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Auswirkungen von Vutrisiran auf das Herz bei Patienten mit Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie

Bei der Erkrankung Transthyretin-Amyloidose mit Kardiomyopathie (ATTR-CM) lagert sich das falsch gefaltete Eiweiß Transthyretin (TTR) in verschiedenen Organen, besonders im Herzmuskel, ab. Dies führt zu funktionellen und strukturellen Problemen.

Das Herz wird dadurch zunehmend steif, die Herzwände werden dicker und die Pumpfunktion nimmt ab. Betroffene leiden im Verlauf unter Atemnot, Müdigkeit und Wassereinlagerungen, ähnlich wie bei einer schweren Herzschwäche.

In der randomisierten klinischen Studie HELIOS-B reduzierte das RNA-Interferenz-Medikament Vutrisiran das Risiko für Gesamtmortalität und wiederkehrende kardiovaskuläre Ereignisse bei Patienten mit ATTR-CM. In einer Sekundäranalyse dieser Studie haben Forschende, darunter Caroline Morbach vom DZHI, die Auswirkungen von Vutrisiran auf echokardiographische Parameter der Herzstruktur und -funktion bei Patienten mit ATTR-CM untersucht. Die Patienten hatten über einen Zeitraum von 30 Monaten entweder Vutrisiran oder Placebo erhalten. Die Ergebnisse waren eindeutig: Bei den Menschen, die Vutrisiran erhielten, verlangsamte sich die Verdickung der Herzwände und die Zunahme der gesamten Herzmuskelmasse war geringer als in der Placebo-Gruppe. Außerdem blieb die Pumpfunktion des Herzens stabiler – sie verschlechterte sich unter Vutrisiran deutlich weniger als unter Placebo. Auch feinere Messwerte wie der sogenannte „Strain“, der angibt, wie gut sich der Herzmuskel zusammenzieht, waren unter der Behandlung besser im Verglich zu Placebo. Ebenso zeigten sich günstigere Veränderungen bei der Füllungsfunktion des Herzens, also wie gut das Herz nach dem Schlag wieder Blut aufnehmen kann. Insgesamt deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Vutrisiran den krankheitsbedingten Umbau des Herzmuskels aufhalten oder zumindest verlangsamen kann.

Die Forschenden weisen jedoch darauf hin, dass ihre Teilnehmenden überwiegend ältere Männer waren, die meist die sogenannte „Wildtyp“-Form der Erkrankung hatten, also eine im Alter erworbene und keine vererbte Variante. Ob die Ergebnisse in gleichem Maß auch für Frauen oder für die genetische Form der Erkrankung gelten, muss in weiteren Studien geprüft werden.

Jering KS, Fontana M, Lairez O, Longhi S, Azevedo O, Morbach C, Bender S, Jay PY, Vest J, Bulwer BE, Prasad N, Solomon SD, Skali H. Effects of vutrisiran on cardiac structure and function in patients with transthyretin amyloidosis with cardiomyopathy: secondary outcomes of the HELIOS-B trial. Nat Med. 2025 Oct;31(10):3560-3568. doi: 10.1038/s41591-025-03851-z. Epub 2025 Aug 6. PMID: 40770082; PMCID: PMC12532587.

Digitoxin bei Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion

Herzglykoside sind seit Jahrhunderten zur Behandlung von Herzschwäche und bestimmten Herzrhythmusstörungen eingesetzte Medikamente. Der Wirkstoff wird aus der Fingerhut-Pflanze (Digitalis) gewonnen wird. Digitoxin und Digoxin sind wichtige Medikamente, die auch häufig bei Rhythmusstörungen zum Einsatz kommen.

Nahaufnahme von den Blüten eines pinkfarbenen Fingerhuts
Der Wirkstoff der Herzglykoside Digoxin und Digitoxin wird aus der Fingerhut-Pflanze (Digitalis) gewonnen und wird bei Herzschwäche und bestimmten Herzrhythmusstörungen eingesetzt.

In einer doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie hat ein internationales Konsortium, an dem das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz beteiligt war, die therapeutische Wirkung von Digitoxin bei 1.212 Patienten mit Herzinsuffizienz und reduzierter Ejektionsfraktion genauer untersucht. Alle an der Studie Teilnehmenden  erhielten eine moderne, leitliniengerechte Behandlung ihrer Herzinsuffizienz. Zusätzlich erhielten sie, je nach Einteilung nach dem Zufallsprinzip, entweder Digitoxin oder ein Placebo. 

Über eine mittlere Nachbeobachtungszeit von 36 Monaten ergab sich folgendes Ergebnis: Im Digitoxin-Arm traten die Ereignisse „Tod oder erste Hospitalisation wegen verschlechterter Herzinsuffizienz“ seltener auf (39,5 %) als in der Placebo-Gruppe (44,1 %). Bei den Einzelkomponenten „Tod“ bzw. „Hospitalisierung“ war der Unterschied allerdings nicht statistisch eindeutig, d. h., allein durch das Medikament ließ sich nicht mit ausreichender Sicherheit zeigen, dass weniger Menschen starben oder seltener ins Krankenhaus kamen, sondern dies ließ sich nur anhand der kombinierten Kennzahl belegen. Auch in puncto Sicherheit zeigte sich: In der Digitoxin-Gruppe traten etwas mehr schwerwiegende Nebenwirkungen auf (4,7 % gegenüber 2,8 %).

Die Autoren ziehen daraus den Schluss, dass Digitoxin als Zusatztherapie bei Personen mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz und stark eingeschränkter Pumpfunktion von Vorteil sein könnte – insbesondere bei solchen, die trotz moderner Grundtherapie weiterhin belastet sind.

Bavendiek U, Großhennig A, Schwab J, Berliner D, Rieth A, Maier LS, Gaspar T, Thomas NH, Liu X, Schallhorn S, Angelini E, Soltani S, Rathje F, Sandu MA, Geller W, Hambrecht R, Zdravkovic M, Philipp S, Kosevic D, Nickenig G, Scheiber D, Winkler S, Becher PM, Lurz P, Hülsmann M, Wiesner S, Schröder C, Neuhaus B, Seltmann A, von der Leyen H, Veltmann C, Störk S, Böhm M, Koch A, Bauersachs J; DIGIT-HF Study Group. Digitoxin in Patients with Heart Failure and Reduced Ejection Fraction. N Engl J Med. 2025 Sep 25;393(12):1155-1165. doi: 10.1056/NEJMoa2415471. Epub 2025 Aug 29. PMID: 40879434.

Nahaufnahme von den Blüten eines pinkfarbenen Fingerhuts
Der Wirkstoff der Herzglykoside Digoxin und Digitoxin wird aus der Fingerhut-Pflanze (Digitalis) gewonnen und wird bei Herzschwäche und bestimmten Herzrhythmusstörungen eingesetzt.
Herz-MRT vs. Herzkatheter als primäre Strategie bei neu diagnostizierter Herzinsuffizienz

Wenn die Diagnose einer Herzschwäche mit deutlich verringerter Pumpleistung, also einer „Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion“ (HFrEF), gestellt wird, ist es von zentraler Bedeutung, den Grund für die Herzschädigung zu ermitteln.

Übersichtsgrafik aus dem Journal
CMR vs. CATH als Primärstrategie bei neu auftretender HFrEF Überblick über das Design und die wichtigsten Ergebnisse der CMR-Diagnosestudie, einschließlich Randomisierungsprozess, Studienbewertungen mit primären und sekundären Endpunkten und wichtigsten Ergebnissen. CATH = perkutane invasive Koronarangiographie („Herzkatheter“); CMR = kardiale Magnetresonanztomographie („Herz-MRT“); HFrEF = Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion; ICM = ischämische Kardiomyopathie; Sens. = Sensitivität; Spec. = Spezifität.

Eine häufige Ursache ist die Ischämie, also eine Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße. Um dies festzustellen wird häufig eine invasive Untersuchung, die Herzkatheteruntersuchung (Koronarangiographie), durchgeführt. Eine Alternative ist die Bildgebung mittels Kernspintomographie des Herzens (Cardiac Magnetic Resonance). Doch lässt sich mit dieser nicht-invasiven Methode die ischämische Ursache ebenso gut erkennen wie mit einer Herzkatheteruntersuchung? Und können dadurch unnötige Katheter-gestützte Untersuchungen vermieden werden?

Mit diesen Fragen hat sich ein Team des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz und der Medizinischen Klinik und Poliklinik I beschäftigt und drei weitere Zentren (Hannover, Nürnberg, Leipzig) in eine multizentrische, randomisierte Studie eingebunden. Insgesamt nahmen 229 Patientinnen und Patienten mit neu aufgetretener HFrEF teil. Sie wurden zufällig in zwei Gruppen aufgeteilt. Die erste Gruppe erhielt zuerst eine Herzkatheteruntersuchung und anschließend eine Herz-MRT, die zweite Gruppe zuerst eine Herz-MRT und anschließend eine Herzkatheteruntersuchung. Beide Verfahren wurden anschließend unabhängig voneinander ausgewertet. Das Projekt wurde unterstützt von der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie. 

Die Ergebnisse zeigten, dass beide Methoden in ihrer Treffsicherheit, eine solche Durchblutungsstörung zu entdecken, sehr ähnlich waren. Sowohl der Herzkatheter als auch die Herz-MRT erkannten etwa 90 Prozent der Fälle korrekt. Der Herzkatheter war jedoch etwas genauer darin, Patienten ohne Durchblutungsstörung richtig zu erkennen (98 Prozent gegenüber 74 Prozent bei der Herz-MRT). Besonders interessant war, dass die Forschenden bei fast der Hälfte der Patienten auf den Herzkatheter hätten verzichten können, wenn zuerst die MRT eingesetzt worden wäre, ohne dass wichtige Diagnosen übersehen worden wären.

Das bedeutet: Eine Herz-MRT als Erstuntersuchung könnte vielen Patientinnen und Patienten einen invasiven Eingriff ersparen, ohne die diagnostische Sicherheit wesentlich zu beeinträchtigen. Allerdings besteht das Risiko, dass die MRT-Untersuchung fälschlicherweise häufiger auf eine Durchblutungsstörung hinweist, die gar nicht vorliegt.

Die Forschenden folgern daraus, dass die Herz-MRT in Zukunft durchaus als erste Diagnosemethode bei neu auftretender Herzschwäche infrage kommen könnte. Sie betonen jedoch auch, dass weitere Studien erforderlich sind, um zu untersuchen, ob sich eine solche „Herz-MRT-zuerst“-Strategie langfristig positiv auf den Krankheitsverlauf, Komplikationen und die Überlebenschancen der Patienten auswirkt.

Gülmisal Güder, Theresa Reiter, Wolfgang R. Bauer, Theano Papavassiliu, Johannes Schwab, Matthias Pauschinger, Daniel Lavall, Rolf Wachter, Dominik Berliner, Johann Bauersachs, Stefan Frantz, Götz Gelbrich, Georg Ertl, Stefan Störk. Cardiac Magnetic Resonance Imaging vs Coronary Angiography as Primary Strategy in Newly Diagnosed Heart Failure. JACC Heart Fail. 2025 Sep;13(9):102528. doi: 10.1016/j.jchf.2025.102528. Epub 2025 Jul 12. PMID: 40652576. 

Übersichtsgrafik aus dem Journal
CMR vs. CATH als Primärstrategie bei neu auftretender HFrEF Überblick über das Design und die wichtigsten Ergebnisse der CMR-Diagnosestudie, einschließlich Randomisierungsprozess, Studienbewertungen mit primären und sekundären Endpunkten und wichtigsten Ergebnissen. CATH = perkutane invasive Koronarangiographie („Herzkatheter“); CMR = kardiale Magnetresonanztomographie („Herz-MRT“); HFrEF = Herzinsuffizienz mit reduzierter Ejektionsfraktion; ICM = ischämische Kardiomyopathie; Sens. = Sensitivität; Spec. = Spezifität.
Wie die Zusammenarbeit zwischen Herzfunktion und Energieproduktion gestört ist

In ihrer Sonderausgabe zu Stoffwechselveränderungen bei Herzinsuffizienz veröffentlichte die kardiologische Fachzeitschrift „Nature Reviews Cardiology“ im Rahmen des Kongresses der Society for Heart and Vascular Metabolism (SHVM), der vom 22. bis 25. Juni in Bordeaux stattfand, vier Artikel aus dem EU-geförderten Netzwerk METAHEART sowie ein Editorial von Christoph Maack, dem Initiator und Vorsitzenden des Konsortiums und Sprecher des Deutschen Zentrums für Herzinsuffizienz (DZHI) am UKW.

Durch die Short-Term Scientific Missions (STMS) findet im EU-geförderten Netzwerk METAHEART ein großer wissenschaftlicher Austausch innerhalb Europas statt. © Design by Boutik.pt, for the EU-METAHEART COST Action CA22169

Neben Maack sind eine Reihe weiterer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Klinikerinnen und Kliniker aus der Universitätsmedizin Würzburg an der sogenannten COST Action (CA22169) beteiligt. Einen umfassenden Überblick über EU-METAHEART (EUropean network to tackle METAbolic alterations in HEART failure) liefert die Pressemeldung vom 30. Juni 2025.

In der Übersichtsarbeit „Mechano-energetic uncoupling in heart failure“ fassen Christoph Maack und Vasco Sequeira mit einem Team aus Würzburg, England, Österreich, Slowenien, Frankreich, Italien und den Niederlanden erstmals die enge Wechselwirkung zwischen Herzmechanik und mitochondrialer Energetik zusammen. Zudem entschlüsseln die Forscherinnen und Forscher, wie diese energetische Kopplung bei verschiedenen erworbenen und erblichen Formen der Herzinsuffizienz gestört ist. 

Herzinsuffizienz entsteht durch ein Zusammenspiel verschiedener Störungen im Herzen, insbesondere in der Weiterleitung von elektrischen Signalen, der Energieversorgung und durch sogenannten oxidativen Stress, also einer Anhäufung von bestimmten Sauerstoffverbindungen, welche die Zellen schädigt. Diese Probleme sind eng miteinander verknüpft: Ist entweder die Kommunikation innerhalb der Herzmuskelzellen oder die Funktion der Mitochondrien gestört, kann sich ein Teufelskreis entwickeln, der zu einer dauerhaften Schädigung und Schwächung des Herzens führt.

Im gesunden Herzen ist die Energiegewinnung über die Mitochondrien fein abgestimmt: Einerseits wird sie durch Kalzium (Ca²⁺) angestoßen, das die Energieproduktion anschiebt, („Push“). Andererseits wird sie durch den Energiebedarf in Form von Adenosindiphosphat (ADP) gezogen („Pull“). 

Die Herzinsuffizienz mit reduzierter Pumpfunktion (HFrEF) wird in den meisten Fällen durch eine Herzschädigung ausgelöst. Diese führt zu einer Überaktivierung von Stresshormonen, welche die Signalweiterleitung im Herzen stören und den Kalziumhaushalt in den Mitochondrien aus dem Gleichgewicht bringen. Dies beeinträchtigt wiederum die Energieproduktion (gestörter „Push“). 

Bei der Herzinsuffizienz mit erhaltener Pumpfunktion (HFpEF) wird das Herz dagegen in der Regel durch starkes Übergewicht, Bluthochdruck oder altersbedingten Veränderungen der Blutgefäße stark belastet, denn es muss gegen mehr Widerstand arbeiten. Die Energie, die das Herz dafür braucht, können die Mitochondrien jedoch nicht bereitstellen. Die Folge ist ein Energiemangel, der in oxidativen Stress umschlägt. Dieser kann schädliche Signalwege aktivieren, die das Herz übermäßig zusammenziehen lassen, das Zellwachstum fördern oder im schlimmsten Fall sogar zum Absterben der Zellen führen.

Auch bei erblich bedingten Herzkrankheiten kann es zu einer Entkopplung von Herzarbeit und Energieversorgung kommen. So führen beispielsweise bestimmte Gendefekte bei der hypertrophen Kardiomyopathie (HCM) dazu, dass das Herz übermäßig arbeiten muss (gestörter „Pull“). Beim seltenen Barth-Syndrom können die Mitochondrien dagegen kein Kalzium aufnehmen (gestörter „Push“).

Maack zufolge ist ein besseres Verständnis dieser komplexen Wechselwirkungen zwischen Herzarbeit und Energiehaushalt entscheidend, um bestehende Therapien gezielter einzusetzen und neue Behandlungen zu entwickeln. Ansätze, das Ungleichgewicht zu beheben wären eine Entlastung des Herzens, eine Verbesserung der Signalweiterleitung oder eine gezielte Unterstützung der Energieproduktion in den Mitochondrien. So könnte der Teufelskreis aus Energiemangel, Herzumbau und nachlassender Herzfunktion durchbrochen werden.

Dunja Aksentijevic, Simon Sedej, Jeremy Faucconier, Melanie Paillard, Mahmoud Abdellatif, Katrin Streckfuss-Bömeke, Renée Ventura-Clapier, Jolanda van der Velden, Rudolf A. de Boer, Edoardo Bertero, Jan Dudek, Vasco Sequeira & Christoph Maack. Mechano-energetic uncoupling in heart failure. Nat Rev Cardiol (2025). https://doi.org/10.1038/s41569-025-01167-6

Maack, C. Metabolic alterations in heart failure. Nat Rev Cardiol (2025). https://doi.org/10.1038/s41569-025-01181-8

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Durch die Short-Term Scientific Missions (STMS) findet im EU-geförderten Netzwerk METAHEART ein großer wissenschaftlicher Austausch innerhalb Europas statt. © Design by Boutik.pt, for the EU-METAHEART COST Action CA22169
Wer profitiert am meisten von der Telemedizin? Patienten auf dem Land, in der Stadt, oder die mit einem langen Weg zum Kardiologen?

Telemedizin kann Leben retten – vor allem dort, wo der Weg zur kardiologischen Praxis weit ist. Eine neue Auswertung der vom Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt (BMFTR) geförderten TIM-HF2-Studie zeigt dies eindrucksvoll.

Die drei Wissenschaftler stehen in Anzügen vor der Bühne des Kongresses.
Stefan Störk, Fabian Kerwagen und Friedrich Köhler (v.l.n.r.) stellten die aktuelle Studie am 18. Mai 2025, beim Heart Failure Congress der European Society of Cardiology in Belgrad vor. © privat

Herzinsuffizienz-Patientinnen und -Patienten, die weit von einer kardiologischen Versorgung entfernt leben, profitieren besonders stark von der telemedizinischen Überwachung. Ihre Sterblichkeit war bei der digitalen Fernüberwachung deutlich geringer. Die im Fachmagazin „Lancet Regional Health – Europe“ veröffentlichte Studie ist eine Kooperation der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der Universitätskliniken in Würzburg und Hamburg und wurde beim Heart Failure Congress der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie von Prof. Dr. Stefan Störk (Leiter der Herzinsuffizienz-Ambulanz und Klinischen Forschung am DZHI), vorgestellt. Sie liefert wichtige Hinweise, wie Telemedizin helfen kann, Versorgungsungleichheiten zwischen Stadt und Land auszugleichen. Details zur Sekundärauswertung der kontrollierten multizentrischen Versorgungsstudie TIM-HF2 finden Sie in der Pressemeldung „Telemedizin gleicht Versorgungsnachteil aus“. 

Fabian Kerwagen, Stefan Störk, Kerstin Koehler, Eik Vettorazzi, Maximilian Bauser, Jasmin Zernikow, Gina Barzen, Meike Hiddemann, Jan Gröschel, Michael Gross, Christoph Melzer, Karl Stangl, Gerhard Hindricks, Friedrich Koehler, Sebastian Winkler, Sebastian Spethmann. Rurality, travel distance, and effectiveness of remote patient management in patients with heart failure in the TIM-HF2 trial in Germany: a pre-specified analysis of an open-label, randomised controlled trial. The Lancet Regional Health - Europe, 2025, 101321, ISSN 2666-7762, https://doi.org/10.1016/j.lanepe.2025.101321

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Die drei Wissenschaftler stehen in Anzügen vor der Bühne des Kongresses.
Stefan Störk, Fabian Kerwagen und Friedrich Köhler (v.l.n.r.) stellten die aktuelle Studie am 18. Mai 2025, beim Heart Failure Congress der European Society of Cardiology in Belgrad vor. © privat
Die Stimme als Frühwarnsystem fürs Herz

Zwei Studien aus Würzburg zeigen: Unsere Stimme verrät mehr über unseren Gesundheitszustand, als man denkt.

Screenshots aus der AHF-Voice-Anwendung
Benutzeroberfläche der speziell entwickelten Smartphone-Anwendung in der AHF-Voice-Studie. Die Anwendung ermöglicht die Aufzeichnung von drei verschiedenen Sprachaufgaben: spontanes Sprechen, anhaltende Vokale und das Lesen einer Textpassage, jeweils nacheinander. Außerdem ermöglicht die Anwendung dem Patienten, ein Gewichtstagebuch zu führen. Quelle: Zana Technologies GmbH

Die Stimme ist ein hochsensibler Spiegel unserer Gesundheit: Sie reagiert auf Flüssigkeitseinlagerungen, Nervenschäden, Lungenfunktion oder Erschöpfung. Schon kleinste Veränderungen in Klang, Tonhöhe oder Pausen beim Sprechen können Hinweise auf eine beginnende Verschlechterung geben – und das oft früher als klassische Symptome wie Atemnot. Der große Vorteil: Die Stimme lässt sich mit einem Smartphone einfach und regelmäßig messen – ideal für den Einsatz in der Telemedizin.

Stimme als Biomarker bei Herzinsuffizienz: Eine systematische Überprüfung

Die in Circulation: Heart Failure veröffentlichte Übersichtsarbeit zeigt, wie sich bestimmte Merkmale der Stimme bei Patientinnen und Patienten mit Herzschwäche messen lassen – und wie diese als sogenannte Stimmbiomarker helfen könnten, eine akute Krankheitsverschlechterung bei Herzschwäche (Herzinsuffizienz) frühzeitig zu erkennen. Herzinsuffizienz ist eine Volkskrankheit – sie betrifft weltweit über 64 Millionen Menschen und kann lebensbedrohlich werden, wenn sich Flüssigkeit im Körper staut. Genau hier setzt eine neue Idee an: Die menschliche Stimme verändert sich, wenn es dem Körper schlechter geht.

Der große Vorteil des Stimmbiomarkers ist, dass sich die Stimme ganz einfach über das Smartphone aufzeichnen und messen lässt – schnell, kontaktlos und ohne teure Geräte. Die Stimme könnte somit ein neuer Baustein in der digitalen Gesundheitsversorgung werden.

Maximilian Bauser, Fabian Kraus, Friedrich Koehler, Kristen Rak, Rüdiger Pryss, Christof Weiß, Andreas Hotho, Guy Fagherazzi, Stefan Frantz, Stefan Störk und Fabian Kerwagen. Voice Assessment and Vocal Biomarkers in Heart Failure: A Systematic Review. Circulation: Heart Failure. Apr 24, 2025. https://doi.org/10.1161/CIRCHEARTFAILURE.124.012303

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Stimmliche Biomarker bei Herzinsuffizienz: Design, Grundprinzip und Ausgangsmerkmale der AHF-Voice-Studie

Obwohl die bisherigen Ergebnisse zu stimmlichen Biomarkern bei Herzinsuffizienz sehr vielversprechend sind, steht die Forschung erst am Anfang und viele Fragen sind noch offen. Hier setzt die innovative AHF-Voice-Studie am Universitätsklinikum Würzburg am: Über 130 Patientinnen und Patienten mit akuter Herzschwäche (AHF für Acute Heart Failure) wurden während ihres Krankenhausaufenthalts und bis zu sechs Monate danach begleitet – und zwar mit täglichen Sprachaufnahmen per App. So wird erforscht, ob und wie sich stimmliche Veränderungen als Frühwarnzeichen für eine Verschlechterung des Gesundheitszustands nutzen lassen.

Erstmals werden dabei auch Zusammenhänge zwischen Stimmbildung, Flüssigkeitseinlagerung, Lungenfunktion und der anatomischen Veränderung der Stimmlippen untersucht – zum Teil mit aufwändigen Videoaufnahmen des Kehlkopfs und phoniatrischen Spezialaufnahmen. Ziel ist es, die Stimme als zuverlässiges, alltagstaugliches Warnsignal für eine sich anbahnende Dekompensation zu etablieren – lange bevor Beschwerden auftreten. Das Studiendesign wurde im Journal Frontiers in Digital Health veröffentlicht. 

Fabian Kerwagen, Maximilian Bauser, Magdalena Baur, Fabian Kraus, Caroline Morbach, Rüdiger Pryss, Kristen Rak, Stefan Frantz, Michael Weber, Julia Hoxha, Stefan Störk. Vocal Biomarkers in Heart Failure – Design, Rationale and Baseline Characteristics of the AHF-Voice Study. Frontiers in Digital Health, Mai 2025. Volume 7 - 2025, https://doi.org/10.3389/fdgth.2025.1548600

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Screenshots aus der AHF-Voice-Anwendung
Benutzeroberfläche der speziell entwickelten Smartphone-Anwendung in der AHF-Voice-Studie. Die Anwendung ermöglicht die Aufzeichnung von drei verschiedenen Sprachaufgaben: spontanes Sprechen, anhaltende Vokale und das Lesen einer Textpassage, jeweils nacheinander. Außerdem ermöglicht die Anwendung dem Patienten, ein Gewichtstagebuch zu führen. Quelle: Zana Technologies GmbH
Blutdruck im Lungenkreislauf sagt bei Patienten mit Herzinsuffizienz das Mortalitätsrisiko voraus

Seniorprofessorin Dr. Christiane Angermann vom DZHI Würzburg stellte auf der DGK-Jahrestagung 2025 in einer Late Breaking Clinical Trials Session eine Meta-Analyse von fünf Studien vor, in denen das Potenzial eines hämodynamischen Monitors zur Fernüberwachung des Drucks im Lungenkreislauf (CardioMEMS™-HF System, Abbott, Sylmar, USA) untersucht wurde.

Ziel der aktuellen Studie war, weitere Fragen zu klären, nämlich: 1.) Eignen sich diastolische, systolische und mittlere Druckwerte in der Pulmonalarterie gleichermaßen zur Abschätzung des Mortalitätrisikos? 2.) Ist das prognostische Potenzial der Druckwerte unabhängig davon, ob eine erhaltene oder eine reduzierte linksventrikuläre Pumpfunktion vorliegt? 3.) Sagen Veränderungen des Pulmonalisdrucks über einen Zeitraum von sechs Monaten nach der Versorgung mit einem Drucksensor längerfristige Veränderungen des Mortalitätsrisikos vorher?

Insgesamt werteten die Forschenden die Daten von mehr als 4.300 ambulanten Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz aus. Die Aggregation der Daten war möglich, weil demografische Daten, Begleiterkrankungen und der Zeitablauf der Nachuntersuchungen in den Studien ähnlich dokumentiert waren. Etwa zwei Drittel der Teilnehmenden hatten eine reduzierte Pumpfunktion,  ein Drittel eine erhaltene. Zu Beginn wurde der CardioMEMS-Sensor jeweils in eine Lungenarterie implantiert, , womit täglich die Pulmonalisdrucke auf eine nur dem Betreuungsteam zugängliche Internetplattform übermittelt wurden. Der Ausgangsdruck und die Druckveränderung zwischen dem Ausgangswert und dem 6-Monatswert wurden mit der Gesamtmortalität über einen Zeitraum von zwei Jahren in Beziehung gesetzt.

Die zentralen Ergebnisse: Je höher der Lungendruck zu Studienbeginn war, desto höher war das Risiko, innerhalb von zwei Jahren zu versterben. Diastolischer, systolischer und mittlerer Pulmonalisdruck hatten eine ähnliche prognostische Bedeutung. . Wenn die Drücke innerhalb von sechs Monaten sanken, verminderte sich das Sterberisiko, wenn sie stiegen, erhöhte es sich  dramatisch. Diese Zusammenhänge waren für Teilnehmende mit eingeschränkter bzw. erhaltener Pumpfunktion sehr ähnlich. 

Die Studie zeigt, dass eine hämodynamisch gesteuerte Therapieoptimierung mit dem Ziel, den Druck im Lungenkreislauf zu senken, die Qualität der ambulanten Betreuung signifikant verbessern und die Chance auf ein längeres Überleben eröffnen könnte2. „Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz, die den Studienteilnehmenden ähneln, darf diese Überwachungs- und Therapieoption nicht länger vorenthalten werden“, so Christiane Angermann, „und zwar unabhängig davon, ob sie eine erhaltene oder reduzierte linksventrikuläre Pumpfunktion haben.“ 

Zile MR et al. Relationship Between Remote, Ambulatory Pulmonary Artery Pressures, and All-Cause Mortality in Patients With Chronic Heart Failure. Circ Heart Fail. 2025:e012754. doi: 10.1161/circheartfailure.124.012754

Bericht auf dem Portal Herzmedizin.de der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e. V. und dem Bundesverband Niedergelassener Kardiologen (BNK):Angermann CE: Ambulatory pulmonary artery pressures predict mortality in patients with chronic heart failure: Pooled analysis from five CardioMEMS Trials91. Jahrestagung der DGK, Mannheim, Late Breaking Clinical Trials I, 24. April 2025; CardioMEMS | DGK-Jahrestagung 2025