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Tarlatamab bei kleinzelligem Lungenkrebs wirkt nicht nur gegen Krebs sondern auch positiv auf Lebensqualität

In der Phase-2-Studie DeLLphi-301 wurde das Medikament Tarlatamab bei Patientinnen und Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs (SCLC), die bereits andere Therapien erhalten hatten, untersucht.

Porträt von Horst-Dieter Hummel - der Arzt und Wissenschaftler trägt weißen Kittel über einem grauen Hemd, braune Brille und Bart.
Horst-Dieter Hummel ist Erstautor der Studie, die einmal mehr zeigt, welch große Bedeutung die Entwicklung des Antikörpers Tarlatamab für die betroffenen Patienten eine sehr große Bedeutung.

Die Ergebnisse zeigten, dass Tarlatamab eine anhaltende Wirksamkeit erzielte und vielversprechende Überlebensraten erreichte. Die Lebensqualität der Teilnehmenden blieb während der Behandlung stabil oder verbesserte sich sogar leicht, insbesondere was das allgemeine Wohlbefinden und die Atemnot betrifft. Symptome wie Husten und Brustschmerzen verschlechterten sich nicht, sondern blieben weitgehend stabil. Die Nebenwirkungen waren überwiegend mild bis mäßig und traten nur selten oder gelegentlich auf. Die meisten Patientinnen und Patienten gaben an, sich kaum oder nur wenig durch die Nebenwirkungen beeinträchtigt zu fühlen. Insgesamt zeigte Tarlatamab somit ein günstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis: Es wirkte gegen den Krebs, unterstützte die Erhaltung der Lebensqualität und war gut verträglich.

Horst-Dieter Hummel, Myung-Ju Ahn, Fiona Blackhall, Martin Reck, Hiroaki Akamatsu, Suresh S. Ramalingam, Hossein Borghaei, Melissa Johnson, Franziska Dirnberger, Kim Cocks, Shuang Huang, Sujoy Mukherjee & Luis Paz-AresPatient-Reported Outcomes for Patients with Previously Treated Small Cell Lung Cancer Receiving Tarlatamab: Results from the DeLLphi-301 Phase 2 Trial. Adv Ther 42, 1950–1964 (2025). https://doi.org/10.1007/s12325-025-03136-4 

Porträt von Horst-Dieter Hummel - der Arzt und Wissenschaftler trägt weißen Kittel über einem grauen Hemd, braune Brille und Bart.
Horst-Dieter Hummel ist Erstautor der Studie, die einmal mehr zeigt, welch große Bedeutung die Entwicklung des Antikörpers Tarlatamab für die betroffenen Patienten eine sehr große Bedeutung.
Tarlatamab bei kleinzelligem Lungenkrebs nach platinbasierter Chemotherapie

Tarlatamab ist eine neuartige Immuntherapie zur Behandlung von kleinzelligem Lungenkrebs. Sie wurde besonders schnell zugelassen und kann bei Patienten eingesetzt werden, die bereits andere Behandlungen erhalten haben.

Screenshots vom Video auf dunkelgrünem Hintergrund: Tarlatamab versus Chemotherapie und auf anderem Bild die grafische Darstellung der Verabreichung von Tarlatamab bei Person mit Lungenkrebs.
Screenshots vom Video, das die Studie (Mountzios et al. 2025 N Engl J Med) zusammenfasst: Für Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs, der nach einer Platin-Chemotherapie erneut auftritt, stehen nur wenige wirksame Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine neue Phase-3-Studie zeigt, dass sich mit dem delta-ähnlichen Liganden Tarlatamab, einem T-Zell-Engager, der sich gegen den Rezeptor CD3 richtet, die Überlebensrate und Symptomkontrolle verbessern lassen.

Ob Tarlatamab bei Patienten, bei denen der kleinzellige Lungenkrebs (SCLC) während oder nach einer ersten platinbasierten Chemotherapie fortgeschritten ist, wirksamer ist als eine Chemotherapie, war bislang nicht bekannt.

In einer internationalen Studie mit Würzburger Beteiligung wurde Tarlatamab nun mit einer Chemotherapie verglichen. Insgesamt wurden 509 Patienten randomisiert und erhielten entweder Tarlatamab (254 Patienten) oder eine Chemotherapie (255 Patienten). Die Behandlung mit Tarlatamab führte dazu, dass die Patientinnen und Patienten im Durchschnitt länger lebten als diejenigen, die eine Chemotherapie erhielten – im Mittel 13,6 Monate gegenüber 8,3 Monaten. Auch das progressionsfreie Überleben (also die Zeit, in der der Krebs nicht weiterwuchs) war unter Tarlatamab deutlich länger. Zudem besserten sich Atemnot und Husten, die häufig durch den Krebs verursacht werden, unter Tarlatamab stärker als unter Chemotherapie. Darüber hinaus traten bei der Behandlung mit Tarlatamab weniger schwere Nebenwirkungen auf (54 % gegenüber 80 % unter Chemotherapie). Auch mussten weniger Patientinnen und Patienten die Behandlung wegen Nebenwirkungen abbrechen (5 % gegenüber 12 %).

Horst-Dieter Hummel resümiert: „Unsere Arbeit zeigt, dass der Einsatz von Tarlatamab im ersten Rezidiv bei Patienten mit SCLC zu einem verlängerten Gesamtüberleben im Vergleich zur Standardchemotherapie führt.“

Mountzios G, Sun L, Cho BC, Demirci U, Baka S, Gümüş M, Lugini A, Zhu B, Yu Y, Korantzis I, Han JY, Ciuleanu TE, Ahn MJ, Rocha P, Mazières J, Lau SCM, Schuler M, Blackhall F, Yoshida T, Owonikoko TK, Paz-Ares L, Jiang T, Hamidi A, Gauto D, Recondo G, Rudin CM; DeLLphi-304 Investigators. Tarlatamab in Small-Cell Lung Cancer after Platinum-Based Chemotherapy. N Engl J Med. 2025 Jul 24;393(4):349-361. doi: 10.1056/NEJMoa2502099

Screenshots vom Video auf dunkelgrünem Hintergrund: Tarlatamab versus Chemotherapie und auf anderem Bild die grafische Darstellung der Verabreichung von Tarlatamab bei Person mit Lungenkrebs.
Screenshots vom Video, das die Studie (Mountzios et al. 2025 N Engl J Med) zusammenfasst: Für Patienten mit kleinzelligem Lungenkrebs, der nach einer Platin-Chemotherapie erneut auftritt, stehen nur wenige wirksame Behandlungsmöglichkeiten zur Verfügung. Eine neue Phase-3-Studie zeigt, dass sich mit dem delta-ähnlichen Liganden Tarlatamab, einem T-Zell-Engager, der sich gegen den Rezeptor CD3 richtet, die Überlebensrate und Symptomkontrolle verbessern lassen.
Nicht jede Genveränderung ist ein schlechtes Omen

„Manche Fälle bleiben im Gedächtnis und lehren uns, nicht nur auf Zahlen und Lehrbuchmeinungen zu schauen“, sagt PD Dr. Vivek Venkataramani. Der Onkologe bezieht sich dabei auf einen Fall im Molekularen Tumorboard.

Bild drei Wissenschaftler im weißen Kittel im Gang vom Zentrum für innere und operative Medizin
Aufgrund eines Einzelfalls im Molekularen Tumorboard analysierten Dr. Horst-Dieter Hummel, Jonas Kulhavy und PD Dr. Vivek Venkataramani (v.l.n.r.) die genetischen Daten von 1.804 Patientinnen und Patienten mit NSCLC am UKW.

Dort wurde ein Patient mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs vorgestellt, der zusätzlich zur bereits bekannten, behandelbaren Mutation des EGFR-Gens eine CTNNB1-Mutation (β-Catenin) aufwies. Diese CTNNB1-Mutation wurde bisher eher mit schlechteren Krankheitsverläufen in Verbindung gebracht. Überraschenderweise blieb der Patient unter seiner laufenden Therapie über einen langen Zeitraum stabil. Gemeinsam mit Dr. Horst-Dieter Hummel, dem Leiter des Würzburger Standorts im nationalen Netzwerk Genomische Medizin (nNGM), und Jonas Kulhavy, einem Naturwissenschaftler im nNGM-Team, ging Vivek Venkataramani dieser Beobachtung systematisch nach. Die Ergebnisse ihrer Analyse wurde im Journal of Clinical Oncology (JCO) Precision Oncology, einer der führenden internationalen Fachzeitschriften für personalisierte Krebsmedizin, veröffentlicht.

Nicht-kleinzelliger Lungenkrebs (englisch non-small cell lung cancer, NSCLC) ist die häufigste Form von Lungenkrebs. Etwa 80–85 % aller Lungenkrebsfälle gehören zu dieser Gruppe. Eine der bekanntesten genetischen Veränderungen beim NSCLC ist die sogenannte EGFR-Mutation. EGFR steht für „Epidermal Growth Factor Receptor“ und wirkt wie ein Gaspedal für das Zellwachstum. Es wird normalerweise nur dann betätigt, wenn neue Zellen benötigt werden, beispielsweise bei der Wundheilung. Durch die Mutation ist das Pedal jedoch dauerhaft „durchgedrückt“, sodass sich Zellen unkontrolliert vermehren und das Krebswachstum beschleunigt wird. Weil dieser sogenannte onkogene Treiber so klar identifizierbar ist, gibt es moderne Medikamente, die gezielt eingreifen und das Wachstum bremsen.

Kommt jedoch eine weitere Mutation des β-Catenin-Gens (CTNNB1), das das Zellwachstum steuert, hinzu, galt das bislang als schlechtes Omen. Viele Fachleute nahmen an, dass zwei aktivierte Wachstumsmotoren den Tumor aggressiver und schwerer behandelbar machen. Die neue Analyse zeigt jedoch das Gegenteil: Gerade dieses Zusammenspiel scheint die Wirkung der EGFR-gerichteten Medikamente zu verstärken und sorgt dafür, dass Betroffene eine günstigere Prognose haben.

Vivek Venkataramani, Horst Hummel und Jonas Kulhavy, der Erstautor der Studie, analysierten zunächst die genetischen Daten von 1.804 Patientinnen und Patienten mit NSCLC am UKW. Dabei identifizierten sie 15 weitere Betroffene mit der gleichen Doppelmutation. „Die Konstellation war zwar selten, aber die klinische Beobachtung zu auffällig, um sie zu ignorieren“, betont Hummel. Da die Zahl der Fälle in Würzburg allein nicht ausreichte, wurde die Thoraxklinik Heidelberg hinzugezogen, ein Partnerstandort im nNGM-Verbund unter der Leitung von Prof. Dr. Petros Christopoulos. Dort wurden elf weitere Fälle identifiziert. Durch die Zusammenführung der Daten entstand die weltweit größte dokumentierte Fallserie zu dieser Mutationskonstellation beim nicht-kleinzelligen Lungenkrebs.

Die Ergebnisse sind eindeutig: Menschen mit NSCLC und beiden Genveränderungen lebten nicht nur länger, sondern ihre Krankheit blieb auch deutlich länger stabil. Im Durchschnitt vergingen fast vier Jahre (44,5 Monate), bis die Erkrankung erneut fortschritt – mehr als doppelt so lange wie bei Patientinnen und Patienten mit nur einer EGFR-Mutation (15,2 Monate). Auch die Lebenserwartung war deutlich erhöht: Während die mittlere Überlebenszeit in der Vergleichsgruppe bei gut zwei Jahren (24,5 Monate) lag, war sie in der CTNNB1-Gruppe zum Zeitpunkt der Analyse noch nicht erreicht– ein starkes Zeichen für einen anhaltenden Behandlungserfolg. Selbst nach Berücksichtigung anderer Faktoren wie Alter, Immunstatus oder zusätzlicher Genveränderungen blieb dieser Überlebensvorteil bestehen. Weitere molekulare Analysen untermauern das Bild einer biologisch günstigeren Tumorform: Tumoren mit dieser Doppelmutation wiesen seltener zusätzliche Risikofaktoren wie TP53-Mutationen oder MET-Amplifikationen auf, die häufig mit einem aggressiveren Verlauf und Therapieresistenz verbunden sind. TP53-Mutationen sind Fehler im Wächter-Gen, das normalerweise Krebszellen stoppt, bei MET-Amplifikationen handelt es sich um zu viele Kopien eines anderen Wachstumsrezeptors. 

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass nicht jede zusätzliche Genveränderung ein schlechtes Omen ist“, so Venkataramani. „Gerade diese Doppelmutation könnte künftig helfen, das Risiko von Patientinnen und Patienten genauer einzuschätzen und Behandlungen noch individueller zu gestalten. Das zeigt, wie wichtig molekulare Tumorboards sind, um solche Muster zu erkennen und gezielt zu nutzen.“

Die Forschenden weisen jedoch darauf hin, dass es sich um eine rückblickende Analyse handelt. „Unsere Daten liefern eine starke Hypothese“, so Kulhavy. „Jetzt müssen größere, vorausschauende Studien zeigen, ob sich diese Erkenntnisse auch in anderen Patientengruppen bestätigen lassen.“ 

Jonas Kulhavy, Katja Maurus, Miriam Blasi, Stephanie Brändlein, Simone Reu-Hofer, Julia Doll, Julia Böck, Albrecht Stenzinger, Daniel Kazdal, Jan Budczies, Valeria Roll, Volker Kunzmann, Elena Gerhard-Hartmann, Andreas Rosenwald, Ralf Bargou, Maria-Elisabeth Goebeler, Jens Kern, Pius Jung , Markus Krebs, Manik Chatterjee, Petros Christopoulos, Vivek Venkataramani, Horst-Dieter Hummel. Impact of Baseline β-Catenin Comutations on Prognosis in EGFR-Mutant Lung Cancer. JCO Precis Oncol 9, e2400771(2025). https://doi.org/10.1200/PO-24-00771

Bild drei Wissenschaftler im weißen Kittel im Gang vom Zentrum für innere und operative Medizin
Aufgrund eines Einzelfalls im Molekularen Tumorboard analysierten Dr. Horst-Dieter Hummel, Jonas Kulhavy und PD Dr. Vivek Venkataramani (v.l.n.r.) die genetischen Daten von 1.804 Patientinnen und Patienten mit NSCLC am UKW.
Neue Immuntherapie zeigt Wirkung bei fortgeschrittenem Krebs

Bei vielen Krebsarten finden sich sogenannte tumorassoziierte Eiweiße wie PRAME nicht auf der Oberfläche, sondern im Inneren der Krebszellen. Deshalb waren sie bisher für zelluläre Immuntherapien nicht zu erreichen. IMA203 ist eine neue T-Zell-Therapie, bei der patienteneigene T-Zellen einen gentechnisch veränderten T-Zell-Rezeptor erhalten, so dass sie das über HLA-A*02 präsentierte PRAME erkennen und PRAME-positive Tumorzellen gezielt eliminieren können.

Porträt vom Arzt in weißem Kittel
Dr. Manik Chatterjee vom Comprehensive Cancer Center Mainfranken leitete die First-in-Human Studie in der Early Clinical Trial Unit des UKW.

In einer in Nature Medicine publizierten klinischen Studie, konnte jetzt bei guter Verträglichkeit eine klinische Wirksamkeit von IMA203 bei Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Krebserkrankung gezeigt werden.

Diese First-in-Human Studie wurde in der Early Clinical Trial Unit des UKW unter der Leitung von Dr. Manik Chatterjee durchgeführt, einige der Patientinnen und Patienten profitierten mit einem deutlichen Therapieerfolg.

Wermke, M., Araurjo, D.M., Chatterjee, M. et al. Autologous T cell therapy for PRAME+ advanced solid tumors in HLA-A*02+ patients: a phase 1 trial. Nat Med (2025). https://doi.org/10.1038/s41591-025-03650-6

Zur Publikation bei PubMed

Porträt vom Arzt in weißem Kittel
Dr. Manik Chatterjee vom Comprehensive Cancer Center Mainfranken leitete die First-in-Human Studie in der Early Clinical Trial Unit des UKW.
Smartwatch als früher Wegweiser in Krebstherapie

Vivek Venkataramani, Barbara Deschler-Baier und Markus Krebs haben mit einem Team des Comprehensive Cancer Center Mainfranken (CCC MF) im Journal npj Precision Oncology einen Fallbericht veröffentlicht, der in mehrfacher Hinsicht besonders ist.

Privatdozent Dr. Vivek Venkataramani ist Arzt für das Molekulare Tumorboard im Zentrum für Personalisierte Medizin des Uniklinikums Würzburg. © Jonas Hahn / Vivek Venkataramani
Durch den Einsatz modernster Molekulardiagnostik und personalisierter Krebstherapie konnte ein 56-jähriger Patient mit einem seltenen Bauchspeicheldrüsenkrebs schnelle Fortschritte erzielen. Die Smartwatch spielte dabei eine entscheidende Rolle © Alankreeta Bharali / Vivek Venkataramani

Die Publikation zeigt nicht nur die mögliche Wirksamkeit präzisionsonkologischer Behandlungen, sondern auch das medizinisch hilfreiche Potenzial digitaler Instrumente wie Smartwatches. Diese so genannten Wearables könnten die Überwachung von Krebsbehandlungen positiv beeinflussen und so eine schnelle Anpassung der Therapie ermöglichen.

Ein 56-jähriger Patient litt an einer seltenen Form von Bauchspeicheldrüsenkrebs. Drei Chemotherapien brachten keinen Erfolg, wie radiologische Bildgebung und Blutuntersuchungen aber auch seine Smartwatch zeigten. Jeder Therapiewechsel ging mit einer Abnahme der Schrittzahl einher, was den zunehmenden Einfluss der Krankheit und der Nebenwirkungen der Behandlung widerspiegelte.

Mit Hilfe einer molekulargenetischen Untersuchung konnte das Team unseres Molekularen Tumorboards eine Veränderung im Erbgut der Tumorzellen nachweisen. Diese sogenannte RET-Gen-Fusion stimuliert das Wachstum der Tumorzellen. Seit 2024 ist der RET-Inhibitor Selpercatinib von der Europäischen Arzneimittelagentur als Monotherapie für Patientinnen und Patienten mit entsprechend genetisch veränderten Tumoren zugelassen. Die Zulassung basiert auf den Ergebnissen der laufenden Phase-I/II-Studie LIBRETTO-001, an der auch das Comprehensive Cancer Center MF beteiligt ist. Und eben in diese Studie konnte der Patient erfolgreich eingeschlossen werden.

Bereits wenige Tage nach Beginn der Therapie spürte der Patient eine deutliche Besserung. Die tastbaren Lymphknoten und Weichteilmetastasen waren geschrumpft, er benötigte weniger Morphium und keine Gehhilfe mehr. Das Monitoring mit der Smartwatch unterstrich den Einfluss von Selpercatinib auf die deutlich verbesserte Lebensqualität und bestätigte die Wirksamkeit der Therapie durch verbesserte körperliche Leistungsindikatoren. Die Messung der Schrittzahl und der Herzfrequenz lieferte einen Echtzeit-Einblick in das Aktivitätsniveau und die physiologischen Reaktionen des Patienten. Diese frühzeitige Erkennung von Verbesserungen ermöglichte eine präzise Anpassung der Therapie, noch bevor herkömmliche Tests Veränderungen zeigten. Ein beeindruckendes Beispiel für die Zukunft der personalisierten Medizin.

 

Barbara Deschler-Baier*, Markus Krebs*, Matthias Kroiss, Manik Chatterjee, Daniel Gundel, Christian Kestler, Alexander Kerscher, Volker Kunzmann, Silke Appenzeller, Katja Maurus, Andreas Rosenwald, Ralf Bargou, Elena Gerhard-Hartmann & Vivek Venkataramani. Rapid response to selpercatinib in RET fusion positive pancreatic neuroendocrine carcinoma confirmed by smartwatch. npj Precision Oncology 8, 167 (2024). doi:10.1038/s41698-024-00659-x
* geteilte Erstautorenschaft 

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Neue zielgerichtete Immuntherapie des kleinzelligen Bronchialkarzinoms

Das kleinzellige Bronchialkarzinom (SCLC für Small Cell Lung Cancer) ist eine besonders aggressive Form von Lungenkrebs.

Als bispezifischer Antikörper verbindet Tarlatamab die T-Zellen als Abwehrzellen mit der Tumorzelle als Ziel. Tarlatamab richtet sich gegen das tumorassoziierte Antigen (TAA), wie zum Beispiel das Protein Delta-like Ligand 3 (DLL3), das auf SCLC-Zellen überexprimiert wird und bindet gleichzeitig an das CD3-Protein auf der Oberfläche der T-Zellen, das für die Aktivierung und Signalübertragung der T-Zellen notwendig ist. © M.-E. Goebeler & A. Wenzl / UKW
Dr. Horst-Dieter Hummel, Clinician Scientist in der Early Clinical Trial Unit (ECTU) am Interdisziplinären Studienzentrum (ISZ) des CCC Mainfranken, hat gemeinsam mit Afshin Dowlati die Erstautorenschaft zum DeLLphi-300 Trial Update. © Daniel Peter / UKW

Da die Erkrankung oft schon bei Erstdiagnose nicht operabel ist, beginnt die Behandlung meist mit einer Kombination aus Chemotherapie und Immuntherapie, oft ergänzt durch Strahlentherapie. Wegen der schnellen Zellteilung kehrt die Krebserkrankung jedoch häufig rasch zurück, und die Prognose für rezidivierte Fälle ist schlecht. 

Ein vielversprechender Ansatz ist der bispezifische T-Zell-Engager (BiTE®) Tarlatamab, der gegen das Protein Delta-like Ligand 3 (DLL3) gerichtet ist, das auf SCLC-Zellen stark überexprimiert wird, jedoch kaum auf gesundem Gewebe vorkommt. Durch seine bispezifische Struktur bindet Tarlatamab zusätzlich an T-Zellen und bringt sie in die Nähe der Tumorzellen, um diese zu zerstören. In den Phase-I- und Phase-II-Studien DeLLphi-300 und DeLLphi-301 zeigte Tarlatamab bei vorbehandelten SCLC-Patientinnen und -Patienten eine anhaltende Anti-Tumor-Wirkung und ein kontrollierbares Sicherheitsprofil.

Die verlängerte Nachbeobachtung der Phase-I-Studie, die jetzt als „Clinical Trial Update“ im Journal of Clinical Oncology unter der gemeinsamen Federführung des Comprehensive Cancer Center (CCC) Mainfranken und des Seidman Cancer Center der US-Universitätsklinik Cleveland veröffentlicht wurde, ergab eine mittlere Überlebenszeit von 17,5 Monaten. Auf Basis dieser Daten wurde Tarlatamab in den USA bereits zur Behandlung von rezidiviertem SCLC zugelassen.

Hier geht es zur vollständigen Pressemitteilung mit Kommentaren vom Erstautor, Dr. Horst-Dieter Hummel, Clinician Scientist in der Early Clinical Trial Unit (ECTU) am Interdisziplinären Studienzentrum (ISZ) des CCC Mainfranken und Zentrumsmanager des Nationalen Netzwerks Genomische Medizin Lungenkrebs (nNGM) am UKW. 

 

Afshin Dowlati*, Horst-Dieter Hummel*, Stephane Champiat, Maria Eugenia Olmedo, Michael Boyer, Kai He, Neeltje Steeghs, Hiroki Izumi, Melissa L. Johnson, Tatsuya Yoshida, Hasna Bouchaab, Hossein Borghaei, Enriqueta Felip, Philipp J. Jost, Shirish Gadgeel, Xi Chen, Youfei Yu, Pablo Martinez, Amanda Parkes, Luis Paz-Ares*. Sustained Clinical Benefit and Intracranial Activity of Tarlatamab in Previously Treated Small Cell Lung Cancer: DeLLphi-300 Trial Update. Journal of Clinical Oncology, 2024. doi:10.1200/JCO.24.00553
*Equal contribution: A.D., H.-D.H., and L.P.-A. contributed equally to this work.

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Bispezifische und multispezifische Antikörper in der Onkologie: Chancen und Herausforderungen

Seit der Zulassung des monoklonalen Antikörpers Blinatumomab zur Behandlung von Patientinnen und Patienten mit rezidivierter oder refraktärer B-lymphoblastischer Leukämie (B-ALL) im Jahr 2014 wurden zehn bispezifische Antikörper (bsAb) zugelassen, und mehr als 200 innovative bsAb befinden sich derzeit in der klinischen Entwicklung.

Bild: Dr. Marie Elisabeth Goebeler, Leiterin des Interdisziplinären Studienzentrums mit ECTU im Comprehensive Cancer Center Mainfranken © Daniel Peter

Bei der Mehrzahl handelt es sich um sogenannte "immune cell engagers", die Immuneffektorzellen in das Tumormikromilieu rekrutieren und die Wiederherstellung der natürlichen Antitumoraktivität ermöglichen. Entscheidend für die Wirksamkeit und Verträglichkeit eines bsAb ist die Wahl des geeigneten Zielantigens, insbesondere bei der Behandlung von soliden Tumoren. In der klinischen Entwicklung befinden sich bispezifische Antikörper, die zwei Zielantigene auf einer Tumorzelle adressieren (dual targeting bsAbs), um eine on-target/off-tumor Toxizität zu reduzieren, oder Antigene auf Zellen des Tumormikromilieus. 

Darüber hinaus wurden in zahlreichen klinischen Studien Mitigierungsstrategien identifiziert, die das Risiko eines schweren Zytokinfreisetzungssyndroms (CRS), einer typischen Nebenwirkung von bsAbs, deutlich reduzieren. Dazu gehören eine Vorbehandlung mit Steroiden, eine schrittweise Erhöhung der Antikörperdosis (step-up dosing), eine subkutane Applikation, eine Modifikation der Bindungsaffinitäten für CD3ε sowie Prodrug-Konzepte. Die optimale klinische Anwendung von bsAbs, einschließlich der Sequenzierung der Behandlung und der Identifizierung möglicher Kombinationstherapien, ist Gegenstand intensiver und kontinuierlicher klinischer Forschung. 

Die in Nature Reviews Clinical Oncology erschienene Übersichtsarbeit von Maria-Elisabeth Goebeler, Leiterin des interdisziplinären Studienzentrums (ISZ) mit Early Clinical Trial Unit (ECTU), Gernot Stuhler und Ralf Bargou gibt einen Überblick über diese äußerst dynamischen und kreativen Forschungsaktivitäten.  

 

Maria-Elisabeth Goebeler, Gernot Stuhler, Ralf Bargou. Bispecific and multispecific antibodies in oncology: opportunities and challenges. Nature Reviews Clinical Oncology 21, 539–560 (2024). doi:10.1038/s41571-024-00905-y

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