Neue Therapien nach einem Schlaganfall

Der Würzburger Zonta-Club hat der Biologin Dr. Friederike Langhauser den mit 1500 Euro dotierten Zonta-Preis für junge Wissenschaftlerinnen verliehen. Ausgezeichnet wurde Langhauser für ihre Arbeiten auf dem Gebiet der experimentellen Schlaganfallforschung.

Alle zwei Minuten erleidet in Deutschland ein Mensch einen Schlaganfall. Blutgefäße, die das Gehirn mit Sauerstoff und anderen lebenswichtigen Dingen versorgen, werden plötzlich von Blutgerinnseln verstopft. Dadurch nimmt das Gehirn Schaden. Selbst wenn die Gerinnsel schnell beseitigt werden, leiden viele Betroffene danach an neurologischen Ausfällen, etwa an schweren Lähmungen oder Sprachstörungen.

Nach einem Schlaganfall ist rasches Handeln geboten

Nach einem Schlaganfall sorgen aber noch weitere Faktoren für Schäden. Das sind vor allem Entzündungsvorgänge im Gehirn und die Ausbildung eines so genannten Hirnödems, also der Austritt von Flüssigkeit aus den geschädigten Blutgefäßen ins Hirngewebe. Dadurch baut sich Druck auf, so dass anfangs gesunde Hirnbereiche ebenfalls in Mitleidenschaft gezogen werden können. Wirksame Therapien gibt es nur wenige, außerdem müssen die wenigen Medikamente, die auf dem Markt sind, innerhalb der ersten viereinhalb Stunden nach einem Schlaganfall eingesetzt werden.

Friederike Langhauser, Nachwuchswissenschaftlerin in der Arbeitsgruppe des Neurologen Professor Christoph Kleinschnitz, forscht deshalb an neuen Ansätzen für eine verbesserte Therapie. Bislang hat sie bereits elf Originalpublikationen veröffentlicht, einige davon als Erstautorin und in so hochrangigen Journalen wie Blood, Nature Medicine oder Stroke. Dafür hat die 36-Jährige jetzt den Zonta-Preis für junge Wissenschaftlerinnen erhalten.

Ein Blutprotein schädigt Nervenzellen

Aktuell stehen die Auswirkungen des Blutproteins Kininogen auf den Krankheitsverlauf nach einem Schlaganfall sowie die Rolle von T-Zellen beim Schlaganfall im Mittelpunkt von Langhausers Arbeiten. Wie die Würzburger Arbeitsgruppe zeigen konnte, schädigt das Blutprotein Kininogen Nervenzellen nach einem Schlaganfall auf mehreren Wegen. Gleichzeitig entdeckte sie, dass bei Mäusen, denen das Gen für Kininogen fehlt, Hirnschäden nach einem Schlaganfall um mehr als zwei Drittel reduziert waren und deutlich weniger neurologische Ausfälle auftraten. Die Wissenschaftler konzentrieren sich deshalb nun darauf, Kininogen nicht nur genetisch, sondern auch pharmakologisch mit Antikörpern zu blockieren.

Die Rolle des Immunsystems

Auch im Fall der T-Zellen machte die Gruppe eine überraschende Entdeckung: Langhauser und ihre Kollegen wiesen nach, dass Mäuse, deren Immunsystem durch einen genetischen Defekt keine regulatorischen T-Helferzellen besitzt, nach einem Schlaganfall weitaus geringe Schädigung des Gehirns aufweisen als normale Mäusen. Dementsprechend entwickeln die Tiere deutlich weniger neurologische Ausfälle. Jetzt prüfen die Wissenschaftler, ob sich die Befunde auf den Menschen übertragen lassen. Ist das der Fall, könnten Schlaganfälle künftig mit Medikamenten behandelt werden, die die regulatorischen T-Zellen beeinflussen.

Zur Person

Friederike Langhauser (Jhg. 1977) hat in Würzburg Biologie mit den Schwerpunkten Biochemie, Mikrobiologie und Zell- und Entwicklungsbiologie studiert. Nach ihrer Diplomarbeit promovierte sie von August 2003 bis Mai 2008 am Lehrstuhl für Zell- und Entwicklungsbiologie der Universität Würzburg. Im Juni 2008 trat sie an der Uniklinik Mannheim in der Abteilung für experimentelle Neurologie eine Postdocstelle an und beschäftigte sich dort unter anderem mit der Entwicklung neuer Strategien zur Therapie von Schlaganfällen. Im Februar 2010 wechselte sie an die Neurologische Klinik des Universitätsklinikums Würzburg in die Arbeitsgruppe von Professor Christoph Kleinschnitz. Friederike Langhauser ist verheiratet und Mutter eines bald zwei Jahre alten Sohnes.

Der Zonta Club


Zonta wurde 1919 in den USA als erste weibliche Service-Organisation gegründet. Heute versteht sich Zonta International als ein weltweiter Zusammenschluss berufstätiger Frauen, die sich zum Dienst am Menschen verpflichtet haben. Ihr Ziel ist es, die Stellung der Frau im rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und beruflichen Bereich zu verbessern.

Der erste deutsche Club entstand 1931 in Hamburg; der Zonta-Club Würzburg feiert in diesem Jahr sein 30-jähriges Jubiläum. Aktuelle Präsidentin ist die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Foroogh Bittkau.