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Ultraschall des Oberschenkelmuskels zur Erkennung der Sarkopenie bei Leberzirrhose

Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung weisen sehr häufig eine Sarkopenie auf, das heißt ein Verlust an Muskelkraft- und Muskelmasse, die ein unabhängiger schlechter Prognosefaktor für die Patienten darstellt.

Grafik, die die Studie zusammenfasst mit grafischen Abbildungen der Leber, der Röntgenaufnahme des Oberschenkels und des Aufstehtests.
Graphical Abstract der Studie "Mortality Prediction by Bedside Rectus Femoris Muscle Ultrasound for Sarcopenia Diagnosis in Liver Cirrhosis" im Journal der United European Gastroenterology

Das Erkennen der Sarkopenie ist jedoch im klinischen Alltag oft nicht einfach möglich. Diese Studie zeigt nun, dass der Ultraschall des Oberschenkelmuskels (Musculus rectus femoris) eine einfache und zuverlässige Methode ist, um bei Patienten mit fortgeschrittener Lebererkrankung eine Sarkopenie zu diagnostizieren. Besonders bemerkenswert ist, dass die Kombination aus verminderter Muskelmasse des M. rectus femoris im Ultraschall und einer verlängerten Aufstehzeit im Chair-Rise-Test ein starker unabhängiger Prädiktor für die 6-Monats-Mortalität war. Damit liefert die Arbeit wichtige Hinweise darauf, dass die sonographische Beurteilung der Muskelmasse als praktikables Screening-Instrument in der klinischen Routine eingesetzt werden kann, um frühzeitig Risikopatienten zu erkennen und diese dann auch gezielt behandeln zu können. 

Sara De Monte, Philipp Altmann, Svenja Pichlmeier, Hans Benno Leicht, Sophia Stuhlreiter, Roswitha Brandl, Florian P. Reiter, Sigrid Hahn, Clemens Benoit, Andreas Geier, Mathias Plauth, Monika Rau. Mortality Prediction by Bedside Rectus Femoris Muscle Ultrasound for Sarcopenia Diagnosis in Liver Cirrhosis.” United European Gastroenterology Journal: 1–10. 2025.  https://doi.org/10.1002/ueg2.70114.

Grafik, die die Studie zusammenfasst mit grafischen Abbildungen der Leber, der Röntgenaufnahme des Oberschenkels und des Aufstehtests.
Graphical Abstract der Studie "Mortality Prediction by Bedside Rectus Femoris Muscle Ultrasound for Sarcopenia Diagnosis in Liver Cirrhosis" im Journal der United European Gastroenterology
Stellenwert der Ernährungsmedizin in der Krankenversorgung, Weiterbildung und Forschung

In einer Umfrage der Arbeitsgemeinschaft Ernährungsmedizin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) wurde die Bedeutung der Ernährungsmedizin aus der Perspektive gastroenterologisch tätiger Chefärzte ermittelt.

Das Foto zeigt einen Tisch mit Körben und Schalen mit frischem Gemüse wie Tomaten und Brokkoli, aber auch Eier und Obst.
Die Arbeitsgemeinschaft Ernährungsmedizin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) ermittelte in einer Umfrage die Bedeutung der Ernährungsmedizin aus der Perspektive gastroenterologisch tätiger Chefärzte. © Daniel Peter

Mangelernährung betrifft bis zu 50 % aller hospitalisierten Patienten und geht mit einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher. Eine adäquate ernährungsmedizinische Versorgung ist daher essenziell. Ziel der Umfrage, an der 684 gastroenterologische Chefärzte der DGVS aus ganz Deutschland teilnahmen, war es, personelle und strukturelle Ressourcen sowie Hürden der Ernährungsmedizin im stationären Bereich zu erfassen. Von den 78 Teilnehmenden gaben 83 % an, über ernährungsmedizinische Strukturen zu verfügen; 61,5 % berichteten von etablierten Ernährungsteams. In 61,5 % der Kliniken ist ein Arzt mit der Zusatzbezeichnung Ernährungsmedizin tätig und in 53,8 % wird deren Erwerb gefördert.

Die hauptsächlichen Hemmnisse für den Ausbau sind die fehlende Vergütung ernährungsmedizinischer Leistungen und der daraus resultierende Personalmangel. Ernährungsmedizinische Inhalte spielen in Lehre und Forschung bislang nur eine untergeordnete Rolle: Lediglich rund ein Drittel der Kliniken integriert entsprechende Themen in die Ausbildung und weniger als 20 % verfügen über wissenschaftliche Schwerpunkte. Fazit: Obwohl gastroenterologische Chefärzte der Ernährungsmedizin eine hohe Bedeutung beimessen, bestehen deutliche Defizite in den Bereichen Struktur, Finanzierung, Weiterbildung und wissenschaftliche Verankerung. Erforderlich sind eine verbesserte Vergütung und eine stärkere curriculare Integration, um die Ernährungsmedizin im stationären Alltag nachhaltig zu stärken.

Katharina Hupa-Breier, Monika Rau. Stellenwert der Ernährungsmedizin in der Krankenversorgung, Weiterbildung und Forschung – aus der Führungsperspektive. Z Gastroenterol. 2025. DOI: 10.1055/a-2616-0772

Das Foto zeigt einen Tisch mit Körben und Schalen mit frischem Gemüse wie Tomaten und Brokkoli, aber auch Eier und Obst.
Die Arbeitsgemeinschaft Ernährungsmedizin der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) ermittelte in einer Umfrage die Bedeutung der Ernährungsmedizin aus der Perspektive gastroenterologisch tätiger Chefärzte. © Daniel Peter
LiverPRO Score zur Vorhersage einer signifikanten Leberfibrose in der Primärversorgung

Die zuverlässige nichtinvasive Diagnose einer fortgeschrittenen Lebererkrankung und die Einschätzung des Risikos für Komplikationen sind vor allem in der Erstversorgung nach wie vor schwierig. In einer internationalen Kohortenstudie, an der auch das Deutsche Lebersteatose-Register beteiligt war, konnte Prof. Dr. Andreas Geier und Team zur Entwicklung und Validierung des LiverPRO Scores beitragen.

Kumulatives Risiko für leberassoziierte Ereignisse klassifiziert nach dem LiverPRO Score. Das Diagramm veranschaulicht die gute Trennung von Leberpatienten mit niedrigem und moderatem Risiko von denen mit hohem Risiko, die eine spezialisierte Behandlung benötigen. © The Lancet Gastroenterology & Hepatology 2025 1055-67DOI: (10.1016/S2468-1253(24)00274-7)

Dieser Score ist kostenlos und hilft, Patientinnen und Patienten mit einer erhöhten Lebersteifigkeit (über 8 kPa) zu erkennen, was mit der gleichen Genauigkeit wie der kommerzielle ELF-Test möglich ist. Der LiverPRO Score ist genauer als der bisher verwendete frei verfügbar Fibrose-4 (FIB-4) Index. Zusätzlich kann der LiverPRO Score auch vorhersagen, wie hoch das Risiko für leberbedingte Komplikationen ist. Aufgrund dieser Ergebnisse hat der LiverPRO Score eine europäische CE-Zertifizierung erhalten.

 

Lindvig, Katrine P et al. Development, validation, and prognostic evaluation of LiverPRO for the prediction of significant liver fibrosis in primary care: a prospective cohort study. The Lancet Gastroenterology & Hepatology, Volume 10, Issue 1, 55 – 67

 

Kumulatives Risiko für leberassoziierte Ereignisse klassifiziert nach dem LiverPRO Score. Das Diagramm veranschaulicht die gute Trennung von Leberpatienten mit niedrigem und moderatem Risiko von denen mit hohem Risiko, die eine spezialisierte Behandlung benötigen. © The Lancet Gastroenterology & Hepatology 2025 1055-67DOI: (10.1016/S2468-1253(24)00274-7)
Erhalt der Leberfunktion erhöht Chance auf Mehrfach-Therapie bei Leberkrebs

In den letzten Jahren haben neue Therapien die Behandlung des fortgeschrittenen Leberkrebses (HCC für hepatozelluläres Karzinom) verändert. Eine Kombination aus Atezolizumab und Bevacizumab wurde als neue Erstlinienbehandlung zugelassen, was ein Fortschritt ist, aber auch Fragen zur besten Reihenfolge der Behandlungen aufwirft.

Eine Studie unter der Leitung von Privatdozent Florian Reiter vom UKW und gefördert vom Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) liefert nun erstmals prospektive Real-World-Daten zur sequentiellen Therapie nach Atezolizumab und Bevacizumab. Die Forschenden zeigen, dass die Mehrheit der Patientinnen und Patienten nicht über die Erstlinientherapie hinauskommt, da die Leberfunktion oft schlechter wird und viele Patienten für eine Zweit- oder Drittlinientherapie nicht mehr geeignet sind. „Besonders relevant ist unser Befund, dass nicht allein Tumorcharakteristika, sondern vor allem der Erhalt der Leberfunktion den Therapieerfolg bestimmt“, sagt Florian Reiter. Das heißt: Patientinnen und Patienten mit schlechterer Leberfunktion hatten weniger Chancen auf eine zweite Behandlung. Die Erkenntnisse können dazu beitragen, zukünftige Behandlungsstrategien gezielter zu steuern. 

 

Najib Ben Khaled, Valentina Zarka, Bernard Hobeika, Julia Schneider, Monika Rau, Alexander Weich, Hans Benno Leicht, Liangtao Ye, Ignazio Piseddu, Michael T. Dill, Arne Kandulski, Matthias Pinter, Ursula Ehmer, Peter Schirmacher, Jens U. Marquardt, Julia Mayerle, Enrico N. De Toni, Andreas Geier, Florian P. Reiter. Therapeutic Sequences of Systemic Therapy After Atezolizumab Plus Bevacizumab for Hepatocellular Carcinoma: Real-World Analysis of the IMMUreal Cohort. Alimentary Pharmacology & Therapeutics | Pharmacology Journal | Wiley Online Library. First published: 04 April 2025 https://doi.org/10.1111/apt.70090

 

Hatte schon der Neandertaler eine Fettleber?

Das gemeinsame Forschungsprojekt mit dem Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie (MPI-EVA) in Leipzig ermöglicht wichtige neue Einblicke in die evolutionären Grundlagen menschlicher Stoffwechselerkrankungen.

Rekonstruktion einer Neandertalergruppe. Was können uns archäogenetischen Erkenntnisse über die Lebersteatose bei alten und modernen Menschen sagen? © Johannes Krause, Neandertal group by Atelier Daynes, Paris, France. In: Museum of the Krapina Neanderthals, Krapina, Croatia. Project and realization of the Museum: Zeljko Kovacic and Jakov Radovcic.

Die relevanteste Genvariante, die für Fettlebererkrankungen verantwortlich ist, stammt aus der Zeit vor der Abspaltung vom Neandertaler. In alten Genomen dieser archaischen Menschen lag die Häufigkeit der Variante des PNPLA3-Gens bei 100 Prozent, möglicherweise aufgrund von Vorteilen bei der Kälteanpassung.

 

Andreas Geier, Jonas Trost, Ke Wang, Clemens Schmid, Marcin Krawczyk, Stephan Schiffels. PNPLA3 fatty liver risk allele was fixed in Neanderthals and segregates neutrally in humans. Gut (2024). doi:10.1136/gutjnl-2023-331594

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Wie sicher ist die Therapie mit Atezolizumab und Bevacizumab beim Leberzellkrebs?

Leberzellkrebs wird oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium diagnostiziert und erfordert eine palliative medikamentöse Behandlung. Die Entwicklung der Immuntherapie hat in den letzten Jahren zu deutlichen Fortschritten in der Behandlung des sogenannten hepatozellulären Karzinoms (HCC) geführt.

Mit der kürzlich zugelassenen Kombinationstherapie aus dem Immuntherapeutikum Atezolizumab und dem Immuntherapieverstärker Bevacizumab kann bei etwa dreimal so vielen Patientinnen und Patienten ein Therapieansprechen erreicht werden wie mit der Standardtherapie Sorafenib. Trotz des offensichtlich günstigen Tumoransprechens gab es in Fachkreisen Bedenken, dass die Anwendung von Bevacizumab vermehrt zu Blutungen oder Thrombosen führen könnte. Um diese klinisch sehr relevante Frage zu klären, initiierte die Hepatologie des UKW eine multizentrische Studie, an der bundesweit sechs deutsche Universitätskliniken und eine Universitätsklinik in Österreich teilnahmen. Die Ergebnisse unterstützen die Sicherheit der Therapie mit Atezolizumab und Bevacizumab - eine Therapie, die mit der Möglichkeit eines Langzeitüberlebens von Patientinnen und Patienten mit HCC einhergehen kann. Die Studiendaten können dazu beitragen, dass weltweit mehr Patientinnen und Patienten Zugang zu dieser Immunkombinationstherapie erhalten.

 

Najib Ben Khaled, Marie Möller, Leonie S. Jochheim, Catherine Leyh, Ursula Ehmer, Katrin Böttcher, Matthias Pinter, Lorenz Balcar, Bernhard Scheiner, Alexander Weich, Hans Benno Leicht, Valentina Zarka, Liangtao Ye, Julia Schneider, Ignazio Piseddu, Osman Öcal, Monika Rau, Freidrich Sinner, Marino Venerito, Simon Johannes Gairing, Friedrich Förster, Julia Mayerle, Enrico De Toni, Andreas Geier, Florian Reiter FP. Atezolizumab/bevacizumab or lenvatinib in hepatocellular carcinoma: Multicenter real-world study with focus on bleeding and thromboembolic events. JHEP Rep 6(6) (2024). doi:10.1016/j.jhepr.2024.101065

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Die Aufnahme von Cholesterin im Darm wird durch den LASP1-AKT-NPC1L1-Signalweg reguliert

Cholesterin spielt eine zentrale Rolle für die Stabilität und Architektur der Plasmamembranen und als Ausgangssubstrat für die Synthese von Gallensäuren und Steroidhormonen. Eine erhöhte Cholesterinaufnahme führt aber zu Hypercholesterinämie und Atherosklerose und ist an der Krebsentstehung beteiligt.

Für die Atheroskleroseforschung ist das Protein LASP1 von besonderem Interesse. Es wurde 2012 erstmals als Bestandteil der Ringstruktur von Prodosomen von Makrophagen nachgewiesen, die eine zentrale Rolle bei der Plaquebildung spielen. In der vorliegenden Arbeit wurde LASP1 als neuer Regulator für das Shuttlling des Steroltransporters NPC1L1 zur Zelloberfläche in Enterozyten zur Kontrolle der Cholesterinabsorption identifiziert.

 

Elke Butt, Thorsten Günder, Paulina Stürzebecher, Isabel Kowalski, Pia Schneider, Nils Buschmann, Sarah Schäfer, Alicia Bender, Heike M. Hermanns, Alma Zernecke. Cholesterol uptake in the intestine is regulated by the LASP1-AKT-NPC1L1 signaling pathway. Amercian Journal of Physiology Gastrointestinal and Liver Physiology, 327(1):G25-G35 (2024). doi:10.1152/ajpgi.00222.2023

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