Würzburg. Ende März dieses Jahres verabschiedete sich Prof. Dr. Paul-Gerhardt Schlegel, der langjährige Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Hämatologie, Onkologie und Stammzelltransplantation an der Würzburger Universitäts-Kinderklinik, in den Ruhestand. Im Oktober 2001 wurde der zuvor am Universitätsklinikum Tübingen tätige Mediziner und internationale Preisträger (Jahrgang 1958) auf eine C3-Professur für Stammzelltherapie in der Kinderheilkunde der Würzburger Universitätsmedizin berufen. Im Jahr darauf übernahm er den Gesamtschwerpunkt.
In seinen ersten Jahren am Uniklinikum Würzburg (UKW) setzte sich Prof. Schlegel – zusammen mit vielen Mitstreiterinnen und Mitstreitern – maßgeblich dafür ein, auch die räumlich-strukturellen Voraussetzungen für zeitgemäße Stammzelltransplantationen zu schaffen. Mit Erfolg: Im März 2005 ging auf dem Klinikumscampus an der Josef-Schneider-Straße ein Neubau für die Stammzelltherapie von Kindern und Erwachsenen in Betrieb. „Zusammen mit dem parallel vorangetriebenen Personalaufbau waren ab diesem Zeitpunkt Therapien nach den modernsten Verfahren in Würzburg möglich“, erinnert sich der Professor.
Therapieangebot des Schwerpunkts massiv ausgebaut
In den Folgejahren wurden in seinem Schwerpunkt zahlreiche Stammzelltransplantationsverfahren (weiter-)entwickelt und eingesetzt. Als vollkommen neues zelluläres Produkt kamen in den letzten zwei bis drei Jahren gentechnisch manipulierte, patienteneigene Immunzellen – die sogenannten CAR-T-Zellen – hinzu. „Eine besondere Freude war es mir, dass es uns gelang, die im Jahr 2020 gegründete Arbeitsgruppe ‚CAR-T-Zell-Therapie für pädiatrische refraktäre Malignome‘ mit dem Spezialisten Dr. Ignazio Caruana international zu besetzen“, unterstreicht Prof. Schlegel.
Forschen an der Immunrekonstitution
Neben der Entwicklung neuer Zellprodukte lag einer seiner persönlichen Forschungsschwerpunkte auf der Immunrekonstitution. Dieser Ansatz zielt zum Beispiel bei Autoimmunerkrankungen auf eine temporäre Reduktion bestimmter Immunzellen ab, gefolgt von deren Erholung und Neuausrichtung.
Ergänzend zur Schwerpunktleitung war Prof. Schlegel ab dem Jahr 2008 bis zu seiner Pensionierung im Vorstand des interdisziplinären onkologischen Spitzenzentrums Comprehensive Cancer Center Mainfranken (CCC MF) aktiv. Ab dem Jahr 2018 vertrat er die Pädiatrie im Vorstand der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Hämatopoetische Stammzelltransplantation und Zelluläre Therapie e. V. (DAG-HSZT).
Weiterhin für internationale Kooperationen im Einsatz
In den letzten 15 Jahren setzte sich der renommierte Kinderhämatologe und -onkologe zudem intensiv für die Zusammenarbeit mit pädiatrischen Zentren in Kiev/Ukraine, Sofia/Bulgarien, Yerewan/Armenien und sowie Hanoi/Vietnam ein. Diese internationalen Kooperationen wird er in Zukunft als Seniorprofessor weiter pflegen und vorantreiben – genauso, wie die Weiterentwicklung der CAR-T-Zelltherapie für pädiatrische Malignome. „In der Würzburger Kinderonkologie lautet unsere Vision ‚Kein Kind sollte an Krebs sterben‘. Ich bedanke mich bei allen, die mit mir in den vergangenen knapp 24 Jahren an der Verwirklichung dieses Ziels gearbeitet haben“, fasst Prof. Schlegel zusammen.
Prof. Dr. Matthias Eyrich als neuer Schwerpunktleiter
Seine Nachfolge als Leiter des Schwerpunkts Pädiatrische Hämato-Onkologie, Stammzelltransplantation und Zelltherapie am UKW trat im April dieses Jahres Prof. Dr. Matthias Eyrich an. Prof. Schlegel und Prof. Eyrich hatten sich bereits in den 1990er Jahren an der Universitätskinderklinik Tübingen kennengelernt und in Forschungsprojekten zusammengearbeitet. Matthias Eyrich hatte dort seine Facharztausbildung absolviert und sich an den Universitäten Tübingen und Paris für den Bereich Stammzelltransplantation und Zellprocessing spezialisiert. Im Jahr 2004 rekrutierte ihn Prof. Schlegel für den Aufbau des Stammzelltransplantationsprogrammes am UKW. Zunächst arbeitete er dort als Oberarzt der pädiatrischen Transplantationsstation, später leitete er das GMP-Labor und war in der pädiatrischen Apherese-Einheit sowie für klinische Studien tätig.
Seit 2009 Professor für klinische und experimentelle Zelltherapie
Im Jahr 2007 habilitierte Eyrich an der Uni Würzburg für das Fach Pädiatrie, seit 2009 hat er eine W2-Professur für klinische und experimentelle Zelltherapie am UKW inne. Mit den Chancen und Herausforderungen der pädiatrischen Hämato-Onkologie ist er bestens vertraut. „Mein Anliegen ist es, den Kindern und Jugendlichen mit Krebserkrankungen in Unterfranken die bestmögliche Therapie anzubieten und mit klinischen Studien neue Wege zu beschreiten“, so der neue Schwerpunktleiter.
Zelluläre Therapien auch bei Kinderkrebserkrankungen mit hohem Potenzial
Am UKW entwickelte sich in den letzten Jahren mit den innovativen Zelltherapien ein erfolgreiches Medizin-Cluster, zu dem Prof. Eyrich mit dem GMP-Zelltherapielabor und diversen klinischen Studien maßgeblich beitrug. Er kündigt an: „Das Potenzial zellulärer Therapien ist auch bei Kinderkrebserkrankungen sehr hoch und wir werden dieses Feld konsequent voranbringen.“ Die Voraussetzungen dafür sind nach seiner Einschätzung günstig: Im Herbst dieses Jahres soll der Erweiterungsbau des GMP-Zelltherapielabors im Zentrum für Innere Medizin (ZIM) eröffnet werden. Außerdem konnte Prof. Eyrich kürzlich eine erste deutschlandweite Immuntherapiestudie an Kindern mit Hirntumoren erfolgreich abschließen, eine Folgestudie mit CAR-T-Zellen soll im Jahr 2027 starten.
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Abschied und Preisvergabe bei Jubiläumssymposium
Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des Stammzelltherapie-Zentrums des UKW organisierte die Kinderklinik am 2. Mai dieses Jahres ein international besetztes, wissenschaftliches Symposium. Gleichzeitig diente die Veranstaltung dazu, Prof. Dr. Paul-Gerhardt Schlegel, einen der Hauptinitiatoren der Einrichtung, in den Ruhestand zu verabschieden.
Zu den Höhepunkten des Symposiums zählte ferner die Verleihung eines Preises an Dr. Samvel Danelyan für seine Lebensleistung. Der scheidende Direktor des Yeolyan Hematology/Oncology Center Yerevan hat sich jahrzehntelang für die Belange von Kindern mit Krebserkrankungen in Armenien eingesetzt. Der Preis wurde ihm von der Elfrieda-Albert-Stiftung, einer UKW-nahen Einrichtung für Kinderonkologie, verliehen.
Text: Pressestelle / UKW