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Präzisionsmedizin bei fortgeschrittenem nicht-kleinzelligen Lungenkrebs in Deutschland

In den letzten zwei Jahrzehnten wurden wegweisende Fortschritte im Verständnis des nicht-kleinzelligen Bronchialkarzinoms (NSCLC) erzielt, wobei insbesondere mit der Entdeckung verschiedener sogenannter genetischer Treiber wichtige Überlebensmechanismen der Tumorzellen entschlüsselt werden konnten.

Dr. Horst-Dieter Hummel, Clinician Scientist am Interdisziplinären Studienzentrums mit ECTU im Comprehensive Cancer Center Mainfranken und Zentrumsmanager des Nationalen Netzwerks Genomische Medizin Lungenkrebs (nNGM) am UKW. © Daniel Peter

Parallel dazu konnten Substanzen entwickelt werden, die die Überlebenssignale der entsprechenden Treiberveränderungen in den Tumorzellen hemmen. Diese Erkenntnisse führten zu einer paradigmatischen Weiterentwicklung zielgerichteter Therapieoptionen für Patientinnen und Patienten mit NSCLC, die sich bei Vorliegen der entsprechenden genetischen Veränderungen im Vergleich zur Chemotherapie als besser verträglich und wirksamer erwiesen. Um diesen Ansatz für möglichst viele Betroffene in Deutschland erfolgreich nutzen zu können, wurde vor einigen Jahren unter Federführung der Uniklinik Köln das Nationale Netzwerk Genomische Medizin Lungenkrebs (nNGM) gegründet. Dieser Verbund führt eine umfassende, standardisierte und qualitätskontrollierte Markerdiagnostik durch und ermöglicht einen effizienteren Austausch über die neuesten Behandlungsmöglichkeiten auch unter Berücksichtigung vielversprechender klinischer Studien. Die hier vorgestellte Arbeit, an der Horst Dieter Hummel vom UKW beteiligt war, untersuchte das Überleben von AOK-Versicherten mit NSCLC. Dazu wurden die Therapieergebnisse von Patientinnen und Patienten, die im nNGM diagnostiziert und behandelt wurden, beschrieben und mit einer entsprechenden Gruppe von Personen verglichen, die nicht im nNGM betreut wurden. Obwohl allen grundsätzlich die gleichen Therapieoptionen zur Verfügung standen, zeigte sich ein signifikanter Vorteil im medianen Gesamtüberleben von 10,5 Monaten gegenüber 8,7 Monaten für die nNGM-Gruppe. Die Analyse und Interpretation der Daten führte zu der Schlussfolgerung, dass am ehesten die systematische Markerdiagnostik und der konsequente Einsatz geeigneter zielgerichteter Therapien für diesen bemerkenswerten Unterschied verantwortlich sind.

 

Anika Kästner, Anna Kron, Neeltje van den Berg, Kilson Moon, Matthias Scheffler, Gerhard Schillinger, Natalie Pelusi, Nils Hartmann, Damian Tobias Rieke, Susann Stephan-Falkenau, Martin Schuler, Martin Wermke, Wilko Weichert, Frederick Klauschen, Florian Haller, Horst-Dieter Hummel, Martin Sebastian, Stefan Gattenlöhner, Carsten Bokemeyer, Irene Esposito, Florian Jakobs, Christof von Kalle, Reinhard Büttner, Jürgen Wolf und Wolfgang Hoffmann. Evaluation of the effectiveness of a nationwide precision medicine program for patients with advanced non-small cell lung cancer in Germany: a historical cohort analysis. The Lancet Regional Health - Europe, Volume 36, 2024. doi:10.1016/j.lanepe.2023.100788

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Wirksamkeit von Selpercatinib bei RET-mutiertem Phäochromozytom

RET steht für „Rearranged during Transfection" und ist ein wichtiges Gen, das bei der Regulation des Zellwachstums und der Zelldifferenzierung eine Rolle spielt, insbesondere im Nerven- und im endokrinen System.

Privatdozentin Dr. Barbara Deschler-Baier ist Erstautorin der Studie.

Aktivierende RET-Veränderungen wurden in verschiedenen soliden Tumoren berichtet, einschließlich den seltenen malignen Phäochromozytomen, die in den Nebennieren entstehen. Hier treten RET-Veränderungen sowohl sporadisch als auch als Teil des familiären multiplen endokrinen Neoplasie-Typs 2 (MEN2) Syndroms auf. Bei MEN2 handelt es sich um eine seltene genetische Erkrankung, die durch das Auftreten von Tumoren in verschiedenen endokrinen Drüsen gekennzeichnet ist.

In der am Comprehensive Cancer Center Mainfranken CCC MF durchgeführten internationalen LIBRETTO-001-Studie wurden unter anderem sechs maligne Phäochromozytom-Fälle mit Selpercatinib behandelt, von denen vier eine partielle oder komplette Remission und zwei eine stabile Krankheit zeigten. 

Diese Daten unterstützen Selpercatinib als wirksame Therapie gegen RET-mutierte Phäochromozytome und erweitern die Vielfalt der Tumortypen, die von einer gezielten RET-Hemmung profitieren können. 

 

Barbara Deschler-Baier, Bhavana Konda, Erminia Massarelli, Mimi I Hu, Lori J Wirth, Xiaojian Xu, Jennifer Wright, Roderick J Clifton-Bligh. Clinical Activity of Selpercatinib in RET-mutant Pheochromocytoma. The Journal of Clinical Endocrinology & Metabolism (2024). doi:10.1210/clinem/dgae283

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WERA-Matrix macht Patientenzugang zur Präzisionsonkologie transparent

Die personalisierte Onkologie hat die Behandlung von Patientinnen und Patienten insbesondere mit seltenen und aggressiven Tumoren deutlich verbessert.

Woher stammen die Patientinnen und Patienten der molekularen Tumorboards der WERA Allianz? Die Karte Bayerns verrät Regionen mit einer guten Anbindung an WERA Zentren – jedoch auch „weiße Flecken“, die möglicherweise einen Nachholbedarf bei der Versorgung mit Präzisionsonkologie aufweisen. Quelle: Krebs et al., European Journal of Cancer 2024; https://doi.org/10.1016/j.ejca.2024.114144

Molekulare Tumorboards an onkologischen Spitzenzentren sind entscheidend, um Betroffenen eine molekulargenetische Diagnostik und maßgeschneiderte Therapie anbieten zu können. Doch haben alle gleichermaßen Zugang zu dieser innovativen Form der Krebsversorgung?

Dieser Frage gingen Forschende der vier onkologischen Spitzenzentren Würzburg, Erlangen, Regensburg und Augsburg nach. Gemeinsam bilden die vier Partner die WERA Allianz (CCC WERA) und sind ein Standort des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen (NCT) – mit dem klaren Auftrag, den Zugang zu innovativer Krebsversorgung gerade auch Patientinnen und Patienten aus dem ländlichen Raum zu ermöglichen.

In ihrer Studie untersuchten die Forschenden die Herkunft der Patientinnen und Patienten, die im Rahmen ihrer molekularen Tumorboards behandelt wurden. Mit ihrer entwickelten Matrix, die auf einem Modell aus der strategischen Managementlehre fußt, konnten sie zeigen, wie die WERA Allianz bereits jetzt mit zahlreichen regionalen Partnerkliniken und -praxen vernetzt ist und wo noch „weiße Flecken“ mit einem potenziellen Nachholbedarf in der Präzisionsonkologie sind. 

 

Markus Krebs, Florian Haller, Silvia Spörl, Elena Gerhard-Hartmann, Kirsten Utpatel, Katja Maurus, Volker Kunzmann, Manik Chatterjee, Vivek Venkataramani, Imad Maatouk, Max Bittrich, Tatjana Einwag, Norbert Meidenbauer, Lars Tögel, Daniela Hirsch, Wolfgang Dietmaier, Felix Keil, Alexander Scheiter, Alexander Immel, Daniel Heudobler, Sabine Einhell, Ulrich Kaiser, Anja M. Sedlmeier, Julia Maurer, Gerhard Schenkirsch, Frank Jordan, Maximilian Schmutz, Sebastian Dintner, Andreas Rosenwald, Arndt Hartmann, Matthias Evert, Bruno Märkl, Ralf Bargou, Andreas Mackensen, Matthias W. Beckmann, Tobias Pukrop, Wolfgang Herr, Hermann Einsele, Martin Trepel, Maria-Elisabeth Goebeler, Rainer Claus, Alexander Kerscher, Florian Lüke. The WERA cancer center matrix: Strategic management of patient access to precision oncology in a large and mostly rural area of Germany. European Journal of Cancer, Volume 207, ISSN 0959-8049 (2024). doi:10.1016/j.ejca.2024.114144

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Vorstufe des Cholesterins schützt Zellen vor Ferroptose

Mehrere internationale Arbeitsgruppen und Mitarbeitende des UKW und der Universität Würzburg konnten unter der Federführung von José Pedro Friedmann Angeli (RVZ) zeigen, dass die Cholesterin-Vorstufe 7-Dehydrocholesterol (7-DHC) eine wichtige Rolle beim Wachstum von Krebszellen spielt.

Ancely Ferreira da Silva (l.) und Florêncio Porto Freitas forschen am Rudolf-Virchow-Zentrum (RVZ). Bild: bkfotofilm.de / RVZ

Die Studie zeigt erstmals, dass das in der Zellmembran gelagerte 7-DHC bei bestimmten Krebsarten wie dem Burkitt-Lymphom und dem Neuroblastom die Zellen vor einer bestimmten Art des Zelltods, der so genannten Ferroptose, schützt. Dieser neu entdeckte Schutzmechanismus der Cholesterinvorstufe eröffnet die Möglichkeit, die Behandlung von Krebs und anderen Krankheiten, bei denen Ferroptose eine Rolle spielt, zu verbessern. Potenzielle Hemmstoffe können geprüft werden, die auf die Cholesterinbiosynthese abzielen und bereits in der medizinischen Praxis etabliert sind.

 

Florencio Porto Freitas, Hamed Alborzinia, Ancély Ferreira dos Santos, Palina Nepachalovich, Lohans Pedrera, Omkar Zilka, Alex Inague , Corinna Klein, Nesrine Aroua, Kamini Kaushal, Bettina Kast, Svenja M. Lorenz, Viktoria Kunz, Helene Nehring, Thamara N. Xavier da Silva, Zhiyi Chen, Sena Atici, Sebastian G. Doll, Emily Schaefer, Ifedapo Ekpo, Werner Schmitz, Aline Horling, Peter Imming, Sayuri Miyamoto, Ann M. Wehman, Thiago C. Genaro-Mattos, Karoly Mirnics, Lokender Kumar, Judith Klein-Seetharaman, Svenja Meierjohann, Isabel Weigand, Matthias Kroiss, Georg W Bornkamm, Fernando Gomes, Luis Eduardo Soares Netto, Manjima B. Sathian, David B. Konrad, Douglas F. Covey, Bernhard Michalke, Kurt Bommert, Ralf C. Bargou, Ana Garcia-Saez, Derek A. Pratt, Maria Fedorova, Andreas Trumpp, Marcus Conrad, José Pedro Friedmann Angeli. 7-Dehydrocholesterol is an endogenous suppressor of ferroptosis. Nature 626, 401–410 (2024). doi:10.1038/s41586-023-06878-9

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