Krebs, Diabetes, Stammzellen und andere Themen: Neun junge Mediziner starten an der Uni Würzburg ihre ersten eigenen Forschungsprojekte. Finanziell gefördert werden sie dabei vom Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung.
Bessere Heilungschancen für Patienten stehen bei allen Projekten im Vordergrund, wie das Interdisziplinäre Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) der Universität mitteilt. Unterstützt werden die neun jungen Forscher von wissenschaftlichen Mentoren.
Mit 900.000 Euro fördert das IZKF die Projekte über eine Laufzeit von zwei Jahren. Sie gehören zum so genannten Erstantragsteller-Programm: Dieses soll promovierten Nachwuchswissenschaftlern die Möglichkeit geben, ihre eigenen Forschungsansätze auszubauen.
Gestörter Knochen- und Mineralstoffwechsel
Die Hypophosphatasie ist eine seltene Störung des Knochen- und Mineralstoffwechsels. Die Betroffenen leiden an zahlreichen Symptomen, unter anderem an Beeinträchtigungen der Knochen, der Nierenfunktion und des Zentralen Nervensystems.
Typisch für die Krankheit: eine verminderte Aktivität des Enzyms „Gewebe-unspezifische Alkalische Phosphatase“. Christine Beck von der Kinderklinik will die bislang unbekannte Funktion des Enzyms in der Zelle sowie beim Knochen- und Mineralstoffwechsel klären. Mentor: Franz Jakob, Orthopädie
Eierstockkrebs trickst Immunsystem aus
Eierstockkrebs ist häufig unheilbar. Zudem kann sich dieser Tumor dem Zugriff der körpereigenen Immunabwehr entziehen. Wie er das schafft, will Sebastian Häusler von der Frauenklinik erforschen.
Die Enzyme CD39 und CD73 stehen im Mittelpunkt des Projekts: Sie wandeln das immunstimulierende Molekül ATP in Adenosin um, welches das Immunsystem hemmt. Die Bedeutung der beiden Enzyme will Häusler in Zellkulturen und am Tiermodell analysieren. Mentor: Jörg Wischhusen, Frauenklinik
Diabetes und seine Entstehung
Das Woodhouse-Sakati-Syndrom ist eine seltene Erbkrankheit. Wer davon betroffen ist, leidet unter der Zuckerkrankheit sowie unter Störungen der Hirnanhangdrüse und des Nervensystems. Seit zwei Jahren ist die verantwortliche Genmutation bekannt.
Wie führen die Veränderungen in diesem Gen zur Zuckerkrankheit? Das will Matthias Kroiß von der Medizinischen Klinik I herausfinden. Er kooperiert dabei mit dem Biochemiker Utz Fischer vom Biozentrum und mit Max-Planck-Forschern aus Göttingen. Die Wissenschaftler hoffen auf grundlegende Einsichten, die sich für die Behandlung von Diabetikern nutzen lassen. Mentor: Utz Fischer, Biochemie
ADHS und die Rolle der Latrophiline
Wer eine bestimmte Variante des Gens Latrophilin-3 trägt, hat ein höheres Risiko, an der Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung (ADHS) zu erkranken. Der biologische Grund dafür ist bislang unbekannt.
Tobias Langenhan vom Physiologischen Institut will darum herausfinden, welche Moleküle mit Latrophilinen in Wechselwirkung treten. Außerdem untersucht er, welchen Einfluss Latrophiline auf Nervenzellen und deren Zellgerüst haben. Mentor: Manfred Heckmann, Physiologie
Mundhöhlenkrebs und spezielle Antigene
Kein bösartiger Tumor gleicht dem anderen. Wissenschaftler suchen darum auf oder in den Krebszellen nach deren individuellen Besonderheiten. So genannte Tumor-Antigene, die eine Krebszelle eindeutig von einer gesunden Zelle unterscheiden, spielen dabei eine wichtige Rolle.
Solche Antigene sucht Urs Müller-Richter (Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie) beim Mundhöhlenkrebs, der sechsthäufigsten bösartigen Krebsart bei Männern. Unter anderem will er herausfinden, ob sich die Antigene als Angriffspunkte für eine Immuntherapie eignen. Mentor: Stefan Gattenlöhner, Pathologie
Prostatakrebs: Wie er aggressiv wird
Der häufigste bösartige Tumor bei Männern ist das Prostatakarzinom, das unterschiedlichste Krankheitsverläufe haben kann. Frühzeitig die Tumoren mit einem besonders aggressiven Wachstum zu identifizieren, ist der Medizin bislang nicht möglich.
Welche molekularen Mechanismen führen dazu, dass sich ein Prostatakarzinom aggressiv entwickelt? Das will Maria Poßner von der Urologischen Klinik herausfinden. Im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht die „microRNA let-7“, die bei Hochrisiko-Prostatakarzinomen eine wichtige Rolle zu spielen scheint. Mentor: Ralf Bargou, Medizinische Klinik II
Zuckerhülle macht Krebszellen angreifbar
Jede Zelle des menschlichen Körpers ist von einer Art Zuckerguss überzogen. Krebszellen unterscheiden sich von gesunden Zellen durch Veränderungen dieser Zuckerstruktur – dadurch werden sie widerstandsfähiger gegenüber der körpereigenen Abwehr und gegen die Chemotherapie.
Antikörper, die bei Blut- und Lymphknotenkrebs Unterschiede in der Zuckerhülle erkennen und die Tumorzellen beseitigen können, werden an der Medizinischen Klinik II in Kooperation mit der Pathologie entwickelt. Leo Rasches Ziel dabei ist es, diejenigen Krebserkrankungen zu identifizieren, die sich mit solchen Antikörpern am besten behandeln lassen. Mentor: Max Topp, Medizinische Klinik II
Neue Therapie gegen Schilddrüsenkrebs
Schilddrüsenkrebs ist meistens gut heilbar – nicht aber, wenn sich bereits Metastasen an anderen Orten im Körper festgesetzt haben. Für eine Behandlung mit radioaktivem Jod sind diese Absiedlungen nicht mehr erreichbar.
Für dieses fortgeschrittene Stadium des Schilddrüsenkrebses will Frederik Verburg von der Klinik für Nuklearmedizin eine neue Therapie entwickeln. Sie basiert auf Antikörpern gegen den TSH-Rezeptor, der auf fast jeder Schilddrüsenkrebszelle vorkommt. Verburgs Idee: Die Antikörper werden mit einem radioaktiven Stoff markiert, binden sich an die Krebszellen, bestrahlen diese gezielt und töten sie ab. Mentor: Samuel Samnick, Nuklearmedizin
Stammzellen fürs Ohr
Aus der Hirnregion Nucleus cochlearis hat ein Team der HNO-Klinik neuronale Stammzellen gewonnen. Wo genau kommen diese Zellen vor, wie steht es um ihre Wachstums- und Differenzierungsfähigkeit? Diese Fragen will Natalia von Wasielewski klären.
Die Forscherin untersucht das Potenzial dieser Stammzellen, sich zu Nervenzellen weiterzuentwickeln. Sie hofft auf neues Wissen über die Plastizität der Hörbahn und auf neue Therapiekonzepte für Menschen, deren Gehör geschädigt ist. Mentor: Robert Mlynski , HNO-Klinik
Interdisziplinäres Zentrum für Klinische Forschung (IZKF)
(aus Uni intern Ausgabe 16 vom 27.04.2010)