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Virtuelle Zwillinge zur Unterstützung von Zelltherapien gegen Krebs

In der Krebsforschung können virtuelle Zwillinge (engl. Virtual Twins, VT) – digitale Abbilder von Patientinnen und Patienten – dabei helfen, Therapieentscheidungen individuell zu treffen und Behandlungen besser anzupassen.

Darstellung, welche Spezifikationen für virtuelle Zwillinge für Zelltherapien wichtig sind
Ein VT unterscheidet sich von bevölkerungsbasierten Modellen durch den bidirektionalen Datenfluss zwischen der realen Instanz und ihrer virtuellen Darstellung. Daten aus den Beobachtungen der realen Instanz (oberes Feld) müssen gesammelt, verarbeitet und aufbereitet werden, um die Parameter der virtuellen Darstellung zu aktualisieren. Dazu gehören Daten aus dem Verlauf des Patienten, dem Verlauf des Produkts sowie deren Interaktion während der Behandlung. Da verschiedene Faktoren auf mehreren biologischen Ebenen (auf Patienten- und Zellproduktebene) den Verlauf des Patienten beeinflussen, ist eine virtuelle Darstellung miteinander verbundener Modelle erforderlich, die den gesamten Prozess der eACI abdecken (unteres Feld). Dies führt zu einem hohen Bedarf an Digitalisierung und der Gewährleistung von Interoperabilität. In der virtuellen Darstellung werden Parameter, die dynamisch aus harmonisierten Realweltdaten abgeleitet werden, die mehrere biologische Ebenen abdecken, in einen sorgfältig zusammengestellten Satz von Modellen eingespeist. Die aktualisierte virtuelle Darstellung kann somit wiederum Entscheidungen ableiten, die Auswirkungen auf die reale Welt haben. KI künstliche Intelligenz, eACI engineered adoptive cellular immunotherapy (technisch entwickelte adaptive zelluläre Immuntherapie), ML maschinelles Lernen, ODEs gewöhnliche Differentialgleichungen, PDEs partielle Differentialgleichungen, SL statistisches Lernen. Die Abbildung wurde von den Autoren mit Canva.com erstellt.

Bisherige VTs berücksichtigen zwar eine Vielzahl biologischer Daten, erfassen jedoch nicht die dynamischen Wechselwirkungen von lebenden Medikamenten, wie sie in der Immuntherapie eingesetzt werden. Auch das Zusammenspiel der Zielzellen über den gesamten Behandlungszeitraum blieb bislang unberücksichtigt.

Ein Forschungsteam hat daher untersucht, welche Spezifikationen für virtuelle Zwillinge speziell für Zelltherapien wichtig sind, um das komplexe Zusammenspiel zwischen den eingesetzten Zellen und dem Körper der Patientinnen und Patienten realistisch abzubilden. Konkret wurden die minimalen Designspezifikationen für VTs für gentechnisch veränderte ACIs skizziert: eACI-VTs. eACI steht für engineered adoptive cellular immunotherapies. Solche Modelle können Ärztinnen und Ärzte bei Therapieentscheidungen unterstützen und dazu beitragen, dass fortschrittliche Behandlungen sicherer und breiter verfügbar werden.

Die Studie wurde im Rahmen des EU-geförderten Projekts CERTAINTY durchgeführt. Das Universitätsklinikum Würzburg ist neben dem Universitätsklinikum Leipzig und der Charité – Universitätsmedizin Berlin einer der drei klinischen Partner, die Daten zur Erstellung des VTs liefern. Das UKW Projektteam in CERTAINTY wird von Dr. Miriam Alb am Lehrstuhl für Zelluläre Immuntherapie geleitet.

Ulrike Weirauch, Markus Kreuz, Colin Birkenbihl, Miriam Alb, Maria Quaranta, Laurence Calzone, Sophia Orozco-Ruiz, Stefanie Binder, Luise Fischer, Solène Clavreul , Morine Maguri, Maximilian Ferle, Michael Rade, Guillaume Azarias, Jay R Hydren, Jakub Jamarik, Daniel Schwarz, Zsolt Sebestyen, Jurgen Kuball, Georg Popp, Chloé Antoine, Manon Knockaert, Clara T Schoeder, David Fandrei, Carmen Sanges, Vaclovas Radvilas, Nico Gagelmann, Markus Rückert, Olaf Penack, Stephan Fricke, Andreas Schmidt, Carol Ward, Carl Steinbeisser, Jean-Marc Van Gyseghem, Anna Niarakis , Laurent Garderet , Michael Hudecek , Thomas Neumuth , Uwe Platzbecker, Ulrike Köhl , Regina Demlova , Andreas Kremer , Stefan Franke , Holger Fröhlich , Maximilian Merz , Kristin Reiche ; Design specifications for biomedical virtual twins in engineered adoptive cellular immunotherapies.CERTAINTY Consortium. Review, NPJ Digit Med. 2025 Aug 1;8(1):493. doi: 10.1038/s41746-025-01809-6 
 

Darstellung, welche Spezifikationen für virtuelle Zwillinge für Zelltherapien wichtig sind
Ein VT unterscheidet sich von bevölkerungsbasierten Modellen durch den bidirektionalen Datenfluss zwischen der realen Instanz und ihrer virtuellen Darstellung. Daten aus den Beobachtungen der realen Instanz (oberes Feld) müssen gesammelt, verarbeitet und aufbereitet werden, um die Parameter der virtuellen Darstellung zu aktualisieren. Dazu gehören Daten aus dem Verlauf des Patienten, dem Verlauf des Produkts sowie deren Interaktion während der Behandlung. Da verschiedene Faktoren auf mehreren biologischen Ebenen (auf Patienten- und Zellproduktebene) den Verlauf des Patienten beeinflussen, ist eine virtuelle Darstellung miteinander verbundener Modelle erforderlich, die den gesamten Prozess der eACI abdecken (unteres Feld). Dies führt zu einem hohen Bedarf an Digitalisierung und der Gewährleistung von Interoperabilität. In der virtuellen Darstellung werden Parameter, die dynamisch aus harmonisierten Realweltdaten abgeleitet werden, die mehrere biologische Ebenen abdecken, in einen sorgfältig zusammengestellten Satz von Modellen eingespeist. Die aktualisierte virtuelle Darstellung kann somit wiederum Entscheidungen ableiten, die Auswirkungen auf die reale Welt haben. KI künstliche Intelligenz, eACI engineered adoptive cellular immunotherapy (technisch entwickelte adaptive zelluläre Immuntherapie), ML maschinelles Lernen, ODEs gewöhnliche Differentialgleichungen, PDEs partielle Differentialgleichungen, SL statistisches Lernen. Die Abbildung wurde von den Autoren mit Canva.com erstellt.
CRS-Map zeigt, welche Prozesse im Körper beim Zytokinfreisetzungssyndrom ablaufen

Das Zytokinfreisetzungssyndrom (engl. cytokine release syndrome; CRS) ist eine potentiell schwerwiegende systemische Entzündungsreaktion, die als Nebenwirkung von bestimmten Krebstherapien auftreten kann.

Grafische Darstellung der fünf immunmodulatorischen Biotherapien, welche CRS induzieren.
Ausschnitte der Cytokine Release Syndrome Map (CRS Map): molekulare auslösende Ereignisse (MIEs) und Schlüsselereignisse (KEs) für fünf Therapien, die zum Cytokine Release Syndrome (CRS) als unerwünschtes Ergebnis führen. (a) CAR-T-Zell-Therapie: Bindung von CAR an Antigen. (b) Checkpoint-Inhibitoren (CPIs): Bindung von CPI an Ziel-T-Zellen und Bildung einer Immunsynapse. (c) T-Zell-Engager (TCEs): Bindung von TCE an Ziel-T-Zellen und Antigen-exprimierende Zellen. (d) Vernetzung und Aktivierung von T-Zellen: Bindung von T-Zell-Agonisten-mAb an T-Zellen. (e) Aktivierung von FcγR-exprimierenden Effektorzellen: Bindung von mAb an eine Antigen-exprimierende Zelle.

Miriam Alb vom Lehrstuhl für Zelluläre Immuntherapie gehörte zum internationalen Forschungsteam, das ein neuartiges Modell entwickelte, um besser zu verstehen, wie CRS entsteht und verläuft. Dafür wurden verschiedene Daten zu den genauen Abläufen auf Molekül- und Zellebene zusammengeführt und in einer interaktiven „CRS Map“ dargestellt.

Konkret wird in dem Modell CRS durch fünf verschiedene immunmodulatorische Biotherapien induziert: chimäre Antigenrezeptor (CAR)-T-Zellen, Checkpoint-Inhibitoren, T-Zell-bindende bispezifische Modalitäten, monoklonale Antikörper, die T-Zell-Rezeptoren ansteuern und aktivieren, und FcγR-aktivierende monoklonale Antikörper. 

Für die umfassende mechanistische Darstellung der CRS-Pathophysiologie wurde ein Adverse Outcome Pathway (AOP)-CRS-Netzwerk für diese Therapien aufgebaut und anschließend eine systembiologische Karte der für das AOP-Netzwerk relevanten molekularen Mechanismen entwickelt. Die Karte der Mechanismen wird über eine eigens entwickelte Online-Plattform bereitgestellt, die der Erforschung und Datenvisualisierung dient. Die Datenbank umfasst 24 Zelltypen, 425 Entitäten und 430 Interaktionen. 

Über eine statische Darstellung hinaus dient die CRS-Karte als dynamisches Werkzeug für klinische und Forschungsanwendungen, mit dem Forscher und Kliniker den Verlauf von CRS im Detail untersuchen, Biomarker identifizieren und potenzielle therapeutische Ziele entdecken können. Die Karte zeigt die Stadien des CRS-Verlaufs und Moleküle, die in relevanten immunotoxikologischen Assays gemessen werden können, sowie potenzielle Wirkstoffziele für therapeutische Interventionen bei CRS.

Alexander Mazein, Oxana Lopata, Kristin Reiche, Katherina Sewald, Miriam Alb, Christina Sakellariou, Patricia Gogesch, Hannah Morgan, Vanessa Neuhaus, Nhu-Nguyen Pham, Charline Sommer, Ethan Perkins, Birgit Fogal, Muhammad Shoaib, Reinhard Schneider, Venkata Satagopam, Marek Ostaszewski. An explorable model of an adverse outcome pathway of cytokine release syndrome related to the administration of immunomodulatory biotherapeutics and cellular therapiesFront Immunol.,. 2025 Aug 8:16:1601670. https://www.frontiersin.org/journals/immunology/articles/10.3389/fimmu.2025.1601670/full 

Grafische Darstellung der fünf immunmodulatorischen Biotherapien, welche CRS induzieren.
Ausschnitte der Cytokine Release Syndrome Map (CRS Map): molekulare auslösende Ereignisse (MIEs) und Schlüsselereignisse (KEs) für fünf Therapien, die zum Cytokine Release Syndrome (CRS) als unerwünschtes Ergebnis führen. (a) CAR-T-Zell-Therapie: Bindung von CAR an Antigen. (b) Checkpoint-Inhibitoren (CPIs): Bindung von CPI an Ziel-T-Zellen und Bildung einer Immunsynapse. (c) T-Zell-Engager (TCEs): Bindung von TCE an Ziel-T-Zellen und Antigen-exprimierende Zellen. (d) Vernetzung und Aktivierung von T-Zellen: Bindung von T-Zell-Agonisten-mAb an T-Zellen. (e) Aktivierung von FcγR-exprimierenden Effektorzellen: Bindung von mAb an eine Antigen-exprimierende Zelle.
CRISPR-basierte T-Zell-Therapien der nächsten Generation: Chancen und Herausforderungen

T-Zellen können umprogrammiert werden, um Krebszellen gezielt zu erkennen und auszuschalten. Derartige T-Zell-Therapien sind wirksam bei Patientinnen und Patienten mit bestimmten hämatologischen Krebserkrankungen.

Hier ist dargestellt, welche Probleme es bei der zellulären Immuntherapie gegen Krebs gibt. Diese Probleme könnte man mit neuen CRISPR 2.0-basierten Gen-Editierungsstrategien angehen.
Schematische Darstellung der größten Herausforderungen der zellulären Immuntherapie in der Onkologie, die jeweils mit neuartigen CRISPR 2.0-basierten Gen-Editierungsstrategien angegangen werden könnten. BCMA, B-Zell-Reifungsantigen; PE, Prime Editing; TALEN, Transkriptionsaktivator-ähnliche Effektor-Nuklease; TCR, T-Zell-Rezeptor; ZFN, Zinkfinger-Nuklease.

Es bestehen jedoch weiterhin Herausforderungen, darunter primäre und sekundäre Resistenzen, eine mangelnde Wirksamkeit bei soliden Tumoren, ein begrenztes Spektrum an ansteuerbaren Antigenen sowie zeitaufwändige und komplexe Herstellungsprozesse.

Die CRISPR-basierte Genomeditierung hat das Potenzial, die Wirksamkeit von T-Zellen gegen Tumoren zu verbessern. Base- und Prime-Editing, das sogenannte CRISPR 2.0, sind leistungsstärker und präziser als konventionelle CRISPR-Techniken. Statt Doppelstrangbrüche in der DNA zu erzeugen, ermöglichen Base- und Prime-Editing eine gezielte und effiziente Umschreibung von Gensequenzen.

In einem Review im Journal Nature Reviews Clinical Oncology beleuchten Forschende vom Uniklinikum Würzburg gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen anderer Forschungseinrichtungen die Herausforderungen als auch die vielversprechenden Chancen, die mit der Anwendung von CRISPR 2.0 in der T-Zell-Therapie einhergehen. 

Sie diskutieren aufkommende CRISPR-2.0-Technologien und deren Fortschritte auf dem Weg zur klinischen Anwendung und beschreiben Strategien für den Einsatz von CRISPR 2.0 zur Weiterentwicklung zellulärer Immuntherapien für hämatologische Malignome und solide Tumoren in der Zukunft.

Karl Petri, Elvira D’Ippolito, Annette Künkele, Ulrike Köhl, Dirk H. Busch, Hermann Einsele & Michael Hudecek. Next-generation T cell immunotherapies engineered with CRISPR base and prime editing: challenges and opportunities. Nat Rev Clin Oncol (2025). https://doi.org/10.1038/s41571-025-01072-4

Hier ist dargestellt, welche Probleme es bei der zellulären Immuntherapie gegen Krebs gibt. Diese Probleme könnte man mit neuen CRISPR 2.0-basierten Gen-Editierungsstrategien angehen.
Schematische Darstellung der größten Herausforderungen der zellulären Immuntherapie in der Onkologie, die jeweils mit neuartigen CRISPR 2.0-basierten Gen-Editierungsstrategien angegangen werden könnten. BCMA, B-Zell-Reifungsantigen; PE, Prime Editing; TALEN, Transkriptionsaktivator-ähnliche Effektor-Nuklease; TCR, T-Zell-Rezeptor; ZFN, Zinkfinger-Nuklease.