PROJEKT VERLÄNGERT: Millionen für die Hautkrebs-Forschung

Der schwarze Hautkrebs und seine molekularen Mechanismen stehen im Zentrum eines bundesweiten Forschungsverbunds. Die Deutsche Krebshilfe finanziert das Pro-jekt für weitere drei Jahre. Mit dabei sind zwei Arbeitsgruppen der Universität und des Universitätsklinikums Würzburg.

Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 24.000 Menschen neu an einem malignen Melanom – dem schwarzen Hautkrebs. Hoch aggressiv bildet dieser Tumor bereits zu einem frühen Zeitpunkt der Erkrankung Metastasen, die sich schnell im ganzen Körper ausbreiten. Die klassische Behandlung mit Chemo- und Strahlentherapie bringt nur in wenigen Fällen einen Heilungserfolg.

Wissenschaftler aus ganz Deutschland haben sich daher 2008 zu einem nationalen Forschungsverbund zusammengeschlossen, um neue Therapieverfahren gegen den schwarzen Hautkrebs zu entwickeln. Aufgrund der seitdem erzielten Ergebnisse hat die Deutsche Krebshilfe jetzt entschieden, den Melanomverbund für weitere drei Jahre mit 3,2 Millionen Euro zu unterstützen. Gemeinsames Ziel der Wissenschaftler ist es, die zellulären Vorgänge aufzuklären, die dazu führen, dass ein Tumor entsteht und sich im Körper ausbreitet. Daran beteiligt sind auch zwei Forschergruppen aus Würzburg.

Forschung in der Universitäts-Hautklinik

Dr. Sebastian Haferkamp konzentriert sich in seiner Forschung auf ein bestimmtes Enzym, die sogenannte B-Raf-Kinase. Haferkamp ist Assistenzarzt an der Universitäts-Hautklinik; seit 2005 hat er sich auf die Melanomforschung spezialisiert – zuerst am Melanoma Institute Australia, 2009 wechselte er an die Würzburger Uniklinik. „Wir wissen seit einigen Jahren, dass in etwa der Hälfte aller Melanome eine mutierte Form der B-Raf-Kinase vorliegt, die sich erstaunlicherweise auch in vielen gutartigen Muttermalen nachweisen lässt“, sagt Haferkamp.

Den Mediziner interessiert nun, wie die Muttermalzellen es schaffen, sich gegen die schädlichen Einflüsse des mutierten Enzyms zu schützen und welche zusätzlichen Faktoren eine Melanomentstehung aus einem Muttermal begünstigen.

„Bringt man die mutierte B-Raf-Kinase in gewöhnliche Melanozyten, wachsen diese eine Zeit lang und stellen dann jedoch ihr Wachstum ein“, sagt Haferkamp. Sie gehen in ein Stadium über, in das Zellen normalerweise erst am Ende ihres Lebens treten – die sogenannte Seneszenz. In diesem Stadium teilen sie sich nicht mehr. Die Wissenschaft vermutet dahinter einen natürlichen Mechanismus, der unkontrolliertes Zellwachstum und damit eine Tumorbildung verhindern soll. Warum dieser Schutzmechanismus im Fall des schwarzen Melanoms nicht greift, untersucht Haferkamp in den kommenden Jahren.

Insbesondere interessiert den Wissenschaftler die Rolle von Botenstoffen, die von seneszenten Zellen in ihre Umgebung abgegeben werden. Mit diesen als Zytokinen bezeichneten Molekülen steuert die seneszente Zelle nicht nur das eigene Wachstumsverhalten sondern auch das der Nachbarzellen. „Uns interessiert, was passiert, wenn in diesem Mikro-Milieu der Kreislauf ‚Wachstum verhindern‘ unterbrochen wird“, sagt Haferkamp.

Erfolgreiche Therapie mit zeitlicher Begrenzung

Die Hoffnungen der Mediziner auf einen neuen Ansatz für eine wirksame Therapie sind groß. Immerhin gibt es seit kurzer Zeit ein Medikament, das die mutierte Kinase quasi abschalten kann. Am Patienten eingesetzt, zeigt es in einer Vielzahl der Fälle erstaunliche Erfolge: „Der Tumor schmilzt zusammen“, sagt Haferkamp. Allerdings ist dieser Erfolg nicht dauerhaft: „Nach einigen Monaten können die Krebszellen Resistenzen gegen den Wirkstoff entwickeln. Dann wirkt die Therapie nicht mehr.“ Wie die Zellen das schaffen, ist ebenfalls Gegenstand von Haferkamps Forschung.

„Absolute Grundlagenforschung, völlig an der Basis“, sei diese Arbeit, so der Mediziner. Mit menschlichen Hautzellen stelle er die bekannten Vorgänge nach, bringe gezielt einzelne Faktoren ins Zellinnere ein und kontrolliere anschließend die Folgen.

Melanomforschung an Fisch und Mensch

Auf eine ganz andere Strategie setzt hingegen die zweite Würzburger Arbeitsgruppe unter der Leitung von Professor Manfred Schartl, Inhaber des Lehrstuhls für Physiologische Chemie I der Universität Würzburg, und seiner Mitarbeiterin Dr. Svenja Meierjohann. Schartl und Meierjohann interessieren sich besonders für Gemeinsamkeiten zwischen der Melanomentstehung im Menschen und im Fisch.

Seit den 1920er-Jahren ist bekannt, dass nach der Kreuzung bestimmter Arten von Aquarienfischen, die zu den Zahnkarpfen gehören, bei den Nachkommen stets Hauttumoren entstehen. Die entstehenden Tumoren entsprechen in vieler Hinsicht dem bösartigen Melanom beim Menschen. „Während unserer langjährigen Arbeit mit Melanomen, die in dieser Fischart entstehen, haben wir Signalwege und Moleküle entdeckt, die ebenfalls im humanen Melanom aktiv sind und die sich daher als Marker oder als möglicher Ansatzpunkt für eine Therapie eignen könnten“, erklärt Schartl. Proteine, die gehäuft vom Fischmelanom hergestellt werden, würden heutzutage auch als Marker für das humane Melanom verwendet.

Melanome des Menschen sind vielgestaltig. Daher ist es schwer, Prozesse zu identifizieren, die für die meisten dieser Tumoren lebensnotwendig sind, aber dennoch im gesunden Gewebe nur eine untergeordnete Rolle spielen. Eine Ausnahme bildet die bereits erwähnte B-Raf-Kinase – jedoch ist der Erfolg einer B-Raf-Inhibitor-Behandlung im Patienten nur von kurzer Dauer.

„Mit einem Vergleich der gemeinsamen Prozesse in den Tumoren von Fisch und Mensch können wir die essenziellen Vorgänge der Melanomentstehung herausfiltern und so den Faktor der Tumor-Heterogenität verringern“, sagt Meierjohann. Zurzeit arbeitet die Gruppe von Schartl und Meierjohann unter anderem an einem Protein – einem sogenannten Transkriptionsfaktor – das sowohl im Fisch als auch speziell in Metastasen des Melanoms aktiv ist und das vermutlich eng mit Metastaseprozessen verknüpft ist. In einem zweiten Projekt untersuchen die beiden ein weiteres Protein, das Fisch- und humane Melanome vor intrazellulärem Stress und Zelltod schützt. In vorklinischen Versuchen soll dann geklärt werden, inwiefern eine Hemmung dieser Prozesse die Melanomentstehung behindern kann.

Der Forschungsverbund

Im Rahmen dieses Verbundprojektes arbeiten vierzehn universitäre Kliniken und Institute in Regensburg, Berlin, Bonn, Essen, Heidelberg, Jena, Köln, Leipzig, Lübeck, München, Rostock, Tübingen und Würzburg zusammen. Koordinatorin und Sprecherin des Verbundes ist Dr. Anja Boßerhoff vom Institut für Pathologie der Universität Regensburg.

Die nationale Vernetzung ermöglicht gemeinsame Untersuchungen aus unterschiedlichen Blickwinkeln sowie einen intensiven inhaltlichen und methodischen Wissensaustausch. „Auf diese Weise können über die Leistungen von Einzelprojekten hinaus entscheidende neue Erkenntnisse erzielt werden, die das Krankheitsverständnis deutlich voranbringen und es so ermöglichen, neue Therapien gegen den schwarzen Hautkrebs zu entwickeln“, betont Boßerhoff.

Link

www.melanomverbund.de

Kontakt

Prof. Dr. Manfred Schartl, T: (0931) 31-84148, E-Mail: phch1@ biozentrum.uni-wuerzburg.de

Dr. Sebastian Haferkamp, E-Mail: haferkamp_s@ klinik.uni-wuerzburg.de