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Leiden frühgeborene Kinder später häufiger unter Atemproblemen, wenn sie vor oder kurz nach der Geburt Antibiotika erhielten?

In der im Fachjournal JAMA Network Open veröffentlichten Studie „Perinatal Antibiotic Exposure and Respiratory Outcomes in Children Born Preterm“ wurde unter der Leitung von Prof. Dr. Christoph Härtel, dem Direktor der Kinderklinik, untersucht, ob Antibiotika, die rund um die Geburt verabreicht werden, langfristige Folgen für die Lunge von Kindern haben, die sehr früh geboren wurden oder ein sehr niedriges Geburtsgewicht hatten.

Fuß eines Frühgeborenen im Brutkasten
In der Studie wurden Kinder erfasst, die zwischen 2009 und 2017 mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm und einer Frühgeburtlichkeit von 22 bis 36 Wochen geboren wurden.

Die Forschenden nutzten Daten aus dem Deutschen Frühgeborenen-Netzwerk (GNN-German Neonatal Network). Erfasst wurden Kinder, die zwischen 2009 und 2017 mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm und einer Frühgeburtlichkeit von 22 bis 36 Wochen geboren wurden. In die Analyse flossen nur per Kaiserschnitt geborene Kinder ein. Die Nachuntersuchung erfolgte, als die Kinder fünf bis sieben Jahre alt waren. 

Die Forschenden definierten einen Antibiotic Risk Score (ARS) mit drei Stufen. In der ersten Gruppe mit niedrigem Risiko (ARS 1) erhielt die Mutter vor dem Kaiserschnitt eine Antibiotikaprophylaxe (292 Kinder). In der zweiten Gruppe (ARS 2) erhielten zusätzlich zur Prophylaxe auch die Neugeborenen eine postnatale Antibiotikabehandlung (1 329 Kinder). In der dritten Gruppe (ARS 3) kam zur Prophylaxe vor der Geburt und zur postnatalen Therapie auch eine pränatale Antibiotikabehandlung hinzu, das heißt, die Mutter erhielt während der Schwangerschaft ebenfalls Antibiotika (1 488 Kinder). 

Die Studie zeigt: Je mehr Antibiotika rund um die Geburt eingesetzt wurden, desto schwächer war im Durchschnitt die Lungenfunktion der Kinder im Schulalter, gemessen über den FEV₁-Z-Wert. Auch das Risiko, in der frühen Kindheit Asthma zu entwickeln, war bei stärkerer Antibiotikabelastung erhöht. Christoph Härtel betont jedoch, dass kein kausaler Zusammenhang bewiesen werden konnte, demzufolge Antibiotika die direkte Ursache für die schlechtere Lungenfunktion sind. Andere Faktoren wie Erkrankungen, Entzündungen, Schädigungen durch frühere Lungenprobleme oder Veränderungen der Darmflora könnten ebenfalls eine Rolle spielen. Dennoch deuten die Ergebnisse darauf hin, dass Antibiotika in der Neonatologie sehr umsichtig eingesetzt werden sollten, um potenzielle Langzeitfolgen zu minimieren. Es gilt, Infektionen zu verhindern und gleichzeitig die langfristige Gesundheit der Kinder zu schützen.

Fortmann I, Welp A, Hoffmann N, Faust K, Silwedel C, Retzmann J, Gembicki M, Köstlin-Gille N, Häfke A, Zemlin M, Marissen J, Bossung V, Soler Wenglein J, Scharf JL, Weichert J, Müller A, Ricklefs I, Rody A, Pirr S, Boutin S, Rupp J, Brinkmann F, Heideking M, Stichtenoth G, Göpel W, Herting E, Hanke K, Härtel C. Perinatal Antibiotic Exposure and Respiratory Outcomes in Children Born Preterm. JAMA Netw Open. 2025 May 1;8(5):e259647. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2025.9647. PMID: 40354053; PMCID: PMC12070239.

Fuß eines Frühgeborenen im Brutkasten
In der Studie wurden Kinder erfasst, die zwischen 2009 und 2017 mit einem Geburtsgewicht unter 1.500 Gramm und einer Frühgeburtlichkeit von 22 bis 36 Wochen geboren wurden.
Sprachbarriere könnte mitverantwortlich sein für psychische Belastungen im Vorschulalter

In der Längsschnittstudie „Language barriers and mental health problems of preschool children born very preterm in Germany“ untersuchte ein internationales Team unter der Leitung von Prof. Dr. Juliane Spiegler, ob Sprachbarrieren das seelische Wohlbefinden von Kindern, die sehr früh geboren wurden, im Vorschulalter beeinflussen.

Sprachbarrieren und psychische Probleme bei sehr frühgeborenen Kindern im Vorschulalter in Deutschland: Develop Med Child Neuro, Volume: 67, Issue: 5, Pages: 600-608, First published: 21 October 2024, DOI: (10.1111/dmcn.16132)

Dazu wurden 3.220 Kinder, die vor der 32. Schwangerschaftswoche geboren wurden, im Alter von fünf bis sechs Jahren nachuntersucht. 629 Kinder hatten einen Migrationshintergrund, d. h., ihre erste Sprache war nicht Deutsch.

Die Wissenschaftler wollten herausfinden, ob Kinder mit Migrationshintergrund häufiger emotionale oder Verhaltensprobleme zeigen und ob dies möglicherweise mit der sprachlichen Distanz zwischen ihrer Muttersprache und Deutsch zusammenhängt. Dazu wurde der sogenannte „linguistische Abstand“ berechnet, also wie unterschiedlich zwei Sprachen strukturell sind. Das seelische Befinden der Kinder wurde mithilfe des Strengths and Difficulties Questionnaires (SDQ), eines Fragebogens für Eltern, erfasst. Mit diesem werden typische Verhaltensauffälligkeiten, emotionale Schwierigkeiten und soziale Probleme gemessen. In die Auswertung flossen auch Störfaktoren wie der sozioökonomische Status und medizinische Faktoren ein, die das Ergebnis verfälschen könnten.

Das Ergebnis war überraschend differenziert: Ein Migrationshintergrund allein führte nicht zu mehr psychischen Auffälligkeiten. Kinder aus Familien, in denen eine andere Sprache gesprochen wurde, hatten im Durchschnitt keine größeren Probleme als deutschsprachige Kinder – solange ihre Muttersprache dem Deutschen relativ ähnlich war. Erst wenn die Muttersprache sprachlich weit von Deutsch entfernt war, zeigten die Kinder häufiger emotionale oder Verhaltensprobleme. Eine Sprache, die dem Deutschen vergleichsweise nah ist, ist beispielsweise Italienisch: Der linguistische Abstand zu Deutsch wird mit 86,30 Punkten angegeben. Weiter entfernt ist Türkisch mit 99,77 Punkten. 

Die Forschenden schließen daraus, dass nicht die Migration an sich, sondern Sprachbarrieren eine zentrale Rolle spielen könnten. Wenn Kinder und ihre Familien im Alltag größere sprachliche Hürden überwinden müssen, kann das offenbar zu zusätzlichem Stress führen, der sich auf die seelische Entwicklung auswirkt. Juliane Spiegel, Fachärztin für Kinder- und Jugendmedizin und Leiterin der Neuro- und Sozialpädiatrie, betont die Bedeutung dieser Ergebnisse für Frühförderung und Sprachunterstützung: Frühgeborene Kinder mit großen sprachlichen Distanzen zur Umgebungssprache sollten gezielt unterstützt werden, damit sich mögliche Nachteile gar nicht erst verfestigen.

Jaekel J, Jaekel N, Härtel C, Göpel W, Herting E, Felderhoff-Müser U, Huening BM, Spiegler J. Language barriers and mental health problems of preschool children born very preterm in Germany. Dev Med Child Neurol. 2025 May;67(5):600-608. https://doi.org/10.1111/dmcn.16132

Neugeborene nutzen anderen Stoffwechselmechanismus als Erwachsene zur Entwicklung des Immunsystems

Prof. Dr. Dorothee Viemann, Leiterin der Translationalen Pädiatrie am UKW hat erstmals gemeinsam mit Forschenden der Universitätsmedizin Würzburg, Hannover, Bonn, Braunschweig und Lübeck die Stoffwechselprozesse von Blutmonozyten – einer Art von Immunzellen – bei Neugeborenen untersucht und damit einen wichtigen Beitrag geleistet, um das Risiko einer Neugeborenen-Sepsis besser zu verstehen und möglicherweise neue Schutzmaßnahmen zu entwickeln.

Neugeborene nutzen einen anderen Stoffwechselmechanismus als Erwachsene, um ihr Immunsystem zu entwickeln. Ihre Blutmonozyten gewinnen die Energie hauptsächlich durch oxidative Phosphorylierung, die für die weitere Differenzierung der Zellfunktionen nach der Geburt notwendig ist. Erst durch die Umweltexposition des Immunsystems wird der Stoffwechsel neonataler Monozyten mit zunehmendem Alter auf den erwachsenen Stoffwechseltyp, die Glykolyse umprogrammiert. © UKW mit Canva

Die in der Fachzeitschrift Nature Communications veröffentlichte Studie zeigt, dass Blutmonozyten von Neugeborenen ihre Energie hauptsächlich durch oxidative Phosphorylierung gewinnen, die für die weitere Differenzierung der Zellfunktionen nach der Geburt notwendig ist. Erst durch die Umweltexposition des Immunsystems wird der Stoffwechsel neonataler Monozyten mit zunehmendem Alter auf den erwachsenen Stoffwechseltyp, die Glykolyse umprogrammiert. 

Damit widerlegt diese Entdeckung die bisherige Annahme, dass die Infektanfälligkeit von Neugeborenen auf eine eingeschränkte Fähigkeit zur Energiegewinnung durch Glykolyse zurückzuführen ist. Im Gegenteil: Die Behandlung von Neugeborenen im Sinne einer Förderung glykolytischer Stoffwechselprozesse sollte vermieden werden, um überschießende Entzündungsreaktionen zu verhindern und wichtige immunologische Reifungsprozesse nicht zu stören. 

Weitere Informationen in der Pressemeldung vom 01. April 2025.

 

Greta Ehlers, Annika Marie Tödtmann, Lisa Holsten, Maike Willers, Julia Heckmann, Jennifer Schöning, Maximilian Richter, Anna Sophie Heinemann, Sabine Pirr, Alexander Heinz, Christian Dopfer, Kristian Händler, Matthias Becker, Johanna Büchel, Achim Wöckel, Constantin von Kaisenberg, Gesine Hansen, Karsten Hiller, Joachim L. Schultze, Christoph Härtel, Wolfgang Kastenmüller, Martin Vaeth, Thomas Ulas & Dorothee Viemann. Oxidative phosphorylation is a key feature of neonatal monocyte immunometabolism promoting myeloid differentiation after birth. Nat Commun 16, 2239 (2025). https://doi.org/10.1038/s41467-025-57357-w

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Neugeborene nutzen einen anderen Stoffwechselmechanismus als Erwachsene, um ihr Immunsystem zu entwickeln. Ihre Blutmonozyten gewinnen die Energie hauptsächlich durch oxidative Phosphorylierung, die für die weitere Differenzierung der Zellfunktionen nach der Geburt notwendig ist. Erst durch die Umweltexposition des Immunsystems wird der Stoffwechsel neonataler Monozyten mit zunehmendem Alter auf den erwachsenen Stoffwechseltyp, die Glykolyse umprogrammiert. © UKW mit Canva
Studienprotokoll der MIAI-Geburtskohorte

MIAI steht für Maturation of Immunity Against Influenza - die Entwicklung des Immunsystems gegen Virusinfektionen der Atemwege.

Studienärztin Dr. Janina Marißen untersucht Fabian vier Wochen nach seiner Geburt in der MIAI-Studienambulanz der Kinderklinik. Sie hört Herz und Lunge ab, überprüft den Muskeltonus und sammelt biologische Proben wie zum Beispiel Hautabstriche. © Kirstin Linkamp / UKW

Virale Atemwegsinfektionen sind nach wie vor weltweit ein großes Problem und verursachen zahlreiche Erkrankungen und Todesfälle. 

Mit den in der MIAI-Geburtskohorte gesammelten Daten, Untersuchungsergebnissen und Bioproben will das Studienteam um Prof. Dr. Dorothee Viemann verstehen, wie Babys im ersten Lebensjahr lernen, sich gegen Viren wie Influenza, RSV oder SARS-CoV-2 zu verteidigen und warum manche Kinder anfälliger für schwere Virusinfektionen sind als andere. Die Pläne und das Design der MIAI-Studie sowie die Charakteristika der ersten 171 MIAI-Babys hat das Team vom Lehrstuhl Translationale Pädiatrie in der Fachzeitschrift Frontiers in Immunology veröffentlicht. Besonders hervorzuheben sei die Akzeptanz des Studiendesigns. Nur 9 Prozent haben abgebrochen, dazu zählen auch Familien, die aus Würzburg weggezogen sind. Generell sind die Eltern sehr engagiert, kommen gerne in die Studienambulanz, jetzt auch schon mit den ersten Geschwisterkindern. Das spricht für die Studie und das Studienteam. 

Inzwischen hat die MIAI-Studienambulanz schon mehr als zweihundert Babys in ihre Geburtskohorte aufgenommen. Damit wurde ein wichtiger Meilenstein erreicht, um schon einige der Fragestellungen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projektes anzugehen.

 

Carina R. Hartmann, Robin Khan, Jennifer Schöning, Maximilian Richter, Maike Willers, Sabine Pirr, Julia Heckmann, Johannes Dirks, Henner Morbach, Monika Konrad, Elena Fries, Magdalene Winkler, Johanna Büchel, Silvia Seidenspinner, Jonas Fischer, Claudia Vollmuth, Martin Meinhardt, Janina Marissen, Mirco Schmolke, Sibylle Haid, Thomas Pietschmann, Simona Backes, Lars Dölken, Ulrike Löber, Thomas Keil, Peter U. Heuschmann, Achim Wöckel, Sagar, Thomas Ulas, Sofia K. Forslund-Startceva, Christoph Härtel, Dorothee Viemann. A clinical protocol for a German birth cohort study of the Maturation of Immunity Against respiratory viral Infections (MIAI). Frontiers in Immunology, Volume 15 - 2024. doi: 10.3389/fimmu.2024.1443665.

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Verträglichkeit der COVID-19-Impfung bei Menschen mit rheumatoider Arthritis

Die Medizinische Klinik II und die Immunologie der Kinderklinik haben gemeinsam die Verträglichkeit von Covid-19-Impfungen bei Patientinnen und Patienten mit Rheumatoider Arthritis (RA) im Vergleich zu einer Kontrollgruppe anhand von Patientenberichten (PROs für patient-related outcomes) untersucht.

Allgemeine Verträglichkeit (x-Achse) nach Vorbehalten (y-Achse, vorhandene Vorbehalte vs. nicht vorhandene), nach Patientengruppe (RA-Patienten vs. Kontrollen) und nach Impfzeitpunkt (1. vs. 2. Impfung). Die allgemeine Verträglichkeit wird durch eine sechsstufige Likert-Skala dargestellt (niedrigere Werte = bessere Verträglichkeit). Die Abbildung zeigt die entsprechenden Daten mit gestapelten Balkendiagrammen für jede berücksichtigte Untergruppe. Die horizontale Länge jedes Segments visualisiert den Prozentsatz, der der angegebenen Antwortkategorie zugeordnet ist. Die gleichzeitige Berücksichtigung der genannten Faktoren in einer ordinalen Regressionsanalyse zeigte eine signifikant bessere Verträglichkeit bei Patienten ohne Vorbehalte.

Es ist die erste Studie zur Verträglichkeit bei RA-Patienten. Die Verträglichkeit wurde auf einer Skala von 1 bis 6 bewertet (1 = sehr gut vertragen, 6 = schlecht vertragen). Untersucht wurden Unterschiede zwischen Patientinnen und Patienten mit und ohne Vorbehalt gegenüber der Impfung sowie zwischen der ersten und der zweiten Impfung. Sechs Wochen nach der zweiten Impfung zeigte sich in beiden Gruppen eine sehr gute Verträglichkeit (1,71 für die erste und 1,72 für die zweite Impfung). Vorbehalte gegen die Impfung waren selten, gingen aber mit einer schlechteren Verträglichkeit nach PROs und einer geringeren Weiterempfehlungsrate einher. Das bedeutet, dass Personen ohne Vorbehalte die Impfung signifikant besser vertrugen. Insgesamt stellt die Arbeit einen wichtigen Beitrag für die Versorgung impfpräventabler Erkrankungen in dieser speziellen Patientengruppe dar, also von Krankheiten, die durch Impfungen vermeidbar wären. 

 

Martin Feuchtenberger, Magdolna Szilvia Kovacs, Anna Eder, Axel Nigg, Giovanni Almanzar, Martina Prelog, Arne Schäfer. Real-world data on tolerability of COVID-19 vaccination in patients with rheumatoid arthritis based on patient-reported outcomes, Rheumatology Advances in Practice, Volume 8, Issue 4, 2024, rkae111. doi: 10.1093/rap/rkae111.

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Zentrale Mechanismen hinter antibiotikaresistenter Lyme-Arthritis (ARLA)

Dr. Johannes Dirks und PD Dr. Henner Morbach von der Pädiatrischen Entzündungsmedizin zeigen im renommierten Journal of Clinical Investigation, wie bestimmte Zellen unseres Immunsystems zuerst die durch einen Zeckenstich ausgelöste Borrelien-Infektion bekämpfen und dann bei manchen Menschen eine Fehlreaktion auslösen, die zu einer chronischen Gelenkentzündung führt, welche als antibiotikaresistente Lyme-Arthritis (ALRA) bezeichnet wird.

Die Immunfluoreszenzanalyse (MACSimaTM Imaging Platform) der Synovia eines Patienten mit Antibiotika-refraktärer Lyme-Arthritis zeigt Aggregate von B- und aktivierten T-Helfer Zellen (links). Durch Einzelzell-RNA Sequenzierung und Hochdurchsatzsequenzierung des T-Zell Rezeptors der synovialen T-Helfer Zellen konnte ein krankheitsspezifisches T-Zell Rezeptor Motiv identifiziert und mit der Funktion dieser Zellen in Zusammenhang gebracht werden. © J Clin Invest DOI: 10.1172/JCI179391
Wie es nach einer Borrelien-Infektion, die durch einen Zeckenstich ausgelöst wird, zu einer chronischen Gelenkentzündung kommt, der sogenannten Antibiotika-refraktären Lyme-Arthritis, kurz ARLA. © Collage / UKW
Dr. Johannes Dirks (links) und PD Dr. Henner Morbach von der Pädiatrischen Entzündungsmedizin des Uniklinikums Würzburg (UKW) bieten mit ihrer neuen Studie einen Fahrplan, der erklärt, wie T-Zell-Reaktionen, die zur Kontrolle einer Infektion notwendig sind, trotz Antibiotikatherapie eine nachteilige T-Zell-Reaktion auslösen können, was zu einer postinfektiösen, entzündlichen Arthritis führt. © Collage / UKW

Dieses Wissen hilft nicht nur bei der Diagnose und Behandlung von ARLA, sondern liefert auch Hinweise darauf, wie Infektionen und das Immunsystem bei anderen Krankheiten wie der rheumatoiden Arthritis zusammenwirken.

Das Team entdeckte in den Gelenken von ARLA-Patientinnen und -Patienten aus Deutschland eine besondere Art der Immunantwort, die durch T-Zell-Rezeptoren (TCR) gesteuert wird. Durch bioinformatische Analysen identifizierten die Forschenden ein charakteristisches Muster in den TCR, das ARLA-Patienten von anderen rheumatischen Erkrankungen unterscheidet, das sogenannte TCR-β-Motiv. Die Struktur in der β-Kette des TCR wird von T-Zellen genutzt, um fremde oder veränderte körpereigene Moleküle zu erkennen. Interessanterweise korrelieren die TCR-β-Motive bei den ARLA-Patienten in Deutschland mit spezifischen genetischen Markern, HLA-DRB1*11 oder HLA-DRB1*13. Diese so genannten Allelen unterscheiden sich jedoch von den Varianten nordamerikanischer Patientinnen und Patienten. 

Ein weiteres wichtiges Ergebnis der Studie ist die Entdeckung, dass die TCR-gesteuerte Immunantwort zu einer starken Vermehrung von T-peripheren Helferzellen (Tph-Zellen) führt. Tph-Zellen senden entzündungsfördernde Signale aus und scheinen die chronische Entzündung in den Gelenken aufrechtzuerhalten. 

Die Bedeutung der Arbeit wird durch einen begleitenden Kommentar des Entdeckers der Lyme-Arthritis, Dr. Allen Steere von der Harvard Medical School in Boston, unterstrichen.

 

Johannes Dirks, Jonas Fischer, Julia Klaussner, Christine Hofmann, Annette Holl-Wieden, Viktoria Buck, Christian Klemann, Hermann J. Girschick, Ignazio Caruana, Florian Erhard, Henner Morbach. Disease-specific T cell receptors maintain pathogenic T helper cell responses in postinfectious Lyme arthritis. J Clin Invest. 2024;134(17):e179391. doi: 10.1172/JCI179391.

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PRIMAL-Studie: Probiotika fördern die Reifung der Darmflora bei Frühgeborenen

Frühgeborene sind besonders anfällig für Störungen der Darmbesiedlung und damit möglicherweise auch für spätere Erkrankungen wie Asthma, Autoimmunerkrankungen, Stoffwechselstörungen oder Übergewicht.

Die ersten Ergebnisse der PRIMAL-Studie wurden im August 2024 in JAMA Pediatrics veröffentlicht: Bifidobakterien und Lactobazillen fördern die Reifung der Darmflora bei Frühgeborenen. Durch die Gabe der Probiotika war ihr Mikrobiom fast so gut ausgereift wie das von Kindern, die termingerecht geboren wurden. © Daniel Peter / UKW

Prof. Dr. Christoph Härtel, Direktor der Kinderklinik und Leiter der klinischen Studie PRIMAL, und sein multizentrisches Team haben jetzt in der renommiertesten pädiatrischen Fachzeitschrift JAMA Pediatrics erste Ergebnisse der Studie zur Wirksamkeit von Probiotika zur Vermeidung einer ungünstigen Darmbesiedlung bei Frühgeborenen veröffentlicht.

PRIMAL ist der Name des Konsortiums, das sich im Rahmen der Förderinitiative des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) „Gesund - ein Leben lang“ im Jahr 2016 gebildet hat. Die Abkürzung steht für PRiming IMmunity At the beginning of LIFE - Prägung der Immunität am Beginn des Lebens.

Das Ergebnis der Studie: Bifidobakterien und Laktobazillen konnten die Besiedlung mit multiresistenten Bakterien in den ersten 30 Lebenstagen nicht verhindern, förderten aber die Reifung des Mikrobioms.

 

Thea Van Rossum, Annette Haiß, Rebecca L. Knoll, Janina Marißen, Daniel Podlesny, Julia Pagel, Marina Bleskina, Maren Vens, Ingmar Fortmann, Bastian Siller, Isabell Ricklefs, Jonas Klopp, Katja Hilbert, Claudius Meyer, Roman Thielemann, Sybelle Goedicke-Fritz, Martin Kuntz, Christian Wieg, Norbert Teig, Thorsten Körner, Angela Kribs, Hannes Hudalla, Markus Knuf, Anja Stein, Christian Gille, Soyhan Bagci, Frank Dohle, Hans Proquitté, Dirk M. Olbertz, Esther Schmidt, Lutz Koch, Sabine Pirr, Jan Rupp, Juliane Spiegler, Matthias V. Kopp, Wolfgang Göpel, Egbert Herting, Sofia K. Forslund, Dorothee Viemann, Michael Zemlin, Peer Bork, Stephan Gehring, Inke R. König, Philipp Henneke, Christoph Härtel. Bifidobacterium and Lactobacillus Probiotics and Gut Dysbiosis in Preterm Infants: The PRIMAL Randomized Clinical Trial. JAMA Pediatr. Published online August 05, 2024. doi:10.1001/jamapediatrics.2024.2626.

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