg. Für die technische Realisierung des zugrundeliegenden Software-Projekts sowie das Trainieren der KI-Modelle war Vanessa Borst verantwortlich - Doktorandin am Lehrstuhl für Software-Engineering unter der Leitung von Prof. Dr. Samuel Kounev. Da die automatische Wunderkennung in der medizinischen Bildgebung noch unterrepräsentiert war, verglich sie zunächst verschiedene Deep-Learning-Modelle und fütterte die KIs im Rahmen des technischen Gesamtkonzepts WoundAmbit mit tausenden von öffentlichen Wundbildern, damit diese lernen, die Wundränder und Wundfläche auf dem Foto präzise zu identifizieren. Die KI musste erkennen, welche Bildbereiche zur Wunde gehören und welche nicht, sodass sich Form und Größe exakt bestimmen lassen. Um die Verlässlichkeit der KI bei der Analyse von Wundbildern des UKWs zu prüfen, verglich das Forschungsteam die von der KI erkannten Wundflächen mit den Einschätzungen erfahrener Medizinerinnen und Medizinern – basierend auf einem eigens dafür erstellten Datensatz von Tassilo Dege. Das so entwickelte KI-Modul bildet die Grundlage für die Funktionalität der Wunderkint-App.

Best Student Paper Applied Data Science Track für Brückenschlag zwischen modernster semantischer Segmentierung und realer Wundversorgung

Diese so genannte semantische Segmentierung galt es sodann mit der realen Wundversorgung zu verbinden. „Konkret bedeutet das: Aus den von der KI erkannten Wundflächen mussten verlässliche Größenangaben in Millimetern oder Zentimetern abgeleitet werden. Gerade unterschiedliche Aufnahmebedingungen – etwa wenn die Kamera einmal näher und einmal weiter von der Wunde entfernt ist – machen diese Umrechnung besonders herausfordernd“, erläutert Vanessa Borst. Für diesen Brückenschlag, also dem Übertrag der hochentwickelten KI auf die praxisnahe, verständliche und nützliche Versorgung, gewann die Informatikerin jetzt auf der European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases (ECML PKDD) 2025 in Porto (Portugal) den „Best Student Paper Applied Data Science Track“. Den Beitrag „WoundAmbit: Bridging State-of-the-Art Semantic Segmentation and Real-World Wound Care“ stellte sie am 18. September 2025 in Porto persönlich vor. ECML PKDD ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen.

Machbarkeitsstudie testet Praxistauglichkeit der App Wunderkint 

Eine laufende Machbarkeitsstudie testet derzeit die Praxistauglichkeit der App. Erste Ergebnisse zeigen eine ausgezeichnete Benutzerfreundlichkeit, eine positive Akzeptanz bei Patientinnen und Patienten sowie eine deutliche Entlastung des medizinischen Personals.

„Wobei der persönliche Kontakt zum Arzt oder zur Ärztin nicht zu unterschätzen ist und wahrscheinlich zum Heilungsprozess dazugehört“, betont Astrid Schmieder. Sie versteht die Digitalisierung in der Wunderkint-Zielgruppe eher als ein „Add-on“. „Durch die App lernen unsere Patientinnen und Patienten mehr über ihre Erkrankung und den Umgang damit. Das gibt ihnen Mut, Zuversicht und Sicherheit, die Wunde fachgerecht zu behandeln, was zu einer schnelleren Wundheilung führt.“

Die Dermatologin arbeitet mit ihrem Team an verschiedenen Digitalisierungsprojekten, um die Behandlungen verschiedener Krankheitsbilder zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. „Wir werden künftig digitale Medien haben, die genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind“, sagt Schmieder. Am Zeitalter der Digitalisierung findet sie besonders spannend, dass sowohl das medizinische Personal als auch die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit haben, dieses mitzugestalten.

Stimmen Sie ab für Vanessa Borst als IT Woman of the Year 2025
Vanessa Borst (28) wurde für die Reader’s Choice Awards des Women’s IT Network (WIN) und der Vogel IT Akademie nominiert. Die Awards werden auf dem FIT 2025 Kongress am 27. November in Augsburg verliehen. Ausgezeichnet werden Frauen aus Business IT, eHealth und eGovernment in den Kategorien Digital Transformation, Start Up und Leadership. Hier geht es zur Abstimmung: https://www.fit-kongress.de/award#Abstimmung – durchklicken zum Bereich „Women in eHealth“, weiter zur Kategorie „Young Leader“ und dann Vanessa Borst wählen. 
„Diese Nominierung ist nicht nur eine persönliche Anerkennung, sondern auch eine Gelegenheit, das Bewusstsein für KI-Anwendungen in der Medizin zu schärfen, die wirklich etwas bewegen können“, freut sich die Doktorandin.  

Text: Wissenschaftskommunikation / KL 

Vier Porträtbilder des Wunderkint-Teams in kreisrunden Rahmen auf blauem Hintergrund - das Design des Hintergrund ist das Foliendesign vom Vortrag von Vanessa Borst.
Das Team Wunderkint: Prof. Dr. Astrid Schmieder und Dr. Tassilo Dege aus der Hautklinik hatten die Idee zur automatisierten Wundüberwachung, welche in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Samuel Kournev und Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der Universität Würzburg umgesetzt wurde.
Dashboard mit Bild von künstlicher Wunde am Knie, Referenzkarte und dem Verlauf von Juckreiz, Schmerzen und Nässe der Wunde
Mit der Wunderkint-App können Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung angeben. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit Farbskala und ArUco-Markern neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. © JMU
Vanessa Borst steht am Rednerpult - die Bühne ist in blaues Licht getaucht.
Informatikerin Vanessa Borst stellte am 18. September auf der ECML PKDD 2025 in Porto (Portugal) die KI-Technologie „WoundAmbit“ vor, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht auf der Bühne hinter dem Rednerpult - im Hintergrund ist der Monitor mit ihrer Präsentation Wound Ambit - die Bühne  erscheint in blauem Licht
Die ECML PKDD (European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases) ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht vor ihrem Poster
Für ihr Projekt „WoundAmbit: Bridging State-of-the-Art Semantic Segmentation and Real-World Wound Care“ wurde die Doktorandin Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der JMU Würzburg mit dem “Best Student Paper Applied Data Sciences Track” ausgezeichnet. © Martin Rackl / JMU

Verantwortungsvoller Einsatz von Antibiotika in der ambulanten Versorgung

Die 27. Jahreskonferenz des General Practice Research on Infections Network (GRIN) fand in diesem Jahr am 19. und 20. September in Würzburg statt und widmete sich den drängendsten Fragen der Infektionsforschung in der Primärversorgung.

Gruppenbild der Teilnehmer bei strahlendem Sonnenschein vor dem Burkadushaus  in der Altstadt von Würzburg.
Die Jahreskonferenz des General Practice Research on Infections Network (GRIN) fand in diesem Jahr am 19. und 20. September in Würzburg statt. Rund 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa, Australien und den USA waren der Einladung des Instituts für Allgemeinmedizin gefolgt, um im Burkardushaus, dem Tagungszentrum am Würzburger Dom, aktuelle Erkenntnisse zur Infektionsforschung in der Primärversorgung zu diskutieren. © Bianca Steinmann / UKW

Infektionskrankheiten sind einer der häufigsten Gründe für einen Arztbesuch in der hausärztlichen Versorgung. Nicht jede Infektion erfordert jedoch die Einnahme von Antibiotika. Ärztinnen und Ärzten in der Primärversorgung, also in den Bereichen Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin, kommt demnach eine zentrale Rolle zu. Sie müssen entscheiden, wann die Gabe eines Antibiotikums sinnvoll und angemessen ist. Denn nur durch einen gezielten und verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika können Resistenzentwicklungen verhindert werden, sodass diese lebenswichtigen Medikamente auch in Zukunft wirksam bleiben. Der Fachbegriff hierfür lautet „Antimicrobial Stewardship“, kurz AMS. 

100 Wissenschaftler aus der ganzen Welt diskutierten in Würzburg aktuelle Erkenntnisse zur Infektionsforschung in der Primärversorgung

Um AMS ging es auch auf der 27. Jahreskonferenz des General Practice Research on Infections Network (GRIN).GRIN ist eine im Bereich AMS-Forschung in der Primärversorgung einzigartige internationale Vernetzung, die sich einmal jährlich an wechselnden Orten Europas trifft und viele Studien auch ‚vernetzt‘ durchführt“, berichtet Prof. Dr. Ildikó Gágyor, Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Würzburg (UKW). In diesem Jahr war Ildikó Gágyor mit ihrem Team, bestehend aus Alexandra Greser, Dr. Peter K. Kurotschka, Vanessa Meyer und Bianca Steinmann, für die Organisation des GRIN-Meetings zuständig. Rund 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa, Australien und den USA waren ihrer Einladung gefolgt, um am 19. und 20. September im Burkardushaus, dem Tagungszentrum am Würzburger Dom, aktuelle Erkenntnisse zur Infektionsforschung in der Primärversorgung zu diskutieren. 

Ildikó Gágyor: „Antimikrobielle Resistenz kann zwar regional sehr unterschiedlich ausfallen, es ist jedoch ein globales Problem das keine Grenzen kennt. Daher ist es wichtig, dass wir national und international unsere Anstrengungen bündeln, um die daraus resultierende Gesundheitsgefahr abzuwenden.“ 

Am Freitagmorgen standen zunächst neue Forschungsansätze im Fokus. Dazu gehörten Beiträge zur Verbesserung der Überwachung sexuell übertragbarer Erkrankungen, zu visuellen Kommunikationsstrategien für einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika, zur Einführung einer globalen KI zur Infektionsbewertung sowie KI-gestützte Diagnose- und Behandlungsentscheidungen bei Harnwegsinfektionen. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf sogenannten Point-of-Care- und Diagnostiktests, die in der Praxis schnell und präzise Ergebnisse liefern sollen.

Wirksamkeit der Point-of-Care Mikroskopie und Urinteststreifen in der Diagnosesicherung unkomplizierter Harnwegsinfektionen 

Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in der Allgemeinmedizin. Daher wurde ihnen ein eigener Themenblock gewidmet. Unter anderem wurden Strategien zur Verbesserung der Antibiotikaverschreibung in Pflegeheimen, die Informationsbedürfnisse von Patientinnen mit wiederkehrenden Infekten sowie neue Erkenntnisse zu Resistenzmustern diskutiert.

In diesem Rahmen stellte Peter Kurotschka vom Institut für Allgemeinmedizin die ersten Ergebnisse der cluster-randomisierten Pilotstudie MicUTI vor. An der Studie nahmen mehr als 150 Patientinnen aus 20 Hausarztpraxen des Bayerischen Forschungsnetzes in der Allgemeinmedizin (BayFoNet) im Raum Würzburg und Erlangen teil. Frühere Studien haben gezeigt, dass sich bei etwa der Hälfte der Frauen die Beschwerden der Harnwegsinfektionen spontan zurückbilden, und sie deshalb nicht von Antibiotika profitieren. In dieser Studie wurde geprüft, ob mithilfe von Urinteststreifen und mikroskopischen Untersuchung des Urins unmittelbar in der Praxis die Diagnose einer Harnwegsinfektion verbessert und eine gezielte Therapieentscheidung getroffen werden kann. Die Ergebnisse der Studie wurden bereits zur Publikation in einer internationalen Fachzeitschrift angenommen und erscheinen in Kürze. 

Einblicke in die Geheimnisse von Antibiotikaresistenzen und Empfindlichkeitstestungen 

Den Auftakt des Nachmittagsprogramms gestaltete Prof. Dr. Oliver Kurzai mit der sogenannten Keynote Lecture, dem Hauptvortrag, indem er die Mechanismen der Resistenzbildung von Krankheitserregern und deren Folgen bei Pilzerregern darstellte. Der Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie am Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg sowie Leiter des Nationalen Referenzzentrums für invasive Pilzinfektionen (NRZMyk) gewährte Einblicke in neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Antibiotikaresistenzen und Empfindlichkeitstestungen. 

Atemwegsinfektionen, Infektionsmanagement bei Kindern und AMS 

Im Anschluss richtete sich der Blick auf Atemwegsinfektionen. Es wurden Studien zu Lungenentzündung, viral bedingten Atemwegsinfektionen, Prognosemodellen zum Risiko eines schweren Verlaufs bei Patientinnen und Patienten mit Atemwegsinfektionen, sowie zur Leitlinienadhärenz präsentiert. Den Abschluss des ersten Konferenztags bildete ein Block zum Infektionsmanagement bei Kindern, in dem unter anderem der Antibiotikaeinsatz bei Atemwegssymptomen und elterliche Entscheidungsfaktoren thematisiert wurden.

Am Samstag lag ein weiterer Schwerpunkt auf Atemwegsinfektionen. Die Themen reichten von Behandlungskonzepten für Post-Covid-Patienten über Erfahrungen aus der Pandemie in Schweden bis hin zum Einsatz von Lungenultraschall und neuen Schnelltests in der Hausarztpraxis. Im Anschluss fand eine Session zum Thema Antibiotic Stewardship statt, in der nationale Programme, innovative Kommunikationsstrategien und Verschreibungsmuster in Europa beleuchtet wurden. Den Abschluss bildeten Beiträge zu häufigen Infektionen in der Primärversorgung, darunter Sepsis-Scores im ärztlichen Bereitschaftsdienst, Haut- und Weichteilinfektionen sowie die Erwartungen der Bevölkerung an den Verlauf akuter Infektionen.

Mit ihrem vielseitigen Programm bot die GRIN-Jahreskonferenz 2025 eine umfassende Plattform, um Forschung und Praxis enger zu verzahnen und gemeinsam Lösungen für eine bessere Infektionsversorgung in der Allgemeinmedizin zu erarbeiten. Die 28. GRIN-Jahreskonferenz wird am 25. und 26. September 2026 in Dublin (Irland) stattfinden.

Text: Wissenschaftskommunikation / KL

Wie Blutplättchen Krankheiten auslösen – und Therapien ermöglichen

7TH EUPLAN INTERNATIONAL CONFERENCE BRINGT EUROPAS THROMBOZYTENFORSCHUNG NACH WÜRZBURG

Die siebte internationale Konferenz des European Platelet Network (EUPLAN) fand vom 17. bis 19. September 2025 mit 150 Teilnehmenden aus 17 Ländern in Würzburg statt. Das Netzwerktreffen bündelt europäische Expertise in der Blutplättchenforschung, fördert wissenschaftliche Diskussionen und intensiviert den Austausch zwischen Forschung und Klinik.

 

Die 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der EUPLAN-Konferenz haben sich zum Gruppenbild im Foyer des RVZ aufgestellt.
150 Thrombozytenforscherinnen und -forscher aus 17 Ländern folgten der Einladung der Experimentellen Biomedizin I und nahmen an der 7th EUPLAN International Conference im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg teil. © Anna Wenzl / UKW
Arbeitsgruppenleiter und -leiterinnen haben sich auf der Treppe im Foyer des RVZ aufgestellt.
Erfolgreiche Kooperationen der Experimentellen Biomedizin I und des Rudolf-Virchow-Zentrums. Forscherinnen v.l.n.r.: Dr. Sarah Beck, Dr. Tamara Girbl (Nachwuchsgruppenleiterin RVZ), Prof. Dr. Katrin Heinze (Sprecherin RVZ, Molekulare Mikroskopie). Forscher v.l.n.r.: Dr. Zoltan Nagy (Emmy-Noether-Forschungsgruppe, Megakaryozyten), Prof. Dr. Markus Bender (Kardiovaskuläre Zellbiologie), Prof. Dr. Harald Schulze (Experimentelle Hämostaseologie), Prof. Dr. David Stegner (Vaskuläre Bildgebung), Prof. Dr. Bernhard Nieswandt (Leiter des Lehrstuhls für Experimentelle Biomedizin I, Schwerpunkt Vaskuläre Biologie). © Anna Wenzl / UKW

Würzburg. Die Erforschung von Blutplättchen (Thrombozyten) und ihrer Vorläuferzellen, den Megakaryozyten, ist ein Paradebeispiel für die Verbindung von Grundlagenwissenschaft und klinischer Medizin. Was vor wenigen Jahrzehnten noch als Randthema galt, ist heute ein zentrales Forschungsfeld mit unmittelbarer gesellschaftlicher Relevanz – und wird sicherlich auch in den kommenden Jahren entscheidend dazu beitragen, Krankheiten besser zu verstehen und wirksamer zu behandeln.

Zahlreiche neue Erkenntnisse und Behandlungsansätze wurden bei der 7th EUPLAN International Conference vorgestellt und diskutiert. Das Treffen des europäischen Blutplättchen-Netzwerks (European Platelet Network) fand vom 17. bis 19. September 2025 im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg statt. 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 17 Ländern waren der Einladung von Prof. Dr. Bernhard Nieswandt, Leiter des Instituts für Experimentelle Biomedizin I am Uniklinikum Würzburg (UKW), und Prof. Dr. Markus Bender gefolgt. 

Der Lehrstuhl ist auch als „The Würzburg Platelet Group“ bekannt. Insgesamt fünf Arbeitsgruppen beschäftigen sich hier mit der Grundlagen-, translationalen und klinischen Forschung auf dem Gebiet der Thrombozyten- und Megakaryozytenbiologie bei Gesundheit und Krankheit. Ihre Mission ist es, ein umfassendes Verständnis des Thrombozyten-Megakaryozyten-Systems bei thrombotischen, entzündlichen und malignen Erkrankungen zu erlangen, um letztendlich neue Behandlungskonzepte für diese Erkrankungen zu entwickeln.

Hochaktive Akteure in einem komplexen Netzwerk biologischer Prozesse

In einem einzigen Tropfen Blut befinden sich etwa 12 Millionen Thrombozyten. Die kleinen, kernlosen Zellen entstehen im Knochenmark, wo sie von großen, mehrkernigen Zellen, den sogenannten Megakaryozyten, gebildet werden. Ein einzelner Megakaryozyt kann Tausende Thrombozyten produzieren, indem er diese am Ende seiner langen Fortsätze abschnürt. Nach ihrer Freisetzung zirkulieren die Blutplättchen bis zu zehn Tage lang im peripheren Blut, bevor sie abgebaut werden. 

In den vergangenen Jahren hat die Forschung immer mehr Funktionen entdeckt, die Blutplättchen in unserem Körper ausüben. Sie sind nicht nur für die lebenswichtige Wundstillung (Hämostase) und die pathologische Gerinnselbildung in unseren Gefäßen (Thrombose) verantwortlich, sondern übernehmen auch zentrale Funktionen bei Entzündungsreaktionen und der Immunabwehr. Die neu gewonnenen Erkenntnisse verändern unser Verständnis von Krankheitsbildern wie Schlaganfällen und Herzinfarkten, aber auch von seltenen Blutungsstörungen, Krebs und Infektionen. Sie tragen dazu bei, neue Therapien zu entwickeln. 

Die Würzburg Platelet Group: Bender, Nagy, Nieswandt, Schulze und Stegner

Prof. Dr. Bernhard Nieswandt identifizierte zum Beispiel Thrombozyten als Verursacher für Entzündungsreaktionen im Gehirn nach einem ischämischen Schlaganfall. Er prägte den Begriff der Thrombo-Inflammation, die ein zentraler Pathomechanismus für eine Vielzahl weiterer Erkrankungen ist. Nieswandt und sein Team untersuchen unter anderem, welche Eiweiße auf der Oberfläche der Blutplättchen und welche Signalwege im Zellinneren ihre Aktivität steuern Sie entwickeln neue Therapieansätze, zum Beispiel Antikörper, die gefährliche Blutgerinnsel verhindern sollen. 

Prof. Dr. Markus Bender befasst sich unter anderem mit den Mechanismen hinter der sogenannten Thrombozytopenie. Dieser Mangel an Blutplättchen ist ein häufiges klinisches Problem, das mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden ist. Da Thrombozytentransfusionen lebensbedrohliche Blutungen verhindern können, erforscht Bender mit seinem Team, wie sich eine spenderunabhängige Thrombozytenproduktion optimieren lässt. Weitere Schwerpunkte sind Veränderungen des Zytoskeletts in Thrombozyten, sowohl auf grundlegender als auch auf translationaler Forschungsebene, und wie altersbedingte Entzündungsprozesse im Knochenmark die Funktion von Megakaryozyten und Blutplättchen beeinflussen. 

Prof. Dr. David Stegner und seine Arbeitsgruppe machen mithilfe modernster Mikroskopietechniken vaskuläre Prozesse sichtbar und untersuchen, wie Blutplättchen mit Immunzellen zusammenwirken und dabei Entzündungen und Gefäßschäden verursachen, wie sie beispielsweise bei Schlaganfall oder Herzinfarkt auftreten. Das Ziel besteht darin, die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Dr. Zoltan Nagy erforscht mit seiner Emmy-Noether-Forschungsgruppe die Entwicklung und Reifung von Megakaryozyten. Durch ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen der Plättchenbildung möchte er dazu beitragen, Erkrankungen wie Thrombozytopenie oder Knochenmarkfibrose gezielter behandeln zu können. Langfristig streben die Forschenden die Entwicklung neuer Strategien an, um Blutplättchen im Labor herzustellen oder die Plättchenproduktion im Körper zu steigern – ein wichtiger Ansatz angesichts des steigenden Bedarfs an Blutplättchenspenden.

Prof. Dr. Harald Schulze hat seinen Schwerpunkt in der Experimentellen Hämostaseologie, also der Lehre von der Blutgerinnung und ihren Störungen. Mit seiner Arbeitsgruppe erforscht er die Entstehung von Blutplättchen im Knochenmark. Darüber hinaus konzentriert er sich auf Defekte in der Thrombozytenproduktion oder -funktion bei erblichen Blutgerinnungsstörungen beim Menschen sowie bei erworbenen Defekten, wie sie bei Patientinnen und Patienten mit Sepsis oder COVID-19 auftreten. Auf der „7th EUPLAN International Conference“ hielt er eine Keynote-Lecture zum Thema „Thrombozyten-Subpopulationen, Immunthrombose und Thrombo-Inflammation – Wie können wir die Thrombozytenfunktion(en) an der Schnittstelle zwischen Hämostase und Entzündung bestimmen?“

Acht Keynote Lectures auf der 7th EUPLAN International Conference

Insgesamt standen acht Keynote Lectures auf dem Programm. Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Dr. Alessandra Balduini aus Pavia in Italien, die mit ihrem Team ein 3D-Knochenmarkmodell entwickelt hat. Mithilfe dieses Modells ist es möglich, Thrombozyten außerhalb des Körpers zu produzieren und die Mechanismen der Thrombozytenproduktion sowie die Wirkung von Medikamenten zu untersuchen. Für die zweite Eröffnungsrede konnte Prof. Dr. Wolfgang Bergmeier von der US-amerikanischen University of North Carolina gewonnen werden. Er stellte neue Erkenntnisse zur Regulierung der sogenannten Integrinaffinität vor. Dabei handelt es sich um die Bindungsstärke (Affinität) von Zelloberflächenrezeptoren (Integrine).

Aus drei macht eins! Das European Platelet Network EUPLAN

Die EUPLAN International Conference baut auf Konferenzen auf, die bereits in den 1980er Jahren stattgefunden haben. So gab es von 1983 bis 2010 zwölf Konferenzen in Erfurt, die den Titel „Erfurt Conference on Platelets” trugen. Im Jahr 1986 startete zudem in Ascheberg bei Münster eine deutsche Konferenzreihe, die sich später zu einer internationalen Reihe entwickelte und zunehmend auch außerhalb Deutschlands stattfand. Darüber hinaus trafen sich regelmäßig Expertinnen und Experten aus der Thrombozyten-Forschung im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (UK). Im Jahr 2010 wurden in Nottingham (UK) schließlich unter der Federführung von Prof. Stan Heptinstall, einem der führenden Experten auf dem Gebiet der Plättchenphysiologie und -diagnostik, die drei Reihen aus Deutschland und Großbritannien zum großen European Platelet Network (EUPLAN) zusammengeführt, um die grundlegende und klinische Forschung in der Thrombozytenbiologie stärker miteinander zu vernetzen. Die erste EUPLAN-Konferenz fand 2012 in Maastricht (Niederlande) statt. Seither kommen im Zwei-Jahres-Rhythmus Expertinnen und Experten in verschiedenen europäischen Städten zusammen, um sich über ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Thrombozyten und ihren Mutterzellen, den Megakaryozyten, auszutauschen.

Damit die dreitägige Konferenz allen offensteht – von etablierten Expertinnen und Experten bis hin zum Forschungsnachwuchs – und der Wissenstransfer nicht an finanziellen Hürden scheitert, sind die Registrierungsgebühren bewusst niedrig gehalten. „Dafür organisieren wir hier alles selbst“, sagt Markus Bender, der den wissenschaftlichen Teil der Konferenz gemeinsam mit Bernhard Nieswandt erarbeitet hat. Für die Administration ist Kerstin Siegmann verantwortlich. Für die Entlastung des Budgets konnten zudem einige Partner aus der Industrie gewonnen werden.

Text: Wissenschaftskommunikation / KL

Die 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der EUPLAN-Konferenz haben sich zum Gruppenbild im Foyer des RVZ aufgestellt.
150 Thrombozytenforscherinnen und -forscher aus 17 Ländern folgten der Einladung der Experimentellen Biomedizin I und nahmen an der 7th EUPLAN International Conference im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg teil. © Anna Wenzl / UKW
Arbeitsgruppenleiter und -leiterinnen haben sich auf der Treppe im Foyer des RVZ aufgestellt.
Erfolgreiche Kooperationen der Experimentellen Biomedizin I und des Rudolf-Virchow-Zentrums. Forscherinnen v.l.n.r.: Dr. Sarah Beck, Dr. Tamara Girbl (Nachwuchsgruppenleiterin RVZ), Prof. Dr. Katrin Heinze (Sprecherin RVZ, Molekulare Mikroskopie). Forscher v.l.n.r.: Dr. Zoltan Nagy (Emmy-Noether-Forschungsgruppe, Megakaryozyten), Prof. Dr. Markus Bender (Kardiovaskuläre Zellbiologie), Prof. Dr. Harald Schulze (Experimentelle Hämostaseologie), Prof. Dr. David Stegner (Vaskuläre Bildgebung), Prof. Dr. Bernhard Nieswandt (Leiter des Lehrstuhls für Experimentelle Biomedizin I, Schwerpunkt Vaskuläre Biologie). © Anna Wenzl / UKW