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Würzburger erweitern kontinuierlich die Grenzen der Augenforschung

Forschungsteam der Würzburger Augenklinik unter der Leitung von Dr. Malik Salman Haider feiert Erfolge auf dem Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V. (DOG) in Berlin

Collage aus vier Bildern, die beim DOG aufgenommen wurden.
Dr. Malik Haider (linke Spalte) wurde im Rahmen der DOG 2025 in Berlin mit dem Sicca-Preis ausgezeichnet, Zhi Liang erhielt den „Best Abstract“-Preis der AG Young DOG.
Collage von vier Porträts der Forschenden in weißen Kitteln.
Das Forschungsteam der Würzburger Augenklinik unter der Leitung von Dr. Malik Salman Haider (oben links) feierte Erfolge beim Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V. (DOG) in Berlin. Oben rechts Zhi Liang, unten Pia Schröder und Dr. Raoul Verma-Führing.

Der Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e.V. (DOG), der vom 25. bis zum 28. September in Berlin stattfand, trug in diesem Jahr das Leitthema „Ophthalmologie im Wandel – Gemeinsam die Zukunft gestalten“. Auch das Forschungsteam der Augenklinik des Universitätsklinikums Würzburg präsentierte wieder zahlreiche Innovationen, die die Augenheilkunde nachhaltig verändern und zu neuen therapeutischen Ansätzen inspirieren. 

„Als Leiter unseres Forschungsteams bin ich unglaublich stolz auf die herausragenden Leistungen, die wir auf der DOG 2025 vorgestellt haben. Von den ersten 3D-Konjunktivalsphäroiden über sphäroidbasierte Mikrogewebe der Meibomdrüsen bis hin zu innovativen abbaubaren Hydrogelen mit Dexamethason – unser Team erweitert kontinuierlich die Grenzen der Augenforschung“, freut sich Dr. Malik Haider. „Unsere Arbeit ist mehr als nur Wissenschaft – sie ist eine Verpflichtung zur Entwicklung reproduzierbarer, patientenorientierter und translationaler Lösungen.“

Best Abstract Preis an Zhi Liang für die Biofabrikation dreidimensionaler konjunktivaler Sphäroide als In-vitro-Testsystem

Auf dem Kongress wurden zahlreiche Arbeiten ausgezeichnet. Zhi Liang erhielt den „Best Abstract“-Preis der AG Young DOG. Der mit 500 Euro dotierte Preis, gestiftet von Margarete Kramer, würdigt herausragende wissenschaftliche Arbeiten junger Augenärzte und Wissenschaftler aus dem gesamten Gebiet der Augenheilkunde. Zhi Liang präsentierte auf dem Kongress das erste dreidimensionale Konjunktival-Sphäroidmodell, das den Mangel an physiologisch relevanten In-vitro-Systemen für die Augenoberflächenforschung behebt. 

Mithilfe spezieller wabenförmiger Zellkulturplatten aus Agarose – einem aus Rotalgen gewonnenen Zuckerbaustein – und menschlichen Bindehautzellen konnte Zhi Liang mit seinem Team kleine kugelförmige Mini-Gewebe, sogenannte Sphäroide, herstellen. Diese bestehen aus mehreren Zellschichten, ähnlich wie in der echten Bindehaut des Auges. „Unsere reproduzierbare und kostengünstige Plattform fördert mechanistische Studien und das Screening von Wirkstoffen, entspricht den 3R-Prinzipien und bietet Potenzial für personalisierte Augenbehandlungen“, erklärt Malik Haider. 

Sicca-Preis für Biofabrikation von Mikrogewebe auf Sphäroidbasis von Meibom- und Tränendrüsen 

Malik Haider selbst wurde mit dem mit 1.500 Euro dotierten Sicca-Preis ausgezeichnet. Auch er präsentierte eine Arbeit aus dem Bereich der Biofabrikation. Um dem Mangel an physiologisch relevanten Modellen für die Erforschung von Erkrankungen des trockenen Auges sowie für die Verabreichung von Augenmedikamenten entgegenzuwirken, entwickelte er sphäroidbasiertes Mikrogewebe aus Meibom- und Tränendrüsen. Meibomdrüsen sind kleine Talgdrüsen am Rand der Augenlider. Sie produzieren eine fettige Flüssigkeit, die sich als dünne Schicht auf den Tränenfilm legt und so verhindert, dass die Tränenflüssigkeit zu schnell verdunstet. Als Fettlieferanten des Tränenfilms sind sie entscheidend für gesunde, befeuchtete Augen. 

Mithilfe skalierbarer 3D-Kulturverfahren gelang es Haider und seinem Team, die Zellen dazu zu bringen, sich zu gleichmäßigen, lebensfähigen, kugelförmigen Mini-Geweben zusammenzuschließen. Diese bewahrten die gewebespezifische Struktur und Funktion des echten Drüsengewebes. Die Methode ist einfach, günstig und gut reproduzierbar. Dadurch eignet sie sich hervorragend für die Erforschung von Krankheitsursachen, das Testen neuer Therapien und sogar für die personalisierte Augenmedizin. Außerdem erfüllt sie die 3R-Prinzipien, da sie Tierversuche deutlich reduzieren kann.

Zwei Poster des Tages

Darüber hinaus wurden zwei Posterbeiträge des Würzburger Teams als Poster des Tages ausgezeichnet. Dr. Raoul Verma-Führing wurde für die Entwicklung und Charakterisierung eines neuartigen Trägersystems für Augenmedikamente gewürdigt. Dabei handelt es sich um ein Gel auf Hyaloronsäure-Basis, das mit winzigen Mizellen gefüllt ist. Diese enthalten den Wirkstoff Dexamethason, ein starkes entzündungshemmendes Medikament. Das System zeigte eine ausgezeichnete Zytokompatibilität und ist somit zellverträglich sicher für das Auge. Es verfügt über ein stabiles Quellverhalten, kann also Wasser aufnehmen, ohne seine Stabilität zu verlieren. Zudem lässt es sich so einstellen, dass es sich im Auge langsam abbaut und den Wirkstoff gleichmäßig und über einen längeren Zeitraum freisetzt. Durch die Kombination von Lichtaktivierung beim Einsetzen und der empfindlichen Reaktion auf körpereigene Enzyme entsteht eine maßgeschneiderte und patientenfreundliche Methode zur wirksamen Behandlung von Augen über längere Zeiträume – ohne dass ständig neue Tropfen oder Injektionen nötig sind.

Das zweite Poster des Tages aus Würzburg stammte von Pia Schröder. In ihrer Arbeit machte die Assistenzärztin auf die Diskrepanz zwischen Ganglienzellanalyse in der optischen Kohärenztomografie (OCT) und Gesichtsfeldtests bei der Erkennung von (post-)chiasmatischen Läsionen aufmerksam. Das Chiasma ist die Kreuzung, an der sich die Sehnerven treffen, die die Signale vom Auge ins Gehirn leiten. Schädigungen oder Erkrankungen an oder hinter dieser Kreuzung können zu Gesichtsfeldausfällen führen. Auch ein Glaukom kann die Sehnerven schädigen und Einschränkungen im Gesichtsfeld verursachen. Es kann schwierig sein, eine Schädigung des Sehnervs durch ein Glaukom von einer Schädigung hinter der Sehnervenkreuzung im Gehirn zu unterscheiden. Mithilfe einer speziellen Bildgebungsmethode, der OCT-Ganglienzellanalyse, lässt sich die Nervenzellschicht der Netzhaut sehr genau untersuchen. Pia Schröder berichtete von drei Patienten, bei denen diese Analyse eine Verdünnung der Nervenzellschicht entlang der vertikalen Mittellinie zeigte, obwohl die üblichen Gesichtsfeldtests noch unauffällig waren. Weitere Untersuchungen ergaben einen Tumor der Hirnanhangsdrüse (Hypophysenadenom), eine Narbenbildung entlang der Sehnervenbahn (Gliose) sowie eine Läsion im Bereich des Kapselsattels/Hypothalamus. Die Ergebnisse zeigen, dass Veränderungen in der Ganglienzellschicht bereits in einem sehr frühen Stadium auftreten können, noch bevor Patienten Einschränkungen im Gesichtsfeld bemerken. Damit könnte die OCT-Analyse ein wichtiger Frühwarnhinweis sein.

Malik Haider resümiert: „Diese Auszeichnungen und Anerkennungen spiegeln nicht nur die individuelle Brillanz wider, sondern auch das kollektive Engagement, die Kreativität und die Ausdauer jedes einzelnen Teammitglieds.“

Die Kongressbeiträge der Augenklinik finden Sie hier.

Collage aus vier Bildern, die beim DOG aufgenommen wurden.
Dr. Malik Haider (linke Spalte) wurde im Rahmen der DOG 2025 in Berlin mit dem Sicca-Preis ausgezeichnet, Zhi Liang erhielt den „Best Abstract“-Preis der AG Young DOG.
Collage von vier Porträts der Forschenden in weißen Kitteln.
Das Forschungsteam der Würzburger Augenklinik unter der Leitung von Dr. Malik Salman Haider (oben links) feierte Erfolge beim Kongress der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft e. V. (DOG) in Berlin. Oben rechts Zhi Liang, unten Pia Schröder und Dr. Raoul Verma-Führing.

Babygesänge: Kathleen Wermke als Pionierin geehrt

KULTURPREIS DEUTSCHE SPRACHE: WÜRZBURGER ZENTRUM FÜR VORSPRACHLICHE ENTWICKLUNG UND ENTWICKLUNGSSTÖRUNGEN (ZVES) MIT INSTITUTIONENPREIS AUSGEZEICHNET

Prof. Dr. Kathleen Wermke erforscht seit Jahrzehnten das Weinen sowie die vorsprachlichen Lautäußerungen von Säuglingen und Kleinkindern auf fast allen Kontinenten. Ihre bahnbrechenden Erkenntnisse über Babylaute hat sie in dem Buch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ zusammengefasst. Das Sachbuch wurde Anfang 2025 in Österreich bereits zum besten Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie Medizin/Biologie gewählt. Nun nahm Kathleen Wermke bei der Verleihung des Kulturpreises Deutsche Sprache in Baden-Baden für ihr Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Uniklinikum Würzburg den Institutionenpreis entgegen.

 

Kathleen Wermke hält auf der Bühne die Urkunde, Helmut Glück die gläserne Trophäe
Prof. Dr. Kathleen Wermke vom Universitätsklinikum Würzburg erhielt für ihre Forschung im Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik den Institutionenpreis Deutsche Sprache, überreicht durch Prof. Dr. Helmut Glück, Mitglied der Jury. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Gruppenbild der Gewinner mit ihren Preisen und Laudatoren
Im Kurhaus Baden-Baden wurde zum 24. Mal der Kulturpreis Deutsche Sprache in drei Sparten verliehen: Vor 400 geladenen Gästen erhielt Hape Kerkeling den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis). Rechts neben ihm die Preisträgerinnen des Initiativpreises für ihr Projekt „Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen“, links Kathleen Wermke vom Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Universitätsklinikum Würzburg, die den Institutionenpreis erhielt. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Buchtitel mit schreiendem Baby
Das Buch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ von Kathleen Wermke (224 Seiten Hardcover, 13,5 x 21,5 cm. EUR 26,00. ISBN 978-3-222-15122-4 Molden Verlag) wurde in Österreich zum Wissenschaftsbuch in der Kategorie Medizin / Biologie gewählt. © Molden Verlag

Würzburg/Baden-Baden. Hape Kerkeling, der in diesem Jahr den Jacob-Grimme-Preis, den Hauptpreis des „Kulturpreises Deutsche Sprache“, erhielt, erinnerte gleich zu Beginn seiner Dankesrede in Baden-Baden an seine Mutter: „Sie hat mir die Liebe zur deutschen Sprache beigebracht. Sie ließ keine Pointe aus und zeigte mir, dass zur Sprache auch Lachen und Weinen gehören.“ Für ihn sei Sprache mehr als nur Bedeutung, sie sei Emotion. 

Für Prof. Dr. Kathleen Wermke, beginnt die Sprache sogar schon im Mutterleib. Kaum auf der Welt, imitieren Säuglinge die Sprachmelodie ihrer Mütter, um eine emotionale Bindung zu ihnen aufzubauen. Diese stimmlichen Botschaften sind laut Wermke wie ein Urgesang, aus dem sich die gesprochene Sprache entwickelt. Sie möchte daher Erwachsene, nicht nur Eltern, dazu anregen, Babys einfach mal zuzuhören, ihre stimmlichen Botschaften wertzuschätzen und zu akzeptieren, dass diese emotionale Sprache der Weg zur Sprache ist.

Weltweit einzigartige Datenbank von Babylauten

Kathleen Wermke wurde am 27. September 2025 neben Hape Kerkeling mit dem Kulturpreis Deutsche Sprache geehrt, und zwar in der undotierten Sparte „Institutionspreis“. Die Verhaltensbiologin und Anthroposophin leitet am Uniklinikum Würzburg (UKW) das 2003 in enger Kooperation mit der Kinderklinik, der Hals-Nasen-Ohren-Klinik und der Kinderneurochirurgie in der Poliklinik für Kieferorthopädie gegründete Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES). Im Laufe der Jahre ist dort eine weltweit einzigartige Datenbank von Babylauten entstanden. Mithilfe ihrer Daten ist es möglich, die normale Sprachentwicklung sowie Einflussfaktoren wie Fehlbildungen, Hörstörungen oder Umweltbedingungen zu analysieren, Entwicklungsstörungen frühzeitig zu erkennen und gezielte Fördermaßnahmen zu entwickeln. „Mittels der Sprach- und Stimmdiagnostik lässt sich eine Hörstörung bei Babys inzwischen sehr früh behandeln“, so Wermke. Über die mit dem Kulturpreis Deutsche Sprache und die damit verbundene Anerkennung freut sie sich sehr. Es sei nicht leicht, angesichts der aktuellen globalen Probleme in der Öffentlichkeit gesehen zu werden. 

Pionierin und Grundlagenforscherin in einem Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik

„Als eine Pionierin in einem Forschungsfeld, das noch viele offene Fragen für uns parat hat“, ehrte sie Prof. Dr. Helmut Glück, Sprachwissenschaftler und Mitglied der Jury, in seiner Laudatio. „Wesentliche Fragen hat sie gestellt, einige davon hat sie beantwortet.“ Kathleen Wermke sei eine Grundlagenforscherin in einem Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik. „Sie hat herausgefunden, dass es zunächst einfache Tonkurven sind, die das Babyweinen charakterisieren, Tonkurven aus Melodien, Rhythmen, Lautstärken und Klangfarben.“ Und sie habe zeigen können, dass sich diese Grundbausteine in Abhängigkeit davon unterscheiden, welche Sprache die Mutter während der Schwangerschaft gesprochen oder ob sie ein Instrument gespielt habe. Auch der Frage, ob man vom Babyweinen auf Entwicklungsstörungen im Gehirn des Babys schließen kann, sei sie nachgegangen.

Nach Sachbuch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ folgt Fachbuch

Der Kulturpreis Deutsche Sprache ist bereits die zweite Ehrung für Kathleen Wermke in diesem Jahr. Im Februar 2025 wurde ihr Sachbuch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ (Molden Verlag) zum besten Wissenschaftsbuch des Jahres in der Kategorie Medizin/Biologie gewählt. In dem Buch nimmt sie ihre Leserinnen und Leser auf über 200 Seiten unterhaltsam und fundiert mit zahlreichen Hörbeispielen in die geheimnisvolle Klangwelt der Babys mit. Derzeit arbeitet sie mit Unterstützung der Carl Friedrich von Siemens Stiftung an einem Fachbuch, in dem sie ihre Theorien zur vorsprachlichen Entwicklung sowohl mit modernen Konzepten zur Sprachrevolution als auch mit ihren klinischen Erfahrungen verbindet. 

Zum Kulturpreis Deutsche Sprache

Der Kulturpreis Deutsche Sprache wird von der Eberhard-Schöck-Stiftung gemeinsam mit der renommierten Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung in drei Sparten verliehen. Ausgezeichnet werden seit 2001 alljährlich Personen, Institutionen und Initiativen, die sich in besonderem Maße um die deutsche Sprache verdient gemacht haben. Der Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis) ging bisher an bekannte Persönlichkeiten wie die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim, Udo Lindenberg, Cornelia Funke, Loriot, Ulrich Tukur oder die Fantastischen Vier.

Am Samstag wurde in Baden-Baden zum 24. Mal der Kulturpreis Deutsche Sprache in drei Kategorien verliehen. Vor 400 geladenen Gästen erhielt Hape Kerkeling den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis). Ausgezeichnet wurden außerdem das Projekt „Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen“ von Nina Thielicke und Christine Wagner (Initiativpreis) sowie das von Kathleen Wermke geleitete Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Universitätsklinikum Würzburg (Institutionenpreis).

Kathleen Wermke hält auf der Bühne die Urkunde, Helmut Glück die gläserne Trophäe
Prof. Dr. Kathleen Wermke vom Universitätsklinikum Würzburg erhielt für ihre Forschung im Übergangsbereich zwischen Biologie, Medizin und Linguistik den Institutionenpreis Deutsche Sprache, überreicht durch Prof. Dr. Helmut Glück, Mitglied der Jury. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Gruppenbild der Gewinner mit ihren Preisen und Laudatoren
Im Kurhaus Baden-Baden wurde zum 24. Mal der Kulturpreis Deutsche Sprache in drei Sparten verliehen: Vor 400 geladenen Gästen erhielt Hape Kerkeling den mit 30.000 Euro dotierten Jacob-Grimm-Preis (Hauptpreis). Rechts neben ihm die Preisträgerinnen des Initiativpreises für ihr Projekt „Echt absolut – Literarisches Übersetzen mit Jugendlichen“, links Kathleen Wermke vom Zentrum für vorsprachliche Entwicklung und Entwicklungsstörungen (ZVES) am Universitätsklinikum Würzburg, die den Institutionenpreis erhielt. © Eberhard-Schöck-Stiftung
Buchtitel mit schreiendem Baby
Das Buch „Babygesänge. Wie aus Weinen Sprache wird“ von Kathleen Wermke (224 Seiten Hardcover, 13,5 x 21,5 cm. EUR 26,00. ISBN 978-3-222-15122-4 Molden Verlag) wurde in Österreich zum Wissenschaftsbuch in der Kategorie Medizin / Biologie gewählt. © Molden Verlag

Würzburger Forscher auf Internationalem Myelom-Kongress in Toronto ausgezeichnet

Das Myelomzentrum der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) durfte sich auf dem Jahreskongress der International Myeloma Society (IMS) in Toronto, Kanada, über zwei Auszeichnungen freuen. Am 19. September 2025 wurde Doktorand Max Köppel beim President´s Dinner für seine Promotionsarbeit über die Entstehung von Sekundärleukämien nach CAR-T-Zelltherapien mit dem Young Investigator Award ausgezeichnet. Die Arbeit von Oberarzt Dr. Torsten Steinbrunn zu zielgerichteten Krebstherapien wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” gewürdigt.

Die beiden ausgezeichneten Herren stehen auf der Bühne, im Hintergrund vor schwarzer Gardine ein Monitor mit der allgemeinen Kongress-Folie, Max Köppel hält eine eingerahmte Urkunde in den Händen
Max Köppel (rechts) erhielt auf dem Jahreskongress der International Myeloma Society (IMS) in Toronto den Young Investigator Award. Die Arbeit von Dr. Torsten Steinbrunn wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” ausgezeichnet. © Collage aus Bildern von Lisa Leypoldt und IMS/Todd Buchanan

Würzburg. Beim 22. Jahrestreffen der International Myeloma Society (IMS), das im September 2025 in Toronto stattfand, diskutierten führende internationale Expertinnen und Experten neueste Erkenntnisse zur Früherkennung, Risikostratifizierung und Behandlung des Multiplen Myeloms. Das Multiple Myelom ist eine bösartige Erkrankung des Knochenmarks, bei der sich Plasmazellen, also Antikörper produzierende Zellen des Immunsystems, unkontrolliert vermehren. Die Erkrankung führt zu Knochenabbau, Blutbildveränderungen und einer geschwächten Immunabwehr. Sie zählt zu den zweithäufigsten Blutkrebserkrankungen. Die Medizinische Klinik II hat das Multiple Myelom zu einem ihrer zentralen Forschungsschwerpunkte gemacht und das Würzburger Myelomzentrum ist eines der europaweit führenden Zentren für die Behandlung dieser Erkrankung. 

Neue Erkenntnisse zur Entstehung von Sekundärleukämien als seltene Nebenwirkung von CAR-T-Zelltherapien

In Toronto fanden die Arbeiten zweier Forscher besondere Beachtung. Max Köppel, Wissenschaftler in der Arbeitsgruppe von Dr. Johannes Waldschmidt, erhielt beim President’s Dinner den „Young Investigator Award“ für seine Arbeit über die Entstehung von Sekundärleukämien nach CAR-T-Zelltherapien. In seiner von der José Carreras Leukämie-Stiftung geförderten Promotionsarbeit konnte Köppel nachweisen, dass Chemotherapien in früheren Behandlungslinien eine Selektion von Stammzellklonen mit onkogenen Driver-Mutationen bewirken können. Diese Mutationen werden möglicherweise durch einen anschließenden CAR-T-vermittelten Entzündungszustand in ihrer Entwicklung weiter beschleunigt, was nachfolgend zur Entstehung von Sekundärleukämien führen kann. 

RAS-Inhibitoren sind vielversprechender Ansatz für neue zielgerichtete Krebstherapien

Dr. Torsten Steinbrunn verfolgt einen weiteren Behandlungsansatz mit RAS-Inhibitoren. Der Hämato-Onkologe konnte zeigen, dass die Myelomerkrankung häufig durch onkogene Mutationen des RAS-Proteins vorangetrieben wird. RAS-Proteine sind an der Zellteilung und an der Tumorentwicklung beteiligt, sodass Mutationen in deren Genen das unkontrollierte Wachstum von Krebszellen begünstigen können. Mithilfe neuartiger kleiner Moleküle ist es nach langer Zeit nun erstmals möglich, diese RAS-Proteine direkt pharmakologisch auszuschalten und somit das Wachstum der Krebszellen spezifisch zu bremsen. Steinbrunns präklinische Ergebnisse sind vielversprechende Ansätze für eine personalisierte Behandlungsstrategie. RAS-Inhibitoren könnten in künftigen klinischen Studien ergänzend oder alternativ zu Immuntherapien eingesetzt werden. Seine Arbeit zu dieser neuen zielgerichteten Krebstherapie wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” ausgezeichnet.

Zu den Arbeiten in „Clinical Lymphoma, Myeloma & Leukemia - The Abstract from International Myeloma Society 22nd Annual Meeting and Exposition, 17-20 September 2025 • Toronto, Canada”:

Max Köppel, Johannes Waldschmidt, Umair Munawar, Shilpa Kurian, Manja Meggendorfer, Marietta Truger, Silvia Nerreter, Seungbin Han, Christina Verbruggen, Emma Besant, Nina Rein, Johanna Lehmann, Torsten Steinbrunn, Wing Cheung, Dominic Grün, Konstantin Matjusinski, Mikko Myllymaki, Satu Mustjoki, Michael Hudecek, Hermann Einsele, Leo Rasche, Martin Kortüm. PA-047 - Melphalan-Induced Enrichment of TP53-Mutant CHIP as a Risk Factor for Subsequent CAR-T Related Myeloid Neoplasms in Multiple Myeloma. Clinical Lymphoma Myeloma and Leukemia, Volume 25, Supplement 2, 2025, Pages S71-S72, ISSN 2152-2650, https://doi.org/10.1016/S2152-2650(25)03514-1

Torsten Steinbrunn, Ryosuke Shirasaki, Olga Dashevsky, Huihui Tang, Brian Glassner, Shizuka Yamano, Oliver Bohorquez, Ricardo de Matos Simoes, Hermann Einsele, Constantine Mitsiades. PA-319 - Preclinical Activity of Pharmacological Inhibitors Targeting KRAS and pan-RAS in Multiple Myeloma. Clinical Lymphoma Myeloma and Leukemia. Volume 25, Supplement 2, 2025, Page S228, ISSN 2152-2650, https://doi.org/10.1016/S2152-2650(25)03782-6 

Einen ausführlichen Bericht über die Promotionsarbeit von Max Köppel finden Sie hier: 
Universitätsklinikum Würzburg: Exzellenter wissenschaftlicher Nachwuchs für die Blutkrebsforschung

Die beiden ausgezeichneten Herren stehen auf der Bühne, im Hintergrund vor schwarzer Gardine ein Monitor mit der allgemeinen Kongress-Folie, Max Köppel hält eine eingerahmte Urkunde in den Händen
Max Köppel (rechts) erhielt auf dem Jahreskongress der International Myeloma Society (IMS) in Toronto den Young Investigator Award. Die Arbeit von Dr. Torsten Steinbrunn wurde als eines der „Highlights of IMS 2025” ausgezeichnet. © Collage aus Bildern von Lisa Leypoldt und IMS/Todd Buchanan

Chronische Wunden mit App dauerhaft im Blick

„BEST STUDENT PAPER APPLIED DATA SCIENCE TRACK“ FÜR WÜRZBURGER BRÜCKENSCHLAG ZWISCHEN SEMANTISCHER SEGMENTIERUNG UND REALER WUNDVERSORGUNG

Um die Versorgung von Patientinnen und Patienten mit chronischen Wunden zu verbessern, hat ein interdisziplinäres Team des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) und der Universität Würzburg die App „Wunderkint“ entwickelt. Mithilfe der App können Patientinnen und Patienten ihre chronischen Wunden künftig zu Hause dokumentieren und die Daten sicher an medizinisches Fachpersonal übermitteln. Dadurch ergibt sich die Chance, die Versorgung und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und das Gesundheitssystem zu entlasten. Für die zugrunde liegende KI-Technologie „WoundAmbit“, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet, wurde der Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) auf der European Conference on Machine Learning and Knowledge Discovery in Databases (ECML PKDD) 2025 in Porto ausgezeichnet.

Vier Porträtbilder des Wunderkint-Teams in kreisrunden Rahmen auf blauem Hintergrund - das Design des Hintergrund ist das Foliendesign vom Vortrag von Vanessa Borst.
Das Team Wunderkint: Prof. Dr. Astrid Schmieder und Dr. Tassilo Dege aus der Hautklinik hatten die Idee zur automatisierten Wundüberwachung, welche in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Samuel Kournev und Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der Universität Würzburg umgesetzt wurde.
Dashboard mit Bild von künstlicher Wunde am Knie, Referenzkarte und dem Verlauf von Juckreiz, Schmerzen und Nässe der Wunde
Mit der Wunderkint-App können Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung angeben. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit Farbskala und ArUco-Markern neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. © JMU
Vanessa Borst steht am Rednerpult - die Bühne ist in blaues Licht getaucht.
Informatikerin Vanessa Borst stellte am 18. September auf der ECML PKDD 2025 in Porto (Portugal) die KI-Technologie „WoundAmbit“ vor, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht auf der Bühne hinter dem Rednerpult - im Hintergrund ist der Monitor mit ihrer Präsentation Wound Ambit - die Bühne  erscheint in blauem Licht
Die ECML PKDD (European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases) ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht vor ihrem Poster
Für ihr Projekt „WoundAmbit: Bridging State-of-the-Art Semantic Segmentation and Real-World Wound Care“ wurde die Doktorandin Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der JMU Würzburg mit dem “Best Student Paper Applied Data Sciences Track” ausgezeichnet. © Martin Rackl / JMU

Würzburg. Chronische Wunden betreffen einen großen Teil der Bevölkerung, insbesondere ältere Menschen. Faktoren wie Diabetes, Durchblutungsstörungen oder Druckbelastungen verhindern häufig eine normale Heilungskaskade, sodass die Wunde in einem dauerhaften Entzündungs- oder Reparaturstadium steckenbleibt. Die traditionelle Wundversorgung ist ressourcenintensiv und erfordert häufige persönliche Besuche, die vor allem für die oft bewegungseingeschränkten Patientinnen und Patienten eine Belastung darstellen. Eine App namens Wunderkint soll nun für Entlastung sorgen. Der Name steht für „Segmentierung und Verlaufskontrolle chronischer Wunden durch Künstliche Intelligenz“.

„Normalerweise sehen wir unsere Patientinnen und Patienten nur im Intervall, zum Beispiel einmal im Quartal“, berichtet Dr. Tassilo Dege, der gemeinsam mit Prof. Dr. Astrid Schmieder die Idee zur App hatte und das Projekt im Rahmen des Clinician Scientist Programms des Interdisziplinären Zentrums für Klinische Forschung (IZKF) klinisch betreut. Die Besuche der Patientinnen und Patienten seien immer nur eine Momentaufnahme. „Eine teledermatologische Versorgung hingegen bietet eine fortlaufende Beurteilung, nicht nur von der Wunde, sondern auch von der Lebensqualität der Betroffenen.“

App bietet fortlaufende Beurteilung der Wunde und Lebensqualität 

Mit der Wunderkint-App, die derzeit in einer Machbarkeitsstudie getestet wird, können die Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde selbst fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung an. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit einer Farbskala und einem so genannten ArUco-Marker aus schwarzen und weißen Pixeln neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. Auf diese Weise können sie den Wundverlauf beziehungswiese die Heilung aus der Ferne in Echtzeit verfolgen, beurteilen und bei Bedarf die Therapie anpassen. Auch Terminvereinbarungen und Video-Konsultationen sind über die App möglich. 

Vergleich von Deep-Learning-Modellen, die den Wundbereich erkennen

Umgesetzt wurde die Idee der automatisierten Wundüberwachung in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der Universität Würzburg. Für die technische Realisierung des zugrundeliegenden Software-Projekts sowie das Trainieren der KI-Modelle war Vanessa Borst verantwortlich - Doktorandin am Lehrstuhl für Software-Engineering unter der Leitung von Prof. Dr. Samuel Kounev. Da die automatische Wunderkennung in der medizinischen Bildgebung noch unterrepräsentiert war, verglich sie zunächst verschiedene Deep-Learning-Modelle und fütterte die KIs im Rahmen des technischen Gesamtkonzepts WoundAmbit mit tausenden von öffentlichen Wundbildern, damit diese lernen, die Wundränder und Wundfläche auf dem Foto präzise zu identifizieren. Die KI musste erkennen, welche Bildbereiche zur Wunde gehören und welche nicht, sodass sich Form und Größe exakt bestimmen lassen. Um die Verlässlichkeit der KI bei der Analyse von Wundbildern des UKWs zu prüfen, verglich das Forschungsteam die von der KI erkannten Wundflächen mit den Einschätzungen erfahrener Medizinerinnen und Medizinern – basierend auf einem eigens dafür erstellten Datensatz von Tassilo Dege. Das so entwickelte KI-Modul bildet die Grundlage für die Funktionalität der Wunderkint-App.

Best Student Paper Applied Data Science Track für Brückenschlag zwischen modernster semantischer Segmentierung und realer Wundversorgung

Diese so genannte semantische Segmentierung galt es sodann mit der realen Wundversorgung zu verbinden. „Konkret bedeutet das: Aus den von der KI erkannten Wundflächen mussten verlässliche Größenangaben in Millimetern oder Zentimetern abgeleitet werden. Gerade unterschiedliche Aufnahmebedingungen – etwa wenn die Kamera einmal näher und einmal weiter von der Wunde entfernt ist – machen diese Umrechnung besonders herausfordernd“, erläutert Vanessa Borst. Für diesen Brückenschlag, also dem Übertrag der hochentwickelten KI auf die praxisnahe, verständliche und nützliche Versorgung, gewann die Informatikerin jetzt auf der European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases (ECML PKDD) 2025 in Porto (Portugal) den „Best Student Paper Applied Data Science Track“. Den Beitrag „WoundAmbit: Bridging State-of-the-Art Semantic Segmentation and Real-World Wound Care“ stellte sie am 18. September 2025 in Porto persönlich vor. ECML PKDD ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen.

Machbarkeitsstudie testet Praxistauglichkeit der App Wunderkint 

Eine laufende Machbarkeitsstudie testet derzeit die Praxistauglichkeit der App. Erste Ergebnisse zeigen eine ausgezeichnete Benutzerfreundlichkeit, eine positive Akzeptanz bei Patientinnen und Patienten sowie eine deutliche Entlastung des medizinischen Personals.

„Wobei der persönliche Kontakt zum Arzt oder zur Ärztin nicht zu unterschätzen ist und wahrscheinlich zum Heilungsprozess dazugehört“, betont Astrid Schmieder. Sie versteht die Digitalisierung in der Wunderkint-Zielgruppe eher als ein „Add-on“. „Durch die App lernen unsere Patientinnen und Patienten mehr über ihre Erkrankung und den Umgang damit. Das gibt ihnen Mut, Zuversicht und Sicherheit, die Wunde fachgerecht zu behandeln, was zu einer schnelleren Wundheilung führt.“

Die Dermatologin arbeitet mit ihrem Team an verschiedenen Digitalisierungsprojekten, um die Behandlungen verschiedener Krankheitsbilder zu verbessern und die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern. „Wir werden künftig digitale Medien haben, die genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten sind“, sagt Schmieder. Am Zeitalter der Digitalisierung findet sie besonders spannend, dass sowohl das medizinische Personal als auch die Patientinnen und Patienten die Möglichkeit haben, dieses mitzugestalten.

Stimmen Sie ab für Vanessa Borst als IT Woman of the Year 2025
Vanessa Borst (28) wurde für die Reader’s Choice Awards des Women’s IT Network (WIN) und der Vogel IT Akademie nominiert. Die Awards werden auf dem FIT 2025 Kongress am 27. November in Augsburg verliehen. Ausgezeichnet werden Frauen aus Business IT, eHealth und eGovernment in den Kategorien Digital Transformation, Start Up und Leadership. Hier geht es zur Abstimmung: https://www.fit-kongress.de/award#Abstimmung – durchklicken zum Bereich „Women in eHealth“, weiter zur Kategorie „Young Leader“ und dann Vanessa Borst wählen. 
„Diese Nominierung ist nicht nur eine persönliche Anerkennung, sondern auch eine Gelegenheit, das Bewusstsein für KI-Anwendungen in der Medizin zu schärfen, die wirklich etwas bewegen können“, freut sich die Doktorandin.  

Text: Wissenschaftskommunikation / KL 

Vier Porträtbilder des Wunderkint-Teams in kreisrunden Rahmen auf blauem Hintergrund - das Design des Hintergrund ist das Foliendesign vom Vortrag von Vanessa Borst.
Das Team Wunderkint: Prof. Dr. Astrid Schmieder und Dr. Tassilo Dege aus der Hautklinik hatten die Idee zur automatisierten Wundüberwachung, welche in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Samuel Kournev und Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der Universität Würzburg umgesetzt wurde.
Dashboard mit Bild von künstlicher Wunde am Knie, Referenzkarte und dem Verlauf von Juckreiz, Schmerzen und Nässe der Wunde
Mit der Wunderkint-App können Patientinnen und Patienten regelmäßig ihre Wunde fotografieren und auf einer Skala die Schmerzintensität, den Juckreiz, die Nässe der Wunde und ihre Stimmung angeben. Damit die KI die Größe und Röte der Wunde erkennt und analysiert, wird beim Abfotografieren eine Referenzkarte mit Farbskala und ArUco-Markern neben die Wunde gelegt. Sämtliche Daten werden auf einem sicheren Weg an die behandelnden Ärztinnen und Ärzte übermittelt, die diese auf einem Dashboard abrufen. © JMU
Vanessa Borst steht am Rednerpult - die Bühne ist in blaues Licht getaucht.
Informatikerin Vanessa Borst stellte am 18. September auf der ECML PKDD 2025 in Porto (Portugal) die KI-Technologie „WoundAmbit“ vor, die erstmals moderne Bildanalyse mit den praktischen Anforderungen der Wundversorgung verbindet. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht auf der Bühne hinter dem Rednerpult - im Hintergrund ist der Monitor mit ihrer Präsentation Wound Ambit - die Bühne  erscheint in blauem Licht
Die ECML PKDD (European Conference on Machine Learning and Principles and Practice of Knowledge Discovery in Databases) ist die wichtigste europäische Konferenz zu Maschinellem Lernen und Data Mining – also zur Entdeckung von Mustern in großen Datenmengen. © Martin Rackl / JMU
Vanessa Borst steht vor ihrem Poster
Für ihr Projekt „WoundAmbit: Bridging State-of-the-Art Semantic Segmentation and Real-World Wound Care“ wurde die Doktorandin Vanessa Borst vom Lehrstuhl für Software-Engineering (Informatik II) der JMU Würzburg mit dem “Best Student Paper Applied Data Sciences Track” ausgezeichnet. © Martin Rackl / JMU

Verantwortungsvoller Einsatz von Antibiotika in der ambulanten Versorgung

Die 27. Jahreskonferenz des General Practice Research on Infections Network (GRIN) fand in diesem Jahr am 19. und 20. September in Würzburg statt und widmete sich den drängendsten Fragen der Infektionsforschung in der Primärversorgung.

Gruppenbild der Teilnehmer bei strahlendem Sonnenschein vor dem Burkadushaus  in der Altstadt von Würzburg.
Die Jahreskonferenz des General Practice Research on Infections Network (GRIN) fand in diesem Jahr am 19. und 20. September in Würzburg statt. Rund 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa, Australien und den USA waren der Einladung des Instituts für Allgemeinmedizin gefolgt, um im Burkardushaus, dem Tagungszentrum am Würzburger Dom, aktuelle Erkenntnisse zur Infektionsforschung in der Primärversorgung zu diskutieren. © Bianca Steinmann / UKW

Infektionskrankheiten sind einer der häufigsten Gründe für einen Arztbesuch in der hausärztlichen Versorgung. Nicht jede Infektion erfordert jedoch die Einnahme von Antibiotika. Ärztinnen und Ärzten in der Primärversorgung, also in den Bereichen Allgemeinmedizin, Kinder- und Jugendmedizin, kommt demnach eine zentrale Rolle zu. Sie müssen entscheiden, wann die Gabe eines Antibiotikums sinnvoll und angemessen ist. Denn nur durch einen gezielten und verantwortungsvollen Einsatz von Antibiotika können Resistenzentwicklungen verhindert werden, sodass diese lebenswichtigen Medikamente auch in Zukunft wirksam bleiben. Der Fachbegriff hierfür lautet „Antimicrobial Stewardship“, kurz AMS. 

100 Wissenschaftler aus der ganzen Welt diskutierten in Würzburg aktuelle Erkenntnisse zur Infektionsforschung in der Primärversorgung

Um AMS ging es auch auf der 27. Jahreskonferenz des General Practice Research on Infections Network (GRIN).GRIN ist eine im Bereich AMS-Forschung in der Primärversorgung einzigartige internationale Vernetzung, die sich einmal jährlich an wechselnden Orten Europas trifft und viele Studien auch ‚vernetzt‘ durchführt“, berichtet Prof. Dr. Ildikó Gágyor, Direktorin des Instituts für Allgemeinmedizin am Uniklinikum Würzburg (UKW). In diesem Jahr war Ildikó Gágyor mit ihrem Team, bestehend aus Alexandra Greser, Dr. Peter K. Kurotschka, Vanessa Meyer und Bianca Steinmann, für die Organisation des GRIN-Meetings zuständig. Rund 100 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Europa, Australien und den USA waren ihrer Einladung gefolgt, um am 19. und 20. September im Burkardushaus, dem Tagungszentrum am Würzburger Dom, aktuelle Erkenntnisse zur Infektionsforschung in der Primärversorgung zu diskutieren. 

Ildikó Gágyor: „Antimikrobielle Resistenz kann zwar regional sehr unterschiedlich ausfallen, es ist jedoch ein globales Problem das keine Grenzen kennt. Daher ist es wichtig, dass wir national und international unsere Anstrengungen bündeln, um die daraus resultierende Gesundheitsgefahr abzuwenden.“ 

Am Freitagmorgen standen zunächst neue Forschungsansätze im Fokus. Dazu gehörten Beiträge zur Verbesserung der Überwachung sexuell übertragbarer Erkrankungen, zu visuellen Kommunikationsstrategien für einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika, zur Einführung einer globalen KI zur Infektionsbewertung sowie KI-gestützte Diagnose- und Behandlungsentscheidungen bei Harnwegsinfektionen. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf sogenannten Point-of-Care- und Diagnostiktests, die in der Praxis schnell und präzise Ergebnisse liefern sollen.

Wirksamkeit der Point-of-Care Mikroskopie und Urinteststreifen in der Diagnosesicherung unkomplizierter Harnwegsinfektionen 

Harnwegsinfektionen gehören zu den häufigsten Beratungsanlässen in der Allgemeinmedizin. Daher wurde ihnen ein eigener Themenblock gewidmet. Unter anderem wurden Strategien zur Verbesserung der Antibiotikaverschreibung in Pflegeheimen, die Informationsbedürfnisse von Patientinnen mit wiederkehrenden Infekten sowie neue Erkenntnisse zu Resistenzmustern diskutiert.

In diesem Rahmen stellte Peter Kurotschka vom Institut für Allgemeinmedizin die ersten Ergebnisse der cluster-randomisierten Pilotstudie MicUTI vor. An der Studie nahmen mehr als 150 Patientinnen aus 20 Hausarztpraxen des Bayerischen Forschungsnetzes in der Allgemeinmedizin (BayFoNet) im Raum Würzburg und Erlangen teil. Frühere Studien haben gezeigt, dass sich bei etwa der Hälfte der Frauen die Beschwerden der Harnwegsinfektionen spontan zurückbilden, und sie deshalb nicht von Antibiotika profitieren. In dieser Studie wurde geprüft, ob mithilfe von Urinteststreifen und mikroskopischen Untersuchung des Urins unmittelbar in der Praxis die Diagnose einer Harnwegsinfektion verbessert und eine gezielte Therapieentscheidung getroffen werden kann. Die Ergebnisse der Studie wurden bereits zur Publikation in einer internationalen Fachzeitschrift angenommen und erscheinen in Kürze. 

Einblicke in die Geheimnisse von Antibiotikaresistenzen und Empfindlichkeitstestungen 

Den Auftakt des Nachmittagsprogramms gestaltete Prof. Dr. Oliver Kurzai mit der sogenannten Keynote Lecture, dem Hauptvortrag, indem er die Mechanismen der Resistenzbildung von Krankheitserregern und deren Folgen bei Pilzerregern darstellte. Der Inhaber des Lehrstuhls für Medizinische Mikrobiologie und Mykologie am Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Universität Würzburg sowie Leiter des Nationalen Referenzzentrums für invasive Pilzinfektionen (NRZMyk) gewährte Einblicke in neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu Antibiotikaresistenzen und Empfindlichkeitstestungen. 

Atemwegsinfektionen, Infektionsmanagement bei Kindern und AMS 

Im Anschluss richtete sich der Blick auf Atemwegsinfektionen. Es wurden Studien zu Lungenentzündung, viral bedingten Atemwegsinfektionen, Prognosemodellen zum Risiko eines schweren Verlaufs bei Patientinnen und Patienten mit Atemwegsinfektionen, sowie zur Leitlinienadhärenz präsentiert. Den Abschluss des ersten Konferenztags bildete ein Block zum Infektionsmanagement bei Kindern, in dem unter anderem der Antibiotikaeinsatz bei Atemwegssymptomen und elterliche Entscheidungsfaktoren thematisiert wurden.

Am Samstag lag ein weiterer Schwerpunkt auf Atemwegsinfektionen. Die Themen reichten von Behandlungskonzepten für Post-Covid-Patienten über Erfahrungen aus der Pandemie in Schweden bis hin zum Einsatz von Lungenultraschall und neuen Schnelltests in der Hausarztpraxis. Im Anschluss fand eine Session zum Thema Antibiotic Stewardship statt, in der nationale Programme, innovative Kommunikationsstrategien und Verschreibungsmuster in Europa beleuchtet wurden. Den Abschluss bildeten Beiträge zu häufigen Infektionen in der Primärversorgung, darunter Sepsis-Scores im ärztlichen Bereitschaftsdienst, Haut- und Weichteilinfektionen sowie die Erwartungen der Bevölkerung an den Verlauf akuter Infektionen.

Mit ihrem vielseitigen Programm bot die GRIN-Jahreskonferenz 2025 eine umfassende Plattform, um Forschung und Praxis enger zu verzahnen und gemeinsam Lösungen für eine bessere Infektionsversorgung in der Allgemeinmedizin zu erarbeiten. Die 28. GRIN-Jahreskonferenz wird am 25. und 26. September 2026 in Dublin (Irland) stattfinden.

Text: Wissenschaftskommunikation / KL

Wie Blutplättchen Krankheiten auslösen – und Therapien ermöglichen

7TH EUPLAN INTERNATIONAL CONFERENCE BRINGT EUROPAS THROMBOZYTENFORSCHUNG NACH WÜRZBURG

Die siebte internationale Konferenz des European Platelet Network (EUPLAN) fand vom 17. bis 19. September 2025 mit 150 Teilnehmenden aus 17 Ländern in Würzburg statt. Das Netzwerktreffen bündelt europäische Expertise in der Blutplättchenforschung, fördert wissenschaftliche Diskussionen und intensiviert den Austausch zwischen Forschung und Klinik.

 

Die 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der EUPLAN-Konferenz haben sich zum Gruppenbild im Foyer des RVZ aufgestellt.
150 Thrombozytenforscherinnen und -forscher aus 17 Ländern folgten der Einladung der Experimentellen Biomedizin I und nahmen an der 7th EUPLAN International Conference im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg teil. © Anna Wenzl / UKW
Arbeitsgruppenleiter und -leiterinnen haben sich auf der Treppe im Foyer des RVZ aufgestellt.
Erfolgreiche Kooperationen der Experimentellen Biomedizin I und des Rudolf-Virchow-Zentrums. Forscherinnen v.l.n.r.: Dr. Sarah Beck, Dr. Tamara Girbl (Nachwuchsgruppenleiterin RVZ), Prof. Dr. Katrin Heinze (Sprecherin RVZ, Molekulare Mikroskopie). Forscher v.l.n.r.: Dr. Zoltan Nagy (Emmy-Noether-Forschungsgruppe, Megakaryozyten), Prof. Dr. Markus Bender (Kardiovaskuläre Zellbiologie), Prof. Dr. Harald Schulze (Experimentelle Hämostaseologie), Prof. Dr. David Stegner (Vaskuläre Bildgebung), Prof. Dr. Bernhard Nieswandt (Leiter des Lehrstuhls für Experimentelle Biomedizin I, Schwerpunkt Vaskuläre Biologie). © Anna Wenzl / UKW

Würzburg. Die Erforschung von Blutplättchen (Thrombozyten) und ihrer Vorläuferzellen, den Megakaryozyten, ist ein Paradebeispiel für die Verbindung von Grundlagenwissenschaft und klinischer Medizin. Was vor wenigen Jahrzehnten noch als Randthema galt, ist heute ein zentrales Forschungsfeld mit unmittelbarer gesellschaftlicher Relevanz – und wird sicherlich auch in den kommenden Jahren entscheidend dazu beitragen, Krankheiten besser zu verstehen und wirksamer zu behandeln.

Zahlreiche neue Erkenntnisse und Behandlungsansätze wurden bei der 7th EUPLAN International Conference vorgestellt und diskutiert. Das Treffen des europäischen Blutplättchen-Netzwerks (European Platelet Network) fand vom 17. bis 19. September 2025 im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg statt. 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 17 Ländern waren der Einladung von Prof. Dr. Bernhard Nieswandt, Leiter des Instituts für Experimentelle Biomedizin I am Uniklinikum Würzburg (UKW), und Prof. Dr. Markus Bender gefolgt. 

Der Lehrstuhl ist auch als „The Würzburg Platelet Group“ bekannt. Insgesamt fünf Arbeitsgruppen beschäftigen sich hier mit der Grundlagen-, translationalen und klinischen Forschung auf dem Gebiet der Thrombozyten- und Megakaryozytenbiologie bei Gesundheit und Krankheit. Ihre Mission ist es, ein umfassendes Verständnis des Thrombozyten-Megakaryozyten-Systems bei thrombotischen, entzündlichen und malignen Erkrankungen zu erlangen, um letztendlich neue Behandlungskonzepte für diese Erkrankungen zu entwickeln.

Hochaktive Akteure in einem komplexen Netzwerk biologischer Prozesse

In einem einzigen Tropfen Blut befinden sich etwa 12 Millionen Thrombozyten. Die kleinen, kernlosen Zellen entstehen im Knochenmark, wo sie von großen, mehrkernigen Zellen, den sogenannten Megakaryozyten, gebildet werden. Ein einzelner Megakaryozyt kann Tausende Thrombozyten produzieren, indem er diese am Ende seiner langen Fortsätze abschnürt. Nach ihrer Freisetzung zirkulieren die Blutplättchen bis zu zehn Tage lang im peripheren Blut, bevor sie abgebaut werden. 

In den vergangenen Jahren hat die Forschung immer mehr Funktionen entdeckt, die Blutplättchen in unserem Körper ausüben. Sie sind nicht nur für die lebenswichtige Wundstillung (Hämostase) und die pathologische Gerinnselbildung in unseren Gefäßen (Thrombose) verantwortlich, sondern übernehmen auch zentrale Funktionen bei Entzündungsreaktionen und der Immunabwehr. Die neu gewonnenen Erkenntnisse verändern unser Verständnis von Krankheitsbildern wie Schlaganfällen und Herzinfarkten, aber auch von seltenen Blutungsstörungen, Krebs und Infektionen. Sie tragen dazu bei, neue Therapien zu entwickeln. 

Die Würzburg Platelet Group: Bender, Nagy, Nieswandt, Schulze und Stegner

Prof. Dr. Bernhard Nieswandt identifizierte zum Beispiel Thrombozyten als Verursacher für Entzündungsreaktionen im Gehirn nach einem ischämischen Schlaganfall. Er prägte den Begriff der Thrombo-Inflammation, die ein zentraler Pathomechanismus für eine Vielzahl weiterer Erkrankungen ist. Nieswandt und sein Team untersuchen unter anderem, welche Eiweiße auf der Oberfläche der Blutplättchen und welche Signalwege im Zellinneren ihre Aktivität steuern Sie entwickeln neue Therapieansätze, zum Beispiel Antikörper, die gefährliche Blutgerinnsel verhindern sollen. 

Prof. Dr. Markus Bender befasst sich unter anderem mit den Mechanismen hinter der sogenannten Thrombozytopenie. Dieser Mangel an Blutplättchen ist ein häufiges klinisches Problem, das mit einem erhöhten Blutungsrisiko verbunden ist. Da Thrombozytentransfusionen lebensbedrohliche Blutungen verhindern können, erforscht Bender mit seinem Team, wie sich eine spenderunabhängige Thrombozytenproduktion optimieren lässt. Weitere Schwerpunkte sind Veränderungen des Zytoskeletts in Thrombozyten, sowohl auf grundlegender als auch auf translationaler Forschungsebene, und wie altersbedingte Entzündungsprozesse im Knochenmark die Funktion von Megakaryozyten und Blutplättchen beeinflussen. 

Prof. Dr. David Stegner und seine Arbeitsgruppe machen mithilfe modernster Mikroskopietechniken vaskuläre Prozesse sichtbar und untersuchen, wie Blutplättchen mit Immunzellen zusammenwirken und dabei Entzündungen und Gefäßschäden verursachen, wie sie beispielsweise bei Schlaganfall oder Herzinfarkt auftreten. Das Ziel besteht darin, die zugrundeliegenden Mechanismen besser zu verstehen und neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln.

Dr. Zoltan Nagy erforscht mit seiner Emmy-Noether-Forschungsgruppe die Entwicklung und Reifung von Megakaryozyten. Durch ein besseres Verständnis der molekularen Mechanismen der Plättchenbildung möchte er dazu beitragen, Erkrankungen wie Thrombozytopenie oder Knochenmarkfibrose gezielter behandeln zu können. Langfristig streben die Forschenden die Entwicklung neuer Strategien an, um Blutplättchen im Labor herzustellen oder die Plättchenproduktion im Körper zu steigern – ein wichtiger Ansatz angesichts des steigenden Bedarfs an Blutplättchenspenden.

Prof. Dr. Harald Schulze hat seinen Schwerpunkt in der Experimentellen Hämostaseologie, also der Lehre von der Blutgerinnung und ihren Störungen. Mit seiner Arbeitsgruppe erforscht er die Entstehung von Blutplättchen im Knochenmark. Darüber hinaus konzentriert er sich auf Defekte in der Thrombozytenproduktion oder -funktion bei erblichen Blutgerinnungsstörungen beim Menschen sowie bei erworbenen Defekten, wie sie bei Patientinnen und Patienten mit Sepsis oder COVID-19 auftreten. Auf der „7th EUPLAN International Conference“ hielt er eine Keynote-Lecture zum Thema „Thrombozyten-Subpopulationen, Immunthrombose und Thrombo-Inflammation – Wie können wir die Thrombozytenfunktion(en) an der Schnittstelle zwischen Hämostase und Entzündung bestimmen?“

Acht Keynote Lectures auf der 7th EUPLAN International Conference

Insgesamt standen acht Keynote Lectures auf dem Programm. Den Eröffnungsvortrag hielt Prof. Dr. Alessandra Balduini aus Pavia in Italien, die mit ihrem Team ein 3D-Knochenmarkmodell entwickelt hat. Mithilfe dieses Modells ist es möglich, Thrombozyten außerhalb des Körpers zu produzieren und die Mechanismen der Thrombozytenproduktion sowie die Wirkung von Medikamenten zu untersuchen. Für die zweite Eröffnungsrede konnte Prof. Dr. Wolfgang Bergmeier von der US-amerikanischen University of North Carolina gewonnen werden. Er stellte neue Erkenntnisse zur Regulierung der sogenannten Integrinaffinität vor. Dabei handelt es sich um die Bindungsstärke (Affinität) von Zelloberflächenrezeptoren (Integrine).

Aus drei macht eins! Das European Platelet Network EUPLAN

Die EUPLAN International Conference baut auf Konferenzen auf, die bereits in den 1980er Jahren stattgefunden haben. So gab es von 1983 bis 2010 zwölf Konferenzen in Erfurt, die den Titel „Erfurt Conference on Platelets” trugen. Im Jahr 1986 startete zudem in Ascheberg bei Münster eine deutsche Konferenzreihe, die sich später zu einer internationalen Reihe entwickelte und zunehmend auch außerhalb Deutschlands stattfand. Darüber hinaus trafen sich regelmäßig Expertinnen und Experten aus der Thrombozyten-Forschung im Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland (UK). Im Jahr 2010 wurden in Nottingham (UK) schließlich unter der Federführung von Prof. Stan Heptinstall, einem der führenden Experten auf dem Gebiet der Plättchenphysiologie und -diagnostik, die drei Reihen aus Deutschland und Großbritannien zum großen European Platelet Network (EUPLAN) zusammengeführt, um die grundlegende und klinische Forschung in der Thrombozytenbiologie stärker miteinander zu vernetzen. Die erste EUPLAN-Konferenz fand 2012 in Maastricht (Niederlande) statt. Seither kommen im Zwei-Jahres-Rhythmus Expertinnen und Experten in verschiedenen europäischen Städten zusammen, um sich über ihre wissenschaftlichen Erkenntnisse zu Thrombozyten und ihren Mutterzellen, den Megakaryozyten, auszutauschen.

Damit die dreitägige Konferenz allen offensteht – von etablierten Expertinnen und Experten bis hin zum Forschungsnachwuchs – und der Wissenstransfer nicht an finanziellen Hürden scheitert, sind die Registrierungsgebühren bewusst niedrig gehalten. „Dafür organisieren wir hier alles selbst“, sagt Markus Bender, der den wissenschaftlichen Teil der Konferenz gemeinsam mit Bernhard Nieswandt erarbeitet hat. Für die Administration ist Kerstin Siegmann verantwortlich. Für die Entlastung des Budgets konnten zudem einige Partner aus der Industrie gewonnen werden.

Text: Wissenschaftskommunikation / KL

Die 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer der EUPLAN-Konferenz haben sich zum Gruppenbild im Foyer des RVZ aufgestellt.
150 Thrombozytenforscherinnen und -forscher aus 17 Ländern folgten der Einladung der Experimentellen Biomedizin I und nahmen an der 7th EUPLAN International Conference im Rudolf-Virchow-Zentrum in Würzburg teil. © Anna Wenzl / UKW
Arbeitsgruppenleiter und -leiterinnen haben sich auf der Treppe im Foyer des RVZ aufgestellt.
Erfolgreiche Kooperationen der Experimentellen Biomedizin I und des Rudolf-Virchow-Zentrums. Forscherinnen v.l.n.r.: Dr. Sarah Beck, Dr. Tamara Girbl (Nachwuchsgruppenleiterin RVZ), Prof. Dr. Katrin Heinze (Sprecherin RVZ, Molekulare Mikroskopie). Forscher v.l.n.r.: Dr. Zoltan Nagy (Emmy-Noether-Forschungsgruppe, Megakaryozyten), Prof. Dr. Markus Bender (Kardiovaskuläre Zellbiologie), Prof. Dr. Harald Schulze (Experimentelle Hämostaseologie), Prof. Dr. David Stegner (Vaskuläre Bildgebung), Prof. Dr. Bernhard Nieswandt (Leiter des Lehrstuhls für Experimentelle Biomedizin I, Schwerpunkt Vaskuläre Biologie). © Anna Wenzl / UKW

Annäherung statt Flucht: Angst vor Spinnen erfolgreich überwinden

Die Studie SpiderMEM am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Uniklinikums Würzburg (UKW) untersucht, ob die transkranielle Magnetstimulation (TMS) das Angstgedächtnis von Menschen mit Spinnenphobie und Spinnenangst direkt verändern kann. Die ersten Ergebnisse sind ermutigend. Weitere Teilnehmende sind herzlich willkommen. Bei Interesse reicht eine unverbindliche E-Mail an: spider_vr@ukw.de

Grafik von einer Hand auf der eine eher niedliche kleine helle Spinne sitzt
Titelbild des Studienflyers, erstellt mit ChatGPT
Frau hat eine Spule am Kopf, von der aus gezielt magnetische Impulse durch die Schädeldecke (transkraniell) an bestimmte Hirnareale abgegeben werden, um deren Aktivität zu beeinflussen. Im Hintergrund ein Monitor mit Bildern vom Gehirn.
Die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist eine nicht-invasive und nebenwirkungsarme Form der Hirnstimulation. © Martin Herrmann / UKW

Würzburg. Im Herbst sind Spinnen besonders aktiv und gut sichtbar. Zu dieser Zeit sind viele Arten ausgewachsen, auf Partnersuche und bauen größere Netze, um möglichst viel Nahrung zu fangen. Gleichzeitig suchen sie bei sinkenden Temperaturen Schutz in Wohnräumen. Für die meisten Menschen sind Spinnen ein ganz normaler Teil dieser Jahreszeit. Bei vielen lösen die achtbeinigen Tierchen mit ihren zahlreichen Augen jedoch Ekel und Unbehagen aus. Klinisch relevant wird die Spinnenangst, wenn sie Panikreaktionen wie Fluchtverhalten, Herzrasen, Schweißausbrüche und Atemnot auslöst. Die Arachnophobie, wie die Spinnenangst medizinisch bezeichnet wird, kann jedoch behandelt werden. 

Ein einzelnes negatives Kindheitserlebnis mit einer Spinne kann bereits die Angst auslösen oder verstärken

Am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) läuft derzeit die Studie „SpiderMEM”. Darin wird untersucht, ob und wie die transkranielle Magnetstimulation (TMS) das Angstgedächtnis von Menschen mit Spinnenangst verändern kann. „Das Gehirn speichert besonders emotionale oder bedrohliche Erfahrungen in einem Angstgedächtnis ab. Wenn eine Spinne mit Panik oder Schreck verknüpft wird, können schon der bloße Anblick oder sogar der Gedanke daran ähnliche Angstreaktionen hervorrufen“, erklärt Dr. Lisa Cybinski, Psychologin am ZEP. „Ein einzelnes negatives Kindheitserlebnis mit einer Spinne kann bereits die Angst auslösen oder verstärken. Auch das wiederholte Beobachten von Angstreaktionen von Familienmitgliedern oder kognitive Verzerrungen durch Horrorgeschichten können zur Entwicklung von Spinnenangst beitragen. 

Mit TMS spezifische neuronale Prozesse im Angstgedächtnis so zu beeinflussen, dass die Angst danach weniger stark ausgeprägt ist

Bei der TMS werden über eine Spule am Kopf gezielt magnetische Impulse durch die Schädeldecke an bestimmte Hirnareale abgegeben, um deren Aktivität zu beeinflussen. Die TMS ist relativ sicher, gut verträglich und wird bereits erfolgreich bei anderen psychischen Erkrankungen, wie etwa Depressionen, eingesetzt. „Unser Ziel ist es, mit TMS spezifische neuronale Prozesse im Angstgedächtnis so zu beeinflussen, dass die Angst danach weniger stark ausgeprägt ist“, erklärt Prof. Dr. Martin Herrmann, der Leiter der von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie „SpiderMEM“. Die Stimulation dauert insgesamt 15 Minuten. Um die Wirkung der TMS wissenschaftlich fundiert zu überprüfen, erhält ein Teil der Probandinnen und Probanden eine Placebo-Stimulation. Darüber hinaus wird ein Teil der Teilnehmenden kurz vor der TMS mit einer realen Spinne konfrontiert. Zusätzlich erfolgen bei denjenigen, die keine Metallteile am Körper haben, vor und nach der Behandlung MRT-Untersuchungen des Gehirns. Die MRT-Bilder helfen dabei, zu verstehen, welche Hirnregionen an der Verarbeitung von Angst beteiligt sind und wie sich diese durch die Behandlung verändern. 

Allein die Teilnahme an der Studie kann helfen, die Spinnenangst zu lindern

„Die bisherigen Ergebnisse sind ermutigend: Eine Woche sowie drei Monate nach der Behandlung zeigen viele Teilnehmende weniger Angst und Vermeidungsverhalten – und das unabhängig von der TMS-Behandlung“, sagt Dr. Lisa Cybinski. Auch das Studienteam erfährt erst nach Abschluss der doppelblinden Studie, wer von den Teilnehmenden eine aktive TMS erhalten hat und ob diese einen zusätzlichen Effekt hat. „Doch schon jetzt zeigt sich: Allein die Teilnahme an der Studie kann helfen, die Spinnenangst zu lindern“, so Cybinski. Viele profitieren bereits davon, dass sie sich aktiv mit ihrer Angst auseinandersetzen. 

Für zahlreiche Studienteilnehmende endet der erste Kontakt mit einer einfachen Hausspinne kurz nach Betreten des Raumes: Sie verspüren Angst und entwickeln Fluchtreflexe. Doch wenige Wochen später nähern sich viele der Hausspinne nicht nur, einige berühren sie sogar mit einem Pinsel oder dem bloßen Finger. Manchen gelingt das sogar schon einen Tag nach der Behandlungssitzung mit einer lebenden Vogelspinne“, schildert Lisa Cybinski ihre Beobachtungen. 

Studienteilnahme weiterhin möglich 

Gesucht werden weiterhin Erwachsene zwischen 18 und 60 Jahren, die unter Spinnenangst leiden und die Ein- und Ausschlusskriterien erfüllen. So dürfen beispielsweise keine psychischen Erkrankungen oder Kontraindikationen für eine TMS vorliegen. Die Studienteilnahme ist kostenlos und anonym. Sie umfasst ein Telefongespräch, eine diagnostische Voruntersuchung, eine Behandlungssitzung mit TMS sowie mehrere Nachuntersuchungen, die sich über einen Zeitraum von etwa vier Monaten verteilen. Der Gesamtzeitaufwand beträgt 3,5 bis 4,5 Stunden. Alle Teilnehmenden erhalten eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 35 bis 45 Euro. Wer Interesse hat, kann sich gern unverbindlich beim Studienteam per E-Mail melden, um weitere Informationen zu erhalten: Spider_VR@ ukw.de 

Grafik von einer Hand auf der eine eher niedliche kleine helle Spinne sitzt
Titelbild des Studienflyers, erstellt mit ChatGPT
Frau hat eine Spule am Kopf, von der aus gezielt magnetische Impulse durch die Schädeldecke (transkraniell) an bestimmte Hirnareale abgegeben werden, um deren Aktivität zu beeinflussen. Im Hintergrund ein Monitor mit Bildern vom Gehirn.
Die Transkranielle Magnetstimulation (TMS) ist eine nicht-invasive und nebenwirkungsarme Form der Hirnstimulation. © Martin Herrmann / UKW