Emeritierung von Prof. Eva-Bettina Bröcker Frauenpower an der Universitäts-Hautklinik

Nach fast zwei Jahrzehnten als Direktorin der Hautklinik des Universitätsklinikums Würzburg geht Prof. Eva-Bettina Bröcker Ende September dieses Jahres in den Ruhestand. Unter ihrer Leitung hat sich das Haus einen Spitzenplatz in der dermatologischen Lehre, Forschung und Klinik erobert.

Prof. Eva-Bettina Bröcker wurde im Jahr 1991 als Direktorin der Würzburger Universitäts-Hautklinik berufen. Bei Dienstantritt im März 1992 fand sie außer einer erfahrenen Oberärztin eine überaus junge Ärzteschaft vor. “Mein Ziel war, die Würzburger Dermatologie zu möglichst hoher Qualität zu entwickeln“, erinnert sich die gebürtige Bielefelderin. Die schwere Aufbauarbeit in Würzburg sah sie als Chance: „So konnte ich versuchen, die individuellen Begabungen junger Ärzte zu erkennen und nach Kräften zu fördern.“ Dass dies, ebenso wie das Hinzukommen exzellenter Oberärzte Früchte getragen hat, mag daran zu erkennen sein, dass in den vergangenen Jahren vier dermatologische Lehrstühle im In- und Ausland sowie eine Reihe weiterer Professuren mit ehemaligen Schülern von Prof. Bröcker besetzt werden konnten.

Frauen in der Wissenschaft fördern

Nach einer immunologischen Forschungszeit in Kiel und Basel sowie der dermatologischen Weiterbildung an der Universität Münster, wo auch ihr Mann als Mathematikprofessor tätig war, erhielt Eva-Bettina Bröcker als erste Frau einen medizinischen Lehrstuhl in Würzburg. Seither arbeitet sie daran, Frauen in der Wissenschaft zu fördern. Von den 15 von ihr in ihrer Amtszeit betreuten Habilitanden waren vier Frauen, drei davon haben auch Kinder.

Hoch aktive Forscherin

Auch die Direktorin selbst ist in der Forschung hoch engagiert. Während allein die Anzahl von 530 in Medline gelisteten Publikationen beeindruckt, ist es vor allem die hohe Zitationsrate, die den Koryphäen-Status von Prof. Bröcker untermauert. „Unsere Arbeitsgruppe hat einige Arbeiten abgeliefert, die für die Dermatologie, Onkologie und Entzündungsforschung offenbar wichtig wurden“, erläutert die 65-jährige Medizinerin.

Ehre, wem Ehre gebührt

Ihre Leistungen fanden ihren Niederschlag in zahlreichen Preisen und Auszeichnungen, darunter das Verdienstkreuz am Bande der Bundesrepublik Deutschland (1997) sowie der Bayerische Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst (2001). Als besondere Ehre empfand Prof. Bröcker zudem die Wahl in die von Männern dominierte Bayerische Akademie der Wissenschaften im Jahr 2001 und im Folgejahr die Aufnahme in die Leopoldina, die Nationale Akademie der Wissenschaften.

Kinder, Karriere, Klinik – alles unter einem Hut

Woher kommt der Antrieb, all diese Aufgaben über zwei Jahrzehnte hinweg immer wieder mit neuer Energie anzugehen – zumal Eva-Bettina Bröcker – unterstützt von ihrem Mann ‑ parallel zu ihrer Karriere auch noch eine Familie mit drei Töchtern gemanagt hat? „Zum einen bin ich eine begeisterte Ärztin und kümmere mich gerne um kranke Menschen. Zum anderen bin ich eine neugierige Forscherin, und die Dermatologie bietet dafür besonders interessante Tätigkeitsfelder.“ Für die Verbindung von Familie und Karriere gibt es ein familiäres Vorbild: „Meine Mutter, selbst Ärztin, war durch den frühen Tod meines Vaters allein mit zwei Kindern und einer Praxis. Und dass zwei unserer Töchter, schon in der Studienzeit geboren, bei meinem Dienstantritt bereits am Ende ihres eigenen Studiums waren, hat meinen beruflichen Weg sicherlich erleichtert. In Deutschland muss allerdings noch einiges getan werden, um Frauen die Kombination von Universitätskarriere und Familie zu ermöglichen!“

Gute Klinik und Freiräume für Forschung

Voraussetzungen für exzellente klinische Arbeit und gute medizinische Forschung sind Organisation und Kollegialität. „Spitzenforschung kann man nicht so nebenbei nach Feierabend machen“, unterstreicht Prof. Bröcker. Deshalb bräuchten forschungsengagierte Ärztinnen und Ärzte zeitliche Freiräume für Forschungsarbeiten ‑ eine schwierige Aufgabe, die am besten in einer kollegialen Atmosphäre zu lösen sei.

In der Onkologie für die Zukunft gut aufgestellt

Ein persönlicher Schwerpunkt von Prof. Bröcker war die Behandlung von Hautkrebs. In Würzburg konnten hier mit dem im Jahr 2010 zertifizierten Hautkrebszentrum und dessen Einbettung in das Comprehensive Cancer Center Mainfranken wichtige Weichen für die Zukunft gestellt werden.

Dauerbrenner Gebäudesanierung

Eine Herausforderung und große Belastung für Patienten wie Mitarbeiter war und ist die seit Jahren andauernde, sukzessive Sanierung des historischen Klinikgebäudes. Der „Lohn der Leiden“ sind nun zeitgemäße Patientenzimmer und moderne Funktionsräume.

Herausforderung demografischer Wandel

Ihrem Nachfolger Prof. Matthias Goebeler übergibt die Direktorin eine Klinik mit rund 30 ärztlichen Mitarbeitern, einem großen Einzugsgebiet und einer großen Ambulanz. Wie andere medizinischen Bereiche wird sich auch die Dermatologie in Zukunft aufgrund der demografischen Entwicklung verstärkt um ältere Patienten kümmern müssen. Prof. Bröcker: „Eine besondere Herausforderung sind die im Alter häufig auftretenden Hauttumoren. Hinzukommen die in jungem, wie gerade auch in hohem Lebensalter auftretenden entzündlichen Hautkrankheiten, einem der wissenschaftlichen Schwerpunkte von Prof. Goebeler.“ Als wesentlichen Pluspunkt zum Wohle der Patienten sieht Prof. Bröcker die gute interdisziplinäre Zusammenarbeit am Würzburger Klinikum.

Weiter geht’s als Senior-Prof. und „Post-Prof.“

Der Amtswechsel ist für das Energiebündel Bröcker kein vollständiger Abschied vom Würzburger Universitätsklinikum und vom Gesundheitswesen: „Ich werde auch in Zukunft als Senior-Professorin noch beratend tätig sein, mich in der Förderung von Studierenden und wissenschaftlichem Nachwuchs engagieren sowie Beraterfunktionen in der Wissenschaftspolitik ausüben.“ Auch das Forschen wird sie wohl nicht sein lassen können: „Ich plane, sozusagen als ‚Post-Prof.‘, Fragen wissenschaftlich zu bearbeiten, die wegen ihres ungewissen Ergebnisses für jemanden, der noch Karriere machen möchte, zu gefährlich wären.“