Uniklinikum Würzburg: Keine gesicherten Vorteile in der Corona-Therapie durch Ivermectin

Das Uniklinikum Würzburg war an einer systematischen Übersichtsarbeit beteiligt, welche die Effekte von Ivermectin bei der Vorbeugung und Behandlung von Covid-19 untersuchte. Ergebnis: Der Nutzen des Medikaments ist unklar.

Das von der Bundesregierung über das Netzwerk Universitätsmedizin geförderte Projekt CEOsys sammelt die Ergebnisse aus wissenschaftlichen Studien zu den dringendsten Fragen zu Prävention, Behandlung und Folgen von Covid-19, bewertet sie und fasst sie zusammen. CEOsys wird getragen von einem Zusammenschluss von 20 deutschen Universitätsklinika und weiteren außeruniversitären Partnerorganisationen. Im Rahmen dieses Projekts führten Forscher*innen der Klinik für Anästhesiologie des Uniklinikums Würzburg (UKW) in Zusammenarbeit mit Kolleg*innen aus anderen deutschen Universitätsklinika im Rahmen des Nationales Forschungsnetzwerk der Universitätsmedizin zu Covid-19 nun eine systematische Übersichtsarbeit durch. Diese untersuchte die Effekte von Ivermectin auf die Prävention und Behandlung einer Corona-Erkrankung

Interessengruppen für einen Einsatz von Ivermectin bei Corona

Ivermectin ist ein Medikament zur Behandlung von Parasitenerkrankungen bei Mensch und Tier. Im vergangenen Jahr wurde es als potenzieller Wirkstoff gegen Covid-19 vorgeschlagen. Anfängliche Labortests in isolierten Zellen deuteten auf eine schwache Hemmung der Vermehrung von SARS-CoV-2-Viren hin. Allerdings nur in hohen Konzentrationen, die für den Menschen toxisch wären. Zur Überprüfung der Hypothese, ob Ivermectin im Einsatz am Menschen zur Prävention oder Therapie von Corona wirksam ist, wurden klinische Studien durchgeführt. Mehrere kleine Studien schienen große Effekte auf die Sterblichkeit zu zeigen, was dazu führte, dass sich spezielle Interessengruppen für eine weltweite Einführung von Ivermectin einsetzen. 

Cochrane Review fand keine positiven Effekte

Die jetzt durchgeführte Übersichtsarbeit – ein sogenannter Cochrane Review – schloss 14 randomisierte kontrollierte Studien mit insgesamt 1678 Teilnehmer*innen ein. Die Behandlung leichter bis mittelschwerer Corona-Patient*innen wurde in 13 Studien untersucht, in denen Ivermectin mit Placebo oder keiner, über die Standardbehandlung hinausgehender Behandlung, verglichen wurde. Nur eine Studie widmete sich der Prävention einer SARS-CoV-2-Infektion und verglich Ivermectin mit keiner Behandlung. Der Review analysierte die Effekte von Ivermectin auf die Zahl der Todesfälle, ob sich der Zustand des/der Patient*in verschlechterte oder verbesserte sowie unerwünschte Nebenwirkungen der Therapie. Dabei fanden sich keine Hinweise darauf, dass Ivermectin – im Krankenhaus oder ambulant verabreicht – im Vergleich zu Placebo oder einer Standardbehandlung den Zustand der Patient*innen verbessert. Ebenso lassen sich in der Übersichtsarbeit keine Hinweise finden, dass Ivermectin eine SARS-CoV-2-Infektion verhindert oder die Zahl der Todesfälle nach einer Hochrisiko-Exposition reduziert. 

Aktuelle Evidenz rechtfertigt keinen breiten Einsatz von Ivermectin 

„Das Fehlen qualitativ hochwertiger Evidenz zur Wirksamkeit und Sicherheit von Ivermectin ergibt sich aus einem Studienpool, der hauptsächlich aus kleinen randomisierten Studien mit insgesamt eingeschränkter Qualität in Bezug auf Studiendesign, Durchführung und Berichterstattung besteht. Die aktuelle Evidenz rechtfertigt keine Verwendung von Ivermectin zur Behandlung oder Prävention von Corona außerhalb qualitativ hochwertiger randomisierter Studien“, gibt Dr. Stephanie Weibel zu bedenken. Sie und Maria Popp, beide Mitarbeiterinnen der Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie des UKW, sind die Hauptautorinnen des Reviews. Und Paul Garner, koordinierender Editor der Cochrane Infectious Disease Group, kommentierte: „Dies ist ein großartiger Review von einem hocherfahrenen Team. Der Hype um Ivermectin wird durch einige Studien vorangetrieben, in denen die Effektstärke des Medikaments nicht glaubwürdig ist, und dies hat die Schlussfolgerungen in anderen bereits publizierten Reviews beeinflusst. Eine kürzlich erschienene Studie mit starkem positivem Effekt wurde inzwischen sogar als ‚Fake‘ zurückgezogen.“ Dr. Stephanie Weibel und Maria Popp beobachten die Studienlage zu Ivermectin weiterhin. Beide hoffen, dass sie bald durch Ergebnisse zukünftiger Studien die Fragen zur Wirksamkeit von Ivermectin bei Covid-19 in einem Review-Update mit hoher Evidenz beantworten können.

Die Übersichtsarbeit fand keine Hinweise darauf, dass Ivermectin im Vergleich zu Placebo oder einer Standardbehandlung den Zustand der Patient*innen verbessert.

Bild: Tim Göbel / Uniklinikum Würzburg

Pressemitteilung als PDF

Tim Göbel / Uniklinikum Würzburg
Tim Göbel / Uniklinikum Würzburg
Tim Göbel / Uniklinikum Würzburg

Tim Göbel / Uniklinikum Würzburg