Aktuelle Pressemitteilungen

Rückblick auf den IMS-Workshop 2025: Neue Entwicklungen in der Immuntherapie zur Behandlung des Multiplen Myeloms

Ende März dieses Jahres fand in Boston/USA der „Immune Effector Cell Therapies in Multiple Myeloma Workshop” der Internal Myeloma Society (IMS) statt. Dabei brachten auch Experten der Medizinischen Klinik II des Uniklinikums Würzburg ihr Wissen ein.

Die Workshop-Teilnehmenden des Uniklinikums Würzburg
Von links: Die Workshop-Teilnehmenden des Uniklinikums Würzburg Prof. Dr. Michael Hudecek, Dr. Jessica Peter, Dr. Johannes Waldschmidt und Prof. Dr. Hermann Einsele mit Prof. Dr. Nikhil Munshi vom Dana-Faber Cancer Institut in Boston © Jessica Peter / UKW

Unter der Leitung von Prof. Dr. Hermann Einsele (Direktor der Medizinischen Klinik II des UKW), Nikhil Munshi (Dana-Farber Cancer Institute, Boston) und Adam Cohen (Hospital of the University of Pennsylvania, Philadelphia) fand vom 28. bis zum 29. März 2025 der sechste „Immune Effector Cell Therapies in Multiple Myeloma Workshop” der Internal Myeloma Society (IMS) in Boston, Massachusetts, statt. Das abwechslungsreiche Programm mit hochkarätigen Referierenden führten etwa 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Klinikerinnen und Kliniker zusammen, um neue Entwicklungen und Herausforderungen von Immuntherapien bei der Behandlung des Multiplen Myeloms zu diskutieren.

Klinische Daten zu CAR-T-Zellen und bispezifischen Antikörpern 

Zentrale Themenbereiche waren die Weiterentwicklungen von CAR-T-Zelltherapien und bispezifischen Antikörpern. Einen Einstieg boten aktuelle Daten zu den derzeit zugelassenen CAR-T-Zelltherapien Ide-cel und Cilta-cel, präsentiert von Noopur Raje (Boston), sowie zu bispezifischen Antikörpern wie Teclistamab und Elranatamab, vorgestellt von Maria-Victoria Mateos (Salamanca) und Mohamad Mohty (Paris). Joshua Richter (New York) gab zudem einen umfassenden Überblick zu den neuen bispezifischen Antikörpern Linvoseltamab, ABBV-383 und Cevostamab.

Neben wissenschaftlichen Erkenntnissen bot der Workshop praxisrelevante Einblicke in den optimalen Einsatz von CAR-T-Zellen und bispezifischen Antikörpern. Prof. Dr. Einsele leitete eine Sitzung über die klinische Anwendung von CAR-T-Zellen. Paula Rodriguez-Otero (Navarra) und Krina Patel (Texas) betonten, dass CAR-T-Zellen möglichst in einer frühen Therapielinie eingesetzt werden sollten und stellten Strategien zum Management von Rückfällen vor. Auch der Einsatz bei Patientinnen und Patienten mit Smoldering Myeloma und AL Amyloidose wurde beleuchtet.

Neue Ansatzpunkte in der zellulären Immuntherapie

Einen weiteren Schwerpunkt bildete die Diskussion neuartiger Zielstrukturen und Zellprodukte: Prof. Dr. Michael Hudecek, Inhaber des Lehrstuhls für Zelluläre Immuntherapie am UKW, stellte die CARAMBA-Studie mit SLAMF7 als neuem Zielantigen für CAR-T-Zellen vor und erläuterte Fortschritte in der Weiterentwicklung dieser Therapieform. Weitere Beiträge, unter anderem von Jesus Berdeja (Nashville), Bhagirathbhai Dholaria (Nashville) und Joaquin Martinez Lopez (Madrid), widmeten sich innovativen Ansätzen wie multi-targeting CAR-T-Zellen, trispezifischen Antikörpern, allogenen CAR-T-Zellen und CAR-NK-Zellen. Diese CAR-T-Zellprodukte haben das Potenzial, die Immuntherapie künftig weiter zu individualisieren und zu verbessern.

Umgang mit Nebenwirkungen

Im Rahmen von CAR-T-Zellen und bispezifischen Antikörpern spielt das Management von therapiebedingten Nebenwirkungen eine zentrale Rolle: Jonathan Kaufmann (Atlanta) plädierte für den prophylaktischen Einsatz des IL6-Inhibitors Tocilizumab, während Ajay Nooka (Atlanta) Strategien zur Linderung von typischen Haut- und Schleimhautreaktionen unter Talquetamab aussprach. Noffar Bar (Yale) stellte die seltene Nebenwirkung der Immuneffektorzell-assoziierten Enterocolitis mit einer Mortalitätsrate von 26 % vor. Auch späte Risiken wie Zweitneoplasien und infektionsbedingte Todesfälle wurden kritisch diskutiert.

Resistenzmechanismen und ihre Überwindung

Der Workshops widmete sich thematisch auch der  Erforschung von Resistenzmechanismen gegen T-Zell-gerichtete Therapien. Niels van de Donk (Amsterdam) beleuchtete die Rolle von T-Zell-Faktoren bei der CAR-T-Zelltherapie, während Samir Parekh (New York) die Bedeutung des Mikromilieus für das Therapieansprechen untersuchte. Darüber hinaus referierte Nizar Bahlis (Calgary) über neuartige Resistenzmechanismen gegen bispezifische Antikörper. Dr. Johannes Waldschmidt, Oberarzt der Medizinischen Klinik II (UKW) stellte spannende Daten zur Nutzung zirkulierender Tumor-DNA als prognostisches, weniger-invasives Instrument vor. Um immunzellgerichtete Therapien effektiver zu machen, können außerdem neue technologische Ansätze wie CellMODs und CAR Enhancer eingesetzt werden, wie Marta Larrayoz (Southampton) und Mohammad Rashidian (Boston) erläuterten.

Ausblick 

Der IMS-Workshop 2025 bot eine ausgezeichnete Plattform für den Wissensaustausch und die internationale Vernetzung und unterstrich die dynamische Entwicklung der Immuntherapie beim Multiplen Myelom. Die präsentierten Forschungsergebnisse und innovativen Therapieansätze eröffnen vielversprechende Perspektiven für eine gezieltere und effektivere Behandlung. Die diskutierten Daten werden maßgeblich dazu beitragen, Immuntherapien für die Behandlung des Multiplen Myeloms zu optimieren und damit diese bislang unheilbare Erkrankung einen bedeutenden Schritt in Richtung Heilung zu bringen.

Autorin: Dr. Jessica Peter

Die Workshop-Teilnehmenden des Uniklinikums Würzburg
Von links: Die Workshop-Teilnehmenden des Uniklinikums Würzburg Prof. Dr. Michael Hudecek, Dr. Jessica Peter, Dr. Johannes Waldschmidt und Prof. Dr. Hermann Einsele mit Prof. Dr. Nikhil Munshi vom Dana-Faber Cancer Institut in Boston © Jessica Peter / UKW

Starker Start ins Jahr: Der GeschwisterCLUB legt los

Mit Spiel, Spaß und Austausch startete der GeschwisterCLUB ins neue Jahr – ein kurzer Rückblick auf die vergangenen Aktionen.

13 Kinder gestalteten gemeinsam ein Familienwappen mit Stärken und Eigenschaften ihrer Familie. Bild: Nadine Kempa

In Zusammenarbeit mit der Kinderklinik des UKW, dem Gesundheitsamt für Stadt und Landkreis Würzburg, Elterninitiative Regenbogen e.V. und ISPA e.V. startete im vergangenen Jahr das GKV-geförderte Projekt "GeschwisterCLUB Würzburg". Die Diagnose Krebs im Kindesalter stellt die Lebensrealität der ganzen Familie auf den Kopf - auch die der Geschwisterkinder. Diesen soll mit Hilfe präventiver Gruppenangebote im GeschwisterCLUB ein geschützter Raum sowie neue Perspektiven geboten werden.

Die Geschwisterbeauftragte Annegret Schreyer (Uni-Kinderklinik) und die Geschwisterkoordinatorin Wibke Schmidt (Gesundheitsamt) arbeiten eng miteinander zusammen und überlegen sich immer wieder kreative Aktionen, bei denen Kinder und Jugendliche aller Altersklassen in ihren Bedürfnissen und Interessen berücksichtigt werden.

Die erste Aktion in diesem Jahr war ein Kreativworkshop, bei welchem die Jugendlichen unter der Leitung von Kunsttherapeutin Diana Sellmann verschiedenste kunsttherapeutische Techniken und Materialien kennenlernen und erproben konnten. Die insgesamt fünf Termine im Rahmen der Reihe endeten mit einem Vernissage-Abend sowie der Ausstellung der Kunstwerke auf der onkologischen Tagesklinik Leuchtturm.

Das erste GeschwisterCLUB-Treffen in diesem Jahr widmete sich einer breiten Altersklasse von 6 bis 16 Jahren mit einer Aktion, die bei allen gut ankam: bei diesem Termin haben zehn Kinder Insektenhotels gebaut und verziert. Als weiterer voller Erfolg zeigte sich der erste GeschwisterCLUB-Tag im April mit 13 Kindern, bei welchem sie gemeinsam Familienwappen gestalteten, welche die Stärken und Eigenschaften ihrer Familie darstellen.

Passend zu den Insektenhotels werden bei der nächsten Aktion am kommenden Freitag Pflanztöpfe gestaltet und bepflanzt.

Die kreativen und abwechslungsreichen Angebote des GeschwisterCLUBs kommen bei den Kindern und Jugendlichen durchwegs sehr gut an. Das zeigt sich in den zahlreichen Teilnahmen und der immer wieder sehr positiven Resonanz, so Geschwisterbeauftragte Annegret Schreyer. 

Die Elterninitiative Regenbogen freut sich, das vielversprechende Projekt und die Familien auch in Zukunft weiterhin unterstützen zu dürfen.

Text: Nadine Kempa (Öffentlichkeitsarbeit, Elterninitiative Regenbogen e.V.)

13 Kinder gestalteten gemeinsam ein Familienwappen mit Stärken und Eigenschaften ihrer Familie. Bild: Nadine Kempa

Brunch für den guten Zweck: Durch gemeinsames Genießen die Würzburger Krebsforschung unterstützen

Die Stiftung „Forschung hilft“ lädt am Samstag, den 7. Juni 2025 alle Genießerinnen und Genießer zu einem musikalisch untermalten Benefiz-Brunch ins Hotel Melchior Park in Würzburg ein. Dabei stehen nicht nur köstliche Speisen und Getränke im Mittelpunkt, sondern auch die Chance, etwas Gutes zu tun: Der Erlös kommt der Krebsforschung am Uniklinikum Würzburg zugute.

Hotel Melchior Park
Der Benefiz-Brunch findet im Würzburger Hotel Melchior Park statt. Bild: Rolf Nachbar
Saxophon-Quartett Passion4Saxxes
Das Saxophon-Quartett Passion4Saxxes sorgt für abwechslungsreiche Livemusik bei der genussvollen Veranstaltung. Bild: Joe Kern

Würzburg. Wer Lust auf einen genussvollen Start in den Tag hat und gleichzeitig die Krebsforschung in Würzburg unterstützen möchte, ist am Samstag, den 7. Juni 2025 herzlich in das Hotel Melchior Park, Am Galgenberg 49 in Würzburg, zum Brunchen eingeladen. Bei der von der Stiftung „Forschung hilft“ organisierten Benefizveranstaltung werden die Gaumenfreuden musikalisch begleitet von Passion4Saxxes. Das Repertoire des Schweinfurter Saxophon-Quartetts ist breit gefächert und reicht von Jazz-Standards über Filmmusik bis zu Rock- und Pop-Klassikern. 

Beginn ist um 11:00 Uhr. Der Spendenbeitrag zugunsten von „Forschung hilft“ beträgt pro Person 55 Euro, Kinder unter zehn Jahren sind kostenlos dabei. Da die Teilnehmerzahl begrenzt ist, ist eine Anmeldung unter E-Mail: info@ forschung-hilft.de wichtig.

 

Über „Forschung hilft“

Die Stiftung „Forschung hilft“ fördert aussichtsreiche Krebsforschungsprojekte am Uniklinikum Würzburg. Sie wurde Ende 2017 vom Würzburger Verein „Hilfe im Kampf gegen Krebs“ gegründet. Seither schüttet sie jährlich Förderpreisgelder an ausgewählte Krebsforscherinnen und -forscher des UKW aus – bislang in Summe 904.000 Euro. Weitere Infos gibt es unter www.forschung-hilft.de

Spendenkonto: 
Stiftergemeinschaft der Sparkasse Mainfranken Würzburg
IBAN: DE19 7905 0000 0000 0655 65
BIC: BYLADEM1SWU

Text: Pressestelle / UKW

Hotel Melchior Park
Der Benefiz-Brunch findet im Würzburger Hotel Melchior Park statt. Bild: Rolf Nachbar
Saxophon-Quartett Passion4Saxxes
Das Saxophon-Quartett Passion4Saxxes sorgt für abwechslungsreiche Livemusik bei der genussvollen Veranstaltung. Bild: Joe Kern

Prof. Dr. Elion Hoxha leitet Nephrologie am UKW

Nierenspezialist wechselte von Hamburg nach Würzburg / „Personalisierte Therapie-Ansätze weiter ausbauen“

Prof. Dr. Elion Hoxha ist neuer Leiter des Schwerpunktes Nephrologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) und Inhaber des Lehrstuhls für Nephrologie an der Würzburger Universitätsmedizin. Foto: UKW / Stefan Dreising
Prof. Dr. Elion Hoxha ist neuer Leiter des Schwerpunktes Nephrologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) und Inhaber des Lehrstuhls für Nephrologie an der Würzburger Universitätsmedizin. Foto: UKW / Stefan Dreising

Würzburg. Prof. Dr. Elion Hoxha ist neuer Leiter des Schwerpunktes Nephrologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) und Inhaber des Lehrstuhls für Nephrologie an der Würzburger Universitätsmedizin. Prof. Hoxha war zuvor Oberarzt am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Mitte April begann der 42-Jährige seine Arbeit in Würzburg.

Zu den Schwerpunkten des Facharztes für Innere Medizin und Nephrologie zählt u.a. die Glomerulonephritis, eine Entzündung der kleinsten Blutgefäße der Niere. Dabei handelt es sich um eine der häufigsten Ursachen für Funktionsstörungen der Niere (Niereninsuffizienz). „Die Niere ist ein äußerst komplexes und damit faszinierendes Organ, gleichzeitig ist die Wechselwirkung mit den weiteren Organen und dem Stoffwechsel extrem vielschichtig“, so Prof. Hoxha. Ein ganz anschauliches Beispiel: So schadet ein hoher Blutdruck der Niere und eine kranke Niere kann umgekehrt hohen Blutdruck verursachen. Hoxha: „Gerade angesichts einer immer älter werdenden Bevölkerung wird dieser Aspekt immer wichtiger, denn im Alter kommen oft mehrere Erkrankungen zusammen – und daher rückt hier die Nierengesundheit auch mit zunehmender Medikation stärker in den Blickpunkt.“ Ziel sei daher eine schnelle Diagnose, um mit individuell optimierten Therapien den Prozess des Nierenversagens im Idealfall zu verhindern oder zumindest weit hinauszuzögern.

Komplexe Wechselwirkungen

Hoxha hat in Hamburg Medizin studiert, zudem ein Aufbaustudium Molekularbiologie absolviert und wurde in Hamburg promoviert. 2019 erhielt er ein Heisenberg-Stipendium der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). In dem multidisziplinären Sonderforschungsbereich (SFB) 1192 „Immunvermittelte glomeruläre Erkrankungen“ war Prof. Hoxha Teilprojektleiter. 2022 erhielt er den wissenschaftlichen Ehrenpreis der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie.

Sowohl in der Patientenversorgung als auch in seiner wissenschaftlichen Arbeit wird er die Arbeit an personalisierten Therapie-Ansätzen fortsetzen: „Dafür bietet Würzburg mit seiner Universitätsmedizin und der engen Vernetzung verschiedener Fachdisziplinen optimale Voraussetzungen. Gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen möchte ich weiter an der Translation neuer Diagnostik- und Therapiemethoden arbeiten“, so Prof. Hoxha.

Die Nephrologie ist ein Schwerpunktbereich innerhalb der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am UKW. Klinikdirektor Prof. Dr. Stefan Frantz: „Ich freue mich, dass wir Prof. Hoxha für das UKW gewinnen konnten. Er wird zu einer optimalen Patientenversorgung beitragen und zudem mit seinen Ansätzen in Forschung und Lehre unser Klinikprofil weiter zukunftsorientiert ausbauen.“

 

Prof. Dr. Elion Hoxha ist neuer Leiter des Schwerpunktes Nephrologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) und Inhaber des Lehrstuhls für Nephrologie an der Würzburger Universitätsmedizin. Foto: UKW / Stefan Dreising
Prof. Dr. Elion Hoxha ist neuer Leiter des Schwerpunktes Nephrologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) und Inhaber des Lehrstuhls für Nephrologie an der Würzburger Universitätsmedizin. Foto: UKW / Stefan Dreising

Die Zukunft der translationalen Immunologie mitgestalten - 140 Teilnehmende nutzten die Chance

Symposium „Translational Immunology – From Target to Therapy IX“ des Else Kröner-Forschungskollegs TWINSIGHT verzeichnete Rekorde hinsichtlich Teilnehmerzahl und Anzahl der Posterbeiträge

Gruppenbild mit allen Teilnehmenden des Symposiums vor dem historischen Gartenpavillon des Juliusspitals
Am 8. und 9. Mai 2025 fand im Juliusspital in Würzburg das neunte internationale Else Kröner-Symposium „Translational Immunology – From Target to Therapy IX“ statt – mit 140 Teilnehmenden so viele wie noch nie zuvor. © Jörg Fuchs / UKW
Gewinnerin und Gewinner mit Urkunden stehen im Garten mit Sprecherin des TWINSIGHT-Kollegs
Prof. Alma Zernecke-Madsen, Sprecherin des TWINSIGHT-Kollegs, gratuliert der Gewinnerin Dr. Miljana Nenko vom Universitätsklinikum Jena und den Gewinnern vom UKW Dr. Hendrik Bartolomaeus (links) von der Experimentelle Biomedizin und Fabian Freitag vom Lehrstuhl für zelluläre Immuntherapie. © Jörg Fuchs / UKW
Bild von TWINSIGHT-Kollegiatinnen und Kollegiat sowie die Sprecherin und der stellvertretende Sprecher im Garten
TWINSIGHT-Kolleg der aktuellen Förderperiode: v.l.n.r.: TWINSIGHT-Kollegiaten Dr. Philipp Weis und Simon Goller, TWINSIGHT-Kollegiatinnen Dr. Jessica Peter, Dr. Anna Fleischer und Dr. Sofie-Katrin Kadel, Sprecherin des TWINSIGHT-Kollegs Prof. Alma Zernecke-Madsen, Dr. Susanne Nuber (Administration und Organisation) und TWINSIGHT-Kollegiatin Dr. Caroline Glatzel. © Jörg Fuchs / UKW

Würzburg. Das jährliche Else Kröner-Symposium „Translational Immunology – From Target to Therapy” ist längst ein fester Bestandteil des TWINSIGHT-Kollegs. Während das von der Else Kröner-Fresenius-Stiftung geförderte Forschungskolleg jungen Ärztinnen und Ärzten im Rahmen von klinischen Tandems, sogenannten Twins, Freiräume für ihre Forschung am Würzburger Campus ermöglicht, bietet das Symposium Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern aus der ganzen Welt eine Plattform für die Vernetzung, den Austausch, die Entwicklung neuer Ideen sowie die Präsentation wissenschaftlicher Fortschritte und innovativer Therapieansätze in der Immunologie. Vom 8. bis 9. Mai fand in diesem Jahr bereits das neunte internationale Else Kröner-Symposium „Translational Immunology – From Target to Therapy IX” im historischen Gartenpavillon des Juliusspitals in Würzburg statt.

So viele Teilnehmende und Poster wie nie zuvor beim TWINSIGHT-Symposium 

„Wir freuen uns sehr, dass wir das Symposium auch in der zweiten Förderperiode des TWINSIGHT-Kollegs fortführen konnten - sogar mit einem Rekord an Teilnehmenden und Postern“, sagt Dr. Susanne Nuber. Sie ist beim Interdisziplinären Zentrum für Klinische Forschung (IZKF) für die Administration und Organisation des TWINSIGHTS-Kollegs zuständig. „Neben den internationalen Referentinnen und Referenten hatten sich 140 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus ganz Deutschland angemeldet, von denen 30 Poster ihrer Forschungsprojekte eingereicht hatten.“ 
Für ihre besonders herausragenden Arbeiten wurden Dr. Miljana Nenko vom Universitätsklinikum Jena, Dr. Hendrik Bartolomaeus von der Experimentellen Biomedizin des Uniklinikums Würzburg sowie Fabian Freitag vom Würzburger Lehrstuhl für zelluläre Immuntherapie mit einem Posterpreis ausgezeichnet.

Auch der ganz junge Nachwuchs hatte Gelegenheit, sich über Fortschritte in der translationalen Immunologie zu informieren, mit führenden Expertinnen und Experten in Kontakt zu treten und Einblicke in neueste Entwicklungen zu erhalten. Unter den Teilnehmenden waren Studierende des Studiengangs „Translational Medicine“ an der Universität Würzburg sowie Schülerinnen und Schüler des Röntgengymnasiums in Würzburg.

TWINS des Else Kröner-Forschungskollegs halfen bei der Planung, Organisation und Durchführung

„Man sieht deutlich, dass das Else Kröner-Symposium in und über Würzburg hinaus sichtbarer geworden ist“, resümiert Susanne Nuber. Bei der Organisation erhielt sie Unterstützung von den sechs Kollegiatinnen und Kollegiaten der zweiten TWINSIGHT-Förderperiode. „Somit haben unsere TWINS gleich praktische Erfahrungen in der Planung, Organisation und Durchführung einer wissenschaftlichen Veranstaltung erhalten“, so Nuber. 

Dialog zwischen Grundlagenforschung und klinischer Praxis 

Auch Prof. Dr. Alma Zernecke-Madsen, Leiterin des Instituts für Experimentelle Biomedizin II am Uniklinikum Würzburg und Sprecherin des TWINSIGHT-Kollegs, ist mehr als zufrieden mit der interdisziplinären Veranstaltung: „Das Symposium schlug wertvolle Brücken zwischen Grundlagen- und klinischer Forschung und förderte sichtbar und hörbar den Dialog und die Zusammenarbeit zwischen jungen, talentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern sowie erfahrenen Expertinnen und Experten.“ 

Prof. Dr. Matthias Goebeler, stellvertretender Sprecher des TWINSIGHT-Kollegs und Direktor der Klinik und Poliklinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie in Würzburg, fasst seine Eindrücke wie folgt zusammen: „Das Else Kröner-Symposium hat erneut eindrucksvoll unterstrichen, wie entscheidend der Dialog zwischen Grundlagenforschung und klinischer Praxis für den Fortschritt in der Immunologie ist. Der intensive Austausch zwischen Wissenschaftlern und Ärzten bietet wertvolle Impulse und ist unerlässlich, um innovative Entwicklungen in der Immunologie voranzutreiben.“

Translational Immunology – From Target to Therapy IX: Im Fokus standen entzündliche Erkrankungen und Krebs 

Das Programm des Symposiums umfasste fünf thematische Blöcke zu den neuesten Entwicklungen in der Immunologie. Besondere Aufmerksamkeit erhielten innovative zelluläre und proteinbasierte therapeutische Strategien für entzündliche Erkrankungen und Krebs. Ebenso wurde die Rolle der Immunüberwachung und der immunologischen Mikroumgebung bei diesen Erkrankungen beleuchtet. Abschließend wurden die Herausforderungen diskutiert, die sich bei der Umsetzung neuer Forschungsergebnisse in die medizinische Praxis ergeben.
 

Gruppenbild mit allen Teilnehmenden des Symposiums vor dem historischen Gartenpavillon des Juliusspitals
Am 8. und 9. Mai 2025 fand im Juliusspital in Würzburg das neunte internationale Else Kröner-Symposium „Translational Immunology – From Target to Therapy IX“ statt – mit 140 Teilnehmenden so viele wie noch nie zuvor. © Jörg Fuchs / UKW
Gewinnerin und Gewinner mit Urkunden stehen im Garten mit Sprecherin des TWINSIGHT-Kollegs
Prof. Alma Zernecke-Madsen, Sprecherin des TWINSIGHT-Kollegs, gratuliert der Gewinnerin Dr. Miljana Nenko vom Universitätsklinikum Jena und den Gewinnern vom UKW Dr. Hendrik Bartolomaeus (links) von der Experimentelle Biomedizin und Fabian Freitag vom Lehrstuhl für zelluläre Immuntherapie. © Jörg Fuchs / UKW
Bild von TWINSIGHT-Kollegiatinnen und Kollegiat sowie die Sprecherin und der stellvertretende Sprecher im Garten
TWINSIGHT-Kolleg der aktuellen Förderperiode: v.l.n.r.: TWINSIGHT-Kollegiaten Dr. Philipp Weis und Simon Goller, TWINSIGHT-Kollegiatinnen Dr. Jessica Peter, Dr. Anna Fleischer und Dr. Sofie-Katrin Kadel, Sprecherin des TWINSIGHT-Kollegs Prof. Alma Zernecke-Madsen, Dr. Susanne Nuber (Administration und Organisation) und TWINSIGHT-Kollegiatin Dr. Caroline Glatzel. © Jörg Fuchs / UKW

Vom Bluthochdruck geheilt

CHIRACIC-Studie zeigt überraschend positive Ergebnisse auf den Blutdruck nach operativer Entfernung eines einseitigen Nebennieren-Zufalltumors mit leicht erhöhter Kortisolproduktion

Die beiden Wissenschaftler posieren vor einer Stellwand beim Kongress der ESPE und ESE mit Logos
Prof. Martin Fassnacht (links) und Prof. Antoine Tabarin präsentierten ihre aktuelle Studie beim Gemeinsamen Kongress der European Society for Paediatric Endocrinology (ESPE) und European Society of Endocrinology (ESE) im Mai 2025 in Kopenhagen. © privat
MRT-Aufnahme eines Nebennierentumors - ein roter Pfeil zeigt auf den Tumor
Das MRT zeigt einen drei Zentimeter großen Nebennierentumor auf der rechten Seite. Drei Prozent der über 50-Jährigen und zehn Prozent der über 80-Jährigen haben Nebennieren-Zufallstumore, die meist bei einer bildgebenden Untersuchung des Bauchraums entdeckt werden. © UKW

Würzburg. Ein Schwerpunkt der Endokrinologie am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) sind bösartige Tumoren der Nebenniere. Für die Diagnose, Behandlung und Erforschung des seltenen, aber äußerst aggressiven Nebennierenkarzinoms hat sich das UKW als internationales Referenzzentrum etabliert. Bei eindeutig gutartigen Tumoren der Nebenniere ging es jahrelang laut Prof. Dr. Martin Fassnacht, Leiter des Würzburger Lehrstuhls für Endokrinologie und Diabetologie, vor allem darum, die wenigen Patientinnen und Patienten herauszufiltern, die massiv unter der vom Tumor verursachten Überproduktion bestimmter Hormone leiden. „Diese Krankheitsbilder wie das Cushing- oder Conn-Syndrom oder Phäochromozytome sind aber ebenfalls sehr selten. Bei der Mehrheit der Patientinnen und Patienten mit Nebennierentumoren ging es uns darum, niemanden unnötig krank zu machen", sagt Fassnacht mit Blick auf einen relevanten Anteil der Bevölkerung über 50 Jahre.

Risiken des Nebennieren-Zufallstumors mit erhöhter Kortisol-Produktion

Denn drei Prozent der über 50-Jährigen und zehn Prozent der über 80-Jährigen haben Nebennieren-Zufallstumore, auch Nebennieren-Inzidentalom genannt. Diese Tumoren werden per Definition zufällig bei einer bildgebenden Untersuchung des Bauchraums entdeckt, zum Beispiel bei Gallenbeschwerden, Verdacht auf Nierensteine oder Rückenschmerzen. Weniger als zehn Prozent dieser Nebennieren-Zufallstumore sind bösartig, weitere zehn Prozent führen zu einem starken Hormonüberschuss, die restlichen 80 Prozent wurden lange Zeit zur Gruppe der klinisch hormoninaktiven Tumoren gezählt. „Schon länger war allerdings bekannt, dass fast jeder Zweite aus dieser Gruppe eine leicht erhöhte Produktion des Hormons Kortisol aufweist. Ob dieser leichte Kortisolüberschuss krank macht, war unklar“, berichtet Martin Fassnacht. Der Endokrinologe schätzt, dass circa eine halbe Million Bundesbürgerinnen und Bundesbürger betroffen sein dürften.

Dass diese leicht erhöhte Kortisolproduktion nicht so harmlos ist, wie er einst dachte, zeigte Fassnacht bereits in einer internationalen, multizentrischen Studie, die er 2014 selbst initiierte und deren überraschende Ergebnisse er im Jahr 2022 in der Fachzeitschrift The Lancet Diabetes & Endocrinology publizierte: Bei mehr als 3.500 Betroffenen mit Nebennieren-Inzidentalom war damals eine erhöhte Kortisolausschüttung mit vermehrten Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer erhöhten Sterblichkeit assoziiert, vor allem bei Frauen unter 65 Jahren. „Seitdem wir das wissen, achten wir natürlich verstärkt auf unsere Patientinnen und Patienten mit gutartigen Nebennierentumoren und prüfen mit dem Dexamethason-Test, ob eine erhöhte Kortisolproduktion und damit ein erhöhtes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes vorliegt“, sagt Fassnacht.

CHIRACIC bewertet Auswirkungen der Entfernung des Inzidentaloms auf den Bluthochdruck

Dennoch blieb unklar, ob der Tumor operativ entfernt werden soll oder nicht? Prof. Antoine Tabarin, Leiter der Endokrinologie am Universitätsklinikum Bordeaux in Frankreich, initiierte deshalb die Interventionsstudie CHIRACIC, in der die Auswirkungen der chirurgischen Entfernung des Inzidentaloms auf den Blutdruck untersucht wurde.

Insgesamt wurden 78 Patientinnen und Patienten an 17 Universitätskliniken in Frankreich, Deutschland und Italien rekrutiert, wobei das Universitätsklinikum Würzburg (UKW) nach Bordeaux das zweitgrößte Studienzentrum war. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer mussten über einen Zeitraum von bis zu knapp zwei Jahren alle vier Wochen an fünf Tagen jeweils dreimal morgens und dreimal abends ihren Blutdruck messen. Vor der Randomisierung, also der Zuteilung zu den Studiengruppen nach dem Zufallsprinzip, wurden alle Teilnehmenden mit standardisierten Medikamenten auf einen „idealen Blutdruck“ von 125 zu 80 eingestellt.
Dabei stellte sich heraus, dass zehn Prozent der Rekrutierten bei den Messungen daheim gar keinen Bluthochdruck hatten. „Die hätten wir völlig unnötig behandelt“, sagt Fassnacht. Das Blutdruckmanagement sei in der methodisch starken Studie ohnehin supergenau und absolut lehrreich gewesen. Insgesamt 52 Personen kamen letztendlich für die Studie in Frage. Die eine Hälfte erhielt eine Nebennierenresektion, die andere weiter die medikamentöse Therapie.

Überraschend eindeutige Ergebnisse im Journal Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht

Die geringe Probandenzahl sei sicherlich eine Schwäche dieser zeitaufwändigen Studie - die „schockierend“ eindeutigen Ergebnisse, die jetzt ebenfalls im Journal The Lancet Diabetes & Endocrinology veröffentlicht wurde, seien aber hoch signifikant und veränderten die Situation grundlegend, so Fassnacht, der auch zu Beginn dieser Studie skeptisch war und entsprechend vom Ergebnis überrascht wurde. „Aber das sind eben die wissenschaftlich interessantesten Studien“, schmunzelt Fassnacht.

Studie hat Sicht auf Krankheit maßgeblich verändert

Im Schnitt führte die Operation dazu, dass die Anzahl der Blutdruckmedikamente von 3 auf 0,8 reduziert werden konnte. Und selbst die Reduktion um ein Medikament sei für einige Betroffene ein Vorteil, zumal der Blutdruck mit zunehmendem Alter automatisch weiter ansteige und mehr Medikamente benötigt würden. Fassnacht, der sich mit Philippe Gosse die Letztautorenschaft teilt, resümiert: „Dass wir in der Studie bei einem relevanten Teil der operierten Patientinnen und Patienten, nämlich bei etwa der Hälfte, für perfekte Blutdruckwerte nun gar keine Medikamente mehr benötigen, gewissermaßen den Blutdruck geheilt haben, hat meine Sicht auf diese Krankheit entscheidend verändert“. Das UKW bietet inzwischen allen Menschen mit gutartigem Nebennierentumor und einer Kortisolüberproduktion zumindest die Operation als potentiell sehr gute Therapieoption an.

Publikation: 
Antoine Tabarin, Stéphanie Espiard, Timo Deutschbein, Laurence Amar, Delphine Vezzossi, Guido Di Dalmazi, Yves Reznik, Jacques Young, Rachel Desailloud, Bernard Goichot, Delphine Drui, Guillaume Assié, Hervé Lefebvre, Knut Mai, Frédéric Castinetti, Sandrine Laboureau, Massimo Terzolo, Amandine Ferriere, Aurore Georget, Eric Frison, Marie-Christine Vantyghem, Martin Fassnacht & Philippe Gosse, and the CHIRACIC Collaborators. Surgery for the treatment of arterial hypertension in patients with unilateral adrenal incidentalomas and mild autonomous cortisol secretion (CHIRACIC): a multicentre open-label superiority randomized controlled trial. The Lancet Diabetes & Endocrinology. Published Online May 12, 2025. doi.org/10.1016/ S2213-8587(25)00062-2

Text: KL / Wissenschaftskommunikation
 

Die beiden Wissenschaftler posieren vor einer Stellwand beim Kongress der ESPE und ESE mit Logos
Prof. Martin Fassnacht (links) und Prof. Antoine Tabarin präsentierten ihre aktuelle Studie beim Gemeinsamen Kongress der European Society for Paediatric Endocrinology (ESPE) und European Society of Endocrinology (ESE) im Mai 2025 in Kopenhagen. © privat
MRT-Aufnahme eines Nebennierentumors - ein roter Pfeil zeigt auf den Tumor
Das MRT zeigt einen drei Zentimeter großen Nebennierentumor auf der rechten Seite. Drei Prozent der über 50-Jährigen und zehn Prozent der über 80-Jährigen haben Nebennieren-Zufallstumore, die meist bei einer bildgebenden Untersuchung des Bauchraums entdeckt werden. © UKW

Wie und warum entstehen psychische Störungen?

Auf dem 4. Gemeinsamen Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie (DGBP) und der Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie (AGNP) erhielt Prof. Dr. Lorenz Deserno am 8. Mai 2025 in Berlin den mit 5.000 Euro dotierten Nachwuchsforschungspreis der DGBP und der Stiftung Nervenheilkunde. Deserno, der seit 2020 die W2-Professur für Experimentelle Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie am Zentrum für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Würzburg (UKW) innehat, teilt sich den Preis mit Dr. Frederike Stein von der Philipps-Universität Marburg.

Porträtfoto von Lorenz Deserno, der ein dunkles Jacket und blaues Jeanshemd trägt.
Lorenz Deserno, Professor für Experimentelle Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie am Zentrum für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Würzburg (UKW) erhielt den Nachwuchsforschungspreis 2025 der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie und der Stiftung Nervenheilkunde. © Daniel Peter / UKW
Vertreter der DGBP und Preisträger stehen auf der Bühne und lächeln für die Fotografen
Prof. Dr. Tilo Kircher (links), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie (DGBP), und Prof. Dr. Jürgen Deckert (rechs), Schatzmeister der DGBP, gratulieren Prof. Dr. Lorenz Deserno zum Nachwuchsforschungspreis 2025. © Jens Wiltfang / Tilo Kircher

Würzburg. Bereits gegen Ende seines Medizinstudiums entwickelte Lorenz Deserno ein besonderes Interesse an der Hirnforschung bei psychischen Erkrankungen. Spätestens seit seiner Promotion über kognitive Defizite bei Patientinnen und Patienten mit Schizophrenie ist seine Forschung fest in der biologischen Psychiatrie verankert. Dieses Teilgebiet der Psychiatrie untersucht, wie biologische Veränderungen mit psychischen Erkrankungen zusammenhängen. Prof. Dr. Lorenz Deserno geht zum Beispiel am Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP) des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) der Frage nach, wie sich bestimmte Denk- und Handlungsweisen in den Aktivierungsmustern des Gehirns widerspiegeln und verfolgt dabei einen transdiagnostischen entwicklungspsychiatrischen Ansatz mit dem er unterschiedliche Erkrankungsbilder wie ADHS, Schizophrenie, Alkoholabhängigkeit, Essstörungen sowie zuletzt auch Angststörungen und Depression untersucht und vergleicht. Dazu nutzt er funktionelle Bildgebung und Methoden der sogenannten Computational Psychiatry.

Erforschung menschlichen Verhaltens und kognitiver Prozesse mit Hilfe der Computational Psychiatry

Computational Psychiatry verbindet Erkenntnisse aus der Psychiatrie, den Neurowissenschaften, der Informatik, der Mathematik und den Kognitionswissenschaften, um die komplexen Mechanismen des Gehirns und des Verhaltens bei psychischen Erkrankungen zu beschreiben. Während dieser Ansatz in den letzten Jahren viel Beachtung und Anerkennung gefunden hat, gibt es nur wenige Arbeitsgruppen, die diesen Forschungsansatz in der Entwicklungspsychiatrie anwenden.

Desernos Arbeiten haben beispielsweise zu einem neuen Verständnis des populären Neurotransmitters Dopamin beigetragen. Dieser ist nicht nur an der Verarbeitung von Belohnungen beteiligt, sondern steuert auch die gezielte Planung von Handlungen, um Belohnungen zu erhalten. Weiterhin konnte er mit seinem Team durch spezifische Modellierungen herausfinden, dass inkonsistente Entscheidungen keineswegs als Messfehler anzusehen sind, sondern dass eine altersabhängige Zunahme spezifischer und komplexer kognitiver Prozesse mit einer Abnahme dieser „verrauschten“ inkonsistenten Entscheidungen einhergeht und sogar davon abhängt. Darüber hinaus konzentriert sich sein Team auf die Anwendung in Studiendesigns mit potenzieller klinischer Relevanz, zum Beispiel zur Vorhersage der Wirksamkeit von Psychopharmaka bei ADHS in einer von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Studie.

Nachwuchsforschungspreis der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie (DGBP) und der Stiftung Nervenheilkunde

Auf der 4. gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie (DGBP) und der Arbeitsgemeinschaft für Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie (AGNP) wurden seine bisherigen Forschungsleistungen nun mit dem Nachwuchsforschungspreis der DGBP und der Stiftung Nervenheilkunde ausgezeichnet. Deserno teilt sich den mit 5.000 Euro dotierten Preis mit Dr. Frederike Stein von der Philipps-Universität Marburg.

Die Auszeichnung ist für ihn in mehrfacher Hinsicht bedeutsam: „Sie würdigt meinen bisherigen Werdegang, in dem ich durch die Kombination von wissenschaftlicher und klinischer Tätigkeit meine eigenständige Arbeitsgruppe aufgebaut habe, und sie stärkt mich persönlich in einer entscheidenden Phase meiner Karriere und Etablierung innerhalb der deutschsprachigen biologisch-psychiatrischen Forschungsgemeinschaft. Aus meiner Sicht ist die entwicklungspsychiatrische und neurowissenschaftliche Forschungsperspektive mit Methoden der ‚Computational Psychiatry‘ für die Beantwortung klinisch relevanter Forschungsfragen in der biologisch-psychiatrischen Forschung extrem aufschlussreich“.

Psychische Störungen besser verstehen, diagnostizieren und behandeln

Mit biologisch realistischen Methoden des „Computational Imaging“ und durch mobile Messungen im Alltag will Lorenz Deserno der Entstehung psychiatrischer Symptome weiter auf den Grund gehen. Wie und warum entstehen bestimmte Störungen auf der Ebene von Hirnprozessen, Informationsverarbeitung und Lernen? Welche Faktoren erhöhen das Risiko für psychische Störungen oder schützen davor? Seine Erkenntnisse sollen helfen, bestehende Behandlungen zu verbessern und neue, auch digitale Therapien zu entwickeln.

Werdegang von Lorenz Deserno
Lorenz Deserno wurde 1985 in Frankfurt am Main geboren und studierte von 2005 bis 2012 Humanmedizin an der Charité - Universitätsmedizin Berlin. In seiner preisgekrönten Doktorarbeit untersuchte er kognitive Defizite bei Schizophrenie mittels funktioneller Bildgebung. Nach seiner Approbation als Arzt arbeitete er zunächst wissenschaftlich an der Charite Universitätsmedizin Berlin und dann am Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig. Dort beschäftigte er sich zunehmend mit impulsivem Verhalten, wie es zum Beispiel bei der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS), bei Substanzmissbrauch und bei Essanfällen mit Kontrollverlust auftritt. Es zeigte sich, dass viele dieser Verhaltensweisen ihre Wurzeln in der Kindheit der Betroffenen haben, was Lorenz Deserno in die Kinder- und Jugendpsychiatrie führte. Seine klinische Weiterbildung in Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie begann er 2016 in Leipzig, die er später am Universitätsklinikum Würzburg (UKW) abschloss. Von 2018 bis 2020 vertiefte er am University College London am Max Planck UCL Centre for Computational Psychiatry and Ageing Research seine methodischen Kenntnisse auf dem noch jungen interdisziplinären Gebiet der ‚Computational Psychiatry‘. Im Jahr 2020 nahm Deserno einen Ruf nach Würzburg auf die neu geschaffene W2-Professur für Experimentelle Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie an der Kinder- und Jugendpsychiatrie des UKW an. Deserno hat zwei Kinder (*2019, *2023) für die er jeweils sechs Monate Elternzeit im ersten Lebensjahr nahm.

Text: KL / Wissenschaftskommunikation

Porträtfoto von Lorenz Deserno, der ein dunkles Jacket und blaues Jeanshemd trägt.
Lorenz Deserno, Professor für Experimentelle Neurowissenschaften in der Entwicklungspsychiatrie am Zentrum für Psychische Gesundheit des Uniklinikums Würzburg (UKW) erhielt den Nachwuchsforschungspreis 2025 der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie und der Stiftung Nervenheilkunde. © Daniel Peter / UKW
Vertreter der DGBP und Preisträger stehen auf der Bühne und lächeln für die Fotografen
Prof. Dr. Tilo Kircher (links), Präsident der Deutschen Gesellschaft für Biologische Psychiatrie (DGBP), und Prof. Dr. Jürgen Deckert (rechs), Schatzmeister der DGBP, gratulieren Prof. Dr. Lorenz Deserno zum Nachwuchsforschungspreis 2025. © Jens Wiltfang / Tilo Kircher