Künftig Konferenzen im bisherigen Betsaal des Würzburger Uniklinikums

Im evangelischen Betsaal des Uniklinikums Würzburg sollen demnächst Konferenzen stattfinden. Ein letzter Gottesdienst beendete die gottesdienstliche Nutzung des für die evangelische Kirchengeschichte Würzburgs bedeutsamen Raums.

Hinter einem hölzernen Portal, noch vor dem Haupttor des Klinikumsgeländes an der Josef-Schneider-Straße, befindet sich ein kleines architektonisches Schmuckstück des Universitätsklinikums Würzburg (UKW): der im Jahr 1921 eingeweihte evangelische Betsaal. Der mit einem lichten Tonnengewölbe ausgestattete Saal soll angesichts der wachsenden Raumnot am UKW bald zu einem Konferenzraum für die Verwaltung des Klinikums umgebaut werden.
Am 7. Juli dieses Jahres lud das Seelsorgeteam des Klinikums deshalb zu einem letzten öffentlichen, ökumenischen Gottesdienst in den Betsaal ein. Die Pfarrerin und stellvertretende evangelisch-lutherische Dekanin Susanne Wildfeuer erinnerte dabei an dessen große Bedeutung für die evangelische Kirchengeschichte Würzburgs. Eine Bedeutung, die bei der Einweihung des Gotteshauses so wohl nicht vorhersehbar war. Dekanin Wildfeuer berichtete: „Als vor 95 Jahren das Luitpoldkrankenhaus errichtet wurde, sollten auch die evangelischen Christinnen und Christen einen Ort des Gebets erhalten. Klein und bescheiden, so wie es ihrer damaligen Zahl entsprach. Keine Kirche, sondern einen Betsaal, vor dem Tor, im Eingangsbereich des Krankenhauses, in Distanz – wenn auch in Sichtweite – zur katholischen Krankenhauskirche.“

Im Krieg unzerstört

Seine besondere Stellung gewann der Gottesdienstraum erst am Ende des zweiten Weltkriegs und in den Jahrzehnten danach. Er überstand die Bombardierung Würzburgs am 16. März 1945 unbeschadet und war – bis zum Wiederaufbau der St.-Johannis-Kirche in der Nähe der Würzburger Residenz – die einzige nutzbare evangelische Kirche der Stadt. „Manchmal fanden hier drei bis vier Gottesdienste hintereinander statt – der kleine Raum konnte die Menschen, die Gottes Nähe suchten, nicht fassen“, schilderte Susanne Wildfeuer.

Selbst als im Jahr 1970 die Thomas-Gemeinde im Würzburger Stadtteil Grombühl gebildet wurde, hielten manche Gemeindeglieder dem Betsaal noch lange die Treue. Zudem war bis 1966 die Altkatholische Gemeinde dort mit ihren Gottesdiensten zu Gast.

Gottesdienste überwiegend im Raum der Stille

Seit September 2010 werden die sonntäglichen Abendmahls-Gottesdienste jeweils um 9.00 Uhr im Raum der Stille im damals neuen Zentrum für Operative Medizin (ZOM) gefeiert und zu den Patienten per TV übertragen. Der Betsaal wurde in der Folge nur noch selten genutzt, zum Beispiel in der Advents- und Passionszeit für die Gebetsandachten des ökumenischen Seelsorgeteams, für Gottesdienste der Kursabsolventen der Klinischen Seelsorgeausbildung und manchmal auch als Ort für die stille Einkehr von Patienten und Angehörigen, insbesondere der Kinderklinik.

Neue Räume für die Seelsorge in Aussicht

Der als Gottesdienstraum nicht mehr benötigte Betsaal wird nun auf Wunsch der Klinikumsverwaltung umgewidmet. „Die Umnutzung des Betsaals ist zwar ein Verlust für die Seelsorge, doch es gibt auch gute Perspektiven. Durch Umbauten in der Universitätsfrauenklinik und geplante Räume im Neubau der Kopfklinik werden für Patienten, Angehörige und Personal neue sakrale Räume für Gottesdienst, Meditation und Stille entstehen“, schilderte Jürgen Floß, der erste evangelische Klinikpfarrer am UKW.

Gottesdienst mit Zeitzeugen und Prozession

Beim vom ökumenischen Seelsorgeteam des UKW gestalteten Abschiedsgottesdienst war der Betsaal nochmals voll besetzt. In dessen Verlauf kamen auch Zeitzeugen aus der Geschichte des Gotteshauses zu Wort – die älteste darunter mit 95 Jahren.

Nach dem Gottesdienst verließ die Gemeinde den Betsaal in einer Prozession. Dabei wurden alle wichtigen Gegenstände, wie die Altarbibel, die Leuchter, die Abendmahlsgeräte und die Taufschale, zur katholischen Krankenhaus-Kirche getragen, wo sie für eine Übergangszeit aufbewahrt werden. Einen Ehrenplatz an der Spitze der Prozession gebührte dem von Jürgen Trantow gestalteten Kreuz des Betsaals, das auch die Vorlage für das Logo des UKW-Seelsorgeteams war.

Für den Herbst dieses Jahres ist geplant, am ehemaligen Gotteshaus eine Gedenktafel anzubringen, die an dessen Funktion und Geschichte erinnert.