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Duale Lotsenstruktur zeigt Erfolg bei unklarer Diagnose

Eine vom Uniklinikum Würzburg (UKW) geleitete multizentrische Studie zeigt, dass die Einbeziehung einer Fachärztin beziehungsweise eines Facharztes aus dem Bereich Psychiatrie oder Psychosomatik in den Beurteilungsprozess von Personen mit Verdacht auf eine Seltene Erkrankung die Diagnosefindung verbessert und beschleunigt, mehr Patientinnen und Patienten in die Regelversorgung überführt werden können, und die Zufriedenheit bei einer dualen Betreuung steigt.

Ärztinnen und Ärzte aus dem ZESE und dem Zentrum für Psychische Gesundheit an einem Tisch.
Interdisziplinäre Diagnostik im ZESE: Prof. Dr. Helge Hebestreit (zweiter von links) hat in einer multizentrischen Studie gezeigt, dass es bei der Beurteilung einer Seltenen Erkrankung förderlich ist, eine Expertin oder Experten für psychische Gesundheit in sämtliche Aspekte der Diagnostik einzubeziehen – von der Bewertung der Krankenakten über Klinikbesuche, telemedizinische Versorgung bis hin zu Fallkonferenzen. © Kirstin Linkamp / UKW

Weltweit sind schätzungsweise 300 Millionen Menschen von einer der rund 7.000 bis 10.000 Seltenen Erkrankungen betroffen. Aufgrund der unspezifischen Symptome und Auswirkungen auf mehrere Organsysteme gleicht der Weg bis zur Diagnose oft einer strapaziösen und frustrierenden Odyssee. Die Psyche leidet zusätzlich, bisweilen sind psychische Erkrankungen auch (mit-)ursächlich für die komplexe Symptomatik, was wiederum eine schlüssige Diagnose und angemessene Behandlung verzögert. Prof. Dr. Helge Hebestreit, Direktor des Zentrums für Seltene Erkrankungen (ZESE) am Uniklinikum Würzburg (UKW), hat nun zusammen mit einem interdisziplinären Expertenteam in der multizentrischen Kohortenstudie „ZSE-Duo“ gezeigt, dass die Einbeziehung einer Expertin oder eines Experten für psychische Gesundheit den gesamten diagnostischen Prozess verbessern kann. Das Projekt wurde durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) in Deutschland gefördert.

Tandem aus somatischer und psychischer Gesundheit 

Für die im EClinicalMedical publizierte Studie wurden an elf deutschen Zentren für Seltene Erkrankungen jeweils knapp 700 überwiegend erwachsene* Patientinnen und Patienten, die sich mit einer unklaren Diagnose an die Einrichtung gewandt hatten, der Standardversorgung oder einer innovativen Versorgung zugeteilt. Die innovative Versorgung umfasste die kombinierte Betreuung durch eine Fachärztin beziehungsweise einen Facharzt aus dem Bereich Psychiatrie oder Psychosomatik. Das heißt, die Expertin oder der Experte für Psychische Gesundheit wurde in sämtliche Aspekte der Diagnostik – von der Bewertung der Krankenakten über Klinikbesuche, telemedizinische Versorgung bis hin zu Fallkonferenzen – einbezogen. 

Anteil der Diagnosen mehr als doppelt so hoch bei dualer Versorgung

Ergebnis: Der Anteil der Jugendlichen und Erwachsenen, bei denen innerhalb von zwölf Monaten nach dem ersten Besuch eine schlüssige Diagnose gestellt wurde, oder eine Kombination von Diagnosen, die das gesamte vorgestellte Symptomspektrum erklären, war beim innovativen dualen Ansatz mit 42 Prozent (N = 286 von 686) mehr als doppelt so hoch im Vergleich zur Standardversorgung (19 Prozent, N = 131 von 672). Im Schnitt wurde in der innovativen Versorgung die Zeit bis zur Diagnose um einen Monat verkürzt, und die Zahl der erfolgreich an die reguläre Versorgung überwiesenen Personen verdoppelte sich, von 12,3 Prozent in der Standard-Kohorte auf 27,5 Prozent in der innovativen Versorgung. Die duale Betreuung hatte zwar keinen Einfluss auf die Lebensqualität, doch die Zufriedenheit der Patientinnen und Patienten war hier deutlich höher als in der bislang üblichen Versorgung. „Das hat uns überrascht. Denn unsere große Sorge war, dass wir die Patientinnen und Patienten mit der zusätzlichen psychiatrisch-psychosomatischen Betreuung, die ja für die Betroffenen durch zusätzliche Termine einen Mehraufwand bedeutet, belasten. Doch die Patientinnen und Patienten in der dualen Betreuung waren zufriedener als diejenigen, die standardmäßig betreut wurden.“ Und es gab noch eine Sorge vor Studienbeginn, die nicht bestätigt wurde: Dass nun manche Seltene Erkrankungen übersehen und auf die psychische Schiene geschoben werden. 

Tatsächlich wurde bei je 30 Prozent der untersuchten Personen im dualen Ansatz eine psychische Erkrankung diagnostiziert und eine Seltene Erkrankung mit hoher Sicherheit ausgeschlossen. Doch Helge Hebestreit betont, dass mit dem dualen Ansatz mindestens genauso viele Seltene Erkrankungen gefunden wurden wie in der Standard-Betreuung. 

Psychische (Ko-)Morbidität bei Menschen mit komplexer Symptomatik und unklarer Diagnose

„Unsere Patientinnen und Patienten haben in der Regel nicht die EINE Erkrankung, sondern ihr Leiden setzt sich aus mehreren Bausteinen zusammen, für die wir verschiedene Behandlungsansätze benötigen“, erklärt Helge Hebestreit. Prof. Dr. Jürgen Deckert, Sprecher des Zentrums für Psychische Gesundheit am UKW fügt hinzu: „Die komplexe Symptomatik von Personen, die sich zur diagnostischen Abklärung in ein Zentrum für Seltene Erkrankungen begeben, umfasst häufig psychische Symptome bis hin zu psychischen Erkrankungen. Manchmal entwickeln sich die Symptome erst im Laufe der langwierigen Diagnostik, manchmal treten sie unabhängig von der Seltenen Erkrankung auf oder ahmen diese sogar nach. Schließlich kann eine Seltene Erkrankung als psychische Erkrankung fehldiagnostiziert werden. Umso wichtiger ist es, eine Expertin oder Experten für psychische Gesundheit frühzeitig in den interdisziplinären diagnostischen Prozess mit einzubeziehen.“ 

Gemeinsamer Einsatz für die Aufnahme der dualen Betreuung in die Regelversorgung 

Die Ergebnisse der Studie seien den Autoren zufolge eindeutig und legen nahe, dass die Einbeziehung einer Spezialistin oder eines Spezialisten für psychische Gesundheit ein integraler Bestandteil der Beurteilung von Personen mit einer vermuteten Seltenen Krankheit sein sollte.

Gemeinsam mit dem Dachverband ACHSE Allianz für Chronische Seltene Erkrankungen e.V., der mehr als 130 einzelne Patientenorganisationen vertritt und maßgeblich an der Planung und Durchführung der Studie beteiligt war, setzt sich das Konsortium unter der Leitung von Helge Hebestreit nun für die Aufnahme der dualen Lotsenstruktur in die Regelversorgung ein. Für den Übergang können Krankenkassen sogenannte Selektivverträge abschließen. 

*Von den 1.379 Patientinnen und Patienten waren 67 noch nicht volljährig.

Publikation: 

Helge Hebestreit et al, Effect of the addition of a mental health specialist for evaluation of undiagnosed patients in centres for rare diseases (ZSE-DUO): a prospective, controlled trial with a two-phase cohort design, eClinicalMedicine, Volume 65, 2023, https://doi.org/10.1016/j.eclinm.2023.102260.

Beteiligte Einrichtungen: 

Für die Studie wurden Patientinnen und Patienten in den Zentren für Seltene Erkrankungen an den (Universitäts-)Klinika in Aachen, Bochum, Frankfurt/Main, Hannover, Magdeburg/Halle, Mainz, Münster, Regensburg, Tübingen, Ulm und Würzburg rekrutiert. An der Datenanalyse waren Einrichtungen des Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, der Medizinische Hochschule Hannover und der Universität Würzburg beteiligt. 

Weitere Konsortialpartner waren ACHSE e.V., sowie die Techniker Krankenkasse und IKK gesund plus. Die AOK Hessen war als Kooperationspartner dabei. 

Die Studie wurde durch den Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses in Deutschland finanziert, Förderkennzeichen 01NVF17031.

Hier geht es zur Studienwebseite.


Kontakt: Prof. Dr. Helge Hebestreit: zese@ukw.de, Telefon: +49 931 201-29029 
 

Ärztinnen und Ärzte aus dem ZESE und dem Zentrum für Psychische Gesundheit an einem Tisch.
Interdisziplinäre Diagnostik im ZESE: Prof. Dr. Helge Hebestreit (zweiter von links) hat in einer multizentrischen Studie gezeigt, dass es bei der Beurteilung einer Seltenen Erkrankung förderlich ist, eine Expertin oder Experten für psychische Gesundheit in sämtliche Aspekte der Diagnostik einzubeziehen – von der Bewertung der Krankenakten über Klinikbesuche, telemedizinische Versorgung bis hin zu Fallkonferenzen. © Kirstin Linkamp / UKW

Deutschlandweites Telemedizin Netzwerk gestartet

Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) legt Grundlagen für ein standardisiertes Universitäres Telemedizinnetzwerk (UTN) als Forschungsinfrastruktur an allen deutschen Universitätskliniken. Bisher fehlt ein einheitlicher Telemedizin-Standard an Universitätskliniken.

Während der COVID-19 Pandemie war Telemedizin oft die einzige Methode mit Patienten in Kontakt zu bleiben. So konnten viele Patienten, die den Weg zum Arzt wegen der Ansteckungsgefahr vermeiden wollten, weiterhin versorgt werden. Auch hoch versorgungsrelevante Forschung konnte wegen der Kontaktbeschränkungen nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden und wurde - wo es möglich war - telemedizinisch fortgeführt. Allerdings war schnell klar, dass die Voraussetzungen für eine flächendeckende und standardisierte telemedizinische Studien-Versorgung noch nicht ideal waren.

Das Universitäre Telemedizin Netzwerk schafft Standards in der Telemedizin

Das NUM-Projekt Universitäres Telemedizin Netzwerk (UTN) unter Beteiligung des Universitätsklinikums Würzburg ist offiziell gestartet. Das Hauptziel des UTN-Projekts ist es, Grundlagen für eine nationale standardisierte elektronische Datenerfassung mittels Telemedizin für die universitäre Forschung zu legen und infrastrukturell dauerhaft zu unterstützen. Dabei sollen Standards für bestehende telemedizinische Strukturen der deutschen Universitätskliniken formuliert werden. Ziel der Projektbeteiligen ist es, die bereits bestehenden heterogenen telemedizinischen Strukturen an deutschen Universitätskliniken zu vereinheitlichen und eine einfache und kostengünstige Nutzung an allen Universitätskliniken zu ermöglichen. Durch einen gemeinsamen Standard und regelmäßige Updates will UTN einen breiten telemedizinischen Studien-Support für Kliniker und Wissenschaftler erreichen.

Erste Erprobung anhand eines konkreten Anwendungsbeispiels

Im Use Case des Projekts soll die Erfassung von Langzeitfolgen von COVID-19 und deren Risikofaktoren erfolgen, insbesondere bei Patientinnen und Patienten nach Entlassung aus dem Krankenhaus. Hierbei wird UTN zudem die Anwendung von Telemedizin durch die Beobachtung von Patientengruppen analysieren und zielt darauf ab, eine langfristige telemedizinische Infrastruktur aufzubauen.

UTN ist Teil des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM)

Das Universitäre Telemedizinnetzwerk (UTN) wird nahtlos in das Netzwerk Universitätsmedizin (NUM) und die Medizininformatik-Initiative (MII) eingebettet, um die Basis für eine gemeinsame, interoperable, standardisierte und sichere telemedizinische Infrastruktur zu schaffen. Dabei werden die NUM-Standorte als zentrale Anlaufstellen dienen. 

Das Netzwerk Universitätsmedizin hat das Ziel, die Maßnahmenpläne, Diagnose- und Behandlungsstrategien aller deutschen Universitätskliniken für (Long) COVID-19-Patienten zu bündeln und zu analysieren. Das Programm konzentriert sich auf schnelle Unterstützung und betont die Bedeutung der kliniknahen Forschung, die unmittelbar in die Versorgung einfließt. Es strebt auch nachhaltige Strukturen an, die über das Projekt hinaus bestehen bleiben und die Reaktionsfähigkeit auf zukünftige Krisen verbessern sollen.

Konsortialpartner mit großer Expertise in Telemedizin 

Die Gesamtleitung des Projekts liegt in den Händen des Sprecherduos Prof. Dr. Anja Schneider und Prof. Dr. Gernot Marx. Am Standort Aachen werden sie dabei durch Frau Prof. Dr. Carina Benstöm unterstützt. Sie wird die Projektsteuerung und Koordination übernehmen, um einen reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Am Universitätsklinikum Würzburg sind die Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie (Prof. Dr. Patrick Meybohm, Prof. Dr. Peter Kranke, Priv.-Doz. Dr. Stephanie Weibel, Tamara Pscheidl, Prof. Dr. Heike Rittner), das Zentrum für Seltene Erkrankungen (Prof. Dr. Helge Hebestreit, Paula Wessels) sowie die Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (Prof. Dr. Jürgen Deckert) in mehreren Arbeitspaketen dieses NUM-Projektes zum Teil in Leitungsfunktionen vertreten. Im UTN haben sich international renommierte Top-Experten aus Wissenschaftlern und Klinikern zusammengefunden. Gerade dieser interdisziplinäre Ansatz, der sich bereits in anderen Projekten des NUMs als sehr erfolgreich herausgestellt hat, wird zum Gelingen des Projekts beitragen, betonen Anja Schneider und Gernot Marx.


Das Verbundprojekt wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 3.8 Mio. Euro gefördert.

 
 

Graphic Novel zum Thema Depression erschienen

Ein kürzlich erschienener Comicroman beschäftigt sich jugendgerecht mit Depressionen und Angsterkrankungen. Fachlich unterstützt wurde die Publikation von Expertinnen und Experten des Uniklinikums Würzburg.

„Auf und Ab“ ist gleichermaßen Comicroman und psychologischer Ratgeber.
„Auf und Ab“ ist gleichermaßen Comicroman und psychologischer Ratgeber. Bild: UKW/Tobias Mühling

Viele Jugendliche haben mit Depressionen und Angststörungen zu kämpfen – und das in einer Lebensphase, die ohnehin meist einer emotionalen Achterbahnfahrt gleicht.

Die Ende September dieses Jahres erschienene Graphic Novel „Auf und ab“ will auf anschauliche und altersgerechte Weise jungen Menschen die Entstehung von psychischen Krisen erklären. Außerdem liefert ihnen der Comicroman praktische Informationen, um ihre psychische Gesundheitskompetenz zu verbessern.
„Unser Ziel war es, ein Format anzubieten, das die Themen nicht nur inhaltlich korrekt wiedergibt, sondern Jugendliche zwischen zehn und 18 Jahren auch emotional anspricht“, schildert die Autorin und Schulpsychologin Johanna Selge. In Szene gesetzt wurde die alltagsnahe Geschichte der 16-jährigen Identifikationsfigur Noah in ausdruckstarken und humorvollen Bildern vom Illustrator Max Hillerzeder.

Wissenschaftlich fundierter Ratgeberteil

Neben dem Comic gehört zur insgesamt 120-seitigen Publikation ein rund 40-seitiger Textteil, der in laienverständlicher Sprache dabei hilft, psychische Vorgänge besser zu verstehen. Außerdem zeigen die Beiträge Strategien zum Umgang mit seelischen Herausforderungen auf.
Die Texte zu Begriffen wie Emotionsregulation, Entspannungsübungen und Innerer Kritiker wurden von Expertinnen und Experten des Deutschen Zentrums für Präventionsforschung und Psychische Gesundheit (DZPP) am Uniklinikum Würzburg (UKW) verfasst.
Als wissenschaftliche Beraterin fungierte Andrea Reiter von der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des UKW und Professorin für Psychotherapie an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Außerdem wirkte Dr. Tobias Mühling, Internist am UKW, bei der sprachlichen Gestaltung von Comic und Ratgeberteil mit.
Weitere fachliche Unterstützung leistete das Würzburger Bündnis gegen Depression. „Durch diese breite Kooperation konnten wir gewährleisten, dass alle Angaben von ‚Auf und Ab‘ den aktuellen Stand der Wissenschaft widerspiegeln“, verdeutlicht Dr. Mühling. Nach seinen Worten richtet sich das Buch auch an Eltern und weitere Familienmitglieder, Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher sowie Therapeutinnen und Therapeuten.

Es ist beim Hogrefe Verlag in Bern/Schweiz erschienen und kostet 24,95 Euro. Wer über Lesungen, aktuelle Entwicklungen und Folgeprojekte auf dem Laufenden bleiben will, kann dies über den Instagram-Kanal des Projekts @aufundabcomic tun.

„Auf und Ab“ ist gleichermaßen Comicroman und psychologischer Ratgeber.
„Auf und Ab“ ist gleichermaßen Comicroman und psychologischer Ratgeber. Bild: UKW/Tobias Mühling

Mit personalisierter Medizin gegen Depressionen

Die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) ist Teil der bisher größten deutschen Studie zur Verbesserung der Depressionsbehandlung. Die aktuelle Standardtherapie mit Psychotherapie und/oder Antidepressiva führt nur bei der Hälfte der Betroffenen zu einer schnellen und erheblichen Besserung der Symptomatik. Mit personalisierter, prädiktiver, präziser und präventiver Medizin sollen mehr Menschen mit Depressionen effektiver behandelt werden können und durch einen schnelleren Rückgewinn an Lebensqualität das Risiko eines chronischen Verlaufs verringert werden. Das Verbundprojekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit 10 Millionen Euro gefördert.

 

Gebäudeansicht der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) ist Teil der bisher größten deutschen Studie zur Verbesserung der Depressionsbehandlung. © Thomas Pieruschek / UKW

Mit Biomarkern individuelle Diagnose- und Therapiewege finden. Was in der Onkologie bereits funktioniert, soll auch in der Psychiatrie möglich werden. Ein nationaler Forschungsverbund will die Behandlung von Depressionen stärker als bisher auf den einzelnen Patienten oder die einzelne Patientin zuschneiden. Das Projekt mit dem Titel „Personalisierte, prädiktive, präzise und präventive Medizin zur Verbesserung der Früherkennung, Diagnostik, Therapie und Prävention depressiver Erkrankungen“ (P4D) hat das Ziel, individualisierte Behandlungsansätze zu entwickeln. Während Patienten und Patientinnen mit Depressionen bislang alle nach dem gleichen Schema behandelt werden, soll im Rahmen von P4D passgenau bestimmt werden, welche Therapie für wen die richtige ist.

Aktuell kann einem Teil der depressiv erkrankten Menschen mit Standardtherapien nicht oder erst nach langfristiger Behandlung geholfen werden

Bislang werden Patienten und Patientinnen mit Depressionen üblicherweise mit Psychotherapie und/oder Antidepressiva behandelt, was jedoch nur bei etwa der Hälfte aller Betroffenen zu einer schnellen und erheblichen Besserung der Symptomatik führt. So wirkt das erste Antidepressivum, das im Rahmen einer Depressionstherapie verabreicht wird, nur bei jedem vierten bis fünften Er-krankten. Ebenfalls führen Antidepressiva teilweise zu starken Nebenwirkungen.

Dies liegt daran, dass sich hinter dem Krankheitsbild ‚Depression‘ auf neurobiologischer Ebene unterschiedliche Hirnfunktionsstörungen verbergen. Im Rahmen der P4D Studie, sollen diese pathologischen Strukturen identifiziert und basierend auf den zugrundeliegenden Mechanismen, maßgeschneiderte Diagnose- und Behandlungsansätze entwickelt werden.
Statt wie bisher verschiedene Behandlungsverfahren auszuprobieren, soll es somit künftig möglich werden, schon zu Beginn der Depressionsbehandlung, für jeden Patienten und jede Patientin einen optimalen Behandlungsansatz festzulegen. Dadurch soll nicht nur erreicht werden, dass mehr Menschen mit Depressionen in Zukunft effektiver behandelt werden können, sondern auch, dass der schnellere Rückgewinn an Lebensqualität das Risiko eines chronischen Verlaufs der Depression verringert.

1.000 Betroffene werden an fünf Standorten in die P4D-Studie aufgenommen

Für P4D werden ab September 2023 rund 1.000 Patienten und Patientinnen an den fünf beteiligten Universitätskliniken in Hannover, Kiel, Greifswald, Würzburg und Frankfurt rekrutiert. Die Studie zeichnet sich dadurch aus, dass die stationären Probanden und Probandinnen umfassend untersucht und ganz unterschiedliche Parameter erfasst werden. Neben einer ausführlichen Untersu-chung und dem klinischen Therapieverlauf werden möglichst viele weitere Parameter, wie verschiedene Fragebögen zur Psychopathologie, Kernspintomografie, Elektroenzephalografie, kognitive Tests, Schlafanalysen und Blutproben erhoben und ausgewertet.

Mit Hilfe der erhobenen Daten soll anschließend durch maschinelle Lernverfahren die Unterteilung der Patienten und Patientinnen in diagnostische Untergruppen ermöglicht werden, die besonders gut auf bestimmte Behandlungsverfahren ansprechen. Die Projektbeteiligten sind davon überzeugt, dass Patienten und Patientinnen schon mittelfristig von den Forschungsergebnissen profitieren werden.

Vom BMBF mit zehn Millionen Euro gefördert 

An der Studie, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit zehn Millionen Euro über fünf Jahre gefördert und von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) geleitet wird, sind neben sieben Universitäten (MHH, Leibniz Universität Hannover, TU Braunschweig, Uni-versität Greifswald, Universität Würzburg, Universität Kiel, Universität Frankfurt) auch das Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin, die Stiftung Deutsche Depressionshilfe und das bayerische Unternehmen BioVariance beteiligt. Es ist das in Deutschland bislang größte Forschungsvorhaben zur qualitativen Verbesserung der Depressionsbehandlung.

Weitere Informationen erhalten sie bei der Studienleitung des Würzburger Studienzentrums Prof. Dr. Stefan Unterecker und PD Dr. Heike Weber, Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie, P4D@ukw.de.
 

Gebäudeansicht der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie
Die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) ist Teil der bisher größten deutschen Studie zur Verbesserung der Depressionsbehandlung. © Thomas Pieruschek / UKW

Neuer Standort für die Würzburger Trauma-Ambulanz ab 1. August

Die Würzburger Trauma-Ambulanz setzt ihre Arbeit ab dem 1. August im Zentrum für Psychische Gesundheit des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) fort.

Ab dem 1. August ist die Würzburger Trauma-Ambulanz am Zentrum für psychische Gesundheit des UKW angesiedelt. Foto: UKW / Stefan Dreising
Ab dem 1. August ist die Würzburger Trauma-Ambulanz am Zentrum für psychische Gesundheit des UKW angesiedelt. Foto: UKW / Stefan Dreising

Würzburg. Die Würzburger Trauma-Ambulanz setzt ihre Arbeit ab dem 1. August im Zentrum für Psychische Gesundheit des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) fort. „Es freut mich sehr, dass es gelungen ist, dieses wichtige Angebot jetzt ohne Unterbrechungen langfristig anbieten zu können. Das ist eine gute Nachricht für betroffene Menschen“, erklärt Prof. Dr. Jürgen Deckert, Sprecher des Zentrums für psychische Gesundheit und Direktor der Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie am UKW. Der bisherige Standort am Pleicherwall in der Innenstadt wird Ende Juli geschlossen.

 

Prof. Deckert betont: „Mit der organisatorischen und räumlichen Überführung an die Uniklinik ändert sich zwar der Träger. Das Team aus Ärztinnen und Psychologinnen der Trauma-Ambulanz und das Versorgungsangebot für die Patientinnen und Patienten in der Region bleibt jedoch erhalten.“ Hintergrund für die Änderung war ein Auslaufen der organisatorischen Rahmenbedingungen der Ambulanz, die zuvor als Hochschulambulanz der Medizinischen Psychologie an der Würzburger Universität angesiedelt war. war. Ab dem 1. August ist die Trauma-Ambulanz im Rahmen der psychiatrisch-psychotherapeutischen Institutsambulanz am Zentrum für Psychische Gesundheit des UKW organisiert. 

 

Seit September 2021 bietet die Trauma-Ambulanz akut-traumatisierten Patientinnen und Patienten, insbesondere auch solchen, die Gewalttaten erlebt haben, zeitnah einen Termin für ein Erstgespräch an und berät bezüglich einer weiterführenden traumaspezifischen Therapie. Die Ambulanz wurde nach den Messerangriffen in der Würzburger Innenstadt im Juni 2021 eingerichtet. Die Besonderheit dabei ist: Das Angebot kann unmittelbar nach einem Ereignis in Anspruch genommen werden, nicht erst zu einem späteren Zeitpunkt, wenn schon z.B. eine posttraumatische Belastungsstörung erkennbar wird.

Schnelle Erstberatung nach einem Ereignis

„Für die optimalen Rahmenbedingungen haben wir Räumlichkeiten des Zentrums für Psychische Gesundheit am Margarete-Höppel-Platz umgebaut. Die enge Einbindung in die übrigen Versorgungsstrukturen am UKW ist damit garantiert“, betont Philip Rieger, Kaufmännischer Direktor des UKW. Für den neuen Standort der Trauma-Ambulanz wurde eine ehemalige Tagesklinik für einen sechsstelligen Betrag umgebaut.

 

Universitätspräsident Prof. Dr. Paul Pauli sagt: „Unser gemeinsames Ziel war es stets, die Trauma-Ambulanz mit ihrem Versorgungsangebot zu erhalten. Zudem konnten wir den Weiterbetrieb bis zum jetzt anstehenden Umzug realisieren. Mein Dank gilt allen Beteiligten, die an dieser Lösung mitgewirkt haben.“

Eine feierliche Eröffnung mit Fachvorträgen ist für den 4. Oktober geplant.

Kontaktdaten und Erreichbarkeit:

 Zentrum für Psychische Gesundheit

Institutsambulanz / Trauma-Ambulanz Würzburg

Margarete-Höppel-Platz 1

97080 Würzburg |

 

Telefon: 0931 / 201 –77800

E-Mail: ep_poli@ukw.de

www.ukw.de/psychiatrie/ambulante-behandlung/

 

Anfahrt:

Die Ambulanz befindet sich im Zentrum für Psychische Gesundheit, im Stadtteil Grombühl, am Margarete-Höppel-Platz 1. Der Standort ist mit der Straßenbahn Linie 1 und 5 Richtung Grombühl ab Hauptbahnhof Würzburg zu erreichen. Von der Haltestelle Wagnerplatz sind es noch etwa fünf Gehminuten bis zur Klinik.

Ab dem 1. August ist die Würzburger Trauma-Ambulanz am Zentrum für psychische Gesundheit des UKW angesiedelt. Foto: UKW / Stefan Dreising
Ab dem 1. August ist die Würzburger Trauma-Ambulanz am Zentrum für psychische Gesundheit des UKW angesiedelt. Foto: UKW / Stefan Dreising

Uniklinikum Würzburg sucht Teilnehmende für ADHS-Studie

Eine Studie am Zentrum für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Würzburg untersucht die Zusammenhänge zwischen dem Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) und der Herz-Kreislaufregulation. Dafür werden Probandinnen und Probanden mit und ohne ADHS gesucht.

Würzburg. Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätssyndrom (ADHS) leiden oft nicht nur unter weiteren psychischen Erkrankungen wie Depressionen, sondern auch unter körperlichen Krankheiten, wie zum Beispiel Bluthochdruck. „Ob und wie Psyche und Herz-Kreislauffunktion bei ADHS zusammenhängen ist aber noch kaum verstanden“, berichtet Dr. Georg Ziegler, Oberarzt am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Uniklinikums Würzburg. Hier soll nach seinen Worten die jetzt am ZEP durchgeführte Studie „Kardiovaskuläre Regulation bei ADHS“ (KoR-ADHS) für mehr Klarheit sorgen. Dafür werden noch Probandinnen und Probanden mit und ohne ADHS zwischen 18 und 65 Jahren gesucht, die herzgesund sind und keine Blutdruckmedikamente einnehmen.

Mit ihnen führen die Würzburger Forscherinnen und Forscher verschiedene psychologische Tests durch, wobei parallel ein EKG abgeleitet wird, um die Herzaktion in Ruhe und während geistiger Anstrengung zu untersuchen. Darüber hinaus werden Blutdruck und EKG über 24 Stunden gemessen sowie Blut- und Speichelproben abgenommen. 

Die Teilnehmenden erhalten die Ergebnisse der Langzeit-Blutdruckmessung und eine Aufwandsentschädigung von 30 Euro. Interessierte kontaktieren das Studienteam unter E-Mail: kor_adhs@ ukw.de oder Tel. 0931-201 76999.

Kiffen erlaubt – und dann?

Podiumsdiskussion am Donnerstag, 25.05.2023 um 19 Uhr im Jugendkulturhaus Cairo

Wie bereiten wir uns als Stadt Würzburg vor allem im Bereich Jugendschutz bestmöglich auf die kontrollierte Abgabe von Cannabis und damit einhergehende Herausforderungen vor?

Dass Cannabiskonsum bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen seit Jahren zunimmt, während Alkohol und -Tabakkonsum in den letzten Jahren im Großen eher abnimmt*, zeigt, dass es wichtig ist, verstärkt auf Präventionsangebote zum Cannabis-Konsum zu setzen.

Bei der Podiumsdiskussion soll es weniger um die Frage gehen „Cannabis legalisieren oder nicht?“, denn diese Frage hat die Politik ja längst beantwortet, sondern eher um die Frage, wie wir mit der anstehenden Legalisierung und eventueller Effekte auf das Konsumverhalten Jugendlicher umgehen sollten.

Sind wir gut ausgestattet mit Präventionsangeboten oder gibt es hier noch Luft nach oben? Brauchen wir neue oder mehr Präventionsangebote aufgrund der anstehenden Legalisierung? Was für Herausforderungen kommen im Bereich Jugendschutz auf uns als Kommune zu?

Diese Fragen diskutieren, moderiert von Felix Hofmann, folgende Personen auf dem Podium:

  1. Prof. Dr. Romanos,
    Klinikdirektor Kinder- und Jugendpsychiatrie Würzburg
  2. Matthias Weber,
    Leitender Polizeidirektor Polizeiinspektion Würzburg Stadt
  3. Holger Faust,
    Leitung Jugend- und Drogenberatung, Stadt Würzburg
  4. Steffen Siegel,
    Sachgebietsleitung Jugendhilfe im Strafverfahren, Stadt Würzburg
  5. Hannah Strauch,
    Suchtprävention Bayerisches Zentrum für Prävention und Gesundheitsförderung (ZPG)
  6. Miriam Ehrenfried,
    Jugendbeteiligung Stadtjugendring Würzburg

Kontakt, Sprechzeiten

Telefon

Anmeldung zur ambulanten Behandlung in der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (PPP)
+49 931 201-77800

Anmeldung in der Hochschulambulanz
+ 49 931 3182839

Anmeldung zur ambulanten Behandlung im Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie (KJPPP)
+49 931 201-79600

E-Mail und Fax

Sekretariat PPP
ps_sekr@ ukw.de

+49 931 201-77020

Anmeldung Psychotherapie und Traumaambulanz
ep_poli@ ukw.de

+49 31 201-77800

Sekretariat KJPPP
kj_ambulanz@ ukw.de

+49 931 201-78620

 


Anschrift

Zentrum für Psychische Gesundheit | (Bereich F) | Margarete-Höppel-Platz 1 | 97080 Würzburg | Deutschland