Forschungsgruppe "Neuronale Signalwege von Schmerz und Juckreiz beim Menschen"
Unter der Leitung von apl. Prof. Dr. med. Barbara Namer

In experimentellen Ansätzen und Computermodellen untersuchen wir die Funktion und Fehlfunktion dünner Nervenfasern, sogenannter Nozizeptoren oder Prurizeptoren, im Hinblick auf Schmerz und Juckempfindung beim Menschen. Wir schlagen eine Brücke sowohl zwischen Grundlagenforschung und klinischer Versorgung als auch zwischen Nervenfasern im Gewebe und der Verarbeitung von Nervensignalen im Gehirn und den Empfindungen von Schmerz und Jucken.
Unsere Forschungsschwerpunkte sind
Wie vermitteln sensorische Nervenfasern die individuelle Wahrnehmung von Schmerz und Juckreiz?
Sehr dünne und langsam leitende Nervenfasern, so genannte C-Fasern, ziehen zur n die Haut, tiefer liegenden Strukturen wie Muskeln sowie innere Organe und leiten Signale von dort, die durch verschiedene Reize wie Hitze entstehen zum Rückenmark. Im Rückenmarkt werden die Signale verarbeitet und an das Gehirn weitergeleitet. Diese dünnen Nervenfasern werden Nozizeptoren oder Prurizeptoren genannt. Nozizeptoren werden durch Reize aktiviert, die den Körper schädigen können und die als Schmerz oder Juckreiz empfunden werden können. Wir erforschen, welche Nervenfasern zur Schmerz- oder Juckempfindung beitragen und welche Signalmuster zu welcher Empfindung führen. Wir verwenden die Technik der Mikroneurographie (siehe unten), um am wachen Menschen Signale einzelner Nervenfasern im Gewebe aufzuzeichnen.
Eigenschaften und funktionelle Rolle verschiedener Nervenfaserklassen beim menschlichen Schmerzempfinden
Beim Menschen spielen zwei verschiedene Klassen dünner Nervenfasern völlig unterschiedliche Rollen bei der Schmerz- und Juckempfindung:
- Mechano-sensitive Nervenfasern signalisieren räumliche und zeitliche Aspekte von akutem Schmerz/Juckreiz und warnenvor schädlichen Reizen , die von außen auf den Körper einwirken. Sie werden nach der Warnung wieder abgeschaltet.
- Mechano-insensitive Nervenfasern scheinen hingegen ein langfristiges Warnsystem darzustellen, das noch aktiver wird, sobald chemische Substanzen im Spiel sind, die bereits in den Körper gelangt sind oder vom Körper selbst produziert werden.
Beide Nervenfasergruppen reagieren unterschiedlich auf Schädigung. Wir erforschen die Eigenschaften dieser Nervenfasern, um Erkenntnisse für das Verständnis von chronischem Juckreiz und Schmerz sowie deren Diagnose und Behandlung zu gewinnen.
Veränderte Funktion von dünnen Nervenfasern bei neuropathischem Schmerz
Neuropathische Schmerzen sind Schmerzen, die durch eine Schädigung des sensorischen Nervensystems verursacht werden, wie zum Beispiel bei diabetischer Polyneuropathie oder der sogenannten „Dünne-Faser-Neuropathie“. Die „Dünne Faser-Neuropathie“ (small fiber neuropathie, SFN) ist eine Erkrankung, die durch die Degeneration und Dysfunktion peripherer dünner, nicht myelinisierter Nervenfasern, so genannter Aδ- bzw. C-Fasern, gekennzeichnet ist.
Wir untersuchen Patientinnen und Patienten mit neuropathischen Schmerzen ausgelöst durch SFN, Diabetes oder genetischen Veränderungen, um herauszufinden, wie diese dünnen peripheren Nervenfasern zu den Symptomen von Über- und Unterfunktion beitragen (im Sinne von verminderter Sensibilität und Dauerschmerz). Mit der Technik der Mikroneurographie ist es uns möglich, Funktionsstörungen einzelner dünner Nervenfasern nachzuweisen. Wir untersuchen die Eigenschaften der überaktiven Nervenfasern bei Patientinnen und Patienten mit neuropathischen Schmerzen, um mögliche Angriffspunkte für die Behandlung anhaltender spontaner neuropathischer Schmerzen zu identifizieren.
Dysfunktion peripherer sensorischer Nervenfasern chronischem Juckreiz
Wohl jeder Mensch weiß, wie quälend und unangenehm akuter Juckreiz sein kann. Wenn die Juckempfindung chronisch wird, ist die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigt. Zudem ist Jucken als Erkrankung, etwa im Vergleich zum Schmerz, gesellschaftlich wenig akzeptiert, weil Jucken und Kratzen oft mit Ungepflegtheit oder Parasitenbefall assoziiert werden. In Deutschland sind etwa 13 Prozent der Erwachsenen von chronischem Juckreiz betroffen, und bis heute fehlen wirksame Therapien.
Wir untersuchen bei Patientinnen und Patienten mit chronischem Juckreiz periphere sensorische Nervenfasern, deren Dysfunktion zum chronischen Juckreiz beiträgt. Diese Daten ermöglichen es, übergreifende ursachenspezifische Mechanismen des chronischen Juckens zu erkennen und durch das Verständnis zu neuen Therapien zu gelangen.
Mikroneurographie
Die Kernkompetenz dieser Gruppe liegt in der Aufnahme von Signalen einzelner Nervenfasern am wachen Menschen (Mikroneurographie). Um die sehr kleinen Nervensignale dünner Nervenfasern aufzuzeichnen, wird eine Mikroelektrode in einen peripheren sensorischen Nerv eingeführt (siehe Abbildung 1), sodass die Signale der benachbarten dünnen Nervenfasern (sogenannte C-Fasern) aufgezeichnet werden können. Parallel zu den Aufzeichnungen kann die individuelle Wahrnehmung der Versuchsperson abgefragt werden.
Diese technisch anspruchsvolle Methode wird in wenigen Labors weltweit zur Erforschung von Schmerz und Juckreiz eingesetzt. In Deutschland wird diese Technik nur in Würzburg und Erlangen durchgeführt. Es ist die einzige Technik, die Erkenntnisse über Funktion und Fehlfunktion einzelner Nervenfasern beim Menschen, einschließlich Schmerz- und Juckreizpatienten, in Echtzeit und in Bezug auf die individuelle Wahrnehmung liefern kann.

Ergänzend zur Mikroneurographie arbeiten wir mit verschiedenen detaillierten psychophysischen Untersuchungstechniken, Laser-Doppler- und Speckle-Bildgebung sowie computergestützter Modellierung der axonalen Erregungsleitung. Zur Beurteilung der prinzipiellen Eigenschaften sensorischer C-Fasern arbeiten wir mit in vitro-Ansätzen in menschlichem und tierischem Gewebe mit Ableitungen von Summenaktionspotentialen, und Veränderungen des mittleren Membranpotentials mittels der “grease-gap”-Technik sowie Ableitungen einzelner Nervenfasern in Hautnervenpräparaten.
Team der Forschungsgruppe
PhD student
Alina Troglio, Computer science
Cand. med.
Sofie Kanno
Pauline Koniarczyk
Andreas Zapf
Cand. dent. med.
Arianne Steder
Kontakt, Öffnungszeiten, Sprechzeiten
Öffnungszeiten
Schmerzambulanz
Montag bis Donnerstag
07:30 Uhr bis 15:00 Uhr
Freitag
07:30 Uhr bis 13:00 Uhr
Tagesklinik
Montag bis Freitag
08:00 Uhr bis 15:00 Uhr
Telefon
Schmerzambulanz
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+49 931 201-30200
Schmerztagesklinik
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Anschrift
Schmerztagesklinik und Schmerzambulanz des Zentrums für interdisziplinäre Schmerzmedizin Würzburg | Straubmühlweg 2a | Haus A9 | 97078 Würzburg | Deutschland