Aktuelle Pressemitteilungen

Löst Magnetpartikelbildgebung (MPI) das Röntgen ab?

WÜRZBURGER ERFOLGSGESCHICHTE IN DER MEDIZINISCHEN BILDGEBUNG WIRD FORTGESCHRIEBEN / ERSTMALS MENSCHENGROßER MPI-SCANNER ENTWICKELT UND ERFOLGREICH AM REALISTISCHEN MODELL GETESTET

Um eine zuverlässige, strahlenfreie Bildgebung von Kontrastmitteln ohne Hintergrundrauschen bei peripheren Gefäßeingriffen zu ermöglichen, haben Forscherinnen und Forscher aus der Radiologie des Uniklinikums Würzburg und der Experimentellen Physik der Universität Würzburg erstmals einen menschengroßen MPI-Scanner entwickelt und dessen Leistungsfähigkeit an einem realistischen Modell, der Oberschenkelarterie, getestet. Die jetzt in Nature Communications in Medicine veröffentlichte Studie zeigt, dass es möglich ist, Gefäßeingriffe an den Extremitäten ohne Röntgenstrahlung und ohne jodhaltige Kontrastmittel durchzuführen. Dies ist insbesondere für Patientinnen und Patienten mit Nierenproblemen relevant und reduziert das Strahlenrisiko für Behandelte und Behandelnde.

 

Operateure in OP-Kluft stehen am MPI-Scanner und injizieren Tracer- und Kontrasmittelgemisch in Vene
Viktor Hartung und Dr. Anne Marie Augustin aus der Würzburger Radiologie injizieren eine Mischung aus MPI-Tracer und Röntgenkontrastmittel um gleichzeitig Bilder mit dem MPI-Scanner und der Röntgen-Angiographie aufzunehmen. © Hartung et al. Communication Medicine 2025
Beinkadaver eines menschlichen Körperspenders liegt unter einer blauen Plane im MPI-Scanner.
Scanner-Baugruppe mit Sende- und Empfangsspulen über dem Oberschenkel. © Hartung et al. Communication Medicine 2025

Würzburg. Vor 130 Jahren, im Jahr 1895, legte der Physiker Wilhelm Conrad Röntgen in Würzburg den Grundstein für die Entwicklung der medizinischen Bildgebung. Bis heute sind Röntgenstrahlen ein unverzichtbares Hilfsmittel in der medizinischen Diagnostik, vor allem bei der Beurteilung von Knochenbrüchen, Zahn- und Kiefererkrankungen, Lungen- oder Herzerkrankungen sowie bei der Behandlung von Arterienverengungen, Aneurysmen oder Gefäßverschlüssen. Bei diesen so genannten endovaskulären Eingriffen dient die Röntgen-Angiographie zur Darstellung der Blutgefäße und zur Echtzeitüberwachung der Positionierung der Instrumente und der Reaktion der Blutgefäße. Dabei kombinieren die Ärztinnen und Ärzte das Röntgenbild mit einem Kontrastmittel, das sie in die Blutgefäße injizieren.  So können sie Erkrankungen der Blutgefäße genau erkennen und direkt behandeln. Neben den Vorteilen sind aber auch Risiken wie Strahlenbelastung und Kontrastmittelreaktionen zu beachten.

MPI-Scanner in menschlicher Größe erstmals erfolgreich an realem Modell getestet

Eine Alternative für risikoärmere endovaskuläre Eingriffe könnte bald die Magnetpartikelbildgebung (Magnetic Particle Imaging, MPI) bieten. Das Verfahren ist speziell auf die Detektion magnetischer Nanopartikel ausgerichtet und ermöglicht eine schnelle und strahlungsfreie Bildgebung ohne Hintergrundrauschen.
Dr. Patrick Vogel vom Lehrstuhl für Experimentelle Physik V der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und sein Team entwickelten erstmals einen MPI-Scanner in Menschengröße. Zusammen mit einer Forschungsgruppe der Universitätsmedizin Würzburg unter Leitung von Dr. Viktor Hartung vom Institut für Diagnostische und Interventionelle Radiologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) testeten sie diesen erfolgreich in einem realistischen Modell bei einer Gefäßoperation. Die Ergebnisse wurden in der hochrangigen Fachzeitschrift Nature Communications in Medicine veröffentlicht. 

Endovaskuläre Eingriffe ohne Röntgenstrahlen und jodhaltige Kontrastmittel

„Bisher war MPI eher auf Kleintiere oder die präklinische Forschung beschränkt. Mit dem menschengroßen MPI-Scanner haben wir gezeigt, dass Gefäßeingriffe an den Extremitäten – konkret in der Oberschenkelarterie – ohne Röntgenstrahlung und ohne jodhaltige Kontrastmittel durchgeführt werden können. Die ist insbesondere für Patientinnen und Patienten mit Nierenproblemen relevant und bei Strahlenrisiken. Zudem wird dadurch auch das berufliche Strahlenrisiko für die Operateure deutlich reduziert“, erklärt Viktor Hartung, Leiter der kardiovaskulären und thorakalen Radiologie am Uniklinikum Würzburg sowie Leiter der AG Magnetic Particle Imaging. 

Erhöhte Aussagekraft durch reale Anwendungssituation mit menschlichen Beinen

Um die Leistungsfähigkeit des neuen MPI-Scanners in menschlicher Größe zu testen, wurden drei Beine von frisch eingefrorenen menschlichen Körperspendern aus dem Anatomischen Institut der JMU so präpariert, dass eine kontinuierliche Durchblutung einer der Hauptarterien im Oberschenkel möglich war. Unter konstanter Perfusion, also gleichmäßig und ohne Unterbrechung, injizierten die Forscher eine Mischung aus einem speziellen, für Menschen zugelassenen MPI-Tracer und einem Röntgenkontrastmittel in die Oberschenkelarterie. Gleichzeitig nutzten sie den MPI-Scanner und eine herkömmliche Technik, die so genannte digitale Subtraktionsangiographie (DSA), zur Bildgebung. 

„Die gleichzeitige Bildgebung mit DSA und MPI hat reibungslos funktioniert“, freut sich Patrick Vogel. Der Wissenschaftler beschäftigte sich bereits in seiner Doktorarbeit mit MPI und erhielt dafür 2016 den Wilhelm-Conrad-Röntgen-Wissenschaftspreis der Fakultät für Physik und Astronomie sowie den Nano Innovation Award 2017. Der neue MPI-Scanner ließ sich problemlos in die bestehenden klinischen Abläufe integrieren und lieferte klare und zuverlässige Bilder der Blutgefäße. Bereits geringe Mengen des Tracers, 2 ml Perimag® oder 1,5 ml Resotran®, reichten für eine präzise Darstellung aus. Die Ergebnisse waren in allen drei Modellen konsistent und reproduzierbar. „Das spricht für die Praxisnähe unserer Technik und die Relevanz unserer Ergebnisse im medizinischen Alltag“, kommentiert Patrick Vogel, der zusammen mit Prof. Dr. Thorsten Bley Letztautor der Studie ist.

„MPI hat das Potenzial, die klassische Röntgen-Angiographie zu ergänzen oder in Zukunft sogar teilweise zu ersetzen“

In der Studie wurden zudem Tracer verwendet, die bereits für die Anwendung am Menschen zugelassen sind - das bringe die klinische Umsetzung einen entscheidenden Schritt näher, da langwierige Zulassungsprozesse entfielen, so Thorsten Bley. Der Direktor des Instituts für Diagnostische und Interventionelle Radiologie wagt einen Blick in die Zukunft. „MPI hat das Potenzial, die klassische Röntgen-Angiographie zu ergänzen oder in Zukunft sogar teilweise zu ersetzen“. Der nächste Schritt sind erste Messungen am lebenden Menschen.

Text: Wissenschaftskommunikation / KL 

Publikation: Hartung, V., Gruschwitz, P., Augustin, A.M. et al. Magnetic particle imaging angiography of the femoral artery in a human cadaveric perfusion model. Commun Med 5, 75 (2025). https://doi.org/10.1038/s43856-025-00794-x

Operateure in OP-Kluft stehen am MPI-Scanner und injizieren Tracer- und Kontrasmittelgemisch in Vene
Viktor Hartung und Dr. Anne Marie Augustin aus der Würzburger Radiologie injizieren eine Mischung aus MPI-Tracer und Röntgenkontrastmittel um gleichzeitig Bilder mit dem MPI-Scanner und der Röntgen-Angiographie aufzunehmen. © Hartung et al. Communication Medicine 2025
Beinkadaver eines menschlichen Körperspenders liegt unter einer blauen Plane im MPI-Scanner.
Scanner-Baugruppe mit Sende- und Empfangsspulen über dem Oberschenkel. © Hartung et al. Communication Medicine 2025

Neues Verfahren: KI-gestützte Bildanalyse in der Diagnostik von altersbedingter Makuladegeneration

Als erste Universitätsklinik in Deutschland nutzt die UKW-Augenklink eine KI-gestützte Technologie, um die Diagnostik und die Therapieentscheidungen bei altersbedingter Makuladegeneration (AMD) zu verbessern.

Dr. Andreas Berlin (links) und Prof. Dr. Jost Hillenkamp von der Würzburger Universitäts-Augenklinik diskutieren die vom Programm Fluid Monitor (linker Bildschirm) angebotenen Diagnose-Informationen zur feuchten altersbedingten Makuladegeneration.  Regina Vornberger / UKW
Dr. Andreas Berlin (links) und Prof. Dr. Jost Hillenkamp von der Würzburger Universitäts-Augenklinik diskutieren die vom Programm Fluid Monitor (linker Bildschirm) angebotenen Diagnose-Informationen zur feuchten altersbedingten Makuladegeneration. Foto: Regina Vornberger / UKW

Würzburg. Knapp zehn Prozent der Deutschen über 60 Jahre weisen Anzeichen einer Degeneration der Netzhaut auf. Jenseits des 75. Lebensjahres steigt das Risiko, an einer altersbedingten Makuladegeneration (AMD) zu erkranken, sogar auf 30 Prozent. Die AMD ist für etwa die Hälfte aller Erblindungen und einen Großteil der Sehbehinderungen in Deutschland verantwortlich. Um die Diagnostik und die Therapieentscheidungen bei der Erkrankung zu verbessern, nutzt die von Prof. Dr. Jost Hillenkamp geleitete Augenklinik des Uniklinikums Würzburg (UKW) seit Anfang 2025 die medizinischen Softwarelösungen Fluid Monitor und GA Monitor der RetInSight GmbH. 

Flüssigkeitsansammlungen erkennen und quantifizieren

Der Fluid Monitor ist eine KI-basierte Software zur präzisen und automatischen Auswertung von mit optischer Kohärenztomographie (OCT) gewonnenen Bildern. Das System erlaubt es den Ärztinnen und Ärzten, krankheitstypische Flüssigkeiten in den verschiedenen Netzhautschichten auf einen Blick zu erkennen und zu quantifizieren. Diese Flüssigkeitsaustritte sind die wichtigsten Indikatoren für die Aktivität der neovaskulären altersbedingten Makuladegeneration (nAMD, feuchte AMD). Der Fluid Monitor liefert einen übersichtlichen und bebilderten PDF-Bericht und bietet eine praktikable Basis für die Beurteilung des Krankheitsverlaufes und die individuelle Anpassung der Behandlung.

Unterstützung bei der Bewertung der Degeneration

Der GA Monitor ist ein ebenfalls KI-basiertes Programm zur Befundung von OCT-Bildern im Rahmen des Managements der geographischen Atrophie (GA), der trockenen Form der AMD. Es visualisiert, lokalisiert und quantifiziert die Degeneration der Photorezeptoren und den Verlust des retinalen Pigmentepithels in der Netzhaut, lange bevor dies in der klinischen Routine erkennbar ist. Innerhalb von Minuten erstellt der GA Monitor einen einseitigen PDF-Bericht. „Die Software ermöglicht damit erstmals eine umfassende und frühzeitige Erfassung der Aktivität und des Stadiums der GA, was mit Routinemethoden bisher nicht möglich war“, schildert Prof. Hillenkamp. Die leicht verständlichen Bilder des Berichts unterstützen nach seinem Worten zudem die Patientenkommunikation bei der schweren chronischen Erkrankung.

Am UKW kommen die OCT-Bildanalyseprogramme in der Netzhaut- und IVOM-Sprechstunde bei ausgewählten Patientinnen und Patienten zum Einsatz. Im weiteren Jahresverlauf wird die Universitäts-Augenklinik Würzburg die Effizienz und den Nutzen der Software evaluieren, um deren Einsatz in der Patientenversorgung gezielt weiterzuentwickeln.

Dr. Andreas Berlin (links) und Prof. Dr. Jost Hillenkamp von der Würzburger Universitäts-Augenklinik diskutieren die vom Programm Fluid Monitor (linker Bildschirm) angebotenen Diagnose-Informationen zur feuchten altersbedingten Makuladegeneration.  Regina Vornberger / UKW
Dr. Andreas Berlin (links) und Prof. Dr. Jost Hillenkamp von der Würzburger Universitäts-Augenklinik diskutieren die vom Programm Fluid Monitor (linker Bildschirm) angebotenen Diagnose-Informationen zur feuchten altersbedingten Makuladegeneration. Foto: Regina Vornberger / UKW

UKW feierte 40 Jahre Transplantationsmedizin

Das Transplantationszentrum des Uniklinikums feierte das Jubiläum am 26. April 2025 mit Vorträgen, Ehrungen und der Gelegenheit zu geselligem Austausch.

Von links: Dr. Anna Laura Herzog mit den bei der Jubiläumsfeier geehrten Personen: Romana Ziegler, Ingrid Roßner, Prof. Dr. Detlef Meyer, Dorothea Eirich, Antje Kriebel und Katrin Bischof. Es fehlt Prof. Dr. Hubertus Riedmiller. Foto: UKW / Helmuth Ziegler
Dr. Anna Laura Herzog mit den bei der Jubiläumsfeier geehrten Personen: Romana Ziegler, Ingrid Roßner, Prof. Dr. Detlef Meyer, Dorothea Eirich, Antje Kriebel und Katrin Bischof. Es fehlt Prof. Dr. Hubertus Riedmiller. Foto: UKW / Helmuth Ziegler
Von links: Prof. Dr. Elion Hoxha und Prof. Dr. Andreas Geier, die Leiter der Nephrologie und der Hepatologie am Uniklinikum Würzburg, mit den Vortragenden der Jubiläumsfeier: Prof. Dr. Kai Lopau, Dr. Dominik Schmitt, Dr. Johanna Wagner, Dr. Anna Laura Herzog, Prof. Dr. Johan Lock und Franziska Liebhardt. Foto: UKW / Helmuth Ziegler
Von links: Prof. Dr. Elion Hoxha und Prof. Dr. Andreas Geier, die Leiter der Nephrologie und der Hepatologie am Uniklinikum Würzburg, mit den Vortragenden der Jubiläumsfeier: Prof. Dr. Kai Lopau, Dr. Dominik Schmitt, Dr. Johanna Wagner, Dr. Anna Laura Herzog, Prof. Dr. Johan Lock und Franziska Liebhardt. Foto: UKW / Helmuth Ziegler

Würzburg. Rund 150 Gäste kamen am 26. April dieses Jahres im Hörsaal des Zentrums für Operative Medizin (ZOM) des Uniklinikums Würzburg (UKW) zusammen, um das 40-jährige Jubiläum der Transplantationsmedizin am unterfränkischen Krankenhaus der Maximalversorgung zu feiern. Dem Auditorium aus Patientinnen und Patienten, deren Angehörigen, Vertreterinnen und Vertretern der Ärzteschaft, Pflege und Selbsthilfe sowie sonstig Interessierten wurde dabei in Vorträgen ein breiter Überblick über diverse Aspekte der Organtransplantation geboten. 

Viele medizinische Höhepunkte in 40 Jahren

Auf die erste Nierentransplantation am UKW Anfang Dezember 1984 folgten bislang rund 1400 weitere, außerdem Leber-, Herz- und Bauchspeicheldrüsen-Transplantationen. „Mittlerweile übernehmen wir die Transplantation und Nachsorge von Patientinnen und Patienten aus Nordbayern, Südhessen und Westthüringen – und teilweise darüber hinaus“, verdeutlichte Prof. Dr. Ralf-Ingo Ernestus, der Stellvertretende Ärztliche Direktor des Würzburger Uniklinikums, in seiner Begrüßung. Aktuell werden am Transplantationszentrum des UKW jährlich zwischen 40 und 80 Transplantationen durchgeführt, wie Dr. Anna Laura Herzog, die Leiterin des im Jahr 2015 gegründeten Zentrums, mitteilte. Der Weg durch die Jahrzehnte war nach ihren Worten von vielen medizinischen Höhepunkten geprägt, darunter der weltweit erste Ersatz des gesamten Harntrakts durch Prof. Dr. Hubertus Riedmiller, den damaligen Direktor der Klinik für Urologie am UKW, und sein Team im Jahr 1997. 

Lebendspende: Hohe Aufmerksamkeit für den Spender

Nach der Premiere im Jahr 1992 ist die Nieren-Lebendspende heute am UKW von großer Bedeutung. „Bislang haben wir diesen Eingriff über 200 Mal durchgeführt“, schilderte Prof. Dr. Kai Lopau. Laut dem Leiter des Nierentransplantationsprogramms dürfen hierbei die Risiken für die Spenderin oder den Spender – wie eine leicht erhöhte Wahrscheinlichkeit für späteren Dialysebedarf, Bluthochdruck oder das Auftreten eines Erschöpfungssyndroms – nicht verschwiegen werden. „Deshalb ist für uns eine lebenslange, jährliche Spendernachsorge essentiell“, so Prof. Lopau.

Überlebensrate drastisch gestiegen

Wie sehr sich die Perspektiven für Organtransplantierte im Lauf der Geschichte – nicht zuletzt wegen der deutlich optimierten medikamentösen Immunsuppression – verbessert haben, verdeutlichte Prof. Dr. Johan Lock, der Leiter der Hepatopankreatobiliären und Transplantationschirurgie am UKW. Zum Beispiel: Während die einjährige Überlebensrate nach Nierentransplantation im Jahr 1960 nur etwa zehn Prozent betrug, liegt sie heute bei über 90 Prozent. 

Schweigeminute für Verstorbene

Neben diesen positiven Botschaften thematisierte die Jubiläumsfeier auch den eklatanten Organspendermangel und seine Folgen. So starben im Jahr 2022 deutschlandweit 743 Personen, die auf der Warteliste für eine Organtransplantation standen. Bei der Veranstaltung wurden ihnen und den trotz einer Transplantation Verstorbenen mit einer Schweigeminute gedacht. 

Organmangel: Medizinisch und strukturell gegensteuern

Welche medizinischen und technologischen Entwicklungen könnten in Zukunft helfen, dem Spenderorganmangel entgegenzuarbeiten? Hierzu lieferte Dr. Johanna Wagner, Oberärztin der Allgemein-, Viszeral- und Transplantationschirurgie, einen Überblick:

  • Mit der in diesem Jahr am UKW erstmals eingesetzten Maschinenperfusion lässt sich die Konservierungszeit eines Organs bis zur Transplantation verlängern und dessen Qualität verbessern.

  • Durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz ist es beispielsweise möglich, die Dosierung von Immunsuppressiva zu optimieren.

  • Die Transplantation von tierischen Organen, zum Beispiel von gentechnisch veränderten Schweinen, ist noch im experimentellen Status, kann aber schon bedeutende Erfolge vorweisen.

  • Weiter entfernte Hoffnungsträger mit zum Teil noch beträchtlichen Hürden sind Manipulationen am Immunsystem zur Erhöhung der Immuntoleranz, Bioengineering und 3D-Bioprinting. 

Daneben gibt es auch strukturell-organisatorische Möglichkeiten, die Organmangelsituation zu verbessern. Dazu zählen laut Dr. Dominik Schmitt, Oberarzt der internistischen Intensivstation und Transplantationsbeauftragter des UKW, unter anderem:

  • die Einführung eines Opt-Out-Systems bei der Organspende,

  • die Spende nach Herztod,

  • das Zulassen von Überkreuz-Lebendspenden oder sogar Spender-Empfänger-Ketten statt der bisherigen ausschließlichen Lebendspende von einer nahestehenden Person.

Authentische Einblicke in die Gefühlswelt einer Transplantierten 

Zu den emotionalen Höhepunkten der Jubiläumsfeier zählte der authentische und inspirierende Vortrag von Franziska Liebhardt. Die Paralympics-Siegerin ist zweifach lungen- und einmal nierentransplantiert. Die Vorsitzende der Kinderhilfe Organtransplantation sprach unter anderem vom herausfordernden Warten auf ein Spenderorgan, den Gefühlen von Schuld und Dankbarkeiten gegenüber den Spendern – und von unbeugsamen Lebenswillen.

Ehrung verdienter Persönlichkeiten

Der offizielle Teil endete mit der Ehrung von verdienten Persönlichkeiten der Würzburger Transplantationsmedizin. Dieser besondere Dank ging an Ingrid Roßner, die ehemalige Vorsitzende der Regionalgruppe Würzburg und Umland des Landesverbands Niere Bayern e. V. und ihre Nachfolgerin Antje Kriebel, an Dorothea Eirich, die Regionalgruppen-Leiterin Würzburg und Umland des Bundesverbands der Organtransplantierten e.V., an Romana Ziegler und Katrin Bischof, die Koordinatorinnen des Nieren- bzw. des Leberprogramms am UKW sowie an den Chirurgen Prof. Dr. Detlef Meyer und den Urologen Prof. Dr. Hubertus Riedmiller.

Anschließend gab ein Imbiss in der Magistrale des ZOM allen Teilnehmenden Gelegenheit zu geselligem Austausch.

Text: Pressestelle / UKW

Von links: Dr. Anna Laura Herzog mit den bei der Jubiläumsfeier geehrten Personen: Romana Ziegler, Ingrid Roßner, Prof. Dr. Detlef Meyer, Dorothea Eirich, Antje Kriebel und Katrin Bischof. Es fehlt Prof. Dr. Hubertus Riedmiller. Foto: UKW / Helmuth Ziegler
Dr. Anna Laura Herzog mit den bei der Jubiläumsfeier geehrten Personen: Romana Ziegler, Ingrid Roßner, Prof. Dr. Detlef Meyer, Dorothea Eirich, Antje Kriebel und Katrin Bischof. Es fehlt Prof. Dr. Hubertus Riedmiller. Foto: UKW / Helmuth Ziegler
Von links: Prof. Dr. Elion Hoxha und Prof. Dr. Andreas Geier, die Leiter der Nephrologie und der Hepatologie am Uniklinikum Würzburg, mit den Vortragenden der Jubiläumsfeier: Prof. Dr. Kai Lopau, Dr. Dominik Schmitt, Dr. Johanna Wagner, Dr. Anna Laura Herzog, Prof. Dr. Johan Lock und Franziska Liebhardt. Foto: UKW / Helmuth Ziegler
Von links: Prof. Dr. Elion Hoxha und Prof. Dr. Andreas Geier, die Leiter der Nephrologie und der Hepatologie am Uniklinikum Würzburg, mit den Vortragenden der Jubiläumsfeier: Prof. Dr. Kai Lopau, Dr. Dominik Schmitt, Dr. Johanna Wagner, Dr. Anna Laura Herzog, Prof. Dr. Johan Lock und Franziska Liebhardt. Foto: UKW / Helmuth Ziegler

Prof. Dr. Gloria Färber ist neue Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am UKW

Herzspezialistin wechselt vom Saarland nach Würzburg / Minimalinvasive Herzchirurgie ist ein Schwerpunkt

 Prof. Dr. Gloria Färber ist ab dem 1. Mai neue Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). Foto: Laura Glücklich/UKS
Prof. Dr. Gloria Färber ist ab dem 1. Mai neue Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). Foto: Laura Glücklich/UKS

Würzburg. Prof. Dr. Gloria Färber ist neue Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). Zum 1. Mai wechselt sie vom Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg an die unterfränkische Uniklinik. In Homburg war sie Direktorin der Klinik für Herzchirurgie.

Breites Versorgungsspektrum am UKW

Prof. Färbers Schwerpunkte liegen in der minimalinvasiven Chirurgie und der Behandlung fortgeschrittener Herz-, Lungen- und Aortenerkrankungen. „Wir werden das gesamte Spektrum der Herz-Lungen-Medizin, wenn möglich mit minimalinvasiven Therapien, als Maximalversorger abdecken. Auf diese Aufgaben und mein neues Klinikteam freue ich mich sehr“, betont Prof. Färber. Zusätzlich zu den klinischen Aufgaben möchte sie neue Forschungsimpulse setzen, u. a. im Bereich der Herzinsuffizienz und Strömungsmechanik bei Aortenerkrankungen. Besonders am Herzen liegt Prof. Färber auch die Aus- und Weiterbildung von Studierenden sowie von Kolleginnen und Kollegen und damit die Weitergabe der Begeisterung für das Fachgebiet.

Prof. Färber ist Mitbegründerin und Leiterin des Netzwerkes „Herzchirurginnen” der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz und Gefäßchirurgie. In dieser Funktion initiierte sie u. a. OP-Kurse und Mentoringprogramme für Frauen in der Herzchirurgie. „Das werde ich in Würzburg fortsetzen“, so Prof. Färber. Auch auf internationaler Ebene engagiert sie sich und bekleidet verschiedene Ämter, etwa bei der „European Association for Cardio Thoracic Surgery“ (EACTS).

Bundesweit erste Lehrstuhlinhaberin für Herzchirurgie

Die Fachärztin für Herzchirurgie und ebenso für Thoraxchirurgie studierte von 1996 bis 2003 Humanmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz. Stationen ihrer chirurgischen Ausbildung lagen zunächst in Freiburg, dann Leipzig und Jena. Bis Ende 2023 war Prof. Färber stellvertretende Klinikdirektorin an der Klinik für Herz- und Thoraxchirurgie am Universitätsklinikum Jena. Anfang 2024 wurde sie dann Klinikdirektorin am Homburger Universitätsklinikum – als bundesweit erste Lehrstuhlinhaberin für Herzchirurgie. In Würzburg ist sie Inhaberin des Lehrstuhls für Herz-, Thorax- und Thorakale Gefäßchirurgie.

Prof. Dr. Tim J. von Oertzen, Ärztlicher Direktor und Vorstandsvorsitzender des UKW, erklärt: „Prof. Färber wird unser hoch spezialisiertes Versorgungsangebot optimal ergänzen. Damit können wir die Behandlungsqualität für unsere Patientinnen und Patienten weiter ausbauen. Wir heißen Prof. Färber am UKW herzlich willkommen.“

Prof. Dr. Matthias Frosch, Dekan der Medizinischen Fakultät in Würzburg: „Prof. Färber wird mit ihrer Forschungsarbeit das wissenschaftliche Spektrum der Würzburger Universitätsmedizin im Bereich der Herz-Kreislaufforschung hervorragend ergänzen. Ihr Engagement für junge Medizinerinnen und Mediziner ist zudem ein wichtiger Beitrag, um den Standort auch in diesem Fachgebiet für den medizinischen und wissenschaftlichen Nachwuchs attraktiv zu halten.“

 Prof. Dr. Gloria Färber ist ab dem 1. Mai neue Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). Foto: Laura Glücklich/UKS
Prof. Dr. Gloria Färber ist ab dem 1. Mai neue Direktorin der Klinik für Thorax-, Herz- und Thorakale Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW). Foto: Laura Glücklich/UKS

Dialog zwischen Immunsystem und Nervensystem

Der diesjährige Internationale Tag der Immunologie steht im Zeichen der Neuroimmunologie. Unter dem Motto “Exploring Neuroimmune Crosstalks in Health and Diseases” werden die Wechselwirkungen zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem beleuchtet. Diese komplexen Verbindungen spielen eine entscheidende Rolle bei der Aufrechterhaltung der Gesundheit und der Entstehung von Krankheiten wie etwa Erkrankungen des zentralen Nervensystems (ZNS) oder des peripheren Nervensystems (PNS) außerhalb von Gehirn und Rückenmark betreffen.

Die Neurologie des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) stellt drei Professuren vor, in denen der Dialog zwischen Nerven- und Immunzellen eine Schlüsselrolle spielt: Die experimentelle Schlaganfallforschung von Michael Schuhmann, die translationale Neurologie von Chi Wang Ip mit Schwerpunkt auf neurodegenerativen Bewegungsstörungen wie Morbus Parkinson und die außerplanmäßige Professur von Kathrin Doppler, die sich auf dem Gebiet der Immunneuropathien hervorgetan hat.

 

Collage aus drei freigestellten Porträts der Forschenden mit kleinen Grafiken von Immunzellen und der Überschrift Tag der Immunologie
Zum Tag der Immunologie am 29.4. 2025 mit dem Motto „Neuroimmune Crosstalks“ geben Chi Wang Ip (links), Kathrin Doppler und Michael Schuhmann Einblicke in drei Forschungsbereiche der Neurologie: Parkinson, Immunneuropathien und Schlaganfall. © UKW mit Canva

Würzburg. Normalerweise bildet unser Immunsystem Antikörper, um fremde Eindringlinge wie Viren oder Bakterien zu bekämpfen. Wenn das Immunsystem jedoch die Fähigkeit verliert, zwischen "selbst" und "fremd" zu unterscheiden, identifiziert es plötzlich körpereigene Zellen und Gewebe als gefährlich und geht mit Autoantikörpern gegen sie vor. Eine, die sich seit Jahren mit dem Dialog zwischen Immun- und Nervensystem beschäftigt, ist die außerplanmäßige Professorin Kathrin Doppler. Das Spezialgebiet der Neurologin am Universitätsklinikums Würzburg (UKW) sind Polyneuropathien, bei denen das fehlgeleitete Immunsystem das periphere Nervensystem angreift. Eine Folge dieser so genannten Immunneuropathien sind Lähmungen, Schmerzen, Taubheitsgefühl, Kribbeln und Muskelschwund. 

Autoimmune Nodopathie: Autoantikörper Caspr zerstört Ranviersche Schnürringe und beeinträchtigt Nervenleitung

Mit Anti-Caspr1 hat Kathrin Doppler gemeinsam mit Claudia Sommer und Luise Appeltshauser vor neun Jahren einen Antikörper entdeckt, der an der Entstehung bestimmter Formen von Immunneuropathien beteiligt ist. Bei Patienten mit Antikörpern gegen Caspr1 war der Aufbau der Ranvierschen Schnürringe - einer Struktur an der Nervenfaser, die dafür sorgt, dass Signale aus dem Gehirn schnell und effizient an ihr Ziel gelangen -zerstört und die Nervenleitung stark beeinträchtigt ist. Inzwischen wurden die Immunneuropathien mit Schnürringantikörper als eigenständige Erkrankung, die sogenannte autoimmune Nodopathie, definiert. Die Wissenschaftlerinnen aus der Würzburger Neurologie forschen weiterhin intensiv an der Erkrankung und haben sich weltweit einen Namen auf diesem Gebiet gemacht. In der Klinischen Forschungsgruppe (KFO 5001) ResolvePAIN untersucht Kathrin Doppler gemeinsam mit Prof. Dr. Carmen Villmann vom Institut für Klinische Neurobiologie, wie und warum Autoantikörper gegen das Oberflächenprotein Caspr2 neuropathische Schmerzen hervorrufen und wie sich diese Schmerzen zurückbilden können. Patientinnen und Patienten mit der Diagnose einer Anti- Caspr2-positiven Enzephalitis, einer entzündlichen Reaktion im Gehirn, und Interesse an einer Studienteilnahme sind herzlich willkommen, gemeinsam mit den Wissenschaftlerinnen die Forschung auf diesem Gebiet voranzutreiben. Die Erkrankung ist zwar selten, aber die Erkenntnisse lassen sich durchaus auf andere antikörperassoziierte Erkrankungen übertragen, die Schmerzen auslösen.

Details zur Forschung von Prof. Dr. Kathrin Doppler gibt es hier

Die Rolle des Immunsystems bei der Parkinson-Krankheit

Neben den klassischen neurologischen Autoimmunerkrankungen wie der chronisch entzündlichen demyelinisierenden Polyneuropathie (CIDP) oder der Multiplen Sklerose spielt der so genannte Crosstalk zwischen Nervenzellen und Immunsystem auch bei neurodegenerativen Erkrankungen wie Morbus Parkinson eine wichtige Rolle. Einer der wenigen, die auf diesem Gebiet forschen, ist Prof. Dr. Chi Wang Ip, stellvertretender Direktor der Klinik für Neurologie.

Lange Zeit galt der M. Parkinson als reine Erkrankung des Nervensystems, bei der die Dopamin produzierenden Nervenzellen im Gehirn absterben, was zu den typischen Symptomen wie Zittern und Muskelsteifheit führt. Doch immer mehr Studien, auch die von Ip und seiner Arbeitsgruppe, deuten darauf hin, dass das Immunsystem an der Entwicklung und möglicherweise sogar an der Entstehung der Parkinson-Krankheit beteiligt ist.

T-Zellen, Mikrogliazellen und das Protein Alpha-Synuclein bei der Parkinson-Krankheit

Ip konnte belegen, dass bei der Parkinson-Krankheit bestimmte Immunzellpopulationen im Gehirn vermehrt und aktiviert sind, insbesondere T-Zellen und Mikrogliazellen. In weiteren Studien verdeutlichte der Neurologe mit seinem Team die Beteiligung des Proteins Alpha-Synuclein (αSyn), das in Nervenzellen vorkommt. Bei der Parkinson-Krankheit ist es aus noch unbekannten Gründen verändert, wodurch das Immunsystem getriggert wird und es zu Entzündungen kommt, welche die Nervenzellen zusätzlich schädigen.

Immunsystem als Biomarker und Therapieansatz

Mit seiner Arbeitsgruppe konzentriert sich Ip auf zwei wichtige Fragen: Kann das Immunsystem als Biomarker sowohl zur Früherkennung der Parkinson-Erkrankung als auch zur Vorhersage des Krankheitsverlaufs genutzt werden? Und lässt sich die Krankheit durch Immunmodulation aufhalten? Gemeinsam mit Kollegen aus der benachbarten Frauenklinik arbeitet Ip beispielsweise daran, eine Immuntoleranz gegen den potentiellen Parkinson-Auslöser Alpha-Synuclein zu entwickeln.

Obwohl noch viele Fragen offen sind, lassen die aktuellen Forschungsansätze auf neue Therapieoptionen hoffen, die über die reine Symptombehandlung hinausgehen. Eine bessere Integration immunologischer Erkenntnisse könnte in Zukunft zu innovativen Behandlungsstrategien führen, die das Leben von Millionen Betroffenen weltweit verbessern.

Ausführliche Informationen zur Forschung von Prof. Dr. Chi Wang Ip finden Sie hier

Wie das Immunsystem Schlaganfälle beeinflusst

Auch Michael Schuhmann, Leiter des Klinischen Labors der Neurologie, ist zuversichtlich, dass seine experimentelle Schlaganfallforschung in absehbarer Zeit in der klinischen Praxis ankommt und die Behandlungsmöglichkeiten für Patientinnen und Patienten spürbar verbessert. Damit wäre ein zentrales Ziel der Hentschel-Stiftung, die seine Stiftungsprofessur für fünf Jahre fördert, erreicht: die Therapieoptionen beim Schlaganfall zu verbessern!

Doch was hat der Schlaganfall mit dem Immunsystem zu tun? Mehr als man denkt. Schon während des Gefäßverschlusses kommt es beim ischämischen Schlaganfall zu einer starken Entzündungsreaktion vor allem in den kleineren Gefäßen, die als Umgehungskreislauf die Umgebung des Infarktkerns, die Penumbra, notdürftig mit Blut versorgen, solange das Hauptgefäß noch verschlossen ist. 

An dieser gefäßbezogenen Entzündungsreaktion sind Thrombozyten, besser bekannt als Blutplättchen, aber auch Immunzellen wie T-Zellen und neutrophile Granulozyten beteiligt. „Sobald das Blutgefäß blockiert ist, reagiert das Endothel, die dünne Zellschicht, die das Innere des Blutgefäßes auskleidet, und Thrombozyten werden aktiviert. Die aktivierten Blutplättchen schlagen Alarm und steuern eine Entzündungsreaktion. Doch statt ihrer eigentlichen Aufgabe nachzukommen und zu helfen, schädigen die Immunzellen in einer überschießenden Reaktion das Gehirn - auch noch nach der Entfernung des Thrombus, ein Vorgang, der als Ischämie-Reperfusionsschaden auch für andere Organsysteme wie Herz, Niere und Leber beschrieben ist“, erklärt Michael Schuhmann seine Hypothese.

Identifizierung von Signalmolekülen, die zur Thrombo-Inflammation beitragen

In präklinischen Modellen beobachtete der studierte Pharmazeut gemeinsam mit einem interdisziplinären Team auf dem Campus eine enge Interaktion von Thrombozyten und Immunzellen. Es kommt zu einer durch Thrombozytenaktivierung gesteuerten Entzündungsreaktion, der so genannten Thrombo-Inflammation. Dem Team gelang es bereits wichtige Signalmoleküle zu identifizieren, welche die Kommunikation zwischen Thrombozyten und Immunzellen steuern und in experimentellen Modellen die Gewebeschädigung maßgeblich beeinflussen.
Die experimentellen Befunde sind auch auf den Menschen übertragbar. In kleinsten Mengen ischämischen Blutes, das von Kollegen aus der Neuroradiologie bei routinemäßigen Thrombektomien mittels Mikrokathetern gewonnen wurde, konnte eine vergleichbare Thrombozytenaktivierung sowie die Einwanderung von Immunzellen beobachtet werden. 

Neue therapeutische Ansätze

Aus diesen Untersuchungen ergeben sich völlig neue Perspektiven für eine ergänzende Therapie zur reinen Rekanalisation beim akuten Schlaganfall, die darauf abzielt, Entzündungsprozesse zu hemmen. Für Michael Schuhmann ist die Idealvorstellung einer “Zusatztherapie“ jedenfalls klar: „Bereits im Rettungswagen - also unmittelbar nach dem Gefäßverschluss - mit einer anti-thrombo-inflammatorischen Therapie zu beginnen, könnte entscheidend dazu beitragen, das Ausmaß der Hirnschädigung vor der Thrombolyse/Thrombektomie zu begrenzen und damit die Erholungschancen mit einem mittelfristig besseren neurologischen Befinden nach Rekanalisation zu optimieren“. 

Mehr über Michael Schuhmann und seine Forschung erfahren Sie in der ausführlichen Pressemeldung

Zum Internationalen Tag der Immunologie
Am 29. April wird jedes Jahr auf der ganzen Welt der Tag der Immunologie gefeiert. Der von der European Federation of Immunological Societies (EFIS) ins Leben gerufene Tag soll das Bewusstsein der Öffentlichkeit für die Bedeutung der Immunologie und immunologischen Forschung als Grundlage für die individuelle Gesundheit und das Wohlbefinden stärken. 
Killerzellen, Fresszellen, Gedächtniszellen oder Helferzellen. Sie alle sind wichtige Kämpfer in unserem Immunsystem, die unseren Körper vor Krankheitserregern wie Bakterien, Viren und Pilzen sowie Giften schützen. Warum wir diesen Abwehrmechanismen nicht erst Aufmerksamkeit schenken sollten, wenn sie uns im Stich lassen, und wie die Immunologie, also die Lehre der Grundlagen dieser Abwehrmechanismen sowie der Störungen und Fehlfunktionen, unsere Gesundheit verbessern kann, verdeutlichten bereits vor zwei Jahren Fachleute aus verschiedenen Disziplinen am UKW und an Instituten der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (siehe Meldung von 2023).
Im Jahr 2025 steht der Internationale Tag der Immunologie unter dem Motto “Exploring Neuroimmune Crosstalks in Health and Diseases”: Wechselwirkungen zwischen Nerven- und Immunsystem in Gesundheit und Krankheit.
Weitere Informationen zum Tag der Immunologie gibt es auf der Webseite der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
 

Text: KL / Wissenschaftskommunikation

Collage aus drei freigestellten Porträts der Forschenden mit kleinen Grafiken von Immunzellen und der Überschrift Tag der Immunologie
Zum Tag der Immunologie am 29.4. 2025 mit dem Motto „Neuroimmune Crosstalks“ geben Chi Wang Ip (links), Kathrin Doppler und Michael Schuhmann Einblicke in drei Forschungsbereiche der Neurologie: Parkinson, Immunneuropathien und Schlaganfall. © UKW mit Canva

Von Würzburg in die Welt

Als Klinikseelsorger mit Erkrankten oder Angehörigen in individuellen Krisen zu sprechen: Da helfe kaum ein Rezept, eine Technik, ein Verfahren, sagt JMU-Alumnus Christian Hohm.

Christian Hohm
Klinikseelsorger und JMU-Alumnus Christian Hohm. Bild: Andreas Oppel

Was arbeiten Absolventinnen und Absolventen der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg? Um den Studierenden verschiedene Perspektiven vorzustellen, befragen Michaela Thiel und ihr Team vom zentralen Alumni-Netzwerk „Uni Wü Community“ regelmäßig ausgewählte Ehemalige.
Diesmal im Interview: Alumnus Christian Hohm. Er hat an der JMU katholische Theologie studiert und gehört heute zum Team der Klinikseelsorge am Universitätsklinikum Würzburg (UKW).

Herr Hohm, wie sieht bei Ihnen ein typischer Arbeitstag aus?

Während des Tages besuche ich Patientinnen und Patienten im UKW, wenn sie es wünschen. Zumeist sind es schwerkranke Menschen in jedem Alter. Ich höre ihnen zu, auf Wunsch bete ich auch mit ihnen oder spreche mit den Angehörigen. In der Rufbereitschaft in der Nacht oder am Wochenende sind es typischerweise oft Sterbebegleitungen und in deren Folge Angehörigengespräche. „Nebenbei“, aber keineswegs selten, bin ich auch mit dem Klinikpersonal im Gespräch. Gerade in der Medizin versteht man immer mehr, dass es Grenzen des Machbaren gibt und das Leben auch geheimnisvoll bleibt. In der Aus- und Weiterbildung für das Personal versuchen wir Seelsorgende auch, unsere ethische Perspektive mit einzubringen.

Was lieben Sie besonders an Ihrem Beruf und was ist eine Herausforderung?

Ich liebe die vielen Begegnungen mit Menschen, die mir aus ihrem Leben erzählen. Davor habe ich großen Respekt. Eine Herausforderung ist es, die vielen persönlichen schweren Lebensereignisse auszuhalten.

Was raten Sie Studierenden, die einen ähnlichen Weg einschlagen möchten?

Bleiben Sie neugierig! Seien sie skeptisch gegenüber einordnenden, normierenden und für allgemeingültig gehaltenen Sätzen – besonders dann, wenn sie Menschen betreffen.

Hat sich die Seelsorge in den vergangenen Jahren verändert?

Einzelseelsorge hatte schon immer die individuelle Person im Blick. Dieser Fokus wurde und wird immer noch wichtiger. Wenn ich mit einem Menschen in einer individuellen Krise ins Gespräch komme, hilft mir kaum ein Rezept, eine Technik, ein Verfahren. Ich versuche vielmehr absichtslos diesen Menschen zu begleiten und ich muss es auch aushalten können, keine Lösungen anbieten zu können oder zu müssen.

Was ist Ihre liebste Erinnerung an die Studienzeit?

Wir waren schon immer eine relativ kleine Fakultät. Das hat uns sehr miteinander verbunden und auch die Profs menschlich „gemacht“. Bei einer mündlichen Prüfung musste ich noch vor der Tür warten. Plötzlich kam der Prüfer mit einem Kommilitonen an der Hand heraus, der völlig aufgelöst war. Der Prof fragte mich, ob ich den Prüfling ablösen könnte, er brauche eine kurze Auszeit, um sich zu erholen. Es ging am Ende für uns beide sehr gut aus.

Von Michaela Thiel / Robert Emmerich
Aus einBLICK vom 29.4.2025 - Nachrichten aus der Uni Würzburg

Christian Hohm
Klinikseelsorger und JMU-Alumnus Christian Hohm. Bild: Andreas Oppel

Altersmedizin im Fokus des Würzburger Gesundheitsmagazins UNI.KLINIK

Anfang dieses Jahres eröffnete das Universitätsklinikum Würzburg sein Zentrum für Altersmedizin. Vor diesem Hintergrund berichtet das Würzburger Gesundheitsmagazin UNI.KLINIK im Titelthema seiner Ausgabe 1/2025 über spezielle Behandlungs- und Versorgungsangebote für die ältere Generation.

Würzburg. UNI.KLINIK ist ein vom Universitätsklinikum Würzburg (UKW) zwei Mal jährlich herausgegebenes, kostenloses Gesundheitsmagazin. Inhaltlicher Schwerpunkt der kürzlich erschienenen Ausgabe 1/2025 ist die Altersmedizin. Anlass für diese Themenwahl war die Eröffnung des Zentrums für Altersmedizin (ZAM) des UKW im Januar 2025. Die Publikation schildert, wie sich das Krankenhaus der Maximalversorgung in Therapie, Versorgung und Forschung den spezifischen Bedürfnissen älterer Patientinnen und Patienten widmet.

Darüber hinaus liefert das 24-seitige Magazin weiteres Wissenswertes aus der Welt der Medizin, wie zum Beispiel: Wie kann man mit Riechtraining nach einem viralen Atemwegsinfekt die Geruchswahrnehmung wieder verbessern? Warum sollte man sich an der Würzburger Universitäts-Zahnklinik ruhig von Studierenden behandeln lassen? Kann die Angst vor Spinnen aus dem Gedächtnis gelöscht werden? Und wie profitieren Patientinnen und Patienten vom Apotheken-Neubau des UKW?

Das Magazin UNI.KLINIK ist online als PDF verfügbar und kann als Webreader-Version durchgeblättert werden in der Rubrik Magazine: 
www.ukw.de/medien-kontakt/presse/magazine/ 

Text: Pressestelle / UKW