Aktuelle Pressemitteilungen

29. Februar: Tag der Seltenen Erkrankungen / 600.000 Betroffene in Bayern

„Zentrum für Seltene Erkrankungen Nordbayern“ am Uniklinikum Würzburg besteht seit zehn Jahren / Podiumsdiskussion am UKW

Mit solchen Plakaten macht die „Allianz chronischer Seltener Erkrankungen“ (ACHSE) auf den Aktionstag am 29. Februar aufmerksam. Quelle: ACHSE e.V.
Das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZESE) am UKW stellt sich vor.

Würzburg. Der 29. Februar ist ein besonderer Tag – es gibt ihn nur in Schaltjahren wie 2024. Aus diesem Grund ist der 29. Februar auch traditionell der „Tag der Seltenen Erkrankungen“. In diesem Jahr gibt es noch einen weiteren Grund, auf das Thema aufmerksam zu machen: Das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZESE) am Universitätsklinikum Würzburg, als überregionale Anlaufstelle für Nordbayern, feiert an dem Tag sein zehnjähriges Bestehen, u.a. mit einer öffentlichen Podiumsdiskussion.

Hintergrund: In Bayern sind rund 600.000 Menschen von seltenen Erkrankungen betroffen. Eine Erkrankung gilt als selten, wenn weniger als fünf von 10.000 Menschen betroffen sind - bisher sind etwa 8.000 seltene Erkrankungen bekannt. Jedes Jahr werden etwa 200 neue Krankheitsbilder entdeckt.

Zum offiziellen Tag der Seltenen Erkrankungen am 29. Februar kann das Zentrum an der Würzburger Uniklinik daher eine Vielzahl von Gästen begrüßen. Dazu zählen u.a. Eva Luise Köhler, die Schirmherrin der „Allianz chronischer Seltener Erkrankungen“ (ACHSE) und Geske Wehr, die Vorsitzende der ACHSE e. V. sowie Sabine Dittmar, Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für Gesundheit.

Beginn der Veranstaltung ist am 29. Februar um 14.15 Uhr am Universitätsklinikum Würzburg im Hörsaal des ZOM.

Hier finden Sie weitere Hintergrundinformationen zum Tag der Seltenen Erkrankungen.

Mit solchen Plakaten macht die „Allianz chronischer Seltener Erkrankungen“ (ACHSE) auf den Aktionstag am 29. Februar aufmerksam. Quelle: ACHSE e.V.
Das Zentrum für Seltene Erkrankungen (ZESE) am UKW stellt sich vor.

In 14 Stunden 5 Prototypen fürs UKW „gehackt“

Voller Erfolg des ersten Würzburger HealthCare Hackathons

Beim ersten Würzburger HealthCare Hackathon Ende Januar haben 20 Hacker und eine Hackerin in zwei Tagen technologische Lösungen für fünf medizinische Herausforderungen vom Uniklinikum Würzburg (UKW) gefunden und Prototypen entwickelt, deren Funktionalität in Proof of Concepts nachgewiesen wurde.

 

Hacker-Team tüftelt am Stehtisch im Ideenlabor im Tower des ZDI Mainfranken.
Beim Würzburger HealthCare Hackathon im Ideenlabor im Tower des ZDI präsentierten 20 Hacker und eine Hackerin mit ihren Mentorinnen und Mentoren nach zwei Tagen für sechs Challenges fünf Prototypen, deren Funktionalität in Proof of Concepts nachgewiesen wurde. © HealthCare Hackathon Würzburg
Rüdiger Pryss im HealthCare Hackathon Hoodie
Der Medizin-Informatiker Prof. Dr. Rüdiger Pryss vom Uniklinikum Würzburg (UKW) initiierte gemeinsam mit dem Zentrum für Digitale Innovationen (ZDI) Mainfranken und dem Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) Würzburg den ersten Würzburger HealthCare Hackathon. © HealthCare Hackathon Würzburg

Würzburg. Wenn Medizin auf Informatik trifft, herrscht oft ein babylonisches Sprachgewirr. Jeder spricht eine andere Sprache, sodass es oft immense Verständigungsprobleme gibt. Dabei sind Medizin und Gesundheitswesen entscheidend auf technologische Lösungen angewiesen, um die Patientenversorgung zu verbessern. Ein Baustein, um den Herausforderungen der Zukunft zu begegnen und die Brücke zwischen Medizin und Informatik zu stärken, sind sogenannte Healthcare Hackathons. Der Begriff "Hacken", der umgangssprachlich eher negativ besetzt ist und meist mit dem illegalen Eindringen in Computersysteme assoziiert wird, geht dabei auf den ursprünglichen Begriff des kreativen Experimentierens mit Technik zurück und ist durchweg positiv konnotiert. 

Erster HealthCare Hackathon in Würzburg 

„Unser HealthCare Hackathon war sensationell“, schwärmt Rüdiger Pryss. Der Professor für Medizinische Informatik am Institut für Klinische Epidemiologie und Biometrie (IKE-B) sowie am Institut für Medizinische Datenwissenschaften (ImDS) initiierte gemeinsam mit dem Zentrum für Digitale Innovationen (ZDI) Mainfranken und dem Innovations- und Gründerzentrum (IGZ) Würzburg den ersten Würzburger HealthCare Hackathon, der ein offizieller Ableger des Mainzer HealthCare Hackathon (www.healthcare-hackathon.info) und der erste seiner Art in Bayern ist. Maßgeblich verantwortlich für die Organisation war der Wirtschaftswissenschaftler Johannes Allgaier. Der Doktorand von Rüdiger Pryss war selbst Mitglied eines Hacker-Teams. „Wir haben erste Schritte unternommen, einen Echtzeit-Sprachmodulator für Menschen zu entwickeln, die ihre natürliche Stimme durch eine Kehlkopfentfernung verloren haben“, erzählt er. Medizinisch betreut wurde das Projekt von Anna Fleischer. Die Assistenzärztin in der Psychosomatischen Medizin des UKW hat das Hacker-Team wie alle anderen Kolleginnen und Kollegen vom UKW, die eine Challenge eingereicht haben, die ganze Zeit vor Ort im Ideenlabor im Tower des ZDI Mainfranken als Mentorin betreut.

„Sprache ist der größte Bremser“

„Der permanente Austausch hilft die Sprachbarriere zu überwinden“, weiß Johannes Allgaier. Er erlebt es tagtäglich, dass die Sprache der größte Bremser ist. „Der eine versteht den anderen nicht - und man redet oft aneinander vorbei.“ Zudem sei ein Perspektivenwechsel unverzichtbar, um nutzerfreundliche und verständliche Systeme zu entwickeln, die Vertrauen schaffen. Stichwort Workflow-Integration: „Wir müssen in der Informatik sehen, wie der klinische Alltag aussieht und die Digitalisierung den Anwenderinnen und Anwendern helfen kann“, so Allgaier.  
Das Interesse der Ärztinnen und Ärzte des UKW an digitalen Lösungen war jedenfalls riesig. „Insgesamt wurden 30 Projekte eingereicht - von Ärztinnen und Ärzten, die selbst hochmotiviert sind und einfach Lust auf digitale Transformation haben“, freut sich Johannes Allgaier. „Leider mussten wir die Auswahl auf acht Challenges beschränken. Immerhin hatten wir über 30 Anmeldungen von Hackerinnen und Hackern aus ganz Deutschland. Doch dann kam der Bahnstreik.“ So wurden die verbliebenen 20 Hacker und eine Hackerin auf sechs Teams aufgeteilt.

90 Prozent Zeitersparnis durch KI-basierte Lösung in rheumatologischer Diagnostik 

Dr. Patrick-Pascal Strunz hatte das Glück, wie er sagt, auch eine Frau im Team zu haben. „Eine absolute Bereicherung“, so der Assistenzarzt in der Rheumatologie. Seine Challenge: Entwicklung einer KI-basierten Software zur Analyse von Kapillarmikroskopie-Bildern zur Unterstützung der rheumatologischen Diagnostik. „Um Rheuma zu diagnostizieren, untersuchen wir neben Blutwerten und klinischen Befunden auch das Kapillarbett, die Nagelhaut auf mindestens sechs Fingernägeln. Anhand der Morphologie der Nagelhaut können verschiedene Erkrankungen diagnostiziert werden. Allerdings ist die Untersuchung sehr zeitaufwändig.“ Tatsächlich entwickelte sein Team innerhalb von zwei Tagen eine künstliche Intelligenz (KI), die bei der Abschlusspräsentation gegen ihn antrat und qualitativ mithalten konnte. „Im Test gegen mich gab es überraschend viele Übereinstimmungen“, sagt Patrick-Pascal Strunz. Das vierköpfige Team, das bei der Abschlusspräsentation den ersten Platz belegte und damit 1.000 Euro gewann, will seine „Cap-KI“ nun dem Leiter des Schwerpunkts Rheumatologie und Klinische Immunologie am UKW, Privatdozent Dr. Marc Schmalzing, vorstellen. Setzt sich der Prototyp durch, bedeutet das eine Zeitersparnis von 90 Prozent im klinischen Alltag.

App-basiertes Symptomtagebuch übertraf Erwartungen

Auch Dr. Christian Wilhelm, Facharzt an der HNO-Klinik, war vom HealthCare Hackathon beeindruckt. „Mein Hacker-Team, alles hochmotivierte Mitarbeiter der Firma Systhemis, hatte die Aufgabe, eine App zu entwickeln, die als Kommunikationsplattform für Patientinnen und Patienten mit Kopf-Hals-Krebs dienen soll. In der App werden Informationen über die Erkrankung zur Verfügung gestellt, in einem Tagebuch können Krankheitssymptome eingetragen werden und man kann mit den behandelnden Ärztinnen und Ärzten in Kontakt treten“. Das Ergebnis hat seine anfänglichen Erwartungen übertroffen. Denn den drei Hackern ist es gelungen, eine voll funktionsfähige App zu programmieren, die das Publikum bei der Preisverleihung live auf dem eigenen Handy testen konnte. Dafür gab es den dritten Platz. Die Kommunikationsplattform soll nun weiterentwickelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Sein Resümee: „Für mich als Arzt ohne Vorkenntnisse in der Softwareentwicklung war der HealthCare Hackathon eine neue und sehr spannende Erfahrung“. 

„Kraftvolles Instrument, um Theorie lebendig in Praxis zu überführen“

Wer kann am Hackathon teilnehmen? „Jeder. Hauptsache man ist offen, enthusiastisch, kreativ und motiviert“, sagt Johannes Allgaier. Ob aus der Medizin, Informatik, Wirtschaft, alt oder jung – alle sind herzlich willkommen. Vor allem für Studierende sei der Hackathon eine Chance. 

„Hackathons sind für unsere Studierenden und den klinischen sowie wissenschaftlichen Nachwuchs ein kraftvolles Instrument, um Theorie lebendig in Praxis zu überführen. Dabei wird dann auch noch die Leidenschaft fürs Experimentieren und innovative Projektgestaltung geweckt", resümiert Prof. Dr. Sarah König. Die Studiendekanin der Medizinischen Fakultät hat ebenfalls als Mentorin am Hackathon teilgenommen. Bei der von ihr eingebrachten Herausforderung, einen KI-gestützten Lernassistenten (MedEduAI) für Medizin- und Zahnmedizinstudierende zu entwickeln, der auf frühere Prüfungsfragen und Lehrmaterialien zurückgreift, stießen die Hacker allerdings an ihre Grenzen. „Wenngleich kein Proof of Concept erreicht wurde, ist dieses Ergebnis wertvoll für die Planung zukünftiger Projekte bzw. Hackathons", sagt Sarah König.

Interdisziplinäre AG Digitale Medizin (IAGDM)

„Generell wird nicht jedes Ergebnis bis zur Marktreife weiterentwickelt, aber alle Ideen wirken stimulierend und inspirierend und stehen der Allgemeinheit zur Verfügung“, berichtet Rüdiger Pryss. „Immerhin hatten wir in Würzburg nach 14 Stunden Hacken für sechs Challenges fünf Prototypen, deren Funktionalität in Proof of Concepts nachgewiesen wurde.“ Übergeordnetes Ziel des Hackathons sei schlussendlich immer die Vernetzung zwischen Medizin, Informatik und letztendlich auch der Wirtschaft. 

Wie geht es weiter? „Natürlich 2025 mit dem nächsten HealthCare Hackathon in Würzburg!“, sagt Rüdiger Pryss. Und wer bis dahin nicht warten möchte oder kann: Viele, die am Hackathon beteiligt waren, engagieren sich in der neu gegründeten Interdisziplinären AG Digitale Medizin (IAGDM). Darin vernetzen sich verschiedene Abteilungen des (UKW) und der Uni Würzburg, um Synergien zu nutzen und die Digitalisierung in der medizinischen Forschung, Lehre und Behandlung weiter voranzutreiben. Weitere Informationen gibt es auf Anfrage unter digital@ ukw.de.

Sponsoren des Healthcare Hackathons Würzburg: 

Finanziell unterstützt wurde der erste Würzburger HealthCare Hackathon vom Würzburger Innovationslabor Awesome Technologies, der Bayern Innovativ GmbH, dem Softwareunternehmen EMPOLIS, der Health Study Club GmbH, Huawei Technologies Deutschland GmbH, der SYSTHEMIS AG sowie der Vogel Stiftung Dr. Eckernkamp.

Jury: 

  • Dr. Christian Andersen, Netzwerkmanager am Zentrum für Digitale Innovationen (ZDI) Mainfranken
  • Dr. Cornelia Kolb, Geschäftsführerin Awesome Technologies Innovationslabor GmbH
  • Prof. Dr. Nicholas Müller, Forschungsprofessur "Sozioinformatik und gesellschaftliche Aspekte der Digitalisierung" an der Technische Hochschule Würzburg-Schweinfurt (THWS)
  • Amelie Reigl, Doktorandin im Bereich Biologie, Mitgründerin eines Biotech-Startups und bekannt auf TikTok und Instagram als dieWissenschaftlerin
  • Prof. Dr. Johannes Schobel, Forschungsprofessor im Bereich „Digitale Medizin und Pflege" an der Hochschule Neu-Ulm 
     

Jung, innovativ und ein Gewinn für kliniknahe Krebsforschung

2 Nachwuchsförderungen fürs UKW im Rahmen des BZKF-Young Scientist Fellowship 2024

Dr. Valerie Glutsch und Dr. Xiang Zhou vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) erhalten jeweils 100.000 Euro für ihre Forschungsprojekte im Rahmen des Young Scientist Fellowship-Programms des Bayerischen Zentrums für Krebsforschung (BZKF). Insgesamt wurden acht herausragende junge Medizinerinnen und Mediziner von bayerischen Universitätskliniken ausgezeichnet, die innovative Projekte oder Studien im Bereich der kliniknahen Krebsforschung durchführen.

Preisträgerin und Preisträger
Am UKW freuen sich Dr. Valerie Glutsch aus der Hautklinik und Dr. Xiang Zhou aus der Medizinischen Klinik II über die Förderung durch das BZKF-Young Scientist Fellowship. © Annette Popp / UKW

Würzburg. Zum zweiten Mal vergibt das Bayerische Zentrum für Krebsforschung (BZKF) im Rahmen seines Young Scientist Fellowship-Programms Stipendien an acht junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die an einem der sechs Standorte des BZKF patientennahe Krebsforschung betreiben. Zum zweiten Mal sind unter den acht Stipendiatinnen und Stipendiaten wieder zwei Nachwuchsforschende aus Würzburg. Dr. Valerie Glutsch aus der Hautklinik und Dr. Xiang Zhou aus der Medizinischen Klinik II dürfen sich über eine Förderung von 100.000 Euro freuen. Pro Stipendium zahlen das BZKF 50.000 Euro und die jeweilige Mutterklinik 50.000 Euro. 

HER2/neu als therapeutisches Ziel beim mukosalen Melanom

Valerie Glutsch erforscht einen neuen Therapieansatz für das mukosale Melanom. Dabei handelt es sich um einen schwarzen Hautkrebs, der nicht auf der Haut, sondern auf den Schleimhäuten des Körpers entsteht. „Schleimhautmelanome werden aufgrund ihrer anatomischen Lage oft erst in fortgeschrittenen oder metastasierten Stadien diagnostiziert, was die Prognose verschlechtert. Hinzu kommt, dass die zugelassenen systemischen Therapien im Gegensatz zum Melanom der freien Haut bisher keine überzeugende Wirksamkeit zeigen. Und da Schleimhautmelanome häufig explizit von klinischen Studien ausgeschlossen sind, bleibt den Betroffenen der Zugang zu innovativen Therapieansätzen meist verwehrt“, berichtet Valerie Glutsch. Die Medizinerin, die neben ihrer Weiterbildung zur Fachärztin für Dermatologie auch eine Weiterbildung zur Dermatohistopathologin absolviert, möchte in ihrem neuen Forschungsprojekt das Protein HER2/neu als therapeutische Zielstruktur beim Schleimhautmelanom näher untersuchen. Es gibt Hinweise darauf, dass das aus dem Brustkrebs bekannte Protein HER2/neu auch auf den Krebszellen des Schleimhautmelanoms vorkommt. „Im Rahmen dieses Forschungsprojektes erhoffe ich mir, HER2/neu als therapeutisches Target im Schleimhautmelanom zu detektieren und die onkologische Wirksamkeit des gegen HER2/neu gerichteten Antikörper-Wirkstoff-Konjugats Trastuzumab Deruxtecan (T-DXd) nachzuweisen“, sagt Valerie Glutsch.

Ein risikoreiches Projekt mit großem klinischen Potential 

Die Auswahlkommission am Standort Würzburg (Prof. Dr. Ralf Bargou, Prof. Dr. Hermann Einsele, Privatdozentin Dr. Jutta Riese und Prof. Dr. Paul-Gerhard Schlegel) lobte die interessante klinisch-translationale Fragestellung zu HER/2neu als therapeutischem Target beim mukosalen Melanom. Es handele sich um eine Nischenentität und aufgrund des Einsatzes der dSTORM-Mikroskopie sowie der Herausforderung der Probengewinnung um ein risikoreiches Projekt. Eine Umsetzung in die Klinik sei jedoch bei Erfolg des Forschungsprojektes rasch vorstellbar. 

Bispezifische Antikörper und Proteasom-Iihibitoren als Kombinationstherapie beim Multiplen Myelom

Auch das Forschungsvorhaben von Dr. Xiang Zhou " Proteasominhibitor als Kombinationspartner der bispezifischen Antikörpertherapie bei Multiplem Myleom“ stellt nach Ansicht des Auswahlgremiums eine relevante klinisch-translationale Fragestellung dar.

Der angehende Hämatologe forscht bereits seit einiger Zeit auf dem Gebiet der bispezifischen Antikörper und des Proteasoms, ein zellulärer Proteinabbaukomples, im Zusammenhang mit dem Multiplen Myelom. Da das Proteasom eine wichtige Rolle bei der Regulation des Zellzyklus und des Zellwachstums spielt, können Proteasom-Inhibitoren eingesetzt werden, um das Wachstum von Krebszellen zu hemmen. „Proteasom-Inhibitoren wie Bortezomib und Carfilzomib haben zu großen Fortschritten in der Therapie des Multiplen Myeloms geführt“, sagt Xiang Zhou. „In jüngster Zeit wurden aber auch bispezifische Antikörper entwickelt, die das Immunsystem der Betroffenen aktivieren und den Blutkrebs bekämpfen sollen.“ Im BZKF-Projekt untersucht er in vitro Proteasom-Inhibitoren als Kombinationspartner der bispezifischen Antikörpertherapie (Teclistamab und Talquetamab) anhand der Zellaktivität von Myelomzellen. Sein Ziel ist es, eine zukünftige Kombinationsstrategie der Therapie beim Multiplen Myelom zu entwickeln, die Effektivität der Anti-Myelom-Therapie zu maximieren und eine langfristige internationale Zusammenarbeit mit Zentren in den USA und in der Schweiz zu etablieren. Das Projekt wird in Kollaboration mit dem Kantonsspital St. Gallen und der Emory University in Atlanta durchgeführt.

Die Auswahlkommission zeigte sich beeindruckt von Xiang Zhous herausragender Publikationsleistung - er hat mehr als 40 Publikationen zu den Themen - und seinen guten Vorarbeiten auf dem Gebiet der bispezifischen Antikörper und des Proteasoms im Kontext des Multiplen Myeloms.

Hochrelevante, kliniknahe und translationale Forschungsansätze 

„Wir sind fest davon überzeugt, dass sowohl Valerie Glutsch als auch Xiang Zhou den herausfordernden Spagat zwischen klinischem Alltag und Grundlagenforschung meistern werden. Die vielversprechenden, hochrelevanten, kliniknahen und translationalen Forschungsansätze sind klar konzipiert, durchdacht und ausgezeichnet vorbereitet, so dass ein Projektstart unmittelbar nach Förderbeginn erfolgen kann“, kommentiert Prof. Dr. Ralf Bargou, Direktor des Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Mitglied des BZKF-Direktoriums.

Prof. Dr. Herrmann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II des UKW, Sprecher des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen NCT WERA und ebenfalls Mitglied des BZKF-Direktoriums ergänzt: „Die beiden ausgewählten Projekte fügen sich hervorragend in die Schwerpunkte der Universitätsmedizin Würzburg ein. Darüber hinaus bieten beide thematisch gute Anknüpfungsmöglichkeiten an bestehende Strukturen des BZKF.“ Das Forschungsvorhaben von Dr. Xiang Zhou passt zum BZKF-Leuchtturm Zelluläre Immuntherapie sowie zur Studiengruppe Multiples Myelom, Dr. Valerie Glutsch hat gute Kontakte zur BZKF-Studiengruppe Melanom, die die standortübergreifende Sammlung von Probenmaterial unterstützen könnte.“ Hermann Einsele resümiert: „Durch die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses und die Zusammenarbeit mit den bestehenden BZKF-Leuchttürmen und Studiengruppen können wir den Aufbau eines international sichtbaren Spitzenzentrums für patientennahe Krebsforschung in Bayern vorantreiben.“

BZKF-Young Scientist Fellowship-Programm

Mit dem Young Scientist Fellowship-Programm 2022 förderte das BZKF erstmals die besten Medizinerinnen und Mediziner, Lebenswissenschaftlerinnen und Lebenswissenschaftler – (Advanced) Medical Scientist, Clinician Scientist oder Clinical Trialist – im Bereich der Krebsforschung in Bayern und stellte damit sowohl die notwendigen Mittel als auch die Freiräume für eine erfolgreiche Krebsforschung an den sechs bayerischen Uniklinika bereit. Auch in der zweiten Ausschreibung mussten sich die Stipendiatinnen und Stipendiaten in einem kompetitiven Begutachtungsverfahren an den sechs BZKF-Standorten durchsetzen. Die klinischen Forschungsprojekte sollen dazu beitragen, die Diagnostik und Therapie von Krebserkrankungen in Bayern weiter voranzubringen. Übergeordnetes Ziel ist es, neue Verfahren der zielgerichteten Tumortherapie schneller vom Labor in die Klinik zu bringen.

Hier geht es zur aktuellen Pressemitteilung des BZKF zum Young Scientist Fellowship.

Preisträgerin und Preisträger
Am UKW freuen sich Dr. Valerie Glutsch aus der Hautklinik und Dr. Xiang Zhou aus der Medizinischen Klinik II über die Förderung durch das BZKF-Young Scientist Fellowship. © Annette Popp / UKW

Crème de la Crème der CAR-T-Zell-Szene

EBMT-EHA 6th European CAR T-cell Meeting: Michael Hudecek hat vom 15. bis 17. Februar den Vorsitz von Europas größtem CAR T-Zell-Meeting in Valencia 

Porträt von Michael Hudecek im Labor.
Prof. Dr. Michael Hudecek, Leiter des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie am UKW, hat den Vorsitz beim EBMT-EHA 6th European CAR T-cell Meeting im spanischen Valencia. © Daniel Peter / UKW

Würzburg. Das Europäische CAR-T-Zell-Meeting sei ein bisschen wie „Wetten, dass?“ Top-Referenten fliegen um die halbe Welt, um ihre neuesten Daten vor einem großen Publikum zu präsentieren", sagt Prof. Dr. Michael Hudecek, der gemeinsam mit Anna Sureda von der Universität Barcelona das sechste European CAR-T Cell Meeting in Valencia leitet. Vom 15. bis 17. Februar trifft sich hier die Crème de la Crème der CAR-T-Zell-Szene. Aber auch Postdocs, Doktorandinnen und Doktoranden sowie Medizinische Technologinnen und Technologen nehmen an Europas größtem CAR-T-Zell-Meeting teil, das laut Michael Hudecek vielleicht sogar das weltweit größte auf diesem Gebiet ist. Der Inhaber des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie am Uniklinikum Würzburg (UKW) hat zum dritten Mal in Folge den Vorsitz der European Hematology Association (EHA) inne und blickt nicht nur mit Freude, sondern auch mit Stolz auf die Entwicklung der Veranstaltung, die mittlerweile einen festen Platz im Terminkalender aller CAR-T-Zell-Forschenden hat.

1300 Teilnehmende mehr als 190 Abstracts

Das Treffen liege ihm sehr am Herzen. „Vor fünf Jahren planten die EHA und die European Society for Blood and Marrow Transplantation (EBMT) unabhängig voneinander ein kleines Symposium. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik II am UKW, und ich waren in beiden Fachgesellschaften aktiv und haben uns dafür eingesetzt, dass die beiden Veranstaltungen zusammengelegt werden“, berichtet Michael Hudecek. Die erste Tagung im Januar 2019 in Paris war innerhalb von zwei Wochen ausgebucht. Inzwischen ist die Zahl der Teilnehmenden von 500 auf 1.300 gestiegen, davon 1.100 vor Ort, der Rest virtuell.

Die große und positive Resonanz der Tagung spiegelt sich auch in der Anzahl der eingereichten Abstracts wider. Waren es vor zwei Jahren noch ca. 90, so sind in diesem Jahr über 190 Abstracts eingegangen.

Meeting eröffnet Karriere-Chancen

Das CAR-T-Zell-Meeting sei sowohl für Klinikerinnen und Kliniker als auch für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wichtig und ideal zum Netzwerken. Hier habe man die Möglichkeit, die Menschen zu treffen, von denen man sonst nur Manuskripte lese. Man kommt mit Top-Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ins Gespräch und kann Kontakte für ein Postdoc oder ein Praktikum im Ausland knüpfen. Allein vom UKW reisen mehr als 20 Personen nach Valencia.

Hochkarätige Beiträge aus dem UKW

Privatdozentin Dr. Sophia Danhof stellt beispielsweise die neuesten Ergebnisse der Caramba-Studie vor. Ziel der Studie ist es, die SLAMF7-CAR-T-Zelltherapie bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Multiplen Myelom, bei denen konventionelle Therapien dieser bösartigen Erkrankung der Plasmazellen im Knochenmark ausgeschöpft sind, in die klinische Anwendung zu überführen. Dr. Karl Petri berichtet über die neuesten Verfahren der Gen-Editierung. Und Prof. Dr. Hermann Einsele hält einen Vortrag über CAR-T-Zellen beim Multiplen Myelom. Weitere wichtige Tagungsthemen sind CAR-T-Zelltherapien bei soliden Tumoren und Autoimmunerkrankungen. Hier gibt es zum Beispiel neueste Daten zur Wirksamkeit von CAR-T-Zellen gerade bei schwer verlaufenden Autoimmunerkrankungen. Darüber hinaus werden klinische Fallbeispiele präsentiert, unter anderem von Dr. Lukas Scheller zu einem Patienten mit Multiplen Myelom. Von den clinical cases können vor allem junge Klinikerinnen und Kliniker lernen, wie die Therapien eingesetzt werden und wie man mit Nebenwirkungen umgeht. 

EU-Projekte AIDPATH und T2EVOLVE

Schließlich werden verschiedene EU-Projekte vorgestellt. Dr. Carmen Sanges und Prof. Dr. Maik Luu werden über T2EVOLVE und AIDPATH berichten. Das Akronym AIDPATH steht für “AI powered, Decentralized Production for Advanced Therapies in the Hospital”. Das EU-Projekt zielt darauf ab, mittels künstlicher Intelligenz eine zielgerichtete und patientenindividuelle CAR-T-Zelltherapie direkt am Ort der Behandlung herzustellen. T2EVOLVE ist ein vom UKW und dem Pharmaunternehmen Servier geleitetes Konsortium mit 27 Partnern aus neun europäischen Ländern. Die Allianz hat sich zum Ziel gesetzt, die Entwicklung der CAR-T-Zelltherapie zu beschleunigen und den Zugang von Krebspatientinnen und Krebspatienten zur Behandlung mit reprogrammierten Immunzellen zu verbessern. 

Patientinnen und Patienten erhalten eigenes Forum

Ein zentrales Merkmal des im EU-Projekt T2EVOLVE verfolgten Ansatzes ist die Einbeziehung von Patientinnen und Patienten als mitwirkende Teammitglieder. Auch in Valencia werden die Patientinnen und Patienten ein eigenes Forum haben. Das sei ein wichtiger Aspekt des Meetings, sagt Hudecek. „Wir haben zum Beispiel eine Umfrage unter Menschen gemacht, die eine CAR-T-Zelltherapie bekommen haben. Wir wollten zum Beispiel wissen, was gut lief, wie die Betreuung war, was verbessert werden könnte.“

Translation muss in Europa noch schneller werden

„Schließlich geht es bei unserem Treffen auch um die Frage, wie sich die verschiedenen europäischen Initiativen noch besser austauschen und vernetzen können. Dazu haben wir eine Podiumsdiskussion organisiert. „Es gibt viele gute Ideen und wichtige Innovationen in Europa. Und in der Wissenschaft sind wir absolut vorne dabei. Wir müssen nur sehen, dass wir unsere Erkenntnisse schneller in die Klinik und auf den Markt bringen.“ In den USA geht die Translation oft schneller, so dass sie rascher und einfacher publizieren und Proof of Concepts entwickeln können, die wiederum Investoren anlocken. Doch jetzt steht erstmal Europa zwei Tage lang im Fokus der weltweiten Forschung und Behandlung mit CAR-T-Zellen. 

Zur Webseite des 6th European CAR T-cell Meeting: https://ehaweb.org/meetings/cart6/

Zur CAR-T-Zelltherapie und Prof. Dr. Michael Hudecek: 

Bei der zellulären Immuntherapie wird den weißen Blutkörperchen unseres Immunsystems, den T-Zellen, auf die Sprünge geholfen. Dazu werden die T-Zellen gentechnologisch verändert und im Labor mit einem künstlichen auf die entsprechende Krebsart zugeschnittenen Rezeptor ausgestattet, dem Chimären Antigen Rezeptor, kurz CAR. Anschließend werden die „scharf gestellten“ T-Zellen als lebendes Medikament der Patientin oder dem Patienten zurückgegeben. Mithilfe des spezifischen Oberflächenmarkers können die CAR-T-Zellen die Tumorzellen im Körper aufspüren und zerstören.

Prof. Dr. Michael Hudecek, Leiter des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie am UKW zählt zu den weltweit führenden Wissenschaftlern für CAR-T-Zelltherapien und liefert mit seinem Team ein regelrechtes Feuerwerk an neuen Produkten, die sie sowohl von Grund auf entwickeln als auch in die klinische Anwendung bringen.
Gemeinsam haben sie sich zur Aufgabe gemacht neue Zielmoleküle auf Krebszellen zu identifizieren und zu validieren, die CARs entsprechend maßzuschneidern und für Krebspatientinnen und -patienten zugänglich zu machen sowie die Wirksamkeit bereits etablierter CARs weiter zu erhöhen. 
 

Porträt von Michael Hudecek im Labor.
Prof. Dr. Michael Hudecek, Leiter des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie am UKW, hat den Vorsitz beim EBMT-EHA 6th European CAR T-cell Meeting im spanischen Valencia. © Daniel Peter / UKW

Online-Veranstaltung zu unerfülltem Kinderwunsch

Am Dienstag, den 12. März 2024 informieren zwei Expertinnen der Würzburger Universitäts-Frauenklinik in einem Webinar über Diagnose- und Therapiemöglichkeiten bei unerfülltem Kinderwunsch. Die kostenlose Veranstaltung ist ein Gemeinschaftsprojekt mit der Mediengruppe Main-Post.

Dr. Saskia-Laureen Herbert (links) und Dr. Claudia Staib
Dr. Saskia-Laureen Herbert (links) und Dr. Claudia Staib von der Würzburger Universitäts-Frauenklinik referieren am 12. März 2024 in einer Online-Veranstaltung über die Gründe und Therapiemöglichkeiten von unerfülltem Kinderwunsch. Bilder (2): UKW / Thomas Berberich

Bei etwa 15 Prozent der Paare im gebärfähigen Alter bleibt der Wunsch nach einem Kind unerfüllt.
„Die Gründe dafür können sehr vielfältig sein. Für die unterschiedlichen Ausgangslagen stehen ganz verschiedene Therapien zur Verfügung“, betont Prof. Dr. Achim Wöckel. Die von ihm geführte Frauenklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) bündelt das entsprechende Know-how in einem jüngst räumlich und technologisch komplett modernisierten Kinderwunschzentrum.

Zwei Expertinnen aus diesem „Zentrum für Gynäkologische Endokrinologie und Reproduktionsmedizin“, das pro Jahr etwa 750 Patientinnen und Patienten behandelt, geben bei einem Webinar Betroffenen und Interessierten einen umfassenden Überblick über die aktuellen Diagnose- und Therapiemöglichkeiten.
Oberärztin Dr. Saskia-Laureen Herbert und Laborleiterin Dr. Claudia Staib erläutern bei der öffentlichen und kostenlosen Veranstaltung am Dienstag, den 12. März 2024 unter anderem laienverständlich, wie eine künstliche Befruchtung abläuft und welche Zusatzverfahren es in der Kinderwunschtherapie gibt. Außerdem gehen sie der Frage nach, wie Endometriose die Fruchtbarkeit beeinflussen kann. Dieser sehr häufigen weiblichen Erkrankung widmet sich übrigens noch ausführlicher am Folgetag, dem 13. März, ein eigener Infoabend der Frauenklinik im Zentrum für Innere Medizin des UKW. Mehr dazu unter www.ukw.de/frauenklinik.

Das Kinderwunsch-Webinar ist Teil der Veranstaltungsreihe „Abendsprechstunde“, die schon seit vielen Jahren vom Klinikum gemeinsam mit der Mediengruppe Main-Post organisiert wird. Es geht von 18:00 bis etwa 19:30 Uhr und nutzt die Plattform Zoom. Voraussetzung für die Teilnahme sind eine Internetverbindung sowie ein Smartphone, ein Tablet, ein Laptop oder ein PC.

Weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit gibt es unter www.ukw.de/selbsthilfe

 

Dr. Saskia-Laureen Herbert (links) und Dr. Claudia Staib
Dr. Saskia-Laureen Herbert (links) und Dr. Claudia Staib von der Würzburger Universitäts-Frauenklinik referieren am 12. März 2024 in einer Online-Veranstaltung über die Gründe und Therapiemöglichkeiten von unerfülltem Kinderwunsch. Bilder (2): UKW / Thomas Berberich

Psychische Gesundheit junger Familien verbessern

Versorgungskonzept UPlusE: U-Untersuchung für Kinder Plus Eltern

Die Klinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) nimmt an der größten deutschen Studie zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von jungen Familien teil. Die Studie untersucht die Wirkung des Versorgungskonzepts UPlusE. Zur U-Untersuchung für Kinder kommt ein Screening der Eltern auf mögliche psychosoziale Belastungen und entsprechende Unterstützung.

 

Porträt von Freya Lancik und Andrea Gehrmann
Freya Lanczik (links) und Andrea Gehrmann koordinieren die Studie UPlusE am Universitätsklinikum Würzburg. © UKW

Würzburg. Etwa 15 Prozent der Mütter und 5 Prozent der Väter sind rund um die Geburt ihres Kindes von Depressionen und Angststörungen betroffen, oft auch in Kombination. Im Gegensatz zum harmlosen Baby-Blues, den 50 bis 80 Prozent aller Mütter nach der Geburt erleben und der vor allem durch starke Stimmungsschwankungen gekennzeichnet ist, handelt es sich bei Wochenbettdepressionen um schwere psychische Erkrankungen, die nicht selten bereits in der Schwangerschaft beginnen. Neben den negativen Auswirkungen auf die gesamte Familie, insbesondere auch auf die Entwicklung der Kinder, sind Suizide eine der häufigsten Ursachen für Müttersterblichkeit in den Industrieländern.

Bei frühzeitiger Diagnosestellung gut und schnell behandelbar

Umso wichtiger ist das neue Versorgungsprojekt UPlusE, das nun im Rahmen einer multizentrischen Studie unter der Leitung des Klinikums Nürnberg untersucht wird. Es ist die größte deutsche Studie zur Verbesserung der psychischen Gesundheit von Schwangeren und jungen Familien. Das Universitätsklinikum Würzburg ist maßgeblich an der Studie beteiligt, die am 12. Februar 2024 startet. 

„Obwohl Ärztinnen und Ärzte vor allem in der Gynäkologie und Pädiatrie regelmäßig junge Familien sehen, wird bisher nur ein Bruchteil der psychischen Erkrankungen vor und nach der Geburt tatsächlich frühzeitig erkannt und behandelt. Dabei sind diese Erkrankungen bei frühzeitiger Diagnose in der Regel gut und schnell behandelbar“, berichtet Dr. Andrea Gehrmann, Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie und am UKW verantwortlich für die Mutter-Kind-Sprechstunde und Spezialambulanz für peripartale psychische Erkrankungen.

Screening in gynäkologischen und pädiatrischen Praxen mittels Praxis-App

Im Rahmen von UPlusE werden Schwangere und junge Eltern bis zur U6-Untersuchung des Kindes von ihrer Gynäkologin bzw. ihrem Gynäkologen oder ihrer Kinder- und Jugendärztin bzw. ihrem Kinder- und Jugendarzt im Rahmen der Vorsorgeuntersuchungen mittels einer Praxis-App regelmäßig zu ihrem psychischen Befinden und möglichen Belastungen befragt. Ergeben sich aus dem Screening Hinweise auf eine mögliche Beeinträchtigung der psychischen Gesundheit, werden Kontaktdaten für eine Beratung oder Behandlung psychischer Erkrankungen vermittelt. Bei Bedarf unterstützen die Praxisteams die Studienteilnehmenden bei der Kontaktaufnahme. „Mit dem Screening sollen langwierige und schwere Krankheitsverläufe vermieden und die daraus resultierenden psychischen Belastungen für die betroffenen Familien reduziert werden. Das trägt zu einer gesunden Entwicklung des Kindes bei“, sagt die Psychologische Psychotherapeutin Freya Lanczik, die gemeinsam mit Andrea Gehrmann die Studie am UKW koordiniert.

Bundesweit werden 10.000 Mütter und Väter im Rahmen von UPlusE rekrutiert

Insgesamt sollen bis Mitte 2026 bundesweit 10.000 Mütter und Väter rekrutiert werden. Das Projekt wird mit 4,6 Millionen Euro aus dem Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses (g-BA) gefördert. Ziel der Studie ist es, das Screening auf peripartale psychische Störungen in gynäkologischen und pädiatrischen Praxen künftig in die gesetzlichen Leistungen der Krankenkassen aufzunehmen.

Weitere Informationen erhalten Sie auf der Website https://upluse.de/ und beim Würzburger UPlusE-Studienteam M.Sc. Freya Lanczik und Dr. Andrea Gehrmann (Spezialambulanz für Peripartale Psychische Erkrankungen) über die E-Mail-Adresse: Lanczik_F@ ukw.de
 

Porträt von Freya Lancik und Andrea Gehrmann
Freya Lanczik (links) und Andrea Gehrmann koordinieren die Studie UPlusE am Universitätsklinikum Würzburg. © UKW

Wenn die Nase ins Knie geht

Die Würzburger Universitätsmedizin erhält im Rahmen zweier internationaler Studien insgesamt 2,3 Millionen Euro, um die Herstellung von körpereigenem Knorpelgewebe aus der Nase als Implantat zur Regeneration von moderaten und fortgeschrittenen Knorpeldefekten im Knie zu etablieren und das Verfahren für die Zulassung vorzubereiten. Damit seien sie in der Champions League angekommen, so Oliver Pullig, Leiter der GMP-konformen ATMP-Entwicklung am Lehrstuhl für Tissue Engineering und Regenerative Medizin (TERM) des Universitätsklinikums Würzburg (UKW).

Histologische Färbung der Knorpelschicht
Histologische Färbung (Safranin-O/Fast Green) des fertigen Knorpelkonstrukts N-TEC. Die Knorpelzellen aus der Nasenscheidewand wurden auf eine Kollagenmembran (hellgrün) aufgebracht und bildeten dort eine ausgeprägte Knorpelschicht aus (rot). In Schwarz sind die Zellkerne der Knorpelzellen zu sehen. © TERM / UKW
Herstellungsprozess des Knorpelimplantats
Collage zur Vorbereitung des Knorpelimplantats N-TEC: a) der Nasenknorpel wird zerkleinert, die Knorpelzellen werden isoliert; b) die Kollagenmembran wird mit den patienteneigenen Knorpelzellen besiedelt; c) die besiedelte Kollagenmembran erhält ihre Nährlösung für die Reifung des Knorpelgewebes; d) das Knorpelimplantat wird im Reinraum der Universitäts-Kinderklinik verpackt; e) das gereifte Knorpelprodukt wird im Reinraum für den Versand vorbereitet; f) im OP der Orthopädischen Universitätsklinik Würzburg wird das fertige Knorpelimplantat N-TEC auf die richtige Größe ausgestanzt. © TERM / UKW
Biologen Nietzer und Pullig vor dem TERM in der Röntgenstraße in Würzburg.
Die Biologen Dr. Sarah Nietzer und Privatdozent Dr. Oliver Pullig verantworten am Lehrstuhl für Tissue Engineering und Regenerative Medizin (TERM) die beiden Projekte, in denen die Herstellung von körpereigenem Knorpelgewebe aus der Nase zur Regeneration von Knorpeldefekten im Knie etabliert werden soll. © Kirstin Linkamp / UKW

Würzburg. Mit dem Disney-Film ENCANTO hat das gleichnamige EU-Projekt, das vor wenigen Tagen in Rom seinen Auftakt feierte, nichts zu tun. Auch wenn das Studienthema für Laien nach Zauber (spanisch encanto) klingen mag. „Wir entnehmen unseren Patienten ein kleines Stück Knorpel aus der Nasenscheidewand, züchten es auf einer strukturgebenden Kollagenmatrix und implantieren es vier Wochen später in das geschädigte Knie, damit sich der Knorpel regeneriert“, erklärt Privatdozent Dr. Oliver Pullig.

Mögliche Alternative zum künstlichen Gelenkersatz

Dass diese Methode der Knorpelregeneration funktioniert und sowohl wirksam als auch sicher ist, hat der Biologe bereits in der BIO-CHIP-Studie mit einem internationalen Team unter der Leitung des Universitätsspitals Basel an mehr als 100 Personen erfolgreich gezeigt. Während in dieser Studie fokale Knorpelläsionen, also nur lokal begrenzte und klar definierte Verletzungen, zum Beispiel nach einem Unfall, mit dem gezüchteten Knorpelgewebe aus der Nase behandelt wurden, sollen in die ENCANTO-Studie erstmals Patientinnen und Patienten mit weiter fortgeschrittenen Knorpeldefekten aufgenommen werden. Geprüft wird, ob das Verfahren eine Alternative zur Prothese und damit eine neue Therapie bei der Patellofemoralen Arthrose (PFOA) darstellt, also bei Knorpelschäden an der Rückseite der Kniescheibe (lateinisch patella) und am gegenüberliegenden Oberschenkelknochen (lateinisch femur). Daher auch das Akronym ENCANTO: ENgineered CArtilage from Nose for the Treatment of Osteoarthritis - künstlich hergestellter Knorpel aus der Nase zur Behandlung von degenerativem Gelenkverschleiß.

UKW erhält insgesamt 2,3 Millionen Euro 

Für die Durchführung des ENCANTO-Projekts im  im Rahmen des EU-Förderprogramms HORIZON-HLTH-2023-TOOL-05 (Tools and technologies for a healthy society) stehen insgesamt 11,3 Millionen Euro zur Verfügung. Davon erhält die Universitätsmedizin Würzburg 1,88 Millionen Euro. Die von Oliver Pullig geleitete Arbeitsgruppe „GMP-konforme ATMP-Entwicklung“ ist gemeinsam mit einem Team aus Basel für die Herstellung der Implantate verantwortlich. Die Knorpelmatrix wird in zwölf klinischen Zentren in Europa eingesetzt, unter anderem in der Orthopädischen Universitätsklinik in Würzburg. Im Rahmen eines weiteren Projekts zur Behandlung der PFOA, das vom Schweizerischen Nationalfonds mit insgesamt 2,6 Millionen Schweizer Franken gefördert wird, erhält das UKW 415.000 Euro für die Herstellung nach GMP-Richtlinien, GMP steht für Good Manufacturing Practice, auf Deutsch gute Herstellungspraxis. 

„Mit diesen hohen Fördersummen, die uns endlich ermöglichen das Produkt startklar für die Zulassung zu machen, sind wir in der Champions League angekommen“, freut sich Oliver Pullig, der mit Spannung den Rekrutierungsstart Ende des Jahres für die von den Schweizern geförderte Studie und Anfang 2025 für ENCANTO erwartet. In Würzburg ist die Herstellung von insgesamt 56 Implantaten geplant sowie die Rekrutierung von 25 Patientinnen und Patienten. 

GMP-konforme Entwicklung von ATMP

Die Implantation des Knorpelgewebes ist relativ einfach, der Aufwand die Knorpel außerhalb des Körpers zu züchten jedoch immens. Da das Implantat aus lebenden Zellen besteht gehört es zu den Arzneimitteln für neuartige Therapien, kurz ATMP für Advanced Therapy Medicinal Products. Das heißt: Es unterliegt besonderen Regularien. „Wir haben uns bereits im BIO-CHIP-Projekt um die komplexen Aufgaben und Formalitäten rund um die Herstellung und Logistik gekümmert“, berichtet Oliver Pullig. Nun liege die Herausforderung darin, die hohen Auflagen für die Herstellung und die Qualität des Produkts konstant zu halten. „Es sind menschliche Zellen. Die machen nicht immer das, was wir wollen oder erwarten“, schildert Dr. Sarah Nietzer. Die Biologin war am TERM zehn Jahre lang in der Forschung und Entwicklung tätig. Jetzt hat sie den Schritt in die Herstellung und Regulatorik gemacht. „Wir benötigen mehr Daten, um zu verstehen, warum zum Beispiel die Zellen von einer Person nicht so gut wachsen wie bei einer anderen. Außerdem arbeiten wir an einem Verfahren, wie wir die Qualität der Zellen und ihre Viabilität über den gesamten Herstellungsprozess, also in real time, überwachen und nicht erst am Ende prüfen können. Es wäre großartig, wenn wir diese neue Methode auch auf andere Modelle übertragen könnten, mit denen wir am Lehrstuhl verschiedene Krankheiten nachstellen.“ 

N-TEC – Nasal Chondrocyte-based Tissue-Engineered Cartilage

Doch wie wird solch ein Gewebeimplantat überhaupt hergestellt? Zunächst wird den Studienteilnehmenden ein winziges Stückchen Knorpelgewebe aus der Nasenscheidewand entnommen. Die Knorpelzellen aus der Nase sind denen des Knies sehr ähnlich. Sie sind mechanisch belastbar und lassen sich gut im Labor vermehren. Nach der Entnahme wird das Knorpelgewebe unter strengsten aseptischen Bedingungen im Reinraum aufbereitet. Die Zellen werden isoliert und kultiviert und schließlich auf eine 4 x 5 cm große Trägerstruktur gegeben. Dort wandern die Zellen in die als Medizinprodukt zugelassene Kollagenmembran ein und bauen ihre eigene Knorpelmatrix. Nach vier Wochen ist das Implantat namens N-TEC für nasal chondrocyte-based tissue-engineered cartilage einsatzbereit. 

Echte Chance für Volkskrankheit Arthrose 

„In der BIO-CHIP-Studie hatten wir auch ein weniger zeitaufwändiges Verfahren untersucht, bei dem die Zellen nur zwei Tage auf der Matrix waren. Die Qualität war gut, doch die länger gereifte Matrix war stabiler und wurde auch vom Operateur bevorzugt, der das neue Gewebe aus körpereigenen Zellen auf die defekte Stelle im Knorpel legt und mit dem unversehrten Knorpelgewebe vernäht“, berichtet Oliver Pullig. Neu sei, dass für die Kultivierung der Zellen kein körpereigenes Blut mehr benötigt wird und statt einer Matrix zwei hergestellt werden können. Somit ließen sich auch große Flächen an Knorpeldefekten therapieren. 

Sollten sich die Implantate als echte Alternative zur Prothese erweisen, würden sie Pullig zufolge die Behandlung von Knorpeldegenerationen geradezu revolutionieren. Bislang beschränken sich die therapeutischen Ansätze auf Schmerzbehandlung oder künstlichen Gelenkersatz. Dabei sind weltweit mehr als 500 Millionen Mensch von der schmerzhaften und mit Behinderungen einhergehenden Arthrose im Kniegelenk betroffen. Und die Volkskrankheit Arthrose nimmt aufgrund des vermehrten Übergewichts und der steigenden Lebenserwartung stetig zu.