Forschung: Kampf gegen resistente Bakterien

Aus dem Online-Magazin einBLICK der Julius-Maximilians-Universität Würzburg vin 12.06.2018

Forschungsgruppen der Universitäten Halle-Wittenberg, Greifswald und Würzburg arbeiten an neuartigen Wirkstoffen gegen Bakterien. Für ihr Projekt bekommen sie eine Million Euro vom Bundesforschungsministerium.

Egal ob Staphylokokken oder die gefürchteten MRSA-Keime: Resistente Bakterien sind in der Medizin weltweit ein Problem. Neue Wirkstoffe mit geringen Nebenwirkungen sind nötig, um Infektionskrankheiten langfristig und verlässlich behandeln zu können. Ihre Entwicklung ist aber aufwendig, teuer und wird von der Industrie nur selten vorangetrieben.
Hier setzt ein neues Forschungsprojekt der Universitäten Halle-Wittenberg, Greifswald und Würzburg an, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis Ende 2019 mit rund einer Million Euro gefördert wird.

Spezielles Bakterien-Enzym im Blick

Im Zentrum steht ein spezielles Enzym in Bakterien, die Pyruvatkinase. Sie ist für den Stoffwechsel von zentraler Bedeutung. Die Idee der Forscher: Lässt sich dieses Enzym ausschalten, behindert das den Stoffwechsel der Bakterien – und macht sie letztlich unschädlich.
„Bisher gibt es keine Antibiotika, die direkt auf die Pyruvatkinase abzielen. Das macht das Enzym für die Erforschung und Erprobung neuer Wirkstoffe interessant, denn somit könnten auch bestehende Antibiotikaresistenzen gebrochen werden“, sagt Professor Andreas Hilgeroth vom Institut für Pharmazie der Universität Halle-Wittenberg.
Die Forschungsgruppen wollen klären, wie solche neuartigen Antibiotika aufgebaut sein müssen, um ihre Wirkung ideal entfalten zu können. Dafür erforschen sie die Struktur der Pyruvatkinase und suchen nach besonders markanten Abschnitten, die es weder in anderen Bakterien noch beim Menschen gibt. Für diese Struktur entwickeln sie dann Substanzen, die nur an einer speziellen Stelle andocken können und so möglichst wenige Nebenwirkungen haben.

Infektionsbiologie der JMU beteiligt

An der Julius-Maximilians-Universität Würzburg überprüfen Infektionsbiologen um Privatdozent Knut Ohlsen dann die neuen Substanzen auf ihre antimikrobiellen und toxischen Eigenschaften. Speziell geht es hier darum, die Substanzen auf unerwünschte Nebenwirkungen zu überprüfen – also ob sie tatsächlich nur die gewünschten Strukturen der Bakterien angreifen und nicht etwa auch menschliche Zellen.
Die Wirksamkeit der neuen potentiellen Wirkstoffe und die Auswirkungen auf den Stoffwechsel der Bakterien werden an der Universität Greifswald analysiert. Hier leitet Professor Michael Lalk vom Institut für Biochemie die Forschungsarbeiten.

Neue Zielstruktur etablieren

Am Ende stehen im Idealfall mehrere Kandidaten für neue Wirkstoffe gegen Staphylokokken oder MRSA-Keime. „Unser Ziel ist es, eine neue Zielstruktur für den Kampf gegen resistente bakterielle Erreger zu etablieren. So lassen sich womöglich einfachere, günstig verfügbare Wirkstoffe entwickeln“, fasst Hilgeroth zusammen. Zwar könnten Bakterien auch gegen diese Wirkstoffe Resistenzen entwickeln. Da hier aber ein völlig neuer Ansatz verfolgt werde, dürfte dies längere Zeit dauern.
Das Verbundprojekt der Universitäten Halle, Würzburg und Greifswald wird im Rahmen der BMBF-Förderrichtlinie „Targetvalidierung für pharmazeutische Wirkstoffentwicklung“ gefördert. Die Erkenntnisse aus dem Forschungsprojekt sollen möglichst rasch in eine konkrete Anwendung überführt werden. Deshalb orientieren sich die Forscher bereits in der Anfangsphase an industriellen Standards und suchen auch den Kontakt zur Pharmaindustrie.

Kontakt
Prof. Dr. Andreas Hilgeroth, Institut für Pharmazie der Uni Halle-Wittenberg,
Telefon +49 345 55-25168, andreas.hilgeroth@ pharmazie.uni-halle.de
PD Dr. Knut Ohlsen, Institut für Molekulare Infektionsbiologie der Uni Würzburg
Telefon +49 931 31-82155, knut.ohlsen@ uni-wuerzburg.de
Prof. Dr. Michael Lalk, Institut für Biochemie, Uni Greifswald
Telefon +49 3834 420-4867, lalk@ uni-greifswald.de