PAKT: So macht Kindern Bewegung Spaß

Wie man Kindergartenkinder mit einfachen Mitteln in eine gesunde und spaßbetonte Bewegung bringt, erfuhren 30 Erzieherinnen auf einem zweitägigen Workshop Ende März in Würzburg. Die Veranstaltung war der Auftakt eines neuen Weiterbildungsprogramms, das das Universitätsklinikum Würzburg zusammen mit der Krankenkasse BARMER GEK anbietet.

Eine Erzieherin schüttet eine Kiste mit Tischtennisbällen in die Mitte des Gruppenraums: „Das sind megaaktive Bewegungsbälle, die Schaden nehmen, wenn sie aufhören zu rollen. Deshalb müsst ihr alle zusammenhelfen, damit kein Ball liegen bleibt! Rollt sie so schnell wie möglich wieder an, wenn einer Gefahr droht, liegen zu bleiben!“ Ein eifriges Gewusel aus Kindergartenkindern entsteht. „Dieses Spiel fördert Ausdauer, Kooperation, Wahrnehmung und Schnelligkeit“, sagt Dr. Kristina Roth von der Kinderklinik des Universitätsklinikums Würzburg.

Fähigkeiten, die den Schulanfängern in Deutschland mehr und mehr abhandenkommen ‑ mit teils drastischen Folgen für ihre Gesundheit. „Immer mehr Kinder sind in einer vergleichsweise schlechten körperlichen Verfassung. Schon im Kindergartenalter nehmen Übergewicht, Haltungs- und Organleistungsschwächen, Koordinationsstörungen und Bluthochdruck zu“, weiß Dr. Roth. Viele dieser Symptome sind auf mangelnde Bewegung zurückzuführen.

250 Spiele und Übungen

Um hier gegenzusteuern, hat ein Team der Würzburger Universitäts-Kinderklinik unter Leitung von Prof. Dr. Helge Hebestreit das bundesweit einzigartige Bewegungsprogramm PAKT (Prevention through Activity in Kindergarten Trial) entwickelt. „Das Programm besteht im Kern aus einer Sammlung von rund 250 Spiel- und Übungsformen, mit der Erzieherinnen und Erzieher jeden Tag kinderleicht eine rund 30-minütige Bewegungseinheit organisieren können“, erläutert Dr. Kristina Roth, die das PAKT-Programm mitkonzipierte. Hinzu kommen 52 Spiel- und Übungsideen zu Bewegungshausaufgaben für die Kinder sowie umfangreiches Informationsmaterial für die Eltern.

Das in den Jahren 2007 und 2008 in 41 Kindergärten aus den Stadtgebieten und den Landkreisen Würzburg und Kitzingen erfolgreich erprobte Programm so jetzt möglichst schnell in möglichst vielen Kindergärten verbreitet werden. Dazu arbeitet die Würzburger Universitäts-Kinderklinik mit der BARMER GEK zusammen. Die Krankenkasse finanziert ein Programm aus zweitägigen Schulungen, in denen ein Team aus Sportwissenschaftlern, Physiotherapeuten und Erzieherinnen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kindergärten in ganz Deutschland in die Hintergründe und die Durchführung des Projektes einführen.

Motorische Fähigkeiten testen

Zum ersten Workshop der geplanten Veranstaltungsreihe kamen am 25. und 26. März dieses Jahres 30 Teilnehmerinnen ins Sportzentrum der Würzburger Universität. Hier lernten sie zunächst einfache Methoden kennen, wie sie Gleichgewicht, Wurffähigkeit, Sprungkraft und Koordination ihrer Schützlinge testen können. „Nur wenn man den Ausgangsstatus der motorischen Fähigkeiten der Kinder kennt, kann man ein adäquates Training aufbauen und spätere Erfolge auch richtig einschätzen“, erklärt Dr. Roth.

Anschließend wurden beispielhafte PAKT-Bewegungseinheiten vorgestellt. In der Folge erarbeiteten und demonstrierten die Teilnehmerinnen selbstständig eigene Bewegungsstunden. Eine Bewegungseinheit ist unterteilt in pädagogisch sinnvolle Phasen. Hierzu gehören ein ‑ zum Beispiel durch Lieder ‑ ritualisierter Beginn und Schluss sowie aufwärmende Einstimmungs- und beruhigende Ausklangphasen. „Der Hauptteil sollte bei einer 30-minütigen Einheit etwa 15 bis 20 Minuten umfassen. Dabei sollten jeweils zwei inhaltliche Schwerpunkte gesetzt werden“, schildert die Sportwissenschaftlerin Carolin Hupp. Zu Beginn des Hauptteils bieten sich Spiele zur Wahrnehmungs- und Koordinationsförderung an. Ergänzend werden dann Übungen aus einem oder mehreren anderen Bereichen angeboten, wie Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Kreativität, Kooperation, Wurfschulung und Beweglichkeit.

Übungen mit einfachsten Mitteln

„Einer der Vorteile des PAKT-Programms ist, dass die Spiele keine oder nur einfach Sportgeräte benötigen. Wäscheklammern, Zeitungspapier, Plastikflaschen – oft reichen Alltagsgegenstände für ein lustiges und effektives Bewegungsspiel völlig aus“, weiß Dr. Kristina Roth. Dies erleichtere die Umsetzung in Kindergärten mit geringer Ausstattung.

Kleine Räume, ausgelagerte Turnhalle, sehr große oder in ihrer Leistungsfähigkeit stark heterogenen Gruppen – der Workshop gab weitere Hinweise, wie sich eine sinnvolle Bewegungseinheit auch unter vergleichsweise schwierigen Praxisbedingungen realisieren lässt.

„Die Veranstaltung hat mir nochmals deutlich vor Augen geführt, wie elementar regelmäßige Bewegung für Kinder ist“, sagt die Teilnehmerin Annette Feineis vom Kinderhaus „Spatzennest“ in Hausen bei Würzburg. „Nicht nur für die Entwicklung des Körpers und der Motorik, sondern auch für das Sozialverhalten, die kognitiven Fähigkeiten und die Lernfähigkeit.“ Die Kinderpflegerin plant, wenn organisatorisch irgend möglich, die wöchentlich insgesamt 2,5 Stunden an Bewegungseinheiten in ihrem Kindergarten zu realisieren.

Bundesweite Verbreitung geplant

Für die bundesweite Verbreitung des PAKT-Konzepts soll in Zukunft das Geschäftsstellennetz der Krankenkasse Barmer GEK genutzt werden. „Ausgehend von Würzburg und der Region Unterfranken planen wir, sukzessive viele weitere Workshops dieser Art in ganz Deutschland anzubieten“, erläutert Dieter Diez, Sachgebietsleiter Marketing und Vertrieb der BARMER GEK Würzburg. „Wir sehen PAKT als hervorragende Präventionsmaßnahme, die uns hoffentlich letztlich auch hilft, die vom Bewegungsmangel hervorgerufenen Folgekosten zu vermeiden.“

Für das Jahr 2011 sind bislang noch zwei weitere „Würzburg-nahe“ Workshops geplant. Was nicht zwangsläufig bedeutet, dass die Teilnehmer nur aus Franken kommen werden. So lockte schon die Pilotveranstaltung beispielsweise Erzieherinnen aus dem rund 500 km entfernten Cottbus an dem Main.

Interessenten wenden sich bitte an Dr. Kristina Roth, Universitäts-Kinderklinik Würzburg, unter
E-Mail: roth_k1@ kinderklinik.uni-wuerzburg.de
oder Ulrike John, Regionalgeschäftsstelle Würzburg der BARMEDR GEK,
E-Mail: ulrike.john@ barmer-gek.de.

Eine Homepage zum PAKT-Programm ist im Aufbau.