Ein viraler Sensor zur geschmacksbasierten Erkennung von Influenza

Grippeviren mit einem Kaugummi oder Lutscher schnell und einfach nachweisen? Wie das funktionieren kann, zeigen Forschende aus Würzburg, Braunschweig und Köln mit einem neuen Diagnostik-Tool.

In der vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt geförderten Studie wird ein Konzept für einen geschmacksbasierten Nachweis von Influenza beschrieben.

Ein Aromastoff (zum Beispiel Thymol) wird an eine leicht veränderte Zuckerverbindung (Sialinsäure) gebunden. Diese Verbindung ist so aufgebaut, dass sie den Aromastoff erst dann freisetzt, wenn das Enzym Neuraminidase des Grippevirus sie spaltet. Durch gezielte chemische Veränderungen, sogenannte O-Methylierungen, wird die Spaltung durch bakterielle Neuraminidasen reduziert. Kommt der Thymol-Zuckerbaustein also mit aktiven Grippeviren in Kontakt, setzen diese ihn frei und es entsteht ein klar erkennbarer Geschmack im Mund.

In Speichelproben aus zwei Grippesaisons wurden Neuraminidase-Aktivitäten gemessen, die eine Geschmacksfreisetzung in der Regel innerhalb von 10 bis 30 Minuten ermöglichten. Molekulare Modellierungen und die Hemmbarkeit durch Oseltamivir stützen die Adressierung des viralen Enzyms, d. h., das virale Enzym wird tatsächlich angesprochen.

Die Studie zeigt demnach, dass das Grundprinzip funktioniert. Wie zuverlässig, sicher und praktisch das Verfahren außerhalb des Labors ist, muss jedoch noch untersucht werden.

Das Prinzip ist übrigens flexibel: Sowohl der Geschmacksträger als auch der Erkennungsbaustein lassen sich anpassen. So kann das System beispielsweise mit süßen, bitteren oder salzigen Geschmacksrichtungen ausgestattet werden, was auch für Kinder geeignet ist. Ebenso lässt es sich auf unterschiedliche Krankheitserreger übertragen.

Somit eröffnet die Methode neue Möglichkeiten für die niederschwellige Diagnostik viraler und bakterieller Infektionen – von Influenza bis hin zu zukünftigen, heute noch unbekannten Erregern.

Zum Würzburger Beitrag: Das Institut für Organische Chemie der Universität Würzburg hat die Synthese des Sensormoleküls mitentwickelt. An der HNO-Klinik des Universitätsklinikums Würzburg (UKW) wurden die klinischen Proben gesammelt, der Gesundheitszustand der Patienten festgestellt und dokumentiert.

Zur Pressemeldung

Martina Raschig, Marcus Gutmann, Josef Kehrein, Eberhard Heller, Michael Bomblies, Marcel Groß, Oskar Steinlein, Peggy Riese, Stephanie Trittel, Tessa Lühmann, Carlos A. Guzmán, Jürgen Seibel, Heinrich Jehle, Christian Linz, Stephan Hackenberg, and Lorenz Meinel. A Viral Neuraminidase-Specific Sensor for Taste-Based Detection of Influenza. ACS Central Science Article ASAP. https://doi.org/10.1021/acscentsci.5c01179

 

 

Drei schwarze Zeichnungen auf gelbem Hintergrund. Man sieht auf der ersten Zeichnung ein Gesicht und eine Hand, die einen Kaugummi in den Mund schiebt, auf der zweiten Grafik eine chemische Formel und auf der dritten, wie sich der Mund bzw. das gesamte Gesicht aufgrund der Geschmacksveränderung verzieht.
So funktioniert der Grippe-Sensor: 1. Eine infizierte oder erkrankte Person kaut einen Kaugummi. 2. Enzyme der Viren setzen die darin enthaltenen Geschmacksstoffe frei. 3. Die Person nimmt die Stoffe wahr und erkennt die Infektion. Bild: Christoph Mett
Die Grafik zeigt, wie der Aromastoff funktioniert und wie der Selbsttest Epidemien weltweit eingedämmt werden können.
Prinzipgrafik des geschmacksbasierten Influenzanachweises: Virale Neuraminidase spaltet eine modifizierte Sialinsäure-Aromastoff-Bindung; der freigesetzte Aromastoff wird sensorisch wahrgenommen (typisch 10–30 Minuten). © Autorenteam, ACS Central Science (2025), Lizenz: CC BY 4.0, doi:10.1021/acscentsci.5c01179.

So funktioniert der Grippe-Sensor: 1. Eine infizierte oder erkrankte Person kaut einen Kaugummi. 2. Enzyme der Viren setzen die darin enthaltenen Geschmacksstoffe frei. 3. Die Person nimmt die Stoffe wahr und erkennt die Infektion. Bild: Christoph Mett

Prinzipgrafik des geschmacksbasierten Influenzanachweises: Virale Neuraminidase spaltet eine modifizierte Sialinsäure-Aromastoff-Bindung; der freigesetzte Aromastoff wird sensorisch wahrgenommen (typisch 10–30 Minuten). © Autorenteam, ACS Central Science (2025), Lizenz: CC BY 4.0, doi:10.1021/acscentsci.5c01179.