Aktuelle Pressemitteilungen

Rückenwind für Grundlagenforschung zur Immuntherapie bei Lungenkrebs

Prof. Dr. Maik Luu erhielt in Hamburg auf der DGHO-Jahrestagung den mit 20.000 Euro dotierten Innovation in Lung Cancer Research Award von Novartis.

Maik Luu erhält Innovationspreis auf DGHO-Jahrestagung
Martin Sebastian, Universitätsklinikum Frankfurt, Expertenmitglied des Auswahlkomitees und Preisträger Maik Luu (links). © Grit Weinstock, Novartis
Maik Luu am Rednerpult in Riga
Maik Luu stellte beim TRANSCAN JTC2021 Kick-Off Meeting in Riga das UKW als Koordinator des Konsortiums vor. Copyright: Maria Romero
Gruppenbild der Mitwirkenden aus Projektleitung und Organisation des Transcan JTC2021
Beim TRANSCAN JTC2021 Kick-Off Meeting in Riga stand das Vernetzen und Diskutieren der Konzepte im Mittelpunkt. Im Joint Translational Call (JTC) 2021 geht es um „Next generation cancer immunotherapy: targeting the tumour microenvironment.” Quelle: Maria Romero

Das Bronchialkarzinom, auch als Lungenkrebs oder Lungenkarzinom bezeichnet, ist in Deutschland mit rund 60.000 Neuerkrankungen pro Jahr die zweithäufigste Krebsart. Obwohl Immuntherapien mit CAR-T-Zellen herausragende Ergebnisse bei hämatologischen Erkrankungen erzielen, also bei Krebserkrankungen, die das blutbildende System betreffen, ist die Behandlung von soliden Tumoren bisher mit vielen Hürden behaftet. Diese festen und zunächst örtlich begrenzten Tumoren besitzen zum Beispiel ein sehr starkes immunsuppressives Mikromilieu, sodass die genmodifizierten Immunzellen, die fürs Attackieren der Tumorzellen einen chimären Antigen-Rezeptor (CAR) tragen, in dieser feindlichen Umgebung an Effektivität verlieren. Umso größer ist der Bedarf an Strategien, diese Hürden zu überwinden. 

Bekämpfung der Mikroumgebung des Lungenkarzinoms mit Mikrobiom-verstärkten CAR-T-Zellen

An einer davon arbeitet Professor Dr. Maik Luu vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW). Für sein Konzept namens “Tackling the NSCLC Microenvironment with microbiome-boosted CAR T cells” hat er bei der Jahrestagung der Deutschen, Österreichischen und Schweizerischen Gesellschaften für Hämatologie und Medizinische Onkologie vom 13. bis 16. Oktober 2023 in Hamburg den mit 20.000 Euro dotierten InCA Research Award von Novartis erhalten. InCA steht für Innovation in der Bekämpfung von Lungenkarzinomen. Der Preis soll die Entwicklung von Zellprodukten und Modellen ermöglichen, welche die Bekämpfung von Lungenkarzinomen mit CAR-T-Zellen unter Einfluss von mikrobiellen Metaboliten in den Mittelpunkt stellen. Im Fokus steht das Mikromilieu von nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinomen (kurz NSCLC für Non-small-cell lung cancer). 

SmartCAR-T: Immuntherapien für feindliche Tumorumgebung wappnen

„Wir planen ein Modell zu entwickeln, dass das Mikromilieu konservieren kann, um modifizierte CAR-T-Zellen zu applizieren und ihre Funktionalität darin untersuchen zu können“, erläutert Maik Luu sein Projekt. Der Humanbiologe dankt dem Auswahlkomitee für sein Vertrauen, der Novartis Pharma GmbH für ihre Unterstützung und dem Labor von Emmanuel Donnadieu vom INSERM Institut Cochin in Paris für seine Inspiration. Gemeinsam mit Emmanuel Donnadieu, dessen Spezialgebiet die Tumorumgebung und Immunzellmigration, und mit weiteren internationalen Kooperationspartnern erforscht Maik Luu im TRANSCAN-3-Projekt neue Schlüsselkomponenten im Tumormikromilieu bei schwer behandelbaren Tumorentitäten, so genannten Hard-To-Teat Cancers. Das SmartCAR-T-Konsortium unter der Leitung von Prof. Dr. Michael Hudecek vom UKW will in dem EU-Projekt die Schlüsselfaktoren identifizieren, welche die physikalischen und immunologischen Barrieren, die den Tumor umgeben und abschirmen, und neue, modifizierte CAR-T-Zelltherapien entwickeln. 

Von Hamburg nach Riga zum TRANSCAN JTC2021 Kick-Off Meeting

Nach der Preisübergabe in Hamburg flog Maik Luu direkt nach Riga (Lettland), wo er das UKW als Koordinator des Konsortiums vorstellen und vertreten konnte. Beim TRANSCAN JTC2021 Kick-Off Meeting mit anderen Mitwirkenden aus Projektleitung und Organisation stand das Vernetzen und Diskutieren der Konzepte im Mittelpunkt. Im Joint Translational Call (JTC) 2021 geht es um „Next generation cancer immunotherapy: targeting the tumour microenvironment.” 

Hintergründe und Details zum TRANSCAN-3-Projekt, das 31 Partner aus 20 Ländern zusammenbringt, um Krebsforschungs- und -innovationsprogramme aufeinander abzustimmen und sicherzustellen, dass die kombinierten finanziellen Ressourcen auf die effektivste und effizienteste Art und Weise genutzt werden, bewährte Verfahren ausgetauscht werden und Wissen geschaffen, verbreitet und optimal zum Nutzen aller wichtigen Akteure eingesetzt wird, sind der Transcan-Webseite zu entnehmen.
Weitere Informationen zum SmartCAR-T-Zell-Projekt im Rahmen von TRANSCAN-3 liefern die Pressemitteilung und die Projektwebseite, einen Einblick in die Karriere von Maik Luu gibt ein Porträt, dass anlässlich seiner Juniorprofessur entstand. 

Zur CAR-T-Zelltherapie: 
Bei der zellulären Immuntherapie wird den weißen Blutkörperchen unseres Immunsystems, den T-Zellen, auf die Sprünge geholfen. Dazu werden die T-Zellen gentechnologisch verändert und im Labor mit einem künstlichen auf die entsprechende Krebsart zugeschnittenen Rezeptor ausgestattet, dem Chimären Antigen Rezeptor, kurz CAR. Anschließend werden die „scharf gestellten“ T-Zellen als lebendes Medikament der Patientin oder dem Patienten zurückgegeben. Mithilfe des spezifischen Oberflächenmarkers können die CAR-T-Zellen die Tumorzellen im Körper aufspüren und zerstören.
 

Maik Luu erhält Innovationspreis auf DGHO-Jahrestagung
Martin Sebastian, Universitätsklinikum Frankfurt, Expertenmitglied des Auswahlkomitees und Preisträger Maik Luu (links). © Grit Weinstock, Novartis
Maik Luu am Rednerpult in Riga
Maik Luu stellte beim TRANSCAN JTC2021 Kick-Off Meeting in Riga das UKW als Koordinator des Konsortiums vor. Copyright: Maria Romero
Gruppenbild der Mitwirkenden aus Projektleitung und Organisation des Transcan JTC2021
Beim TRANSCAN JTC2021 Kick-Off Meeting in Riga stand das Vernetzen und Diskutieren der Konzepte im Mittelpunkt. Im Joint Translational Call (JTC) 2021 geht es um „Next generation cancer immunotherapy: targeting the tumour microenvironment.” Quelle: Maria Romero

Würzburger Medizinstudierende trainieren jetzt mit Kunstblut

Am Uniklinikum Würzburg wurde ein neuartiges transfusionsmedizinisches Lehrangebot entwickelt, bei dem die Medizinstudierenden mit Kunstblut üben können.

Durch den Einsatz von Kunstblut-Konserven können jetzt alle Würzburger Medizinstudierenden transfusionsmedizinische Abläufe realitätsnah trainieren. Bild: UKW / Jürgen Kößler

Würzburg. Seit dem Sommersemester 2023 gibt es am Uniklinikum Würzburg (UKW) für die Medizinstudentinnen und -studenten das neue „Praktikum Transfusionsmedizin“. Der Schlüssel zu dem innovativen Lehrangebot ist der Einsatz von Kunstblut. Prof. Dr. Jürgen Kößler, der kommissarische Direktor des Instituts für Klinische Transfusionsmedizin und Hämotherapie am UKW, erläutert die Hintergründe: „Das neue Praktikum ist das Ergebnis unseres Projekts ‚Transfusionsmedizin-Training mit Dummys‘, kurz TIMMY. Dummys sind in diesem Fall mit Kunstblut gefüllte Blutkonserven.“ Es gab nach seinen Worten zwar schon vor der von der Stiftung Innovation in der Hochschullehre geförderten Neuerung ein studentisches Transfusionsmedizinisches Praktikum in Würzburg, bei dem allerdings verfallene „echte“ Blutkonserven verwendet wurden. Diese seien zahlenmäßig sehr begrenzt und dürften die Instituts-Laborräume aus hygiene- und arzneimittelrechtlichen Gründen nicht verlassen.

Von der Wahl- zur Pflichtveranstaltung

„Deshalb war das Praktikum bislang lediglich eine Wahlveranstaltung innerhalb des Immunologie-Praktikums, so dass nur ein Teil der Studierenden eines Semesters den Umgang mit Blutkonserven realitätsnah üben konnte“, beschreibt der Professor. Durch die Neustrukturierung und den Einsatz von in ausreichender Menge hergestellten Konserven-Dummys bekommen nun alle Würzburger Medizinstudierenden diese Chance. In die Ausarbeitung des neuen Praktikums war Prof. Dr. Sarah König, Leiterin des Instituts für Medizinische Lehre und Ausbildungsforschung am UKW und Studiendekanin der Medizinischen Fakultät der Julius-Maximilians-Universität Würzburg, intensiv eingebunden.

Das „Praktikum Transfusionsmedizin“ ist nun eine verpflichtende Veranstaltung des 9. Semesters und ergänzt die theoretische Vorlesung in Transfusionsmedizin, die im 8. Semester stattfindet.

Das Konzept kann bei Interesse von transfusionsmedizinischen Einrichtungen anderer Universitäten übernommen werden.

Durch den Einsatz von Kunstblut-Konserven können jetzt alle Würzburger Medizinstudierenden transfusionsmedizinische Abläufe realitätsnah trainieren. Bild: UKW / Jürgen Kößler

Zum Tod von Professor Jan Helms

Am 5. September dieses Jahres verstarb Prof. Dr. Jans Helms. Von 1987 bis 2005 hatte er den Lehrstuhl für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde der Julius-Maximilians-Universität Würzburg inne und leitete die HNO-Klinik des Würzburger Universitätsklinikums.

Prof. Dr. Jans Helms war von 1987 bis 2005 Direktor der HNO-Klinik des Uniklinikums Würzburg.

Mit Prof. Dr. Jan Helms starb am 5. September 2023 im Alter von 86 Jahren einer der herausragenden fachlichen Experten und eine richtungsgebende Führungspersönlichkeit der Würzburger Universitätsmedizin. Von 1987 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 2005 hatte er den dortigen Lehrstuhl für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde inne und leitete die  HNO-Klinik des Uniklinikums Würzburg (UKW). Sein damaliger Nachfolger, Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Hagen, berichtet: „Als gleichermaßen engagierter Arzt, Dozent und Forscher trug Prof. Helms maßgeblich zum nationalen und internationalen Ansehen der Klinik bei.“ Besonders hervorzuheben seien dabei seine Beiträge zur Indikation, Technik und Nachsorge der Cochlea-Implantate. „Hier wies Helms, der stets die fruchtbare Kooperation mit der Neurochirurgie suchte, neue Wege – vor allem bei der Versorgung von Kindern und Kleinkindern“, erläutert Hagen. Der kürzlich pensionierte Würzburger HNO-Klinikdirektor fährt fort: „Wir werden das einmalige chirurgische Können von Prof. Helms, seinen kompetenten und menschlichen Umgang mit den Patientinnen und Patienten wie auch den Beschäftigten sowie sein humorvolles Wesen immer in ehrendem Gedächtnis behalten.“

Helms, der seinen Lebensabend in Tübingen verbrachte, erfuhr zeitlebens auch weit außerhalb Würzburgs hohe fachliche und persönliche Anerkennung. Beispielsweise wurde er im Jahr 1996 in die Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina aufgenommen und war Träger des Bundesverdienstkreuzes sowie des französischen Ordre National du Mérite. Zudem ernannten ihn die deutsche und zahlreiche ausländische HNO-Gesellschaften zum Ehrenmitglied.

Prof. Dr. Jans Helms war von 1987 bis 2005 Direktor der HNO-Klinik des Uniklinikums Würzburg.

Uniklinikum Würzburg: Herzrhythmusstörungen erfolgreich behandeln

Mit der Berufung von Dr. Thomas Fischer zum Universitätsprofessor stärkt die Würzburger Universitätsmedizin den Schwerpunkt Interventionelle Elektrophysiologie am Universitätsklinikum Würzburg.

Prof. Dr. Thomas Fischer im Herzkatheterlabor des Uniklinikum Würzburg.
Prof. Dr. Thomas Fischer im Herzkatheterlabor des Uniklinikum Würzburg. Bild: UKW / Daniel Peter

Würzburg. Dr. Thomas Fischer leitet den Schwerpunkt Interventionelle Elektrophysiologie der Medizinischen Klinik I des Uniklinikums Würzburg (UKW) bereits seit dem Jahr 2019. Im April dieses Jahres wurde er von der Julius-Maximilians-Universität Würzburg zum Universitätsprofessor berufen. In der Folge kann er sich noch intensiver und mit einem größeren Team dem universitären Dreiklang aus Patientenversorgung, Lehre und Forschung rund um das Thema Herzrhythmusstörung widmen.

Für den 41-Jährigen ist dies eine Herzensangelegenheit: „Das Schöne an meiner Arbeit in der Elektrophysiologie ist, dass ich in einem faszinierenden Teilgebiet der Medizin vielen Menschen mit modernen technologischen Möglichkeiten sehr gut helfen kann.“ Die Komplikationsrate sei dabei sehr gering, da die modernen Behandlungssystem inzwischen ausgereift und die Expertise hoch sei. Die Begeisterung für sein Fachgebiet gebe er auch gerne an Studierende weiter.

In Kooperation mit dem Deutschen Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) Würzburg erforscht Prof. Fischer mit seiner Arbeitsgruppe Mechanismen, die in Herzmuskelzellen zu Rhythmusstörungen führen. Auch der Schlaganfallgefahr durch Rhythmusstörungen will er weiter auf den Grund gehen. Das alles geschieht mit dem Ziel, neue Ansatzpunkte für Therapien zu entschlüsseln und schwere Folgeerkrankungen zu verhindern.

Herzrasen, Herzstolpern oder reduzierte Belastbarkeit als Symptome

Die Elektrophysiologie spielt eine entscheidende Rolle bei der Behandlung von Patientinnen und Patienten mit Herzrhythmusstörungen und trägt dazu bei, die Lebensqualität zu verbessern, Folgeerkrankungen zu vermeiden und den plötzlichen Herztod zu verhindern. Wer des Öfteren Herzrasen, Herzstolpern oder Herzschlagpausen verspürt oder. Schwindel, Luftnot und eine eingeschränkte Belastbarkeit bemerkt, sollte dies zunächst vom Hausarzt oder einem niedergelassenen Herzspezialisten (Kardiologen) abklären lassen. Bei diagnostischen Unklarheiten oder für die Durchführung spezifischer Behandlungsverfahren stehen die Expertinnen und Experten des UKW zur Verfügung.

Zielgenaue Verödung durch Katheterablation

Zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen gibt es verschiedene Möglichkeiten. Eine davon ist eine Verödungsbehandlung mittels Herzkatheter (Katheterablation). Hierbei werden die Zellen, die das Herz immer wieder durch falsche elektrische Signale aus dem Takt bringen, im Rahmen einer Herzkatheteruntersuchung mittels Radiofrequenz-Energie (RF-Ablation) oder Kälte (Kryo-Ablation) spezifisch und zielgerichtet ausgeschaltet.

Zur exakten Orientierung innerhalb des Herzens stehen moderne 3D-Navigationssysteme zur Verfügung. „Mittels magnetisch markierter Katheter kann in einem Magnetfeld eine Landkarte der jeweiligen Herzregion erstellt werden, die eine zielgenaue und schonende Verödung ermöglicht.“ Röntgendurchleuchtung ist hierfür kaum noch notwendig.

Am UKW werden zwei verschiedene RF-Systeme der neuesten Generation sowie ein Kryo-Ablations-System eingesetzt, sodass für jede Patientin und jeden Patienten die optimale Behandlungsform ausgewählt werden kann. Aufgrund der niedrigen Invasivität der Katheter-gestützten Behandlung über die Leiste dürfen sie die Klinik bei regulärem Verlauf häufig schon am nächsten Tag wieder verlassen.

Influenza: Jeder Fünfte im Gesundheitswesen war letzten Winter infiziert

Uniklinikum Würzburg untersucht erstmalig reale Influenza-A-Infektionsrate ergänzend zur nationalen symptombasierten Surveillance. Daten der CoVacSer-Studie unterstreichen die Bedeutung von Grippe-Impfung für Beschäftigte in der Patientenversorgung. Hochrangig publiziert in aktueller Ausgabe des Journal of Infection.

Das Team der CoVacSer-Studie auf dem Gelände des Uniklinikums Würzburg
Das CoVacSer-Studienteam am UKW (v.l.n.r.): Dr. Alexander Gabel, Julia Reusch, Juliane Mees, Dr. Manuel Krone, Dr. Nils Petri, Isabell Wagenhäuser (copyright: Daniel Peter)

Würzburg. Neben Corona-Infektionen sind auch Grippeerkrankungen wieder auf dem Vormarsch. Um schwere Krankheitsverläufe zu vermeiden, empfiehlt die Ständige Impfkommission STIKO weiterhin vor allem Personen ab 60, Schwangeren und chronisch Kranken sowie allen, die als mögliche Infektionsquelle für von ihnen betreute Risikopersonen fungieren können, Menschen in Einrichtungen mit umfangreichem Publikumsverkehr und mit erhöhter Gefährdung, wie zum Beispiel medizinisches Personal, sich auch gegen Grippe impfen zu lassen. Die neuesten Daten zu „Determinanten der Influenza-A-Infektionsrate in der Post-Covid-19-Ära“ aus der CoVacSer-Studie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) bekräftigen diese Empfehlung. Denn die im aktuellen Journal of Infection hochrangig publizierten Auswertungen liefern erstmalig die reale Influenza-A-Infektionsrate ergänzend zur deutschlandweiten symptombasierten Surveillance. 

„Die Kenntnis der tatsächlichen Infektionsrate ist von großer Bedeutung für die Bewertung und Planung von Präventionsstrategien gegen Influenza, insbesondere von Impfstrategien, sowohl im Gesundheitswesen als auch in der Allgemeinbevölkerung“, fasst Privatdozent Dr. Manual Krone, stellvertretender Leiter der Zentralen Einrichtung für Krankenhygiene und Antimicrobial Stewardship zusammen, der gemeinsam mit Dr. Nils Petri die CoVacSer-Studie leitet. „Nach unseren Auswertungen hat sich ein hoher Teil der Beschäftigten im Gesundheitswesen, insbesondere in der Patientenversorgung, nach der Covid-19-Pandemie mit Influenza A infiziert und wird sich auch potentiell in der gerade beginnenden Saison mit Influenza A infizieren.“

Influenza-A-Infektionsrate in Wintersaison 2022/23 unter Mitarbeitenden im Gesundheitswesen

Das CoVacSer-Studienteam untersucht seit September 2021 die Impfantwort sowie die Lebens- und Arbeitsqualität nach einer Covid-19-Impfung und/oder -Infektion in einer Kohorte von mehr als 1.700 Personen, die im Gesundheitswesen arbeiten. Da es in der vergangenen Saison zu einer ausgeprägten Influenza-A-Welle kam - die Influenza-A-Saison dauerte laut Arbeitsgemeinschaft Influenza vom Robert Koch Institut vom 24. Oktober bis zum 8. Januar - hat das Studienteam ausgehend von den gesammelten Daten und Serumproben die Influenza-A-Infektionsrate unter den Beschäftigten bestimmt. Ferner wurden die Faktoren, die die Influenza-Infektion beeinflussen und die Wirksamkeit der Influenza-Impfung auf die Infektionsrate untersucht. Hierfür hat das Studienteam bei 402 Studienteilnehmenden vor und nach der Grippesaison die Influenza-Antikörper-Titer analysiert. 

Valide Methode, damit Impfung den Grippe-Nachweis nicht verfälscht

Ergebnis: 20,6 Prozent der Studienteilnehmenden wiesen eine Serokonversion auf. Das heißt, nach der Grippesaison waren im Blut mindestens doppelt so viele Influenza-A Antikörper nachweisbar. Damit konnte eine Influenza A Infektion detektiert werden.

Um sicher zu stellen, dass sich die Antikörper nach einer Infektion und nicht nach einer Impfung gebildet haben, hat das Team einen speziellen Assay eingesetzt. Der Anti-Influenza-A-Nukleoprotein/Matrix-IgG Titer wird aufgrund der anderen Antigen-Struktur der saisonalen Impfung nicht beeinflusst, sodass ein Antikörperanstieg allein auf eine Influenza-A-Infektion zurückzuführen ist. Es konnte als Teil der Publikation validiert werden, dass das eingesetzte immunologische Nachweisverfahren ELISA (Enzyme-linked Immuno Sorbent Assay) zur Bestimmung der Antikörper nicht durch die saisonale Influenza-Impfung verfälscht wurde.

Risiko für krankenhausinterne Übertragungsketten

Das heißt: Jeder fünfte Beschäftigte im Gesundheitswesen hatte im vergangenen Winter eine Influenza durchgemacht, spürbar mit Symptomen oder komplett symptomfrei. „Dies zeigt ein potenzielles Risiko und eine signifikante asymptomatische oder symptomatische Infektionsrate, die ein Risiko für krankenhausinterne Übertragungsketten und nosokomiale Infektionen darstellt,“ erklärt Isabell Wagenhäuser, Erstautorin der Publikation.

Je älter die Teilnehmenden und je regelmäßiger der Kontakt zu Patientinnen und Patienten, desto signifikanter war der Einfluss auf die so genannte Serokonversion. Faktoren wie männliches Geschlecht, BMI, Rauchen, Haushaltsgröße und SARS-CoV-2-Infektion während der Influenza-A-Saison waren nicht signifikant mit der Serokonversion verbunden. 

Im Vergleich der Teilnehmenden mit und ohne saisonale Influenza-Impfung traten in der geimpften Gruppe ein Fünftel weniger serologisch identifizierte Infektionen auf, was einer Impfeffektivität auf die serologische Infektionsrate von 22,6% entspricht.

„Dennoch gehen wir davon aus, dass eine Impfung neben der Reduktion der Ansteckungsrate zusätzlich vor schweren Verläufen schützt und auch das Übertragungsrisiko minimiert“, resümiert Manuel Krone. Mit seinem Team möchte er in Folgestudien untersuchen, inwieweit Personen mit asymptomatischer Influenza-Infektion zur Virusverbreitung beitragen. 

Publikation:
Wagenhäuser, I., Mees, J., Reusch, J., Lâm, T.-T., Schubert-Unkmeir, A., Krone, L. B., Frey, A., Kurzai, O., Frantz, S., Dölken, L., Liese, J., Gabel, A., Petri, N.,* & Krone, M.* (2023). Determinants of Influenza A infection rate in post-COVID-19 era. Journal of Infection. doi.org/10.1016/j.jinf.2023.08.003 
 

Das Team der CoVacSer-Studie auf dem Gelände des Uniklinikums Würzburg
Das CoVacSer-Studienteam am UKW (v.l.n.r.): Dr. Alexander Gabel, Julia Reusch, Juliane Mees, Dr. Manuel Krone, Dr. Nils Petri, Isabell Wagenhäuser (copyright: Daniel Peter)

Mammadiagnostik: UKW bietet komplette Palette!

Das Uniklinikum Würzburg (UKW) informiert im Brustkrebsmonat Oktober über die Früherkennung und Diagnostik und die Radiologie als Dreh- und Angelpunkt im Brustzentrum.

Mitarbeiter sichtet am Computer Mammografie-Bilder
Bearbeitung der Fallsammlung „Blended Learning Mammadiagnostik“ © privat
Preisträger und Preisträgerinnen mit Urkunden
Verleihung des Eugenie-und-Felix-Wachsmann-Innovationspreises 2023 beim Deutschen Röntgenkongress 2023. V.l.n.r.: Prof. Dr. Michael Uder (Vorsitzender der Akademie für Fort- und Weiterbildung in der Radiologie), Dr. Philip Gruschwitz, Dr. Sara Christner, Dr. Stephanie Sauer; © privat
Stephanie Sauer hält auf Röntgenkongress einen Vortrag
Dr. Stephanie Sauer, Leiterin der Gynäkologischen Radiologie am Uniklinikum Würzburg, präsentiert auf dem Deutschen Röntgenkongress 2023 das Konzept „Blended Learning Mammadiagnostik“. © privat
MRT-Bild eines 8 Millimeter großen Mammakarzinoms
Frühzeitige Detektion eines kleinen (8 mm) Mammakarzinoms der linken Brust bei einer 62-jährigen Patientin mit bekannter Genmutation im MRT. © Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, UKW
Mammographie-Bild zeigt mehrere Herde und bösartige Verkalkungen
Mammographie der linken Brust einer 59-jährigen Patientin mit Brustkrebs mit mehreren Herden und bösartigen Verkalkungen, die sämtlich im Rahmen der operativen Therapie entfernt werden müssen. © Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, UKW
Geräteaufnahme vom Upright-Biopsiesystem
Beim Upright-Biopsiesystem können die Patientinnen aufrecht am Mammographiegerät sitzen, wodurch mehr Stellen erreicht werden. Zudem ist das Verfahren schneller und angenehmer für die Patientinnen und liefert eine bessere Bildqualität. © privat

Am 21. September 2023, wenige Tage vor dem Brustkrebsmonat Oktober hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die obere Altersgrenze für die Teilnahme am Früherkennungsprogramm auf Brustkrebs um 5 Jahre erweitert. Zukünftig können alle Frauen im Alter von 50 bis 75 Jahren alle zwei Jahre am Mammographie-Screening teilnehmen. „Das war eine ganz wichtige Entscheidung“, sagt Dr. Stephanie Sauer, Oberärztin und Leiterin der Gynäkologischen Radiologie am Uniklinikum Würzburg. „Die Menschen, und damit unsere Patientinnen werden älter, die Therapien besser. Das heißt, auch ältere profitieren vom Mammographie-Screening-Programm, das zwischen 2005 und 2009 flächendeckend in Deutschland eingeführt wurde. Eine frühe Entdeckung geht in der Regel mit einer schonenderen Behandlung und besseren Heilungschance einher.“

Mammographie-Screening? Unbedingt! 

Sollte jede Frau zwischen 50 und 75 die Früherkennung wahrnehmen? „Unbedingt!“, meint Stephanie Sauer. Den Bedenken, die einige noch der Früherkennung entgegenbringen, wie etwa eine sogenannte Überdiagnose - es wird Brustkrebs gefunden, der aber nicht Lebens-limitierend ist -  und darauffolgende nicht zwingend notwendige Behandlungen oder belastende falsch-positive Befunde, die sich nach weiteren Untersuchungen oder Gewebeentfernungen als gutartig erweisen, entgegnet die Radiologin: „Jede Patientin ist anders und wir müssen natürlich hören, was sie möchte und ihre Bedenken berücksichtigen. Schließlich muss sie die Entscheidung über das weitere Vorgehen mittragen. Wir haben aber inzwischen eine sehr gute Datenlage und können gut beraten.“ 

UKW liefert zertifizierte Fallsammlung für deutschlandweite Weiterbildung

Damit das auch weiterhin fundiert möglich ist, wird großer Wert auf eine umfassende Ausbildung gelegt. Einen wichtigen Baustein mit nationaler Beachtung hat Stephanie Sauer jetzt gemeinsam mit Dr. Sara Christner und Dr. Philip Gruschwitz mit dem Programm „Blended Learning Mammadiagnostik“ gelegt. Das Team aus Würzburg hat ein digitales und interaktives Konzept entwickelt, mit dem sie anhand von 500 Fällen das gesamte Spektrum der Mammadiagnostik zeigen. Für ihre Fallsammlung wurden sie auf dem Röntgenkongress in Wiesbaden in diesem Jahr von der Deutsche Röntgengesellschaft e.V. (DRG) mit dem Eugenie-und-Felix-Wachsmann-Innovationspreis 2023 geehrt. 

Die Idee ist aus einem hauseigenen Problem geboren. Angehende Radiologinnen und Radiologen müssen in der Mammadiagnostik 1.500 Fälle sehen, bevor sie die Facharztprüfung ablegen dürfen. Da viele Screening-Untersuchungen jedoch bei niedergelassenen Ärztinnen und Ärzten stattfinden, und durch die gestiegene Zahl an Weiterbildungsassistentinnen und -assistenten am Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie die Rotationszeiten verkürzt werden mussten, war es kaum möglich, diese hohe Fallzahl zu erfüllen. „Also haben wir eine Mischung aus 500 seltenen, häufigen, schwierigen und leichten Fällen zusammengestellt, diese didaktisch aufgearbeitet, sodass nun eine fundierte Ausbildung möglich ist“, erläutert Stephanie Sauer. Und das nicht nur am UKW, sondern in ganz Deutschland. „Da wir nicht die einzigen sind, die dieses Problem hatten, stellen wir unsere, übrigens von der DRG zertifizierten Fälle auf der digitalen Lernplattform conrad zur Verfügung.“ 

Prof. Dr. Thorsten Bley, Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie*, schreibt die hohe Zahl der geforderten Untersuchungen in der Weiterbildung der Relevanz der Mammadiagnostik, aber noch mehr den spezifischen Anforderungen bei der Durchführung und Interpretation der Mammographien zu: „Radiologinnen und Radiologen müssen eine ganz besondere Sensitivität entwickeln, um die mikroskopisch kleinen Strukturen, den Mikrokalk, aufzuspüren sowie Überlagerungen im Weichgewebe der Brust von pathologischen Befunden unterscheiden zu können. Das erfordert eine immense Erfahrung, die durch Training anhand zahlreicher Untersuchungen erlangt werden kann.“ 

Radiologie: Dreh- und Angelpunkt im Brustzentrum - enger Austausch im Interdisziplinären Team 

Mit Detektivarbeit vergleicht Stephanie Sauer ihren Arbeitsalltag. Die Radiologin hat die europäische Prüfung für Brustbildgebung der European Society of Radiology (ESR) absolviert und trägt den Titel EBBI (European Board of Breast Imaging), der ihre Kompetenz in den Bereichen Mammographie, Ultraschall, MRT sowie bei der Durchführung von Brusteingriffen bescheinigt. „Wir müssen immer ein bisschen puzzeln, um herauszufinden, wo das Problem liegt. Das ist unglaublich spannend und sehr schön, da wir dabei eng mit den anderen Fachdisziplinen wie Pathologie, Gynäkologie, Onkologie, Chirurgie und plastische Chirurgie zusammenarbeiten.“ Einmal pro Woche sitzen sie gemeinsam im Rahmen der interdisziplinären Brustkonferenz (IBK) an einem Tisch und beraten über etwa 20 bis 25 neue Fälle. Es wird geprüft, ob der pathologische Befund zum Bild passt, ob das, was bereits an Befunden erhoben wurde wirklich der Gesamtausdehnung entspricht, welche Therapiebausteine am besten zur Person und zum Krankheitsbild passen. Die Radiologie habe hier einen großen Anteil an der Entscheidung über die weiteren Schritte. Neben dem wöchentlichen Tumorboard hat Stephanie Sauer täglich mehrmals Kontakt zu ihren Kolleginnen und Kollegen im Brustzentrum, um sich kurzfristig zu besprechen. „Da unsere Mammadiagnostik im Gebäude der Frauenklinik ist, sind wir räumlich nah beieinander, wovon auch die Patientinnen und Patienten extrem profitieren, da sie fast alle Termine unter einem Dach haben.“ Das sei schon besonders. 

Auch deshalb sei ihre Fachrichtung so schön und unterscheide sich von anderen radiologischen Bereichen: Sie hat stetigen Kontakt zu den Patientinnen und Patienten. Einige sieht sie, wenn sie mit einem Tastbefund oder einem unklaren Befund von niedergelassenen gynäkologischen oder radiologischen Praxen überwiesen werden, andere, wenn sie von der hausinternen Gynäkologie kommen, um deren Diagnostik zu ergänzen. „Wir bieten hier am UKW die komplette Palette der Diagnostik!“, so Sauer. „Und ich kann den gesamten Verlauf ihrer Erkrankung von Diagnosestellung bis Therapie und sogar noch der Nachsorge mitbegleiten.“

Prof. Dr. Achim Wöckel, Direktor der Frauenklinik am UKW ergänzt: „Die sehr enge und zukunftsweisende Kooperation zwischen Frauenklinik und der Radiologie unter dem gleichen Dach bringt enorme Vorteile für die Betroffenen. Enge Abstimmungen zwischen der Frauenklinik und der Radiologie optimieren die Versorgung der Patientinnen und führen zu einer deutlich höheren Qualität von der Diagnostik, über die multimodale präoperative Markierung bis hin zur individuellen Nachsorge. Es ist eine große Freude diesen Erfolg in einem hochmotivierten Team begleiten zu dürfen."

Mammasonographie – 2D- und 3D-Mammographie – Magnetresonanztomographie

Was beinhaltet die Mammadiagnostik? Die Ultraschalluntersuchung, auch Mammasonographie genannt, ist sehr breit verfügbar und vor allem bei dichtem Brustgewebe hilfreich. Die Mammographie hingegen ist nur in der Radiologie möglich. „Bei der Röntgenuntersuchung sehen wir Mikroverkalkungen, die wir sonst mit keiner anderen bildgebenden Modalität sehen“ erklärt Stephanie Sauer. In solchen Mikroverkalkungen können klassische Krebsvorstufen, ein so genanntes DCIS, stecken. Seit vielen Jahren gibt es im Brustzentrum ein Mammographiegerät mit integrierter Tomosynthesefunktion und seit letztem Jahr nun auch eine sehr gute Datenlage zum Einsatz der Tomosynthese in der Früherkennung. „Damit erhalten wir einen quasi 3D-Blick auf die Brust, was vor allem bei dichtem Brustgewebe hilfreich ist“, so Stephanie Sauer. Das dritte bildgebende Verfahren in der Mammadiagnostik ist die Magnetresonanztomographie (MRT). Dabei handelt es sich um eine funktionelle Bildgebung. „Ein Tumor der schnell wächst, hat einen hohen Energiebedarf und wird besonders gut durchblutet. Entsprechend gut nimmt er das Kontrastmittel auf, das wir dann auf den Bildern sehen“, erläutert Stephanie Sauer die Vorteile. Das MRT-Verfahren ist zur präoperativen Planung, aber speziell auch für Hochrisikopatientinnen nützlich, denen aufgrund einer familiären Häufung an Brustkrebserkrankungen oder besonderen Krebssubtypen ein intensiviertes Früherkennungsprogramm empfohlen wird. „Da man hier am allerschnellsten am allermeisten findet, erhalten diese Patientinnen bereits ab dem Alter von 25 oder 30 Jahren im jährlichen Rhythmus eine MR-Untersuchung“, so Stephanie Sauer, deren Forschungsschwerpunkt in einem Spezialbereich der MRT, der diffusionsgewichteten Bildgebung (DWI) liegt. 

Biopsie zur Abklärung von Befunden

Wird in der Bildgebung eine Auffälligkeit entdeckt, steht häufig eine Biopsie an, also die Entnahme einer Gewebeprobe aus Knoten und Herdbefunden. Auch die hat sich in den letzten Jahren mit dem Upright-Biopsiesystem für die Mammographie weiterentwickelt. Die Patientinnen liegen nicht mehr bäuchlings auf einem Tisch, sondern können aufrecht am Mammographiegerät sitzen. „Dadurch kommen wir an Stellen, die vorher nicht erreichbar waren“, erklärt Stephanie Sauer. Die Bildqualität sei besser und das Verfahren wesentlich schneller und angenehmer für die Patientinnen. Darüber hinaus kann ultraschallgesteuert oder im MRT biopsiert werden, oder natürlich operativ der Befund histologisch gesichert werden. Vor der offenen Biopsie wird die verdächtige Stelle in der Radiologie mit einem dünnen Draht markiert; ein Verfahren, das auch bei bereits bekanntem Brustkrebs im Rahmen der operativen Therapie zum Einsatz kommt. Die feingewebliche Analyse und Ausdehnung bestimmen das weitere Vorgehen. 

Wie wirkt sich das Mammographie-Screening aus? Laut Zentrum für Krebsregisterdaten des Robert Koch Instituts konnte gezeigt werden, dass in der Screening-Altersgruppe zuletzt weniger Frauen an fortgeschrittenen Tumoren erkrankten als vor Einführung des Screenings. Seit Ende der 1990er Jahre gehen die Sterberaten an Brustkrebs kontinuierlich zurück, zuletzt am stärksten bei Frauen zwischen 55 und 69 Jahren.

*Interview mit Prof. Dr. Thorsten Bley zum Programm Blended Learning Mammadiagnostik
 

Mitarbeiter sichtet am Computer Mammografie-Bilder
Bearbeitung der Fallsammlung „Blended Learning Mammadiagnostik“ © privat
Preisträger und Preisträgerinnen mit Urkunden
Verleihung des Eugenie-und-Felix-Wachsmann-Innovationspreises 2023 beim Deutschen Röntgenkongress 2023. V.l.n.r.: Prof. Dr. Michael Uder (Vorsitzender der Akademie für Fort- und Weiterbildung in der Radiologie), Dr. Philip Gruschwitz, Dr. Sara Christner, Dr. Stephanie Sauer; © privat
Stephanie Sauer hält auf Röntgenkongress einen Vortrag
Dr. Stephanie Sauer, Leiterin der Gynäkologischen Radiologie am Uniklinikum Würzburg, präsentiert auf dem Deutschen Röntgenkongress 2023 das Konzept „Blended Learning Mammadiagnostik“. © privat
MRT-Bild eines 8 Millimeter großen Mammakarzinoms
Frühzeitige Detektion eines kleinen (8 mm) Mammakarzinoms der linken Brust bei einer 62-jährigen Patientin mit bekannter Genmutation im MRT. © Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, UKW
Mammographie-Bild zeigt mehrere Herde und bösartige Verkalkungen
Mammographie der linken Brust einer 59-jährigen Patientin mit Brustkrebs mit mehreren Herden und bösartigen Verkalkungen, die sämtlich im Rahmen der operativen Therapie entfernt werden müssen. © Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie, UKW
Geräteaufnahme vom Upright-Biopsiesystem
Beim Upright-Biopsiesystem können die Patientinnen aufrecht am Mammographiegerät sitzen, wodurch mehr Stellen erreicht werden. Zudem ist das Verfahren schneller und angenehmer für die Patientinnen und liefert eine bessere Bildqualität. © privat

Kehlkopfschrittmacher macht das Leben stimmiger

Zehn Jahre nach der Machbarkeitsstudie, in der neun Personen mit beidseitiger Stimmlippenlähmung ein Kehlkopfschrittmacher implantiert wurde, finden jetzt am Uniklinikum Würzburg (UKW) sowie in Berlin, Gera, Innsbruck, Stuttgart und Wien Folgestudien mit einem weiterentwickelten Implantat der Firma MED-EL statt.

Fabian Kraus mit medizinischem Instrument
Stimm- und Schluckdiagnostik: Das IZSS bietet unter der Leitung von Fabian Kraus eine differenzierte Diagnostik an. © Daniel Peter / UKW
Arzt erläutert am Monitor Aufbau und Funktionen des Kehlkopfes
Endoskopie des Kehlkopfes: Erläuterungen am eigenen Bild machen die Zusammenhänge für die Patientin verständlich. © Daniel Peter / UKW
Arzt erläutert Parese am Kehlkopfmodell
Kehlkopfmuskulatur im Modell: Der Stimmlippenöffner, der bei Paresen nicht mehr angesteuert wird. © Daniel Peter / UKW

Sie konnte weder Amsterdam noch Adam sagen, das Schlucken fiel ihr schwer, und bei der kleinsten körperlichen Anstrengung blieb ihr die Luft weg. Der Tumor in der Schilddrüse war zwar erfolgreich entfernt worden, doch mit ihm hatte Carola Mayer (Name von der Redaktion geändert) auch ihre Leistungsfähigkeit und Stimme verloren - für die damals 41-jährige, die in der Kommunikationsbranche arbeitet, ein schwerer Schlag. 14 Jahre später plaudert sie im Podcast Phon-O-Ton des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) mit Dr. Fabian Kraus, Oberarzt in der HNO-Klinik und Leiter des Interdisziplinäres Zentrums für Stimme und Schlucken (IZSS) am UKW laut und deutlich über ihr neues Lebensglück. Dieses verdankt sie vor allem dem Kehlkopfschrittmacher, der ihr vor zehn Jahren im Rahmen der Machbarkeitsstudie „Laryngeal Pacemaker" als eine der ersten Patientinnen weltweit in Würzburg implantiert wurde. 

Nach einigen Weiterentwicklungen des Implantats, welches durch einen elektrischen Impuls die gelähmten Stimmlippen öffnet, sind jetzt Folgestudien gestartet. Neben den Unikliniken Würzburg und Innsbruck sowie dem SRH Wald-Klinikum Gera, in denen damals die Pilotstudie mit insgesamt neun Studienteilnehmenden durchgeführt wurde, nehmen heute auch die Charité Berlin, das Klinikum Stuttgart und das AKH Wien an den Studien teil. Insgesamt werden pro Zentrum sechs Personen in die Studien aufgenommen. Ziel ist eine weltweite Zulassung für den von der österreichischen Firma MED-EL Elektromedizinische Geräte GmbH entwickelten Kehlkopfschrittmacher.

Schrittmacher hilft dem Kehlkopfmuskel auf die Sprünge 

Mit einem von den Studienzentren und MED-EL gemeinsam entwickelten minimal-invasiven Verfahren werden die Elektroden endoskopisch an den feinen Nervenast platziert, welcher zuvor durch eine Infektion, ein Trauma oder, wie im Fall von Carola Mayer, durch eine vorhergehende Operation beschädigt wurde. Durch die Nervenschädigung ist die Verbindung zum Muskel gestört. Der Nerv kann die Botschaft vom Gehirn, nämlich den Kehlkopf beim Atmen oder Sprechen zu bewegen, nicht mehr umsetzen. Mit dem Schrittmacher wird dem Kehlkopfmuskel gewissermaßen auf die Sprünge geholfen. Die Impulse kommen vom Implantat, das direkt unter der Haut auf dem Brustbein eingesetzt und von einem Prozessor gesteuert wird. Der Prozessor ist von außen auf der Haut per Magnet mit dem Implantat verbunden. 

Man spüre weder das Implantat noch störe der magnetische Knopf auf der Haut, sagt Carola Mayer. „Wenn ich eine Bluse mit Ausschnitt tragen möchte und im Theater sitze, also mich weder bewegen noch sprechen muss, kann ich den Prozessor auch abnehmen“, berichtet sie und fügt schnell hinzu: „Der Prozessor ist aber immer griffbereit in meiner Handtasche.“ 

Jeder Millimeter zählt: Aussicht auf eine Stimme und mehr Luft über jeden Zweifel erhaben 

Mit jedem Millimeter, den sich die Stimmlippe mehr öffnet, bekommt sie mehr Luft. Ein Hauch könne manchmal den entscheidenden Schritt ausmachen. Ein Jahr nach der Schilddrüsenoperation wurde bei Carola Mayer bereits ein Teil der rechten Stimmlippe entfernt, um im Kehlkopf mehr Platz zu schaffen und so die Atmung zu erleichtern. „Das war schon sehr befreiend“, sagt sie. Sie konnte endlich wieder aufatmen, zwar weiterhin eingeschränkt, aber sie war froh, dass sie keinen Luftröhrenschnitt benötigte. Doch die Stimme besserte sich auch durch logopädisches Training nur minimal. „Das war schlimm“, blickt sie zurück. „Das wollte ich nicht akzeptieren.“ Und so machte sie bei der Studie mit. Die Aussicht auf eine Stimme und mehr Luft sei über jeden Zweifel erhaben gewesen. 

Heute kann sie sogar wieder walken und ihre Einkäufe tragen, sie kann problemlos sprechen und wird verstanden. Die Stimme hat sich entsprechend auf ihre Stimmung ausgewirkt. Daher rät sie allen Patientinnen und Patienten: „Setzen Sie sich mit neuen Studien auseinander, wägen Sie ab, ob es für Sie ein gangbarer Weg ist und wenn ja, probieren Sie ihn aus!“

Beleidigter Nerv bei beidseitiger Stimmlippenparese 

Fabian Kraus, erklärt: „Es kann manchmal ein bis zwei Jahre dauern, bis sich ein durch eine Operation oder eine Infektion geschädigter Nervenstrang zwischen Gehirn und Kehlkopf regeneriert.“ Der Nerv sei „beleidigt“ und müsse sich erholen. Manchmal tut er es aber nie und die Kontrolle über die Stimmlippen geht dauerhaft verloren. „Da die beidseitige Stimmlippenlähmung zu einer lebensbedrohlichen Beeinträchtigung der Atmung führen kann, muss chirurgisch interveniert und die Stimmritze vergrößert werden. Die Verbesserung der Atmung geht aber oft zulasten der Stimmqualität.“ 
In Deutschland und Österreich erleiden jedes Jahr etwa 1.000 Personen eine beidseitige Stimmlippenlähmung, auch Stimmlippenparese genannt. Die Betroffenen werden oft berufsunfähig und ziehen sich aus dem gesellschaftlichen Leben zurück. „Ich war den Tumor zwar los, fühlte mich jedoch um 30 Jahre gealtert“, schildert Carola Mayer die Zeit nach der Schilddrüsenoperation. Der Kehlkopfschrittmacher hat ihr ein großes Stück Lebensqualität zurückgeben, mehr Luft und Stimme. 

„Die Entwicklung des weltweit ersten Kehlkopfschrittmachers spiegelt unser Engagement für medizinische Innovation durch globale Zusammenarbeit wider. Umfassende klinische Studien mit renommierten Kliniken in Österreich und Deutschland bringen uns dem Ziel näher, diese lebensverändernde Technologie zugänglich zu machen. Durch diese gemeinsamen Initiativen verbessern wir nicht nur die Lebensqualität von betroffenen Menschen, sondern erweitern auch die Grenzen dessen, was moderne Gesundheitsversorgung leisten kann.“

Dr. Ingeborg Hochmair, CEO von MED-EL

Systematische und multiprofessionelle Diagnostik und Behandlung im Interdisziplinären Zentrum für Stimm- und Schluckstörungen IZSS

Die Diagnostik, Therapie und Erforschung von Stimm- und Schluckstörungen sind schon seit vielen Jahren ein Schwerpunkt der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenkrankheiten, plastische und ästhetische Operationen des UKW. Da es je nach Ursache der Störung viele Berührungspunkte zu anderen Fachrichtungen wie etwa zur Neurologie, Inneren Medizin, Chirurgie, Kinderheilkunde oder Zahn-, Mund- und Kiefergesundheit gibt, wird das Fachwissen der jeweiligen Expertinnen und Experten seit Februar 2020 im IZSS gebündelt. Inzwischen erreichen das an der HNO-Klinik angesiedelte interdisziplinäre Zentrum Anfragen aus ganz Deutschland. Auch die von Fabian Kraus ins Leben gerufene Fortbildungsreihe „Im Focus“ stößt auf große Resonanz. „Am Webinar nehmen regelmäßig rund 100 Ärztinnen und Ärzte, Therapeutinnen und Therapeuten, Pflegende und Interessierte aus Deutschland, Schweiz und Österreich“, freut sich der geschäftsführende Leiter des IZSS. 

Der Kehlkopf im Fokus beim Sprechen, Schlucken und Atmen

Gemeinsamer Dreh- und Angelpunkt der Stimme und des Schluckens ist der Kehlkopf. Er sorgt dafür, dass beim Schlucken keine Speise in die Luftröhre gelangt. Mit seinen mittig gelegenen Stimmlippen ist er zudem für die Lautbildung zuständig. Die Stimmlippen öffnen sich beim Einatmen und spannen sich zur Stimmbildung beim Ausatmen, sodass der durchströmende Luftstrom die nun eng aneinander liegenden Stimmlippen zum Schwingen bringt. Es entstehen Schallwellen, die wir als Stimme wahrnehmen. Je höher die Töne desto intensiver schwingen die Stimmlippen. Beim hohen C schließen sie sich zum Beispiel mehr als 1.000 Mal in der Sekunde. Männerstimmen klingen übrigens tiefer als Frauenstimmen, weil die Stimmlippen der Männer in der Regel länger sind und langsamer schwingen. Sind die Stimmlippen entzündet, vernarbt oder verschleimt, können die Stimmlippen nicht mehr schwingen und wir klingen heiser. Doch auch unsere Stimmung macht sich am Kehlkopf bemerkbar. Wenn uns etwas bedrückt, können wir nicht richtig einatmen und bringen bisweilen keinen Ton mehr heraus. 


Interdisziplinäres Zentrum für Stimm- und Schluckstörungen IZSS
Telefon: +49 931 – 201 21888, E-Mail: izss@ukw.de, www.ukw.de/izss.
 

Fabian Kraus mit medizinischem Instrument
Stimm- und Schluckdiagnostik: Das IZSS bietet unter der Leitung von Fabian Kraus eine differenzierte Diagnostik an. © Daniel Peter / UKW
Arzt erläutert am Monitor Aufbau und Funktionen des Kehlkopfes
Endoskopie des Kehlkopfes: Erläuterungen am eigenen Bild machen die Zusammenhänge für die Patientin verständlich. © Daniel Peter / UKW
Arzt erläutert Parese am Kehlkopfmodell
Kehlkopfmuskulatur im Modell: Der Stimmlippenöffner, der bei Paresen nicht mehr angesteuert wird. © Daniel Peter / UKW