paper place Zentrum für Psychische Gesundheit (ZEP)

Angstreaktionen werden durch die Eigenschaften einer virtuellen Figur gemildert

In einer Kooperationsstudie haben die Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik und der Lehrstuhl für Mensch-Computer Interaktion der Universität Würzburg untersucht, wie sich die virtuelle soziale Anwesenheit auf autonome Angstreaktionen auswirkt.

Vier Aufnahmen des virtuellen Raumes mit besetzten Stühlen.
Die Verkörperungen der im Experiment verwendeten virtuellen Figur, v.l.n.r.: Wolke, Holzfigur, weiblich, männlich. Im ersten Versuch wurden die Probandinnen mit einem neutralen Klang konfrontiert, im zweiten Versuch mit einem aversiven Geräusch. © Weiß, Krop et al., Computers in Human Behavior, 2025.

Die Ergebnisse zeigten, dass die Anwesenheit eines virtuellen Charakters die autonome Angstreaktion (hier gemessen mit Hautleitwert) reduzieren kann, die Merkmale des virtuellen Charakters dabei aber eine wichtige Rolle spielen. Angstmindernde Effekte traten bei Anwesenheit eines weiblichen Charakters und bei Anwesenheit einer Holzpuppe mit sozialer Bedeutung auf, konnten aber bei Anwesenheit eines männlichen Charakters nicht beobachtet werden. Diese Erkenntnisse spielen eine wichtige Rolle für die Entwicklung virtueller Interventionen.

Details zur Studie und den Vorgängerstudien finden Sie in der Pressemeldung „Virtuelle Begleiter gegen reale Ängste“.

Martin Weiß, Philipp Krop, Lukas Treml, Elias Neuser, Mario Botsch, Martin J. Herrmann, Marc Erich Latoschik, Grit Hein. The buffering of autonomic fear responses is moderated by the characteristics of a virtual character. Computers in Human Behavior. Volume 168, 2025, 108657, ISSN 0747-5632, https://doi.org/10.1016/j.chb.2025.108657

Zur Pressemeldung

Vier Aufnahmen des virtuellen Raumes mit besetzten Stühlen.
Die Verkörperungen der im Experiment verwendeten virtuellen Figur, v.l.n.r.: Wolke, Holzfigur, weiblich, männlich. Im ersten Versuch wurden die Probandinnen mit einem neutralen Klang konfrontiert, im zweiten Versuch mit einem aversiven Geräusch. © Weiß, Krop et al., Computers in Human Behavior, 2025.
Ein negativer Ruf verringert das Vertrauen trotz vertrauenswürdigen Verhaltens

Zwischenmenschliche Vertrauensentscheidungen werden durch den Ruf einer Person beeinflusst. Es ist jedoch unklar, wie positive oder negative Erwartungen, die nicht zum tatsächlichen Verhalten eines Partners passen, im Verhalten und im Gehirn verarbeitet werden – und wie das unseren Alltag beeinflusst.

In dieser zweiteiligen Studie spielten 54 Teilnehmende ein Vertrauenspiel mit vier anonymen Partnern, die entweder als „kooperativ“ oder „individualistisch“ vorgestellt wurden – während ihre Hirnaktivität (EEG) gemessen wurde. Das Verhalten der Partner entsprach dann entweder ihrer vorherigen Beschreibung oder widersprach ihr. Anschließend wurde über drei Tage hinweg das alltägliche Vertrauen der Teilnehmenden im realen Leben erfasst.

Die Ergebnisse zeigten, dass negative Vorurteile zu weniger Vertrauen führten, selbst wenn sich die Person kooperativ verhielt. Positive Erwartungen blieben stabil, sofern sie bestätigt wurden – wenn nicht, sank das Vertrauen. Auch in einzelnen Durchgängen zeigte sich: Wer einen schlechten Ruf hatte, dem wurde selbst nach gutem Verhalten weiterhin weniger vertraut – dies spiegelte sich auch in geringerer Hirnaktivität (fronto-laterale Theta-Wellen) wider. Die individuellen Labormaße standen mit den Vertrauensentscheidungen in der realen Welt in Verbindung.

Kilian Stenzel, Martin Weiß, Grit Hein. A Negative Reputation Reduces Trust Despite Trustworthy Behavior. Psychophysiology. Volume 62, Issue 8. 2025. https://doi.org/10.1111/psyp.70102

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Panikstörungen greifen tiefer ins Gehirn ein als soziale Angststörungen

Angststörungen betreffen die Art und Weise, wie verschiedene Hirnregionen miteinander „kommunizieren“. Bislang war aber unklar, ob und wie sich diese Veränderungen zwischen den verschiedenen Arten von Angststörungen unterscheiden.

Gehirn mit erhöhter Konnektivität in Rot und verringerter Konnektivität in Blau im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe und Konnektomringe mit erhöhter Konnektivität in Rot und verringerter Konnektivität in Blau im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe

Eine groß angelegte deutsche Studie mit 439 Patientinnen und Patienten sowie 105 gesunden Kontrollpersonen hat mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (rsfMRI) untersucht, wie sich verschiedene Angststörungen auf die funktionelle Konnektivität im Gehirn auswirken.

Die Forschenden stellten fest, dass insbesondere Patientinnen und Patienten mit Panikstörung (PD) und/oder Agoraphobie (AG) deutliche Veränderungen in der Verbindung zwischen Hirnregionen des Abwehrsystems und präfrontalen Regulationsbereichen aufwiesen. Diese Veränderungen betrafen vor allem subkortikale-kortikale Netzwerke. Das heißt: Zwischen Angstzentren wie der Amygdala und Insula und dem Thalamus findet mehr Kommunikation statt, während die Verbindung zwischen Hirnregionen, die Angst kontrollieren sollen, reduziert ist. 

Im Gegensatz dazu zeigten Patientinnen und Patienten mit sozialer Angststörung (SD) nur geringfügige Veränderungen, speziell zwischen der Insula und dem orbitofrontalen Kortex – beide spielen eine Rolle bei der Bewertung von sozialer Bedrohung. 

Bei spezifischen Phobien (SP) wurden keine signifikanten Unterschiede zur Kontrollgruppe gefunden. 

Die Studie unterstreicht die Bedeutung krankheitsspezifischer neurologischer Muster als Grundlage für personalisierte Behandlungsansätze bei Angststörungen.

Langhammer, T., Hilbert, K., Adolph, D. et al. Resting-state functional connectivity in anxiety disorders: a multicenter fMRI study. Mol Psychiatry 30, 1548–1557 (2025). https://doi.org/10.1038/s41380-024-02768-2

Zur Publikation bei PubMed

Gehirn mit erhöhter Konnektivität in Rot und verringerter Konnektivität in Blau im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe und Konnektomringe mit erhöhter Konnektivität in Rot und verringerter Konnektivität in Blau im Vergleich zur gesunden Kontrollgruppe